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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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4. Heft
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Bombe, Walter: Alte peruginer Gebildwebereien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0134

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ALTE PERUGINER GEBILDWEBEREIEN

Angelico reproduziert auf der wunder-
baren Speifung der Dominikaner in der
Chiesa del Gesü zu Cortona und auf
der Einfettung des Abendmahls in S.
Marco zu Florenz Tifchtücher „a occhio
di pernice“ mit einfachen Streifen, Fi-
lippo Lippi in feinem Gaftmahl des
Herodes ein Tifchtuch, deffen Mufterung
nicht mehr genau erkennbar ift, Cofimo
Roffelli in feinem Abendmahl in der
Sixtinifchen Kapelle ein Tuch gleicher
Struktur mit Rhombenmufter. Von Sie-
nefer Meiftern des 15. Jahrhunderts bildet
Taddeo Bartoli auf feinem Triptychon
im Dom zu Montepulciano ein Tifch-
tuch mit einfachen Streifen, auf dem
Triptychon im Dom zu Volterra aber
eines mit breitem Zickzackmufter ab,
Giovanni di Paolo zeigt in feiner Pre-
dellentafel der Geburt Mariä im Palazzo
Doria in Rom die getreue Abbildung
eines Kopftuches, eines Bettvorhanges
und mehrerer Handtücher verfchiedenen
Dekors, und Saffetta breitet in feinen
Darftellungen aus dem Leben der Maria
in der Collegiata zu Asciano ein ganzes
Sortiment folcher Gewebe vor uns aus. Noch intereffanter ift das hierneben abgebildete
Tifchtuch auf Ghirlandajos Abendmahl in S. Marco zu Florenz (f. Abb. 12), deffen breiter
Zierftreifen das Motiv des Caftello mit Vögeln auf den Zinnen aufweift und an ein
Peruginer Gewebe des 14. Jahrhunderts erinnert (f. Abb. 17), das fich jedoch durch
ftrengere Stilifierung wieder von diefem Erzeugnis der Renaiffance unterfcheidet. Auf
feinem wohl ganz eigenhändigen Abendmahl in Ogniffanti erfreut uns Ghirlandajo
durch die Wiedergabe eines Tifchtuches, deffen affrontierte Drachen zwifchen dem
Baum des Lebens uns ähnlich auf einem Peruginer Stück der Sammlung Rocchi ent-
gegentreten. Botticini führt uns auf feinen Predellentafeln der Enthauptung des Täufers
und des Abendmahls Tücher mit vegetabilem Dekor und mit affrontierten Vögeln vor
(Galleria della Collegiata in Empoli), während Botticelli dem Tuche, das den Körper
Chrifti auf der Beweinung in der Galerie Poldi-Pezzoli bedeckt, und dem Hand-
tuche einer der hilfreichen Frauen einfache Streifenmufterung gibt. Die gleiche Mufte-
rung zeigen die Schärpen der Henker und das Lendentuch Chrifti auf der Geißelung
von Luca Signorelli in der Brera. Reicher ift dann wieder der Dekor auf der im
Louvre befindlichen Kopie nach Leonardos Abendmahl (f. Abb. 13), der breite Haupt-
ftreifen des Tifchtuches affrontierte Pferde in ähnlidier Weife, wie ein Gewebe der
Sammlung Rocchi uns vor Augen führt. Ein leßter intereffanter Reflex diefer alten
Peruginer Webereien findet fich auf Sodomas Bildnis des „Uomo fantastico“ der Galleria
Carrara in Bergamo (abgebildet in Frizzonis Monographie „La Galleria dell’Accademia
Carrara di Bergamo, 1907, p. 69), wo der wüft ausfehende Hexenmeifter um Kopf

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Äbb. 12. Äusfchnitt aus Domenico Ghirlandajos
Abendmahl im Klofter S. Marco zu Florenz.
Peruginer Tifchtuch mit Vögeln auf
den Zinnen eines Torbaues
 
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