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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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5. Heft
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Münsterberg, Oskar: Chinesische Kunst in Amerika, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0194

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CHINESISCHE KUNST IN AMERIKA

ftimmung zahlreicher Bronze-
ftücke. Hierzu kommt noch,
daß der Erfinder eines Orna-
mentes mit künftlerifcher Frei-
heit die Verzierung genau der
Fläche anpaßte. Dies bezieht
[ich fowohl auf die Verteilung
der Linien als auch auf die
Berechnung der Licht- und
Schattenwirkung. Je fchärfer
und exakter mit Lineal und
Zirkel das Ornament ausgeführt
ift, je mehr die Verzierung
[ich dem Befchauer auf den

flbb. 11. Hrmbrurtfdiloß mit Handgriff und Sehnenfpanner,

der heruntergeklappt ift, Bronze, Löwenornament in Gold- [pater dürfte die Ausführung
draht eingelegt. Erftes Jahrtaufend Mureum of fine arts, Bofton erfolgt fein. Aus der Ming-

zeit finden wir technifch voll-
endete Stücke, bei denen das Ornament fo fehr die Fläche überwuchert und die
großzügige Silhouette der Form zerftört, daß aus dem heiligen Zweckgerät ein dekora-
tives Salonftück geworden ift.

Auch die Art des Guffes ift von großer Bedeutung. Soweit unfere heutigen, aller-
dings noch fehr mangelhaften Kentniffe reichen, fcheint es mir, als wenn in der vor-
chriftlichen Zeit die Gefäße aus einem Stück gegoffen und die Gußnähte meift fauber
befeitigt wurden. In der Hanzeit dürfte — vielleicht unter dem weitreichenden römifchen
Einfluß — eine Blütezeit des dünnen Bronzeguffes aufgekommen fein. Derfelbe ging
fpäter wieder verloren, aber daneben fcheint die ältere Technik auch beibehalten zu fein.
Die wenigen Stücke1 aus Gräberfunden, die durch Mßnzen der Hanzeit datiert find,
weifen einen vorzüglichen dünnwandigen Guß ohne Nähte auf. Dagegen glaube ich,
daß alle Stücke, die noch Gußnähte und meift auch dickeren Guß haben, Kopien aus
dem erften Jahrtaufend nach Chrifti find, zu Zeiten als das Material nicht mehr fo
wertvoll galt und die Technik vernachläffigt wurde.

Der vorchriftlichen Zeit dürfte der in fauberem Guß ausgeführte Dolch angehören
(Abb. 9). Die fchöne Patina und vor allem die künftlerifch durchgeführte Verzierung
zeigen ein Meifterwerk der Bronzetechnik, das die zahlreich bekannten, vielleicht etwas
fpäteren Bronzefchwerter und Lanzenfpißen übertrifft. Die abgebildete Glocke (Abb. 10)
dürfte ebenfalls einer frühen Zeit entftammen. Der Guß ift zwar nicht fo fein wie
bei andern Kultgefäßen, aber das mag durch den Zweck und die Größe des Gegen-
ftandes bedingt fein. Eine fpätere und wohl feltene Arbeit ftellt das Schloß einer
kleinen Armbruft dar, deffen Einzelteile mit Goldeinlagen verziert find (Abb. 11). Die
Abbildung läßt nur undeutlich das gefällige Ornament mit Löwen erkennen.

Beachtenswert ift ferner in Bofton eine kürzlich erworbene Sammlung alter Nephrit-
ftücke3, die meift Abzeichen oder Schmuckftücke darftellen. (Fortfeßung folgt.)

1 Münfterberg, Chinefifche Kunftgefcbidite. Bd. II, flbb. 172,174. Mir find bisher andere Grab-
funde mit Münzen nicht bekannt geworden.

2 Bulletin, Mufeum of fine arts, Bofton, Dez. 1912. Jade Fig. 15—19.

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