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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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4. Heft
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Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
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BEVORSTEHENDE AUKTIONEN

ANTONIO CANÄLE, Venedig

Kat.-Nr. 59 der Verweigerung der Sammlung des Freiherrn Ludwig v. Schädig f bei Rud. Lepke-Berlin

am 10.—12. März 1914

Am 10.—12. März findet an gleicher Stelle die
Verweigerung der Kunftfammlung des verdor-
benen Herrn Ludwig Freiherr von Schackg auf
Schönfeld ftatt, die in einem zweibändigen Ka-
talog befdirieben ift. Der erfte Teil bringt die
Bilderfammlung. Sie zeichnet fidi durch Viel-
feitigkeit bei vergleichsweife kleinem Umfange
aus. Kein Zeitalter, keine Nation ift bevorzugt.
Der Gefchmack des Sammlers wählte vorurteilslos
bald dies, bald jenes, und offenbar waren Qua-
lität und Zuftand ausfdilaggebend, ohne daß ihn
der Klang eines großen Malernamens verführte.
Aus den vielen, faft gleichwertigen Werken feien
nur einige befonders hervorgehoben. — Unter
den Italienern mag das Porträt eines jungen
Mannes von Jacopo Tintoretto (62) den tiefften
Eindruck machen. Der Vortrag ift felbft für
Tintoretto ungewöhnlich breit und weich. An-
tonio Canale, der in der allgemeinen Schätzung
jeßt zugunften Francesco Quardis ein wenig
vernachläffigt wird, ftellt mit einem fo ftattlichen
Werk von feiner Hand, wie Nr. 59 in diefer
Sammlung, den Ruf feiner Sachlichkeit und fo-
liden Sicherheit ins hellfte Licht. — Kunfthiftorifch
höchft intereffant ift die Kreuztragung Patiniers
(67), wo der Begründer der niederländifchen
Landfchaftsmalerei die Paffionsfzene ftaffage-
haft in die ftreißg gebaute, kunftvoll vertiefte
Landfchaft eingeordnet hat. — Die fpäteren
Holländer werden unfchwer Liebhaber finden,
der temperamentvolle Jan Steen (66) ebenfo-
wohl wie das forgfältig und meifterhaft durch-
gebildete Stilleben von Jan D. de Heem, die
ruhige See von Willem van de Velde, das ernfte
und tüchtige Frauenbildnis von J. G. Cuijp und

das charakteriftifche und lebenswahre Männer-
porträt des Barth, van der Helft. — Als eine
fehr feltene Erfcheinung im deutfchen Kunft-
handel fei fchließlich die Maskerade aus der
italienifchen Komödie von Willem Cornelisz
Dugfter hervorgehoben, die in ihrer Urfprüng-
lichkeit und Derbheit an Callot gemahnt, pch aber
durch ein faszinierendes Kolorit auszeichnet
und der Frauenkopf von Joshua Reynolds, der
bei befcheideoem Umfang die Malkunft des
englifchen Meifters wirkfam repräfentiert.
Über die Landfchaften eines van Goijen, Ruis-
dael, Wynants u.a. weiteres zu fagen, ift über-
flüffig, ihr Vorhandenfein hebt jede Sammlung
über das Durchfchnittsniveau hinaus.

Der zweite Teil der Sammlung, der in einem
feparaten Katalog (1708) befchrieben ift, umfaßt
das Kunftgewerbe. Auch hier wieder kommt,
wie bei den Gemälden, zur Erfcheinung, daß es
dem Sammler nicht um entwicklungsgefchicht-
liche Tendenzen zutun war, fondern er fammelte
als feinfinniger Äfthet lediglich nach feinem Ge-
fchmack, wie fich ein Kunftwerk dem von ihm
gefchaffenen Heim am beften einfügte. Aber
es befand fich nichts darunter, was nicht einen
befonderen Reiz hätte, ob es fich nun um ita-
lienifche Majoliken oder antike Kleinkunft oder
italienifche Bronzen oder perfifche Keramik han-
delte. Seine befondere Liebhaberei gehörte
ficherlich aber der italienifchen Majolika und
zwar der Blütezeit aus der erften Hälfte des
16. Jahrhunderts. Manch befonders guter Griff
ift ihm da geglückt, fo z. B. die Deruta-Platte
mit der Stigmatifation des heiligen Franciscus,
der fizilianifche Älbarello aus der zweiten Hälfte

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