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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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[Heft 23/24]
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Walter, Friedrich: Die Sammlung Carl Baer in Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0669

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DIE SAMMLUNG CÄRL BflER IN MANN-
HEIM Mit 29 Abbildungen / Von FRIEDRICH WALTER

Die Sammlung Carl Baer in Mannheim, die [ich den bedeutenden Privatfammlungen
ihrer Art an die Seite [teilen darf, ift weit über die Mauern diefer Stadt hinaus
bekannt. Bis vor kurzem war fie fogar in auswärtigen Fachkreifen bekannter, als in
Mannheim felbft. Als diefe Sammlung, das Werk vieljährigen, erfolgreichen und ver-
ftändnisvollen Ausgeftaltens, in neuer Aufhellung kürzlich für einige Wochen dem
Befuche des Publikums zugänglich gemacht wurde, konnten die Mannheimer ihre
Überrafchung über diefes reichhaltige Privatmufeum nicht verhehlen.

So mancher Privatfammler kann hier lernen, was es heißt: Qualität fammeln und
konzentriert fammeln, durch planvolle Befchränkung auf ein engumgrenztes Gebiet ein
hohes Maß vornehmer und gefchloffener Wirkung erreichen.

Ganz im ftillen ift diefe Sammlung zu ihrer heutigen Bedeutung emporgewachfen.
Allerdings ift von ihren Schäden manches intereffante Stück den Leuten vom Fach
fchon auf Ausheilungen begegnet, und auch neuerdings wieder hat ihr Befitjer wert-
volle Leihgaben nach Darmftadt gefandt.

Es ift das erfte Mal, daß eine Kunftzeitfchrift im Zufammenhang über diefe Samm-
lung berichtet, wozu ihre Neuordnung den erwünfchten Anlaß bietet.

Die Eigenart der Sammlung Baer beruht auf zwei nahverwandten Gebieten: feines
Porzellan und Kleinporträts, vorzugsweife des 18. Jahrhunderts. Im Porzellan legt
die Sammlung den Schwerpunkt auf Süddeutfchland, befonders Frankenthal, und bei
den Kleinporträts ftehen diejenigen im Vordergrund, die durch die Perfon des Künftlers
oder des Dargeftellten nähere Beziehung zu Baden-Pfalz haben. Trojj diefes ftark
hervorgekehrten bodenftändigen Charakters find überall die Fäden fichtbar, mit denen
die Sammlung Anfchluß an die allgemeine Kunftentwicklung fucht.

Von den drei Räumen, in denen Herr Baer feine Schäle aufgeftellt hat, birgt der
mittlere in fechs großen modernen Mufeumsvitrinen die Porzellanfammlung. Von den
beiden anftoßenden Zimmern, die mit alten Möbeln gefchmackvoll ausgeftattet find,
enthält das eine die gemalten Kleinporträts (hauptfächlich Miniaturen), während in dem
anderen die modellierten Kleinporträts (Reliefs und Büßen) vereinigt find. Der Vor-
raum läßt in gefchickt gewählten Proben aus den verfchiedenen Abteilungen gewiffer-
maßen die für die Sammlung maßgebenden Leitmotive erklingen.

Die Porzellane, unter denen Frankenthal nach Stückzahl und Qualität weitaus vor-
herrfcht, find nicht nach der Entftehungszeit oder nach der Künftlerzugehörigkeit
angeordnet, fondern nach äfthetifchen Gefichtspunkten und nadi der ftofflichen Ver-
wandtfchaft der Figuren und Gruppen. So find z. B. Figuren mit gewerblichen Dar-
ftellungen aneinandergereiht, und eine Vitrine enthält in feltener Reichhaltigkeit Jagd-
fzenen, Hunde, Hirfche ufw. mit der kürzlich erworbenen großen Gruppe des „Jägers
aus Kurpfalz“, von der nur noch in Heidelberg und Darmftadt Exemplare ftehen.

Es kann nicht Aufgabe diefer kurzen Überficht fein, alles aufzuzählen, was in
diefer Sammlung das Auge des Kenners feffelt. Aus der Fülle des Vorhandenen fei
nur auf einige intereffante Stücke hingewiefen.

Bemerkenswert ift unter den frühen Frankenthaler Stücken eine Gruppe von zwei
Putten auf hohem Grasfockel; fie trägt außer dem Zeichen PH einen Rautenfchild
(Unterglafurblau), der als feltenes Charakteriftikum für früheften Frankenthaler Brand
gilt (bisher nur auf Einzelfiguren und Gefchirren nachgewiefen). Durch ihre Größe
(ca. 40 cm hoch) und ihre feine Ausführung fällt eine Florafigur auf, durch feine,

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