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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 51-77 (1. März - 31. März 1871)
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JW 70.

^bomuttuntaprris fl. 1. 3 fr. tn £eibelberß
burd) bie fpoft ff, 1. 16 fr* üiertelictyrtß.

Dottnevftag, 23. 3Mrs.

^tt3ctßcn 3 fr. bie ^etitseite, bei $uSfunffS*
evtljetlung 4 fr.

1871.

9lctteiie yfrufjritfjtett.

IBcrlin, 21. 3Rärg. Ser Kaifer evojfnete im
SEBeißen ©aate um 1 Uhr ben [Reidötag. Sie Um®
ßebung beS ©c^toffeö ifl mit bitten ©olfSmaffeit
gefüllt. Ser Katfer warb bei ber Stnfnfyrt enthu*
jiaßifd begrübt. 3m SBetßen ©aale mar ueben
bem S|rone eine Sribuitc für bie Kaiferitt, bie
Ktoupringefftn unb bie ©ringefftnneu |ergert^iet.
Sie ©efammttribunen über bem ©ingattge mareit
bem biplomatifdcn ©orpS referotrt, metdeS ooß®
ja|lig anmefenb mar. Sie Suhörerplähe maren
überfüllt, tm ©aale etma 400 ©erfoneti; Oleic^ö^
tagSmitgtiebcr, fm<hfk Staatsbeamte, ©nteralitäi
unb ©cijilicbfeit.

Salb nad 1 Uhr trat in ben ©aal ber Hai®
fergug ein. Sie Hofdatgeit paarmetfe, bann ©raf
3)lolüe mit bem fReidSfcijmert, o. genfer mit bent
[ReidSapfel, o. Cftocn mit bem ©cef>ter, ber Obetfi-
fäutmcrer ©raf ßtebcrn mit ber Krone, ©raf
SBrangel, geleitet oon beit ©etteralen o. Kamele
unb 0. ©obbtclöfi, baS SReidSpanter tragenb. Sie
Snftgniett eScortirten grnei Gfftjicre ber ©arbe bu
©ortoS @S folgte ber Katfer in großer ©cneral®
uniform ber Kronpnnj bie ©roßpergoge oon Sa-
ben, SBeitnar, SJfeifleitbuvg, Dlbenburg, bie^erjoge
bon ÜKeiningcn, 3lttcnburg unb bte übrigen anme®
fenben regterenben §uxflcn, bann bie ptcufniujen
grinsen mit ©efolge. Ser Sllteröprafibent gran*
denbcrg=8ubmigSborf bringt bem Kaifer ein brei-
fadeS Sebehod. Ser Kaifer oerneigt ftd banfenb.
Sie durften unb ©ringen jteflen ftd redtS, ber
©unbeSrath tinfS oom S|ron. Ser Hälfet bertaS'
bebeeften HaupteS bte Sbronrebe. Siefelbe lautet:

,,©ee|rte Herren! Söeitn id nad bem glor®
reichen, aber ferneren Kampfe, ben Seutfdiaub
für feine Unab|angigleit ftegreid geführt, gut«
erjien 5Rale ben beulten ßtcidStag um mfd oer*
fammelt febe, fo brängt eS mid) oor Sittern, meinem
bemütbigen Sanfc gegen ©ott StuSbrucf gu geben
für bie meltfocWchtlicben ©rfolge, mit benen feine
©nabe bie treue ©intradt ber beutfden ©mtbeS®
aenoffen, ben Helbcmnuth unb bte SRannSgudt un-
fern £>eere unb bie opferfreubtge Eingebung beS
beutfden ©olfeS gefegnet |at. 2Bir haben erteilt,
loaS feit ber Seit unferer ©ater für Seutf^lanb
erflrcbt mürbe: bie ©inljeit unb beren organifde
©efialtung, bie Sicherung unferer ©rengen, bie
Unabhangigfeit unferer nationalen ffteidSentmicfe®
Jung. SaS Semußtfetn feiner ©inheit mar in bem
beutfden Solle, wenn auch »erfüllt, bod jietS le-
benbtg; eS hat feine &ülle gefprcitgt in ber ©es

, geiftcrung, ,'utit meldet bie gefammte Station ftd)
I gur Sertheibtgung beS bebrohten ©atcrlanbeS erhob
! unb tn unocrtilgbarer ©drift auf bett ©dladt-
i fclbent granlreidä ihren ©Bißctt oerjeidnetc, ein
l einfgeS Soll gu fein unb gu bleiben. Ser ©cifi,
| meldet in bem beutfden Solle lebt unb feine ©ti®
| bung unb ©efittung burdbringt, nidt nttnber bie
j Serfaffuug bc3 SRetdcä unb feine |)eere^einridtungcn
bemalten Seutfdlanb inmitten feiner ©rfolge oor
feber Serfudung jum fKipraude feiner bnrd feine
©inigung gemonnenett Kraft. Ste 2ldtung, melde
Seutfdlanb für feine eigene ©clbfiänbigleit in-Sin*
fptuc| nimmt, joHt c8 betettmiKig ber Unabhängigfeit
aßer anbetn Staaten unb Söller, ber fdmadeit
tbie ber fiarlen. Sa8 neue Seutfdlanb, mte e§
aus ber Feuerprobe beS gegenmärtigen Krieges |er-
oorgegangen ifi, mirb ein juoerläffiger S3ürge beS
eutopäifden FriebcnS fein, meit eS flatf unb felbft®
bemujjt genug ift, um fld) bie Drbnung feiner tu
genen Slugclegeuheiten als fein auSfdlie&lided aber
and auSreldenbeS uttb ^ufriebenfteßcnbeS ©rbt|ell
gu bema|ren. ©S |at mir gut befonberen @enug-
t|uung gercidt, in biefem ©eijie beS FriebetiS in®
mitten beS fdmeren Krieges, ben mir führten, bie
Stimme Seutfdlanbs bei ben 9Ser|anblungen gel-
tenb gu maden, melde auf ber burd bie oermit®
telnbcn S3efirebintgen meines auSmärtlgen SlmteS
herbeigefül)rten ©onferenj in Sonbon ihren befrie®
bigenbeit stbfdlufi gefunbeit haben: Ser c|renooße
Seruf beS erflett beutfden fUeidStagS mirb eS gu-
nädfi fein, bie Sffiunben nad fOiögtidfcit gu heilen,
melde ber Krieg gefdtugen |at, unb ben San! beS
SSaterlanbeS Senen gu bet|atigen, melde ben Sieg
mit i|rem 93Iute unb Sehen bega|U haben, ©leid-
gettig merben Sie, geehrte Herren, bie Arbeiten
beginnen, burd melde bie Organe beS beutfden
9teideS Jur ©rfüßung ber Aufgabe gufammenmirlen,
melde bie Serfaffung i|nen fieflt: gut« @du|e beS
in Seutfdlanb gültige« ßtedtS unb gur^Pßege ber
2Bof)lfabrt beS beutfden SSotleS. Ste ©erarbeiten
für bie regelmäßige ©cfehgebuitg haben Iciber burd
ben Krieg SSergögerungen unb Unterredungen er®
litten; bie SSorlagen, melde 3^nen jugc|en merben,
leiten fld baher unmittelbar aus ber neuen ©c-
flaltung Seutfdlanbs ab. Sie in ben eitigelnen
S3erträgen oom fHooember oorigen 3u|reS gerflreuten
SBerfaffungSbepimmungen foßeit in einer neuen 9te-
bactioit ber SfteidStagSüerfaffung i|re georbnete 3u®
fammcnfießnng unb ihren gleidniäßfgen SluSbrud
ftnben. Sie ©etheiliguttg ber etngelnen SSnnbeS«
fiaaten an ben laufenben SluSgaben beS SRcideS
bebarf ber gefejjüdett [Regelung. Für bie oon ber

lönfgltd bapertfden [Regierung bcabftdiigie ©in*
j fü|rung ber norbbeutfden ©efe^e in Sapern mirb
| 3|re SRitmirlung in Slnfprud genommen merben.
: Sie ©erfügungen über bie oon Ftanfreid gu lei®
ftenbe KriegSentfdäbiguiig mirb nad SDlaßgabc ber
i ©ebütfniffe beS IRcideS unb ber beredtigten 2lti-
! fprüde feiner 3RitgHeber mit 3|rer ßufiimmung
i getroffen unb bie fRedenfd«ft über bie gur Krieg®
j fü|rung oermenbeten üRittel 3|uen fo fdleunig

* oorgelegt merben, als eS bie Umflänbe geftatten.

| Sie Sage ber für Seutfdlanb rüdermorbenen ©c®
| biete mirb eine 9tei|e oon SRaßregcin er|eifden, für
I melde burd bie [ReidSgefehgebung bie ©runbiagen
i gu fdaffeu ftnb. ©in ©efeg über bie ©enftonen
j ber Dfftgiere unb ©olbaten unb über bie Unter®

* ftüfgung i|rer Hinterbliebenen foll für baS gefammte
; He« bteSlnfprüde gleidmäßfg ergeben, melde ber
i gleiden Hiuflebung für baS ©aterlanb an ben
| Sauf ber [Ration gufte|en. @et|rte He«cu! SRögc
i bie üEßkberhcrfießung beS beutfden [ReideS für bie

beutfde [Ration and nad iunen baS 3Ba|rgeiden
neuer ©rößer fein, möge bem beutfden [ReidSfrtege,
ben mir fo ru|mreid geführt, ein mdt minber
glorrcider [Reidöfrieben folgen, unb möge bie 2luf-
gäbe beS beutfden ©olleS fortan barin befdloffen
fein, fid in bem SOßelttampfe um bte ©üter beS
FrtebenS als ©ieger gu ermeifert. SaS malte ©ott!

[Radbcm bie Sffronrebc oerlefen mar, erfolgte
ein erneutes bveifadeS ßebe|od. ©raf ©iSmard
proclamirte hierauf bie @efftonS®©röffitung.

— Sie erfie ©i^ung beS beutfden [RetdStageS
mürbe um 3 x/<t U|r oon bem 3UterSpräjibenten o.
Franfenbevg=8ubmigSborf mit folgenber [Rebe er®
öffnet: „?US mit ber ©orgug gu S|eit mürbe, bie
erfie ©i&mig beS confiitutrenben [ReidStageS am
25. Fcbr. 1867 gu eröffnen, na|m id ein einiges
Seutfdlanb in gemijTe SluSfidt. Siefe Steuerung
burdlief bie frangöftfden Ssurnate mit oer|öhnenber
Kritif, benn Frantrefcb fdien eS fictS unerträglid,
Seutfcblanb efnfg unb bamft groß, fiarf unb mädtig
gu miffen. Sennod |at fld) bie ©inigfeit oermirf®
»dt. 2tn unS ifl eS, fte ju befefligen. [Rad glor*
reidem Kriege gt|en mir fe^t an bie SBerfe beS
FvtebenS mit ber greubißteit, melde nuS ber feit
3«t)rl)unberten erftrebten, fefct erreidten ©rrungen®
fdaften l)eroorge|t." Ser ©rafibent begrüßte |ier®
auf unter lebhaftem ©eifaß bie fübbeutfden
geovbneten, erflärte bie ©i^ung für eröffnet unb
fdlug oor, bis auf SOBeitereS bie ©efdäftSorb®
nung beS norbbeutfden SunbeS angune|men.
Sa fein SCBibetfprud erfolgte, ernannte bet
©rajibent gu @d)riftfü|rern ©den! 0. ©tauffen®

Sum 22. SDiarj.

Hod! H0<^ fcee Katfer unb baS SReid!

0 hätt’ id bod nur SBorte gteid,

Sic gange Siebe gu befeuern,

Unb mürbig biefen Sag gu feiern!

3d W bie ebelRe ©epalt,

3d fühle Seines ©lidS ©emaltg
SEBie frcunblid biefeS 2luge blidt,

Unb 3eben, ber 31«» beglüdt!

3d fe|’ 3^« P°l? ««b
3Bo 3eber 31« in’S Heige fdloßj
SBie trug ber [Rappe i|n mit Sufi
©id feiner eblen Saft bemujjt!

Unb mie ein jugenblider Hdb
©te|t biefer etfte Fürft ber SBelt
3e^t feji unb treu bis in ben Sob
3n Seutfdlanbs golbnem URorgenroth!

©o Ube benn geliebt, geehrt,

3n ßarfer Hanb baS beutfde ©dmert,

©o lebe benn nod mandcb 3ahr
©eglüdt mie je ein Kaifer war!

j}le«t(|Mima.

©tc ©cpulc kö Uttßlücfä.

S3on &anS SBadenlpufen.

- l

@S ifl nur aßgu ma|r, menn id feige: bie
Frangofen ftnb mir felbfi in ben SRomenteit i|rer
fdmählidficn [Rieberlogen, bei ber He|e öott @e-
ban unb ber ©apUulation oon ÜRe|, nidt fo fletn
erfdienen mie in bem Ülttgenblid, mo eS gilt, ftd
mieber aufguridten, ber 9Selt gu geigen, baß eine
große [Ration mo|l Uttglüd haben !ann, aber baS®
felbe gu reparirnt oerfte|t.

Sie 2Belt |at biefem burd feinen Uebcrmuth
fdtoer geprüften ©olfe i|r SRitleib nidt oerfagtj
Seutfdlanb felbfi, ber ©ieger, geigte i|m mettig®
fienS baS ÜRitgcfü|l, unb bie ©donung, mit mel®
der ber ©ingug in ©ariS gefda|, fie|t in ber
KriegSgefd)idte o|ne ©leiden ba als ein ©eifpiel
oon 3Raßigung unb Klugheit.

SOBaS aber treibt biefe [Ration? Slnfiatt in
Srauer über ein felbfi herbeigefü|rteS, felbfi oer®
fdulbeteS Uttglüd ftd baS Haupt gu oer|üflen,
aße bie öcrljängttifjoofien Urfaden biefer ©rüfung
eingugcfie|en, mit ©ntfdloffenheit an eine [Reorgani®
fation gu gehen, greift fie in ben Kot|, fudt ihren
©egner gu bejubeln, Ja, bejubelt fld felbfi, inbem
fte fid bis gum lebten Slugenblid als oerrat|en u.
»erfauft unb aße btefenfgen, in melde fte ©er®

trauen gefegt, für Sumpe erllärt, bie fte an ben
[Ranb beS ilbgrunbeS geführt.

Oft, unettblid oft |at mid Ȋhtenb biefer
fdmeren ©ampagne ein naiürltdeS ©iitleib ange®
mattbelt, menn id ein fo burd aße Salente glän®
genbeS, aber in ber clcttbfien ©orruptior. oerfom*
menen Sßolf, betäubt oon ben auf fein Haupt fat®
lenbeS ©dlägett, oor mir fa|, unb gu feiner @|re
gefie|e id: eS gab aud SRande unter i|m, bie in
ridtigjter ©rfenntniß aß ber begangenen ©olfSfün®
ben bie gange Faulnifj Fcanfieich® eiiigeftanben.
Slber auf einen ©orurt|etlSfreicn unb ©injtdtlgen
fommett Saufenbe oon äRaulhelben unb [Renom®
mifien, bie eben eine gange 2lrmee baoon taufen
ober in bie ©efangcnfdaft gie|en gefe|en hatten
unb mit ber größien grcctj^cit behaupteten, nur
burd ©elb, burd ©eirath fei baS möglid gerne*
fett. 2Bie oft habe id ih«c« geantmortet, menn oon
Anfang bis gum Sdluß biefeS blutigen Srama’S
aße bie hanbelnben ©erfonen ohne 31uSna|me J«
©erräthern gejlempelt maren —• mie eft^ßabe i<d
ihnen ba geantmortet: 3«m Seufet, ißr fönntabec
bod nidt aße ©dürfen fein! ©» äflgt mit
in Ftanfreid enblid einen e|rliden SRann! Ubet
fte bleiben babei; unb bisgulehtmar eS mir faum
möglid, mit einem Feangofen eine Unterhaltung
gu führen, bie er nidt mit ben ©Sorten begonnen
 
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