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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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15. Heft
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Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN

der Berliner Akademie — dann darf man billig
erftaunen über die zeichnerifche und koloriftifdie
Sicherheit, die aus ihnen fpricht. Diefe Verein-
fachung im Zeichnerifchen, diefe Betonung des
Gefamteindrucks unter Beifeitelaffung aller De-
tails, diefe farbige Zufammenfaffung der Schil-
derung— das kann die modernfte Malerei kaum
beffer machen, als es Pankok vor nun mehr als
zwanzig Jahren machte. Cuno Ämiet hat be-
kanntlich einmal den Berliner Brückenleuten
Gefolgfchaft geleiftet. Seiner jüngften künftleri-
fchen Entwicklung nach aber gehört er nicht
mehr zu ihnen. Sie weift vielmehr auf Einpüffe
Ferdinand Hodlers hin. Es ift fchade, daß der
Künftler zu keinem eigenen Stil kommen kann;
es ift viel, namenlich koloriftifch Talentvolles in
ihm, das nur des innerlich Selbftändigwerdens
bedarf, um zu reiner Wirkung zu kommen.

Die GALERIE ERNST ARNOLD zeigt gegen-
wärtig in einer prachtvoll arrangierten Auftei-
lung noch einmal einen Überblick über das
Schaffen des frühverftorbenen Stuttgarter See-
malers Carlos Grethe. Es ift ernfte, große
Kunft, die man peht, das Bekenntnis eines Ma-
lers, der mit Andacht und heißer künftlerifcher
Erregung vor der Natur faß. Die Kunft hat viel
verloren in diefem Maler des Meeres und der
Menfchen, die an und auf ihm leben. In feiner
jüngften, auch farbig bedeutungsvollen Entwick-
lung liebte er namentlich die Schilderung der
letzteren. wd.

DÜSSELDORF Die Galerie FLECHTHEIM
verfammelte unter dem Namen „Der Dome“
Werke der deutfehen Künftler in Paris, die in
dem Cafe du Dome ihren Treffpunkt hatten, zu
einer Äusftellung. Unter dem mancherlei Schönen
befonders die vielfeitig vertretenen Großmann,
Pascin, dann der kultivierte Bondy, die inter-
effanten Kars und Kisling, Levy mit Land-
fchaften und Stilleben von gefchicktem Aufbau
und ftarker Farbigkeit, der temperamentvolle
Purrmann, zurückhaltender Eckert und der
vielleicht zu vielfeitige Gilles. Ählers-He ft er-
mann zeigte in dem „Mädchen mit Geige“ ein
fchönes Gefühl für rhythmifche Aufteilung der
Fläche. Nils von Dardel beraufchte fich an
der Simplizität alter Teppiche. Der ßeißige
v. Wätjen ftedkte 2uweilen in der Gefahr trocke-
ner Härte und füßücher Farbengebung. H. W.

LONDON In der hier fchon einmal behan-
delten Äusftellung venezianifcher Malerei
im BURLINGTON FINE ARTS CLUB, die Ende
Juli gefchloffen wurde, ift jeßt Tizians „La Schia-
vona“ zu fehen, die feinerzeit der Crespi-Kol-
lektion angehörte, und über die feit Jahren viel

hin und her debattiert worden ift. A. Venturi
wies pe z. B. vor mehr als zehn Jahren dem
Bernardino Licinio zu, wiewohl eine alte Tra-
dition fie als Tizian bezeichnete, und diefe Zu-
fchreibung war der Grund, daß die italienifche
Regierung die Ausfuhr diefes Bildes geftattete.
In 1901 bezeichnete Berenfon das Werk als eine
Kopie eines verlorengegangenen Giorgione. Seit-
dem ift das Werk von Prof. Cavenaghi auf das
forgfältigfte gereinigt worden, und Berenfon hält
es nun für eines der beften Werke Tizians. Das
Bild war von M. Wildenftein in Paris nach feiner
Ausfuhr in Italien angekaup und fpäter an den
bekannten Sammler Sir Frederik Cook weiter-
verkauft worden, der es jefet dem Club zur
Äusftellung auf kurze Zeit überlaßen hat. Mr.
Herbert Cook, Sir F. Cooks Sohn, hält an feiner
früher fchon bekanntgegebenen Theorie feft, daß
nämlich das Bild von Giorgione ftamme, nach
deffen Tode aber von Tizian vollendet worden
fei, und daß es fich um das von Vafari erwähnte
Porträt der Caterina Cornaro, der einftigen Kö-
nigin von Cyprus, handele. Durch die Hinzu-
fügung diefes Gemäldes, das in jeder Beziehung
die Hand eines Meifters verrät, hat die bedeut-
fame Äusftellung an Intereffe noch gewonnen.

F.

MÜNCHEN In der GALERIE HEINEMANN
erregt die Äusftellung Georges Michel her-
vorragendes Intereffe. Georges Michel (1763
bis 1843) gehört zu den Vorläufern der Barbizon-
Schule und damit zu den Vorläufern der mo-
dernen Malerei überhaupt. Seine Biographie
fchildert ihn als Sonderling. Durch handwerk-
liche Arbeiten verdiente er fich fein Brot, um
dann in feiner übrigen Zeit nach freier Luft vor
der Natur malen zu können. Damals hat er die
Umgebung von Paris als erßer für die Land-
fchapsmalerei entdeckt. Seine Werke wirken
feltfam genug im Rahmen feiner Zeit, kühn und
eigenwillig zugleich, machtvoll, pathetifch, wie
die Übertragung eines großen Fresko auf die
Leinwand, und zugleich zart.empfindfam, idyllifch.
Sie wirken feltfam, wenn man berückpchtigt,
daß pe in der Zeit um 1810 entftanden find, als
gleichzeitig die ofßzielle Kunft des Klaffizismus
ihren Höhepunkt gewonnen hatte, und daß erft
1830 die Schule von Barbizon auf dem Plan er-
fchien. Die malerifchen Werte in der intimen
Landfehaß wieder zu entdecken, konnte nur einem
temperamentvollen Eigenbrödler gelingen, wie
Georges Michel war. Die Elemente feiner Kunft
holte er fich, wie die gleichzeitigen Deutfehen,
welche die bürgerliche Malerei der Biedermeier-
zeit anbahnten, von den Holländern. In der
Verfchiedenheit der Refultate zeigt pch die Ver-
fchiedenheit der Raffe. — Es verdient noch be-

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