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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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2. Heft
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Denkmalpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0093

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DENKMALPFLEGE

Krypta bereite drückte. Damals lebte freilich
Friedrich Schneider noch, deffen unermüdliche
und mitreißende Energie immer für fofort ein-
tretende, gründliche Hilfe forgte. Hoffentlich
kommt diesmal die Hilfe auf dem bedächtiger
begangenen Pfade nicht zu fpät.

POTSDÄM Die Stadt, der das alte, von
Boumann 1735 erbaute Rathaus längft zu klein
geworden ift, und die fich mit proviforifchen
Künften bis jeßt behelfen mußte, will nun eine
endgültige Abhilfe fchaffen, und hatte unter den
Groß-Berliner Architekten einen Wettbewerb
zur Erlangung von Entwürfen ausgefchrieben,
bei dem nur die Bedingung geftellt war, daß
die alte Faffade erhalten bleiben müffe. Die
preisgekrönten Entwürfe unterzieht nun in der
„Kunftchronik“ der Kuftos der Berliner National-
galerie Dr. G. J. Kern einer kritifchen Befpre-
chung, wobei er darauf hinweift, daß Verände-
rungen an diefem prachtvollen Plaße eine mehr
als lokale Angelegenheit find, und daß man da-
bei gar nicht forgfam genug Vorgehen kann,
will man vermeiden, daß ein einzig fchönes
Stadtbild für alle Zeit vernichtet wird.

Kern tritt, mit vollem Recht, für eine Variante
ein, die die Träger des dritten Preifes, Krifchen
und Liebenthal, geliefert haben und die auch
von der Stadt angekauft worden ift. Waren
diefe Architekten die einzigen, die bei fonft vor-
züglicher Löfung, das alte, bürgerlich einfache
Geficht desPlaßes erhielten, fo find ße vollends für
diefe Nebenlöfung zu loben, die auch dasKnobels-
dorfffche Haus erhält. Die Grundrißbildung
kommt dabei nicht zu Schaden, da die Entwick-
lung fich in der Ächfe des alten Rathaufes voll-
zieht und die Schiefheit des Baugrundftückes
durch eine radiale Anordnung der Räume und
durch minimale Verfthiebungen im Treppenhaufe
faft ganz befeitigt wird. Das ift der Entwurf,
der mit Rückficht auf die Erhaltung des Charak-
ters diefes Plaßes und im Intereffe der Wirkung
von Stadtfchloß und Nikolaikirche von allen be-
rufenen Beurteilern als der befte angefprochen
worden ift. Hinter ihm fteht auch der mit dem
erften Preife ausgezeichnete von Landsberg zu-
rück, da er mit feiner ftark repräfentativen,
fchloßartigen Faffade eine Gefahr für die Wir-
kung des Stadtfchloffes bildet. Zudem ift hier
die innere Ausbildung nicht fo vorzüglich, daß
man ihr zuliebe Schädigungen der Eigenart des
Planes in den Kauf nehmen könnte. Am meiften
aber warnt Kern vor dem Entwurf Möhrings,
der an zweiter Stelle einen dritten Preis erhielt.
Möhring will das Architekturfyftem des jetzigen
Baues bis an die Ecke des Baublocks fortfe§en,
fo daß an der Ecke der Brauerftraße, fymmetrifch

zu dem alten Bau, ein genau gleicher Flügel
entfteht, der auch einen dem alten völlig glei-
chen Turm erhalten foll. Der Haupteingang
käme dann in die Mitte, in das neue Zwifchen-
glied, zu liegen, der jeßige Hauptbau fänke zur
Rolle eines Flügels herunter. Kern betont nach-
drücklich, daß in diefem Entwurf Turmanlage
und Grundriß völlig auseinander fallen, und die
letjte Grenze zwifchen Alt und Neu verwifcht
wird. Auch würde der fo ausgeführte Bau mit
feinem hier völlig unangebrachten Streben nach
falfcher Monumentalität alle anderen Bauwerke
auf diefem Plaße fchädigen, wobei Kern fehr
treffend auf die Schäden hinweift, die die Bauten
um den Luftgarten in Berlin durch das gleiche
unglückliche Streben des Domes erlitten haben.
Man kann dem noch hinzufügen, daß es über-
haupt ein unfinniges Unternehmen ift, diefem
einen, und in feiner Einzigkeit fehr reizvollen
Turm einen Zwilling zu erfchaffen, der doch im
günftigften Falle eine fklavifche Kopie werden
und den Reiz des alten völlig verwifchen würde.
Es wäre dringend zu wünfchen, daß die Potsdamer
ftädtifchen Behörden bei der endgültigen Ent-
fchließung neben den Stimmen der Architekten,
die ja in diefem Wettbewerb bisher allein gegolten
haben, auch die Stimmen der Hiftoriker hören,
die ficher unbefangener und zutreffender dar-
über urteilen werden, wie fich das neue Projekt
zu dem alten fchönen Bilde fügt. Daß das ge-
fchieht, ift neuerdings fehr fraglich geworden.
Der Oberbürgermeifter hat neulich erklärt, daß
die Stadt nicht gedenke, einen der vorliegenden
Entwürfe ausführen zu laffen, fondern daß das
Stadtbauamt felbft einen neuen herftellen werde.
Das wäre überaus bedauerlich, zunächft der
Architekten wegen, denen folche Wunderlich-
keiten bald die Teilnahme an Wettbewerben
verleiden werden (und wunderlich ift es um fo
mehr, als ja brauchbare Entwürfe Vorlagen), dann
aber auch fehr wefentlich deshalb, weil auf diefe
Weife der Öffentlichkeit die Gelegenheit ge-
nommen würde, in diefer durchaus nicht nur
ftädtifchen Potsdamer Angelegenheit mitzu-
fprechen. H. Fr.

ST. PETER (Gemeinde Dorf Tirol)

An einem Haufe diefer älteften Pfarre des deut-
fchen Südtirols wurden ftark befchädigte Fresko-
Malereien aus dem 12. und 13. Jahrhundert bloß-
gelegt. Auf dem Dachboden desfelben Haufes
fand man zwei fehr gut erhaltene Gemälde der
hh. Katharina und Barbara aus dem 14. Jahr-
hundert. Die k. k. Zentralkommiffion für Denk-
malpflege hat bereits die wiffenfchaftlidie Auf-
nahme der neuentdeckten Malereien veranlaßt.

r.

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