Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0447
DOI Heft:
11. Heft
DOI Artikel:Friedeberger, Hans: Darmstadt 1914
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DARMSTADT 1914
Zeit eine ftattßndet, und nicht etwa, wie in
der neueften Entwiddungsgefdiidite Haendkes
die deutfche Malerei des Barock ganz außer
Betracht bleibt, wird fidi einige Verfchiebungen
gefallen laffen müffen. Es kommt natürlich
auch fehr viel auf die Betraditungsweife an.
Wer von vornherein feine Äufmerkfamkeit ein-
feitig auf das einftellt, was die damalige Kunft
von den Nachbarn übernahm, wird nur die alten,
würdig gewordenen Traditionen beftätigt finden.
Mir erfcheint es viel fruchtbarer, viel gerechter,
— freilich ift es auch viel fchwerer — auf alle
jene aus der Konvention herausragenden Äuße-
rungen einer felbftändigen und unmittelbaren
Naturanfchauung zu achten, auf die Dinge, die
die kommenden Entwicklungen, und nicht nur
die deutfehen, bereits ankündigen, und fo den
Faden zu finden und zu verfolgen, der von der
Nachahmung der Holländer und der Italiener
unabgeriffen zu den norddeutfehen Landfdhaftern
des 19. Jahrhunderts führt. Eine gerechtere und
höhere Schäßung der Kunft diefer Epoche und
die Möglichkeit einer umfaffenden Überficht;
wenn es nichts weiter wäre, was diefe Aus-
heilung lehrte, die eine um fo mutigere Unter-
nehmung war, als, bei dem allgemein fchlechten
Ruf diefer Epoche, kaum jemand fo recht an
ein auch nur halbwegs erfreuliches Refultat ge-
glaubt hat, fo follten wir, die hiftorifch Inter-
effierten, ihr fchon dankbar fein. Mehr hat
im Anfänge auch die Berliner Jahrhundertaus-
ftellung nicht gebracht, die zudem noch das
Glück hatte, von vornherein zu wiffen, daß
es fidi um eine Zeit handelte, deren bedeut-
famfte Erfcheinungen der Gegenwart nur zum
Teil, und nicht immer zum wefentlichen, be-
kannt geworden waren.
H. Friedeberger.
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Zeit eine ftattßndet, und nicht etwa, wie in
der neueften Entwiddungsgefdiidite Haendkes
die deutfche Malerei des Barock ganz außer
Betracht bleibt, wird fidi einige Verfchiebungen
gefallen laffen müffen. Es kommt natürlich
auch fehr viel auf die Betraditungsweife an.
Wer von vornherein feine Äufmerkfamkeit ein-
feitig auf das einftellt, was die damalige Kunft
von den Nachbarn übernahm, wird nur die alten,
würdig gewordenen Traditionen beftätigt finden.
Mir erfcheint es viel fruchtbarer, viel gerechter,
— freilich ift es auch viel fchwerer — auf alle
jene aus der Konvention herausragenden Äuße-
rungen einer felbftändigen und unmittelbaren
Naturanfchauung zu achten, auf die Dinge, die
die kommenden Entwicklungen, und nicht nur
die deutfehen, bereits ankündigen, und fo den
Faden zu finden und zu verfolgen, der von der
Nachahmung der Holländer und der Italiener
unabgeriffen zu den norddeutfehen Landfdhaftern
des 19. Jahrhunderts führt. Eine gerechtere und
höhere Schäßung der Kunft diefer Epoche und
die Möglichkeit einer umfaffenden Überficht;
wenn es nichts weiter wäre, was diefe Aus-
heilung lehrte, die eine um fo mutigere Unter-
nehmung war, als, bei dem allgemein fchlechten
Ruf diefer Epoche, kaum jemand fo recht an
ein auch nur halbwegs erfreuliches Refultat ge-
glaubt hat, fo follten wir, die hiftorifch Inter-
effierten, ihr fchon dankbar fein. Mehr hat
im Anfänge auch die Berliner Jahrhundertaus-
ftellung nicht gebracht, die zudem noch das
Glück hatte, von vornherein zu wiffen, daß
es fidi um eine Zeit handelte, deren bedeut-
famfte Erfcheinungen der Gegenwart nur zum
Teil, und nicht immer zum wefentlichen, be-
kannt geworden waren.
H. Friedeberger.
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