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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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8. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0323

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SAMMLUNGEN

ftein, der in der Nähe vonNymegen ausgegraben
wurde, und deffen Becken ausgehauene Gewalten
neben ornamentalen Rundbogen zeigt. R. B.

LONDON Am 23. März wurde das früher
im engen Kenfington Palace recht und fchlecht
untergebrachte LONDONER MUSEUM, das in
das der Nation von Sir William Lever ge-
fchenkte Stafford Houfe übergefiedelt war,
neueröffnet und präfentierte fich in feinen neuen,
in der Tat prächtigen Räumen fehr vorteilhaft.
Stafford Houfe, deffen eine Front nach dem St.
Jame’s Park zu liegt, ift von außen ein etwas
kaftenartig wirkender fchwerer Bau in klaffi-
ziftifdien Formen aus dem erften Viertel des
19. Jahrhunderts, deffen Gloire die grandiofe
innere Freitreppe zu den oberen Gemächern ift.
Sie diente einft bei Gefellfchaften zur Entfaltung
höchften Glanzes und fchöner Gruppen. Die
Säle weifen auch eine etwas fchwere klaffizifti-
fche Dekoration auf, find aber im großen und
ganzen doch recht glücklich ihrem jetzigen Zweck
angepaßt worden. Natürlich fchloß diefe be-
laffene Dekoration wie auch die Form und gleich-
mäßige Höhe der Säle von vornherein eine den
verfchiedenen Perioden entfprechende Äusgeftal-
tung der einzelnen Räume aus. Eine folche
würde ja auch der heutigen Tages herrfchenden
Mufeumstechnik nicht mehr ganz entsprechen.
Immerhin ift das rein fchaugemäße Äneinander-
reihen zahllofer Gegenftände in Vitrinen zum Teil
wenigftens vermieden worden, und fo kann man
in einem nicht ermüdenden Rundgang die Jahr-
hunderte der Londoner Gefchichte an pch vor-
beiziehen laffen. Vieles, was da untergebracht
ift, mag mehr Kuriofität fein, vieles von Wichtig-
keit mag noch fehlen. Für die Kürze der Zeit
feines Beftehens aber ift fchon Erftaunlidies ge-
leiftet worden, und dem Kurator des Mufeums,
Mr. Gug Laking, gebührt der Dank aller Lieb-
haber diefer feltfamen Stadt London, die eine
ganze Welt für ßch ift.

In den beiden der Direktion Sir Charles Hol-
royds unterteilten Galerien, der NATIONAL
GALLERY und der TATE GALLERY, find nun
auch offizielle Führer angeftellt worden, die
Befucher unentgeltlich in Partien zu je 25 durch
die Säle geleiten und pe auf die Hauptfchäße
und deren Bedeutung erklärend aufmerkfam
machen. Es ift das ein Beweis, wie trefflich pch
diefe vor ein paar Jahren im Britifchen Mufeum
begonnene, dann in anderen öffentlichen Mufeen
Londons adoptierte Neuerung bewährt hat. F.

ROM THERMENMUSEUM. Endlich ift nun
auch die mit Recht weltberühmte Sammlung
Boncampagni-Ludovifi neuaufgeftellt der

allgemeinen Befichtigung zugänglich geworden
und hat endgültig die engen Klofterzellen ver-
laffen. Der kleine Kreuzgang, deffen Arkaden
verglaft wurden, reichte für den Zweck der Neu-
aufteilung gerade aus und fo repräfentieren
pch die harmonifch verteilten Skulpturen, gegen
eine mit drappbraunem Tuch befpannte Mauer
gepellt, ganz außerordentlich günftig in geradezu
idealer Beleuchtung. Italien ift durch die un-
geheure Anzahl alter, leerftehender Paläfte nicht
in der Lage gewefen, moderne, allen Anforde-
rungen der neueften Mufeumstechnik entfpre-
chende Neubauten aufzuführen, um fo erfreulicher
wirkt der gute Gefchmack und die Änpaffung
an das Gegebene, die pch gerade in letzter Zeit
bei der Inftallierung der Kunftfchätje geltend
machen. Die drei Glanzftücke der alten Ludo-
vifikollektion, die fchlafende Erinnys, der Juno-
kopf und der fogenannte Thron der Aphro-
dite pnd allein in einem kleinen Saale unter-
gebracht. Die Erinnys nun nicht mehr fchatten-
werfend an die Wand gehängt, fondern liegend
auf einem fdiönen Marmorpoftament. — Durch
alle vier Seiten des Kreuzganges zieht fich am
Boden, vor den Skulpturen hin, das nahezu
115 m lange fchwarzfigurige Jagdmofaik aus
dem 3. Jahrh. v. Ch., das den Thermen des Vicus
Äuguftanus bei Caftel Porziano entftammt, und
als Gefdhenk des Königs hierher gekommen ift.
Zwei Mofaikftreifen enthalten die Wafferjagd
mit ganz phantaftifch gefchwänzten Seepferden
und anderen Fabeltieren, Rochen, Delphinen,
einem in das Horn ftoßenden Tritonen, während
die zwei anderen Seiten, mit geradezu erftaun-
licher Realiftik und eminent beobachteter Be-
wegung der Tiere, Szenen der Landjagd fchildern.

Wie, bei aller felbftverftändlichen äußeren Ähn-
lichkeit der Tiere, der Stil der Wiedergabe
vereinfacht, förmlich auf das Minimum reduziert
ift, andrerfeits die jeweilig charakteriftifchften
Eigenfchaften der Tiere beobachtet pnd (man
beachte den auf einem Bein ftehenden Strauß,
den angreifenden Büffel) bleibt für alle Zeiten
der Kunft erftaunlich.

Endlich ift das aus dem Mufeo Kircheriano
ftammende, im Pädagogium am Palatin f. Z.
gefundene Stuckfragment mit dem eingeritten
Spottbild auf die chriftliche Kreuzigung („Alexa-
menos betet feinen Gott an“) nun ebenfalls
hierher gebracht und einer breiteren Öffentlich-
keit zugänglich gemacht worden.

Das andere Hauptftück des Kircheriano, die
1745 bei Pränefte gefundene Ficoronifche
Cifta ift dem Faliskermufeum in der Villa di
Papa Giulio überwiefen und in einem Raume
des Parterregefdioffes bereits aufgeßellt worden,
während die übrigen für die Gefchichte des

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