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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 127-151 (1. Juni - 30. Juni 1871)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25214#0609

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JXl 149

Jlbejmnntiitaprcts fl. 1. 3 fr. in £eibetbera
cutcb bie fl* l. 16 fr* öietteliäljrig*

gftitttoodj, 28. $m\i

JlB3tiBtn 3 Ir. tie l/etitjeite, fei Suälunftä»

ertljeilung 4 fr.

1871.

ßinlaSmitg §uttt Ämnement

ifiklbericr Journal

Stil« «imtl[5I)tU4)rilr”7S'ftIU|

„ monatUd^ 19 fr< j wlt Sragcrlohn.

„ burd bie ©og 57 Ir. (mit 33efletlgct>üt>r).

Ser Jöerleger.

Selegrapljifde SUnrfjricfjtett.

Stettin, 26.3«n. Ser Kaifer unb ber Krön*
Pring trafen um 11 Uhr tger efn unb liegen fiel)
bie ant ©omtabenb gurüdgefehrten Sruppen Bor-
fietten. Ser Kaifer f)ielt an bie 9. Sompagnic bed
2. «Regiments, weide Bon bem Sffenbahnunglüd
bei ßeipjig betroffen würbe, eine Anfprade unb

Berlin ^urüd” mit bfm ^ron:br^n5en fogletdj nad)

f0,cmÖtren 15‘, 3un<* ®cr Kaifer wirb am
30. b. Pi, Padmittagd 2 Ubr, mittelg ©rtra*
jugd Ijier eintreffen nnb im ©eorgedgarten Abgeige;
quartier nehmen, ©onnabenb um 8V2 Ubr wirb
Sruppenbeffdtigung unb ©orbetmatfd berfelben am
©tänbegarten gattjinbett. ©ormlttagd HUbr wirb
ber Gaffer feine «Reife nach Said fortfefcen. Sie
Anfunft erfolgt bafelbg Abenbd 8 Ulfr.

§ürtlj, 26.3uni. 3n golge eines wolfenbtud*
artigen ©egend ig beim Sonau=Piain-Kanat bei
gürtfj ein Sammgurg erfolgt unb ein betabeneS
©etreibefdiff berau^gef^leubert Worben. Ser ©ahn*
torper ig theilweife üherfdwemmt ; bie ©ahngüge
Würben nerfpätet abgelaffen.

5JJari§, 26. 3uni. Ser Selegraph ig toieber
ÖoKftänbig bergeßetlt. Sa« |jaud iRotpfdllb met*
bet, bafj eO mit ber 3abtuna ber Sioibenbe beS
preugifden Sobencrebitö beauftragt fei. 3n ber
ginangwelt gebt bad ©eröebt, ©mit Srlanger fei
jum ©eneralconful bed beutfepen IReided ernannt
worben.

SBerfailleS, 26.3uni. „So«™“* offtciel* Ber-
öffentlidt einePcrfügung bed ginangminigerd, weide
unter ©egugnaljme auf SXrtifel 7 bed ©ertragd oom
11.2Rat übet bi«3ahlung ber Kriegdentfdäbigung
folgenbe -©egimmungen trifft: Sie Singafjlungcn
auf bie Anleihe, weide bei ber £auptgaatdfaffe
gemalt werben, lönnen in ben im Vertrag auf;
gejaulten SBertfjen befielen. Sie ©erfallgeit ber*
felben barf nidt über neunjig Sage laufen, ber
babei in Anrechnung gebraute Stdcont betragt 6

j pSt. Ser gitiangminlger hält ffd bie Prüfung
ber Unterfdriften oor. ©ei allen Operationen wirb j
bad fege 2üerihoerl)ültntg Bon 25 gr. 30 St. per j
8. ©t. gu ©runbe gelegt. Sine weitere Verfügung
betrifft bie ©rünbung einer frangoftfefeen ginang;
agentur in 8onbon für bie 2lnletf)e=0perattoncn unb
bie ßablung ber Soupond. Se^tere ffnbet ebenfalls
im ©erpaltnig Bon 25 gr. 30 Std. per 8. @t. gatf.

Prüftet, 25. 3uni. 3n ©ersierd Oerrfdft Bofl;
fommene «Ruhe. Sine für heute angefagte Arbeiter;
manifefiation hat nicht gattgefunben. Sie ©ürger-
garbe war unter SSaffen getreten. Sin ©ataillon
befe^te bad ©tabthaud, ttn anbered ben Kirchhof.
Sie Kaoaderie ber ©urgergarbe tbat Patrouillen;
bfenfie in ben Berlaffencn ©tragen. Auf bcni ÜRarft;
plah fammelten geh blöd 200 Perfonen. Sie auf-
gebotenen Sruppen blieben in Sütttch.

Sonban, 26. 3«ni. Sie „Sfmcö" melbeu aud
Parid Bon geffern: Sie Sröffnung ber Ätiegd;
geriete ig bis nach ben SBahlen audgefe^t.

Aiabrib, 25. 3uni. Ser Kcmfg begeht barauf,
bie Ahbanfung ber Pitniger ju oerweigern. Aid
©runb ber Krigd wirb angegeben, bag bad Pii-
nigerium feine üJiaforftät mehr in ben Sorted
beffjse.

üongantinopel, 25. 3utti. Sie gricdgßhe Ae-
gierung fanb geh bewogen, Dthangabe abjuberufen,
ba bie Pforte ben grfecljtfcben ©efaubten Srifupiö
nidht empfangen wollte. Sie biplomatifchen S3e-
Eichungen jwif^en ©riechenlanb nnb ber Surfet
ftnb fudpenbirt.

B. C. S8o ift ®l)aubini§mtt§ «nb füliU-«

3Ran traut feinen Dh^n faum, wenn man
hört, wie in Seutfchlanb oon einer gewiffen ©orte
oerbiffener [ftabfealet ber ©iegedeinjug unferer Srup;
pen in bie §eimath ald eine äRantfefiation beS
3Rilftariömuä Pefrittelt, bie babei gehaltenen Sieben
ber SBclt afö Steugerungen beO Sauoiniämud be-
nuncirt Werben. Sag bfefen fodmopolitffcben Kri-
tifagern an unferen nationalen gegen Siichtd het-
lig ig, fann freilich niibt SOBunber nehmen 5 aber
gaunen mug man boeb über bie entfeijliih fleinlichen
SRittel, mit bereu .^ülfe ge ihr ©efchäft ber Pe-
mäfetung unb £)etabwütbfgung audjuführen fudjen.
SBenn ein ^eimgefeljvtcr Krieger mit goljergreitbe
Bon feinen Staaten erjahlt, ober auch frohen 3Ru-
thed oon ber ©tunbe fpriiüt, ba bad Paterlanb
feinen Arm oieflef<J)t Wieber einmal brauchen werbe;
fo wirb fofort bie rabicale Sarmtrommel gerührt, j
unb Wenn gar irgenb ein ^armlofer ßeitungefchrel* <

ber eine Abhanblung über bie ÜRotbwenbtgfcit bed
gelfeninfeichend £>elgotanb für bad bcutfibe SRetch
and 8ld)t bringt, ba t£>ut man, ald fet ber Srobe-
rmigdfrieg gegen Sngtanb bereits befchloffene ©ache.
Unb unterbeffen ift bad Attdlanb, foweit ed und
nicht notortßb fetnbli^ gegunt tg, einig barüber,
bag aud einem fo gewaltigen, fo glorreichen Kriege
ber ©ieger niemaid mit foliher SRügigung, mit
folcher ©efd)cibent)eit heimge^ogen tg! Pian nenne
und nur ein einjiged oon maggebenber ©eitc^ge-
fprochened 3Bort, welched biefed Urtheil Sügen
grafte!

Anberd in gtanfreicb. Sied 8anb ig houte
eine fRepublif, unb man faßt und, bag ed nur ald
Pepubltf wieber aufblüljen fonne. Piag fein; bie
bemofratifche ütepublif, wie man ge in ber Sheorie
congruirt, hat oor ber üRonarchie, weniggend ber
cäfarigifchen, unläugbare Porthetle. Stner ber
grogten ig, bag ge mit ihren -Rachbarn in grieben
unb greuttbf^aft ju leben fucht, bag ge feben ©e*
banfen einer Dberherrfchaft über biefelben ober
gar einer Sroberung auf ihre Kogen oerwirft, bag
fte infolgebcffen auch ben friegertßhen 8eibenf^aften
ihred engeren Polfed, welche berartige ©ebanfen
erjeugen fonnten, ju fchmeicheln oermeibet. 2öie
aber geht ed bamit in granfreich? ©erabe ber
Sgef ber gefammten ©taatdleitung ig bie abfolute
Sfegation aller biefer Portgeile; bie gange bidlje-
rfge glücflicherweife mehr theoretifche, ald praftifche
politifche SBtrffamfeit Shier’d ig ©eweid bafür.

greilich, Sh'terd ig ein Anberer geworben, hat
geh, wie er Bor Kurgem Bergkette, aud einem 3Jio»
narbigen gu einem Diepublifaner entwicfelt; aüein,
wad bie audwärttge Politif angeht, fo ig er leibet
noch gang ber Alte. Sr hat in Borfger SBoche, in
feiner 9tebe über bad Anieihegefeh, ©elegenheit ge*
nommen, ber «Rationaloerfammlung bie ©runbut®
jache Bon granfreiehd Unglücf aufgubeefen. Sd ig
feine anbere, — ald ©abowa! granfreich burfte 1866
Preugen nidjt gegen tagten, bemt bad bebrütete
bie Sinignng SDeutfdilanbO, bie Se^göoung bed „eu-
ropaifdjen ©leichgewi^td", will fagen jener ©rups
pirung ber Piächte, jufotge welcher bad ohttmäch«
tige Seutfd)lanb ald piebegal unb bie übrigen ©taa*
ten ald Pcbengguren für bie monumentale Srlja*
benheit granfreiehd bienten, ©abowa war bet
©tunbfehler. SRatt fah ih« ein, aber man beging
ben fchwereren, ©abowa wett machen gu wollen,
beBor man Weber politijch, noch milftärifch bereit
war- |)err Sbierd warnte, aber ed war fein £)al-
ten mehr. „PBtr haben und," jagt er wörtlich*
„htnreigen iaffen, unb granfreich wirb bafür 8

fßidenfrimftlkhf! gur^n.

(gortfegung).

6ie hatte eine 3eit lang ald Opernfanger
in einer beutfehen fRegbenggabt fungtrt, wie mc
fagt, mit hebeutenbem Srfolgc. Aur bad |>ctn
Weh nach unferen Shälern hatte ge ihre ©teile au
geben Iaffen. Son ihr empffng t* ben erffen U
terft^t in» ^arfenfpiet unb He§ bann halb a
meine 3Ritf^üierinnen weit gurücf. AHe fene 8i

Lf*1^ b‘e, ^arfentginnen

potfdthumlf^ geworben ftnb, fang ich na* bc

^ »orgögltd); i* glaube
wohl, ed gebta* mir nie an ber natürlichen ©timt
ergeugung aud Kehle unb ©rng, wie bi ed bei b
SRetgen meiner Sanbdleute ber galt {g. @B5t{
ald bie alte $arfentgin mich nichts mehr lern
fonnte, faßt i<h uad) Ptag, wo einige ber tnchti
gen Pfeiger meine fernere AudbÜbung Übernahme
Pteine Sltern hfl,tcn eö b«ethgufehen gewagt, fr
lieh mit Aufbietung tbred geringen Permögend.

3n Prag wohnte ein entfernter Perwanbt
»on «nd, ein alter red)tf*affcner Ptugfer. (
war ald giotig hei bem ergen Sheater bet ©ta
angegeat. 3„ t,effen gamtlie fanb ich bie frenn
H<hge Aufnahme. 3<h hatte ein fleined Kamme
gen für mich, bad auf bie Plotbau Ignaudgin
Sch fonnte ben breiten, prächtigen Strom mit fe

nen grünen 3«feln unb ben betben impofanten
©rüden, ben Saurengtberg mit feiner altertbümlf;
chen Plauer unb bie alte Kffferburg, ben |)rabj*in,
überfehen. ^)ier »erlebte ifh, gang meinen füngle*
rifdjen ©tubien hingegeben, eine recht glücfliche
3eit. 3ml)aufe meined alten Oheimd Berfammelte
g^ wöchentlich ein 3frfd ber befähißtgen Pluftfer
ber ©tabt. Sn würben bie grogartigen Sonfchöpfun*
gen ber alten Pleiger aufgeführt. 3<b burfte an |
ben Songerten Shell nehmen unb baburd) hilbete \
g* mefn Pergänbnig ber flafftfchen Plugf unb
ber Kreid meiner Aitf^aunngen erweiterte fi*. 3U
ben jungen 8euten, welche in unferem |)aufe Per-
lehrten, gehörte auch Dttomar ©ranbep, ein begab*
ter Seßofpieler. Sr ifi ber ©ohn bed alten gn-
geren Planned, unter beffen Seitung ich ft>ater mn-
geiren mugte. Dttomar war bamald faum Bier-
unbgwangfg 3ah« alt, Bon fcblanfer, Mftiger gi-
gut unb einnehmenben Planieren. Sr hatte ein
giemlich h^bfehed audbrucfootled ®efi*t, braunge-
locfted $aar, blenbenb weige 3ahne. Kurg, er*
befag atte Sigenfchaften, um nie ein fe^r netter \
junger Plann gu gelten. Safür würbe er auch j
non Alt unb 3«ng gehalten. 3ch mug gegeben, s
bag mi^ bfed AHed weniger feffelte. ©alb jeboch ;
hatte ich ©elegenheit, ben ehrenhaften Sharafter
bed jungen Planned, bie eble ©egnnung, bie geh
in jebem feiner SBorte, in jeber feiner £mnblungen

bethatigte, fennen gu lernen. Sabei war er ein
guter ©efellfcbafter. Sr bvücfte ftch gewählt unb
gefgBoB aud. PBar er bo* tro| feiner 3ugenb
bereits etn Bfelgercidter Plann, unb ein gewiffet
Abel ber 2Beltanf*auung befunbete ftch »u Allem,
wad er fagte. 9lun Sbmunb," wanbte Anna ff<$
lächelnb an ben ©atten, „ich (ehe, Sn ntachg ein
gnfiered ©egeht. Ad — id glaub’ ed wohl —
ed mug Sid Berieten, Wenn id fo lebhaft bad
80b efned Planned finge, ben Su gar nid* fenng,
ober Bielleidt errätbg Su fdon aud biefer 8obprtf-
fung, bag Dttomar ©ranbep ed war, bem gd) wein
$erg für alle 3eit guwanbte?"

SBerner nidte, ohne aufgufehen mit bem Kopfe,
„gahte fort!" fagte er bann in bumpfem Sone.

„3d will Sid «idt bamit ermüben, Sbmunb"
fuhr bie junge grau fort, „wie unfere bergen gd
fanben, wie wir balb nur für einanber gu leben
fdienen. Sr ^attc ed mir balb genug in feiner
offenen, ehrliden PBeife geffanben, bag bad 8eben
hinfort nur SBerth für ihn habe, wenn er mid)
ald fein SBeib heimführen fönne. Plefne ©raget
©erwanbten billigten meine 3BahI- ©ie lonnten
fein Snbe gnben, mir bad ©ortheilpafte biefer ©ar*
thie gu fdilbern. Dttomar oerganb feine Kunff
aud bem ©runbe. Sr war einer ber gefuchteffen
SeDigen ber böhmifden ^auptgabt, unb burfte in
{einem Songerte non einiger ©ebeutung fehlen, ba»
 
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