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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 257-282 (1. November - 30. November 1871)
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©omttctg, 5. Sfattem&er.

£*3«igtn 3 fr* bie 'JJetttjfile, Sri Äuafunft«*
crtljeilimg 4 fr.

JM 261

45 Ärfujcv in ^eibelbcr«
t>ur4) bic ff 57 Äreujcr tMcrteljß&rig.

1871.




gut bie SRonate JRabcmber unb ®ea
Jtmber »erben Sefteßungen auf ba« §eibelbergcr
Journal für au« märt« bei beit betreffenben 5{5ofi-
anftatten, unb fjiex bei ber ©rpebition unb ben
Prägern entgcgengeuommen.

Sref« für f>ier mit Srägerlotjn 38 fr.

„ burch bie Soft 38 fr.

Sie ©gpebition.

ScleflcoDijtfeöe ftlatfjricfjten.

Berlin, 3. ÜRo». [Rei<b«tag«fi|}utig. ©<i« ©ott*
barbtbabngefeb fowie ba« ©efc^, betreffenb bte @in-
föbrung beb ©efefce« über bie SRinberpcft in Sapern
nnb SBürttemberg, »erben in britter Sefung ange-
nommen. (Sb folgt bie erjte unb gwcite Seratljung
beb Intrage« Süftng, betreffenb bie ©infübrung
einer Solfeoertretung in fämmtlicben Sunbe«ftaa*
fen. Ser mecficnburgffche Staat«mtnifter »-Sülow
fpricf)t ft<b gegen ben intrag au«, welcher unter
beut Scheine einer lenberuttg ber 9teich«»erfaffung
eine SRobfftfation ber meefienburgifeben Serfaffung
anfirebe. SRacb längerer ^Debatte wirb ber Slntrag
bei namentlicher Ibftimmung mit 185 gegen 88
Stimmen angenommen. Bür ben Slntrag ftimmen
bie -Jiationalliberalen, bie gortfcbritt«partei unb bie
liberale [Rcicb«pattei, bagegen bab ©entrum, au«-
nommen fReicbenfperger (Dlpc) unb Srobft. Sie
beutfehe [Reicb«partei ftimmte getheilt. Stumm unb
ber $erjog »on Ufefi jiimmten mit [Rein, 58ctl)ufb-
>f)uc unb griebenthal mit 3a.

— Ser Scbaufpieler &enbri<b« ifi geftorben.

— Sie Subfcription auf bte SJtufflfc^cn So-
bcnc«b{t=Sfanbbrtefe, »ierte ©miffion, mußte hier
gut» nad) CSrBffnung gefcbloffcn werben. SDlc Ue«
betieichnung erreichte einen coloffaten SSetrag.

SSiimfien, 3. 5Ro». ©utem Sernehmen nach
toirb ber englifche ©cfanbte am hieftgen $ofe, Sir
|)enrh £)owarb, abberufen unb bur<h einen ®e-
fchaftbträger erlebt.

2Bic», 3. IRo». Saron t>. &efler«f)erg, welcher
mit ber [Reubllbung beb Äabinetb beauftragt ifi,
arbeitet, wie »on gut unterrichteter Seite »erlaufet,
gegenwärtig ein ißrogramm aub, welcbeb er bem
Äaifer gur ©cnehmigung »orlegen wirb. Sie grage
wer in bab neue Sabinet eintritt, werbe erft nach
ber Annahme beb Srogrammö burch ben Äaifer
gur ©tlebigung fommen.

Seft, 2. fRo». Sie <5rebit*2lnfialt unb bie un»
gatifche ©rebit»Sanf hüben mit bem ungarifchen

ginangminiftcr ein große« ©ifenbahngefcbäft für
ungarifche ©ifenbabnen abgefchioffen.

fßari«, 3. 9lo». Sab „3ournal offljiel" »er*
offentlicbt eine [Rote, welche fagt: Sie [Regierung
fann nicht gefiatfen, baß matt granfreicb burch
©erüchte beunruhigt, benen gufolge bie Itmee
fchlecbt untergebracht, fchlecht genährt unb Äranf-
heiten au«gefe|jt wäre. Sab amtliche Slatt bemen-
| tirt biefe ©erüchtc entfehieben unb weift ihre ©runb»
loftgfeit burch betaidirte Eingaben über bie 9tab*
rungbmittel berSolbaten, welche gefunb unb reich-
lieh feien, fomte über ihren @cfunbbeit«guftanb,
welcher aubgejeichnet fei, nach* [Rur ein ©rittet
ber Irmee »on Sari« fei in Saracfcn unterge*
bracht, nach Irt ber preußlfeben Irmee, aber bie
Baracfen feien gebeijt unb alle SBorfehrungen für
bie Sequemlicbfeit unb ben Unterricht ber Solba*
baten wären getroffen. Ser Sräftbent ber SRepu*
blif unb ber jtrteg«minifler begäben ftch faft täg*
lieh nach bem Säger, um fleh gu »ergewiffern, ob
bie in btefer [Richtung ergangenen befehle au«ge-
führt würben. Sa« „3ournal offtgiel" fc^lie^t:
bie [Regierung wirb, wenn man fie baju jwingt,
»on ben au« ben ®eflimmungen über ben SBelagc»
rung«äuflanb ihr entfichenben SoHmachten ©ebrauch
ma^en, um ju »erhinbern, bafj bie Nation auf
eine unmürbige Söeife über eine fo ernjie 3lngete-
genheit getäufiht werbe. — Shier« hat am °er»
gangenen Sitnflag bie Ärieg«fchule »on ©t. St»
befucht unb ben bortfgen SRanooern beigewohnt.
Ser ijßräftbent h«t nun an ben ©eneral £)eitrion
fowie an ben Sommanbanteti ber Slnfialt 33ritfe
gerietet, in welchem er biefelben über ben 2lu«-
fall ber 3Jlano»er unb ben Unterricht ber ßoglinge
beglücfwünftht unb namentlich beren St«cipltn unb
©ehorfam lobt.

aSerfaideS, 3. 9?oo. 3n ber permanenten Äom=>
tnifflon wirb beute bie ©etbfrage erörtert werben, i
Jßte »erftchert wirb, ijt ber Sefcblufj beoorftehenb, '
bemnä^fi SRoten in fleinen Scträgen gu emittiren.

— ©« geht ba« ©erücht, be Slerc fet jum 58er*
treter gratifreich« bei bem ^Berliner ^)ofe ernannt.

— SBte au« fjSari« hierher gemelbet wirb, ftnb
bort währenb be« gefirigen Sagt« feine SRuheflB-
rungen »orgefommen.

B. C. Sic Siplotttatie in ben ©injelftaaten.

Sßürttemberg ift Salem halb nachgefolgt unb
hat eine Ingabi feiner ©efanbtfhaften eingegogen
ober e« ftnben ftch wenigfiett« im Subget für ba«
nähfte 3ahr feine ©rtgenjen bafür. laturgemäh
wirb man auf biefer Sahn immer weiter fchreiten

-i-MIL- i- .1.1".".. . ..

; unb bem fReiche allein bie biplomatif^e Sertretung
im Iu«lanbe überlaffen.

Samit faden bann auch bie au«wärtigen ®e»
fanbtfchaften an ben fleinen ^)bftn weg, beren
©rifiengberechtigung auch fhwer eingufehtn ifi. 3fl
fchon bie Stelle eine« Sertreter« eine« beutfehen
©ingelfiaatc« im Iu«lanbe eint gicmlt* bebeutung«*
lofe ber jefMgen politifchtn Sachlage nach, fo ifi
ein au«martiger Siplomat an einem fleinen beutfehen
£ofe gerabegu gu einem giqurantentbum »erbammt,
welche« ihm felber ßweifel beibringen ntu§, ob er
überhaupt feinem Staate auch nur im ©ntferntefien
etwa« ntthen fann; benn bie Seiten, wo an einem
fotchen fleinen £ofe felbfijiänbig Solitif gemadht
Werben fonnte, ftnb glticflicberweife »orüber, fein
Saint Saßier ober fottfi ein frangöftfeher Siplomat
Wirb Je wicber bie SRoglichfett einer Württemberg
gifhen ober bairifeben fReutratität in einer beutf^en
Sache in feine Serechnungen glehtn fonnen.

Soweit bie Siplomatie ber beutfehen ©tngeU
fiaaten noch fortbefiehtn bleibt, mufj fle ihre luf*
gäbe barin fueben, ber SRei^«blplomatie in ent-
f^iebenem reich«freunblihtm Sinne, fo »iel wie
möglich, an bie £anb gu gehen uttb ftt gu uiiter*
flühen, aße particularijltfchen Sonberbefirebungen
auf biplomatifchem ©ebiet faßen naturgemäß weg.
Seßhnlb ifi e« aber würbiget für bie betreffenben
Serfönlichfeiten au« ber Siplomatie ber ©ingel»
fiaaten, bie ben neuen Serhältniffen rücfftcht«lo«
gugethan ftnb, fte fueben ftch im Slenfie be« [Reiche«
al« beutfehe Sfplomaten nämlicher »erwenben gu
laffen, al« fte e« at« bairifche, »ürttembergifche ober
fächftfhe Siplomaten thun fönnen.

Sie babifche [Regierung h«t au^h in bitfer Sache
. wieber gegeigt, baß fle am rafchejlcn bie Sonfequen-

■ gen ber neuen Serbältntffe gu gieren bereit ifi,
jebe biplomatifche Sertretung Saben« im Iu«lanbe
hört auf. So aßgemein muß unb wirb na^ unb
nach auch »on ben anbern beutfehen Staaten bte
biplomatifche Sertretung bem [Reich überlaffen
werben, bem fle naturgemäß aflein gebührt.

Seutf^lanh.

Straßburg, 2. [Roö. 2Bie man au« guter Dueße
»ernimmt, ifi ba« gegenwärtige in @lfaß*8othringen
befietfenbe [Regierung«pro»iforium feinem ©nbe nah«
unb hat man in nächficr ßdt einer SerfünDfgung
ber neuen befinitioen Serwaltung«orga-
nifation entgegengufehen.

Itthl wirb eine aßgemeine Solf«gählung
für ba« gefammte [Reich«lanb in afler Äürge heah»
flchtigt. Solche hatte nach älterer ftang. Inorbnung

Sic ganAc iea §Iut8.

(gortfegung.)

©r fianb wieberfirehenb ba, hoch ihrSlfcf, ihr
Wieber heroorqueflenbe« ©hluchjen machten ihn
waffenlo«. ©r wußte nicht« gu erwiebern. 3hr
gange« Senehmeu, frember, räthfelhafter, al« er«
erwartet hatte, nahm ihm felber bie gaffung. Sie
hatte fleh ihm genähert, faßte il)n nun an ber $anb
unb führte ihn mit halbbewußter £aft gut Shür,
nur notb mit einem aufgeregten Sltcf ihm ben Ibs
fchieb guwinfenb. ©r wiberfeßte ft^ nicht. „3<h
gehe weil Su e« wißji!" murmelte er »erwtrrt.
,3ch laffe Str ßeit — So^ Su bifi, Su bleihfi
mein!" — Sic niefo fiumm unb blieb flehen,
währenb er bie Sßür öffnete unb gögernb hinauö-
trat. 6r faC) nur noch, wie fie ftch bie £änbc oor
bie lugen legte; bann wanbte er fleh gut Sreppe
unb flieg rafcb h'nflb.

Ser Ibcnb fan! f^on über ben 5IRar!tplaß
herein, bie [Rothe be« weßlt^en Fimmel« leuchtete
ihm entgegen; ein frifeberer Suftgug empfing ihn
braußen unb fühlte ihm etwa« ba« burcbglülfte
©eftcht. ©r fah ßch unter btm freien Simmel
aßein. Sie Srunnenfäule fianb ihm im fffieg; er
lehnte ftch gegen fie, wanbte fleh guruef unb bliefte
nach 3°haniIa« genfler hinauf- hinter ben flei-
neu Scheiben fah er c« bunfler unb bunfier wer-

ben, bann einen Stchtfchein aufleuchten. @« war
ihre Äerge, bte fte angünbete. ©r fagte ft^ ba«
unb e« war ihm, al« erwachte er nun enbiieh au«
einem phantafiifchen Sraum. Sic Serge ging hi«
unb her; 3»hanna f^ien burch ihr ßintmer gu
Wanbein. 3hre unfeßtharc ©eftalt fehwebte »or
feinen lugen. ©« faßte ihn ein befiemmenber,
förperlicher Schmerj, baß er fle fo »erlaffen hatte.
„SBie eine Snabe bin ich ba»ongegangen!" bachte
er, inbem er bie Sippen bewegte. @r begriff ft^
nicht; er hatte ftch nfe f° gelaunt. Sie gange 8ei-
benfehaft burchfloß ihn wieber; ein geuer, ba« ihn
»ergehrte, ba«, »om Sann ihrer ©egenwart befreit,
um fo lwber emporfchfug. ©r rtß fleh enbliß) lo«,
fehrte bie lugen »on ihrem genfler ab unb fcfjritt
burch bte nächtlich bämmernben ©affen hin. flöilbe
Sorfleflungen flogen wie [Rachtoögcl um ihn her.
6« fiel ihm, ohne baß er e« fuchte, 2füc« ein, wa«
er je »on ©atführungen gehört unb gelefen hatte.
Sie 8uft bäuchte (hm wicber heiß. So ging 'er
langfam feinem |)aufe gu, ben|)ut gurücfgtfchoben
um bie Stirn gu fühlen, bie lugen am Sobcn
hin, wiflenlo« ©ebanfen hinflegeben, bie wie un»
löfchhare glammea in ben SJinfeln feine« ©eljirn«
aufgugüngeln fchtenen, »erfchwanben unb wieber
emportauchten. 3<h miK nfd)tj ich muß;* fagte er
»or ftch h*n. *3obanna, Su bifl mein, unb ich
fann Sich nicht laffen!"

©r fam tu ben ©ajtSwf unb bie Sreppe hinauf
unb auf ben ©orribor, ben eine entfernte 8ampe
uiigulätiglich erheßte. II« er bfe Shür gu bem
Sorgimmer öffnen »oßte, ba« in fein S<hlafge-
mach führte unb unbewohnt war, nahm c« ihn
üßunber, baß er burch ba« Schlüffefloch 8iß)t in
biefem ßirnmer bemerfte. Soch e« mochte 3emanb
»on ber Sienerfchaft fein, ber brinnen etwa« gu
j tguu hatte, ©r öffnete — unb blieb nun »or
Beberrafchung auf ber S^wefle flehen, ©ine ®e*

■ flalt wie au« ben [Kärcben faß im fDintergrunbe
! auf einem Stuhl an ber 3Banb: grau »on oben
bi« unten, graue« |)aar graue lugenbraunen grauen
[Roß graue Seinfleiber; felhfl bie flaubbebeßten
Stiefel febienen grau gu fein. gel«ecf erfannte ben
Serwalter jener alten Surgruine, ber ihm fchon
bort wie eine fpmbolifcbe SÖlärßjenflgur erfebienen
war. ©ine fleine Slenblaterne fianb neben ihm
auf bem Soben unb beleuchtete ihn nothbürftig »on
unten herauf. Ser Ute fehlen auf gcl«ecf gewar*
tet gu haben, benn fowie er biefen eintreten fah’,
erhob er fleh, machte ihm eine »on ben fieifen Ser-
beugungen, bie gel«ecf fchon bamal« belächelt hatte
unb nahm feinen grauen |)ut in beibe ^)änbe.

»3^ hatte mir erlauben »oßen, gnäbiger ^err'
fagte er äußerfl ebrerbiettg mit feiner etwa« geifern
Stimme, ,3h«fn al« hohem [Reifenben meine Sienffe
für Seftcbtigung biefer ©egenb angubieten. 3$
 
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