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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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Heft 20/21
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VERMISCHTES

und London, mehr alsVerkäufer auftreten dürften,
denn als Käufer.

Jedoch, was des einen Leid, ift des andern
Freud’, und fo können die Mufeen, die feit
Jahren nicht mehr mit den großen Sammlern
konkurrieren konnten, fagen: „Meine Zeit kommt
auch mal wieder.“ Zweifelsohne gibt es jeßt
Gelegenheit, Werke zu vernünftigen Bedingungen
zu erwerben, die den Galerien fehlen. Wo fie
fidi bieten, follten diefe fie nicht vorübergehen
laffen und die Hand darauf legen. Fehlen da
oder dort die Mittel, fo werden fie von Mu-
feumsfreunden gewiß gern vorgelegt werden.

Mit Bezug hierauf fei daran erinnert, daß der
wertvollfte Teil des Äntwerpener Mufeums, die
van Egck, Memling, Hugo van der Goes u. a.,
die ihm von dem ehemaligen Bürgermeifter van
Ertborn gefchenkt wurden, von diefem in der
franzöfifchen Revolutionszeit erworben worden
ßnd, daß Graf Wackerbart für die Dresdner
Galerie zahlreiche Perlen in ähnlichen Perioden
gekauft hat, wie auch die holländifchen Mufeen
vieles folchen Anläßen verdanken. Und noch
in neuerer Zeit (1870) erwarb der Parifer Sammler
Dreyfous feine herrlichen Skulpturen aus der
italienifchen Renaißancezeit von ihrem Befißer
für eine Bagatelle.

Die Frage, wo wertvolle Stücke jeßt zu haben
wären, läßt ßch natürlich nicht beantworten, aber
durch den Krieg find gewiß fo viele Privat-
perfonen gefchädigt worden, fo manche Kom-
munen ruiniert oder durch Kontributionen ver-
armt, daß fie zur Veräußerung von in ihrem
Beßß befindlichen Kunftwerken werden fchreiten
müßen. Belgien z. B. ift zuerft und fehr ftark
in Mitleidenfchaft gezogen durch fein unnötiges
Parteinehmen für unfere Feinde, und diefes Land
ift reich an Werken aller Art. Es widerfpricht
der Kampfesart der Deutfchen, Gemälde als gute
Beute zu entführen, wie dies die Franzofen
früher überall getan (und ihre Sammlungen
„vervollftändigt“) haben, aber freiwilligen Ver-
äußerungen foll man in folchen Zeiten nicht aus
dem Wege gehen, fondern fie im Intereße unferer
Mufeen wahrnehmen. —s.

BERLIN Das BERLINER KUNSTGEWERBE-
MUSEUM veranftaltet in feinem Hörfaal wieder
zwei öffentliche Vortragsreihen von je fünf Vor-
trägen. Geh. Reg. Rat D. P. Jeffen fpricht über
„Krieg und Krieger in der deutfchen Kunft“
(Montags, S1^ Uhr abends, Beginn 19. Oktober),
Privatdozent D. O. Fifchel über „Bilder der
deutfchen Baukunft“ (Donnerstags, 8'/2 Uhr
abends, Beginn 22. Oktober). Die Vorträge ßnd
unentgeltlich und werden durch Lichtbilder er-
läutert.

LONDON Kunfthi ftorifcher Unterricht
auf de nbritifchenUniverfi täten. Anläßlich
einer Serie von Artikeln über den kunfthiftorifchen
Unterricht in den verfchiedenen Ländern, den
Vertreter diefer Länder für die „Revue de Syn-
thefe Hiftorique“ gefchrieben haben, behandelt
das Juliheft des Burlington Magazine den dies-
bezüglichen Äuffatj Mr. Mac Colls über die Zu-
ftände in Großbritannien und kommt zu dem
Ergebnis, daß diefelben mehr als kläglich find,
denn England fteht in diefer Beziehung allen
anderen Ländern nach. In Edinburg als einziger
britifcher Univerßtät gibt es eine volle Profeßur
für Kunftgefchichte und nur dort kann in diefem
Fach ein Univerßtätsgrad erworben werden,
aber auch nur in Verbindung mit klafßfcher
Archäologie. In Liverpool gab es früher eine
kunftgefchichtliche Profeßur, die aber jetjt mit
der Bauakademie vereinigt worden ift. In Ox-
ford und Cambridge ermöglicht die Sladeftiftung
wenigftens die Abhaltung zeitweifer kunftge-
fchichtlicher Kurfe. An der Londoner Univerßtät
befteht zwar ein Lektorat für Kunftgefchichte,
das jetjt Dr. Tankred Borenius ausübt. Es war
aber nur eingerichtet worden, weil der Direktor
der Sladekunftfchule feinen Schülern gern eine
Einleitung in die Kunftgefchichte von berufener
Seite vortragen laßen wollte und deshalb be-
reit war, einen Uinverfitätslektor aus den Ein-
nahmen der Schule zu honorieren. So hängt
dieses Lektorat ganz von dem guten Willen
diefes Direktors ab! Innerhalb der Univerßtät
felber hat es fozufagen keinen Standard. Das
ift Großbritanniens Fürforge für eine fo wichtige
geiftige Difziplin! Sie entfpricht etwa der Für-
forge für die Kunft felber, die ihr hierzulande

zuteil wird. * *

*

Ende Juli wurde bekannt, daß fich ein par-
lamentarifcher Ausfchuß für Kunftange-
lenheiten gebildet habe, dem Mitglieder beider
Häufer und aller Parteien angehörten. Die
wichtigfte Angelegenheit, mit der ßch diefer Aus-
fchuß befchäftigen wolle, fei die Vermehrung
der öffentlichen Sammlungen (und wohl auch,
obwohl das nicht ausdrücklich genannt wird,
die eventuelle Verhinderung der Ausfuhr allzu
vieler bedeutender Kunftfchäße nach dem Aus-
land). Ferner folle die fchon öfters angeregte
Frage der Schaffung eines Minifteriums der
fchönen Künfte nach franzößfchem Mufter er-
örtert und vielleicht fpruchreif gemacht werden.
Neben diefen allgemeinen Punkten handle es
ßch um verfdiiedene fpezielle wie die der Ver-
waltung in Verbindung mit Regierung und an-
deren Behörden, die irgendwie mit Kunft und
künftlerifchen Fragen ßch zu befaßen haben (Er-

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