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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

DOI issue:
Heft 20/21
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Biermann, Georg: Alfred Hagelstange
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0668

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ALFRED HAGELSTANGE +

Qualität die bedeutenden Erfcheinungen der neueren und felbft der jüngften Kunft-
entwicklung zu gruppieren. Er hatte den Mut, als einer der Erften neben Menzel,
Liebermann und anderen Vertretern klaffifch deutfcher Malerei, van Gogh, Cezanne
und Gauguin zu kaufen und fogar mit dem Tage felbft Schritt zu halten, indem er eine
noch nicht öffentlich gezeigte Sammlung expreffioniftifcher Malerei um ganz geringes
Geld erwarb, über die man eines Tages in Köln ftaunen dürfte, weil pe aus dem
gleichen ftarken künftlerifchen Gefühl hervorgewachfen ift, das Hagelftange zu der
Kölner Malerfchule und den Primitiven überhaupt hingeführt hatte.

Diefe kurzen Bemerkungen mögen hier genügen, den Verluft anzudeuten, den wir
mit dem Tode diefes Mannes erlitten haben. Und doch werden ihn nur die ganz
ermeffen, die mit dem Gelehrten und Sammler den Menfchen und die große Perfön-
lichkeit verlieren. Denn Hagelftange gehörte nicht zu den lauten Helden, die von der
Gunft des Tages emporgetragen, oft nur zu rafch dahingehen. Er hat die Reklame
nie geliebt und hat pe auch nie nötig gehabt. In ihm lebte eine ftille Größe, die pch
ihrer Pflicht ftets bewußt war. Selbft für alles Schöne begeiftert, wußte er andere zu
begeiftern. Köln hat von feiner Perfönlichkeit einen Nußen gehabt, den man feinem
ganzen Umfange nach erft fpäter erkennen wird. Er hat die traditionsreiche Stadt
aus ihrem künftlerifchen Dornröschenfchlaf erweckt und, unterftü^t von ihrem weit-
blickenden Oberhaupt, kulturell neuen Aufgaben zugeführt. Unter feiner Mithilfe hat
eine neue Sammelfreudigkeit vielverfprechend am Rhein eingefefet und die Ausftellung
des Sonderbundes hat zum mindeften dargetan, daß man in Köln den Mut hatte, auch
den neuen Zielen junger Kunft Verftändnis und Unterftüßung entgegenzubringen.

Alfred Hagelftange ift kaum vierzig Jahre alt dahingegangen. Mit ihm begraben
wir eine der fchönften Hoffnungen auf dem Felde lebendiger Kunftpflege, einen lieb-
werten Menfchen und Freund.

DARMSTADT, den 3. Dezember 1914 GEORG BIERMANN

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