Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0585
DOI issue:
16. Heft
DOI article:Willemsen, Heinrich: Die neue Düsseldorfer Galerie
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DIE NEUE DÜSSELDORFER GALERIE
Abb. 10. W. DIEZ, Altes Gehöft
fchaften — „Jagdgefellfchaft“ — hinzu, vor allem aber Trübner mit zwei ganz aus-
gezeichneten Werken, die die beiden Seiten feiner Kunft gefchickt illuftrieren. Das
Bildnis von 1878 „Knabe mit Dogge“ ift ein Stück altmeifterlicher Kunft; mit ficherfter
Raumbeherrfchung find die beiden Figuren von dem großblumigen Flintergrund ab-
gehoben, vollendet ift der tieffchwarze Samtanzug des Knaben, das graufchwarze Fell
der Dogge gegeben. Dazu ftellt fich auf der andern Seite die Landfchaft „Frauen-
chiemfee“ mit der ruhigen und vornehmen Aufteilung der Fläche und der zurück-
haltenden Farbengebung. Das ganz verinnerlichte „Bildnis eines Hundertjährigen“ von
Theodor Alt bildet ein weiteres rühmliches Zeugnis für den künftlerifchen Ernft und
die hohe Bedeutung des Leiblfchen Freundeskreifes.
Die äußerfte Entwicklungsftufe der Malerei, die die Sammlung aufweift, ift der Im-
preffionismus. Hier dominiert und wohl überhaupt in der ganzen Galerie — Meifter
Liebermann mit zwei Gemälden, die zwei Perioden feines Schaffens unübertrefflich
charakterifieren. Die „Kartoffelernte“ von 1875 bezeichnet die frühere Zeit. Unbegreif-
lich ift und bleibt die ungeheure Kraft der Perfpektive, die Tiefe des ins Bild hinein
bis zur abfchließenden Baumreihe fich erftreckenden Feldes. Über das tiefe Braun des
Kartoffelackers find die Arbeitenden verftreut, mit der Erde verbunden, Teile von ihr.
Und dann die fabelhafte Sicherheit in den Bewegungen des auflefenden Bauern im
Vordergründe. Neben der fchweren Erdfarbe diefes Bildes blendet faft das jüngfte
Selbftporträt Liebermanns (1913) in feiner ftrahlenden Helligkeit: der Maler vor der
Staffelei, den fcharfen, lebendigen Blick zum Bilde hinaus gerichtet; fprühend in der
Erfaffung des Momentanen, koloriftifch von feinfter Delikateffe und auf wenige weiß-
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Abb. 10. W. DIEZ, Altes Gehöft
fchaften — „Jagdgefellfchaft“ — hinzu, vor allem aber Trübner mit zwei ganz aus-
gezeichneten Werken, die die beiden Seiten feiner Kunft gefchickt illuftrieren. Das
Bildnis von 1878 „Knabe mit Dogge“ ift ein Stück altmeifterlicher Kunft; mit ficherfter
Raumbeherrfchung find die beiden Figuren von dem großblumigen Flintergrund ab-
gehoben, vollendet ift der tieffchwarze Samtanzug des Knaben, das graufchwarze Fell
der Dogge gegeben. Dazu ftellt fich auf der andern Seite die Landfchaft „Frauen-
chiemfee“ mit der ruhigen und vornehmen Aufteilung der Fläche und der zurück-
haltenden Farbengebung. Das ganz verinnerlichte „Bildnis eines Hundertjährigen“ von
Theodor Alt bildet ein weiteres rühmliches Zeugnis für den künftlerifchen Ernft und
die hohe Bedeutung des Leiblfchen Freundeskreifes.
Die äußerfte Entwicklungsftufe der Malerei, die die Sammlung aufweift, ift der Im-
preffionismus. Hier dominiert und wohl überhaupt in der ganzen Galerie — Meifter
Liebermann mit zwei Gemälden, die zwei Perioden feines Schaffens unübertrefflich
charakterifieren. Die „Kartoffelernte“ von 1875 bezeichnet die frühere Zeit. Unbegreif-
lich ift und bleibt die ungeheure Kraft der Perfpektive, die Tiefe des ins Bild hinein
bis zur abfchließenden Baumreihe fich erftreckenden Feldes. Über das tiefe Braun des
Kartoffelackers find die Arbeitenden verftreut, mit der Erde verbunden, Teile von ihr.
Und dann die fabelhafte Sicherheit in den Bewegungen des auflefenden Bauern im
Vordergründe. Neben der fchweren Erdfarbe diefes Bildes blendet faft das jüngfte
Selbftporträt Liebermanns (1913) in feiner ftrahlenden Helligkeit: der Maler vor der
Staffelei, den fcharfen, lebendigen Blick zum Bilde hinaus gerichtet; fprühend in der
Erfaffung des Momentanen, koloriftifch von feinfter Delikateffe und auf wenige weiß-
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