Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (6.1914)

FRIEDRICH AUGUST MARTERSTEIG

FR. fl. MARTERSTEIG,
Großherzog Karl Friedrich. 1837

FR. fl. MRRTERSTEIG,
Wildmeifter Boß, 1837

erkennen — freilich wird er finden, daß dabei das literarifche Erbe den Malern eher
hemmend als fördernd war.

Wir fehen es an Friedrich Preller, deffen reiche, auf das Erfaffen dramatifch
reger Momente im Leben der Natur gerichtete Begabung fich kraftvoll und ftark in
vielen feiner frühen Landfchaften und in faft jeder feiner Zeichnungen ausfpricht, der
fich dann aber hineinzwingt in ein literarifch durchdachtes Komponieren, der von Bil-
dern fo unmittelbar und lebensfrifch wie dem Eislauf auf dem Schwanfee zu den
reifen, aber ach fo kühlen Odgffeelandfchaften kommt. Wir fehen es an Carl Hummel,
deffen freundlich befcheidene Art, die ihn zum Entdecker der Thüringer Landfchaft und
unferer Wälder machte, fich künftlich fteigern mußte zu den theatralifch überfüllten
Landfchaften im Wielandzimmer des großherzoglichen Schloffes.

Aber bei keinem ift der Konflikt zwifchen malerifchem Schauen und hiftorifch be-
einflußtem Erfinden fo fchickfalsvoll geworden, wie bei Fr. A. Marterfteig, deffen
tiefe und gediegene Begabung ihn zu einem unferer größten Bildnismaler hätte
machen können und der die Hauptkraft feines Schaffens an hiftorifche Kompofitionen
wandte.

Erft wer fich mit ihm auseinanderfetjt und in der Fülle feiner Werke die künft-
lerifchen Werte fucht, bekommt Klarheit über das Weimar in der Mitte des 19. Jahr-
hunderts.

Es ift daher außerordentlich zu begrüßen und bedeutet für jeden, dem es Ernft
ift um Weimar, ein Ereignis von großer Wichtigkeit, daß fein lOOjähriger Ge-

608