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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 152-177 (1. Juli - 30. Juli 1871)
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26. Qnll

$tt3Cifltn 3 fr* bic *J5etifseile, i-ei 'Xuöfunftö-*
erffyrilung 4 fr.

1871

]%(S 173. £*>äinumtnt»|>«t« 45 Jtrfujec in ^jelbclbera

** tur^ bie 'jiofi 57 flwujft ni«teliö4ti().

S^Ieflbafrtjiftöc SlarfjticfftoK-

®m8, 24. 3uK. ©er Kaffer ifi jum Pefud)
tuffljdjen Kaiferpaareg nah Sagen^tttn ab»
gereift.

ÜBicn, 24. 3uti. ©er Kaifet ifl gefiern nah
3fhl abgercift.

©rilffcl, 24. 3ult. Sie „Snbepcnb." fepreibt
uugparig: ©ie ©emiffton gaore’g tfi höhfi wahr»
fhefnlth; berfetbe ootixte für bic üRarcel-Parth’lho
©agegorbnung, währenb ©pierg bagegen fiimmte.

IJJariS, 24. 3uli. SJian r>erftcJ>crt, baß 3ulcg
gaore in gotge beg Kammerootumg, welheS bie
Petitionen ber Plfhöfe an ben SJiintfter beg Steußern
»erweifi, barauf beharre, fein 2tmt nieberjutegen.

— giufter ben 24 gewählten Kanbibaten ber
foitferöatio = republifanifhcn Partei haben 23 an»
bere berfclben fRicptung relattoe SJtaforitäfen erlangt
unb werben waptfheinlih bei ber engeren SBaljl
fiegreict) heroorgepen. — 3n Soinoille le Ißont f°H
eg oorgefiern jwtfhcn ber Proolferung unb ben
beutfeben ©ruppen ju «Reibereien getommen fein,
Wobei angeblich mehrere Petjonen »erwunbet wären.

gonbon, 24. 3wlt. äste eg heißt, wirb ©lg»
racli am 31 b. Pf- im tlnfrrbaufc ein birefteg
SRfßtrauengOOtum gegen bie «Regierung beantragen.
3n parlamentarifhen Äreifen gilt bic Stblepnung
beg pfifitrauengootumg ©citeng beg Unterbaufeg
für jweifellog, bagegen fcürfte bag Dberbaug bie
RtfoluHon beg £etjogg »• Jidjmonb annebmen.
- ©er Kronprinj beg ©eutf^en tfi in

Oeborne eingetroffen. - ©er „©itneg" jufolge ftnb
in Scutari unbebeutenbe Unruhen abgebrochen,
©ie Peporben ergriffen bie jut Stufrechthaltung ber
«Ruhe geeigneten SJlaßtegcln.

SSabrib, 23. 3utt. ßufotge einer ÜRctbung
ber „Stgence ©aoag" ifl bie beabftebfigte Sufammen*
fefeung beg neuen ÜRinifieriumg an ber «EBeigeruttfl
Säroftegio’g, bag Portefeuille berginanjen ju über»
nebmen, gefheitert. ©a nun jufolge be« „3m*

” Lai ©rempe" bie Uebernahme be6 ginauj»
minifteriuiug noch »on oevfdjiebenen Stübern ber»
rocigert würbe, fo oerjthtete ÜRinifter ©errano auf
bfe Silbttng eineö neuen.

Stendorf, 23. SulL 3« äßafhington erplo» j
birtc bag im Strfenal beftnblihe Puloermagajln, 1
woburd) eine geuergbrunji entftanb. ©er ©haben !
Wirb auf eine Pfitlion ©otlarg gef<5>ä^t. ©er Per» i
luft an Pfenfibenteben ifl nicht ju beflagen. S

Paris, 23. 3uti. b« geftrigen «Rebe

©bier’ä in ber Slationatoerfammlung ifl noch gol»
genbeg heroorjupeben: ©erfelbe bebauert bie Stuf»

werfung ber »orltegeitbcn grage unb tagte, er
werbe feine früheren Slnftcljten barüber iticbt öer»
leugnen, er bemerfc jeboeb, baß bie gegenwärtigen
Stnftcbten auch in granfretch jur ©eltung famen.
©tc bebauerticheu Sehren beg PationalttätSprinjtpo
hätten granfretch bon feiner trabitioneUen Politif
ber ©rpaltutig beb curopäiihen ©IcihgewihtS ab»
geteuft uub granfrrih in baS futigfte Unglücf ge»
fiüvjt. Pergebtih habe er früher barauf aufmerf»
farn gemacht, baß bie italtcntfhe ©tnbett bie
beutfebe ©iiibeit jur gotge haben würbe, nunmehr
ba Italien eine ftarfc europätfebe Piacbt geworben,
entftünbe bie grage, wag jtt tt)un fei. ©ie franjö»
ftfebe ©iptomatie bürfe niditg tbun, wag einen
Ärieg jur gotge haben fonnte. 3talieu fei bon
ganj ©uropa unterftü^t, bic franjojif^e Politif
auf ©rbaltung beg grtebeng gerietet. „Pemüben
wir ung, bie Slrutee ju reorgauifiren unb ben ihr
eigentümlichen ©igenitaften bte ©igeipiin, ben
Unterricht iuib bie Ucbung htnjujufügen, nicht mit
^tinblicf auf einen Krieg, fonbern aug Povft^t,
um granfreit feinen t)ohen Slang in ber Söelt jn
bewahren." granfreich habe gegen ben papft Pjtit3
ten ju erfüllen, $h«crg habe feinen Prief an ben
Papfi gefdirieben, ihm auch feine SRatbfcbläge ju
crtheilen. granfreich ftebe bem Papfte jeberjeit
offen, ©ie burd) bag ©oncorbat gefefjaffenen Pe»
jtehungen erheiftten bie Unabhängigfeit beg Pap»
fteb. ©h'crg wolle öor 2lllem bie Politif uub bte
3ntereffen granfreid)g nidjt compromitiren, werbe
Jeboch fein Plöglttiicg tbutt, um bie Unabhängig»
feit beg Papftcg ju oertheibigen. — Plebrere
Plätter erwähnen beg ©erüchtcg, wonach 3uleg
gabre feine ©emiffton gegeben hätte. — Pet ben
heute fiattgebabten Piuntcipalwahlen würben 24
conferüattoe unb 6 theilg gemäßigte, theitg rabi»
fale Slepublifaner gewählt. 49 Patiotagen ftnben
flatt. ©ie SBahlen oerliefen ohne ©torung ber
SDrbnung.

JBcrfaitfes, 22. 3uli. ©ipung ber «Rational»
oerfamntlnng. ©erathung ber «Petitionen, betref»
fettb bie weltliche Pfacbt beg Papfieg. St)ier6 er»
flärte, er muffe bebaut fein, feine Politif gegen»
über bem Sanbe nicht ju compromitiren; er werbe
feboch mit ben übrigen fat&ollfäjen «Dlatten ober
allein bie Unabhängigfeit begPapM oertheibigen,
ba fciefelbe ju ben burt bag ©oncorbat geregelten
Pejiehungen beg ©taateg jur Kirche nothwenbig
fei. Pifdiof ©upantoup unterftühte bie gorberun*
gen ber Petitionen oon bemfelben ©eficht^poafte I
aug wie ©h'erg. ©ambetta lobt bic geftigfeit u. ■
Slufrichtigfeit ber Slugeinanberfchungen beg ©hefg '

ber ©recutiogewalt unb erflärt ftd) hiermit einoer»
ftanben. «Rach ctner erregten ©ebatte würbe ber
oon ©ambetta unterjlüfcte Slntrag beg ©eputirten
Partheg auf Uebergang jur ©agegorbnung mit
403 gegen 262 Stimmen oerworfen unb bie Ue-
berweifung ber Petitionen an ben Pltnifier beg
Steurern angenommen.

B. C. föum „nationaEiftcralc« ®§o»-
öini§mu§."

©ic Sanbtaggwahlen ftnb im Slnjuge. SEBer eg
ntd)t aug beit amtlichen Perfünbigungen wüßte,
ber fömite eg feber Stummer unferer oppofitionfäen
prcjfc au bet ©tiru anuteifcit. Por SlUtm ber
bemofrattf^e Stabfcaligmug beginnt fleh wieber ju
regen, ©g gab befanntltch mitten währenb unfereg
furchtbaren Kriegeg mit granfreich eine ßeit, wo
er in Üppigfier Plüthe fianb. Jene Plonate, ba er
„£anb in '^)anb mit ben Partfer ©eptembermän»
nern ben beutfepen Krieaern ein entrüffeteg ,,^)alt!"
entgegenrief, ba er bie SBiebcrgewinmntg oon ©Ifafj
unb Sothrittgen für ©eutfdjlanb alg eiittn Stet
mittelaUerli^er Parbarei oerbammte, bä er Sitte,
weihe bie gortfefcung beg Kriegeg big ju einem ber
bargebrachteu Opfer würbigen ©nbe befürworteten,
ber „©üttbe wtber ben heiligen ©eiß" befchulbtgte.
Später, alg ttitfer tapfereg ^eer bag heißumfirit»
tene 3lel errungen hatte, änberte er plöpltch ben
©on, filmmte begeifievte ^pmiten auf bie Sieger
an unb fiellte ftch, alg hätte er blefclben auf ihrem
fhweren ©ange fietg unb fo reht mit gattjem ^er-
jett begleitet. SBarum btefer augenfällige Um»
fchwung? SBetl man ihn angeftchtg ber 3teicbStagg-
wählen für unerläßlich b^t- ätttein, bag SRano»
Oer mlßglüdte ganj unb gar; bie fläglidje Stiebet»
tage ber Stabicalen ift noch in Silier ©ebächtuiß.
3eht, im |)inbti(f auf bie beoorjfeheitbcit Sanbtagg»
wählen, fdjeint man bett Slugenblicf gefommen ju

4lauben, wo fth wieber, unb mit befferem ©rfolg,
f bag alte £)orn blajcit ließe.

greflicb, fo leidjt wie im »origen fjerbfi unb
SBinter tfi biefe Slrbclt nicht mehr. Peraltet ftnb
all’ bie bottnernben Phrafen oor „unerfättlfchem
8änbert)unger" unb noh fo manch« attberen teuf»
UfcJjen Pegierbe, Wethe unfere potittfhen ©ugettb»
betben bamatg am Stationatliberatigmug entbehte.
Siber alg unermübtiher ©hürer beg Stacenhaffeg,
meinen fte, fet eg auch mit |)ülfc eineg gewiffen
Stufwanbeg oon Pertogenheit, benfetben auh heute
noch branbmarfen ju fönnen. ©enn wer iji ©hulb
baran, baß bie graujofen uoh immer nic^t wieber
fo gttäbig ftnb, urtS ihrer gveunfcfh«ft ju würbi»

Iddenfriraftlidtf Jcr^n.

(gortfefeung).

*^ahaha! . . . ©ag ip ber ©ciji, ber bie
mähtigfien Kopfe hejwingt. Slbcr . . . unter ung
ßefagt —" fuhr er teifer mit Itftigem Stugenjwin»
*ttn f0^, „mit mir h^t er Pet8 efncn f^weren
©tanb gehabt. 3h »etfthc« ©ie, Kollege, biefer
große ©häbelbejwinger wirft mih «iht fo leiht,
wie gewiffe geute glauben! 3a, ih ^atte ih«n bic
©lange inib vnenn er in gangen Kolonnen fcon lang-
halftgen olafhen=Patterieen h«onrücfte. 3«/ ia!
@r hat mir nie ben ©ienji erwitfen, ben ih niht
hoch genug hatte oeranfhtagen fonnett, nämtih bag
©ebähtniß f° biebt mit einem Stebelfhleier ju um»
hüllen, baß fS gewiffe ©inge auf immer oergeffen
fann. 4>ier! Perfuhen ©t* eg einmal! PieHeiht
gtücft’g 3h«en beffer!«

©amit fhob er Pserner ein ootleg ©tag hin
«nb oferirtc lhm etne ©igarre. ©iefer aber »er»
mochte niht, feine 21u0cn objuwenben oon bem fett»
famen ®efäf)rten, bet heute fo berebt war unb fih
fignj gegen feine ©ewohntfeit fo fhlagfertig, beinahe
mifcig augbrühte.

„®r leiftet 3h«en febenfaug ganj anbere unb
bebeutenbere ©ienfie, biefer ©eiff," gab «EBerner
enblid) jur SHutwort; „et mahtc©i„e i» einem Künji*
ler erfteit Siattgtg, ju einem vernünftig benfenben,

geijlreihen SRanne. Kein SBunber, wenn ©ie ihn
ju 3heen beßten greunben jäteten uub fleißig mit
ihm oerfehren."

„3a, tut Sldgenieittcn haben wir fietg auf gu»
tem guße mit einattber geftanben, aber taffen wfr
bag!" fagte ber ptanifl mit trübem Kopf fhüttein. „@g
finb bag atteg nur unnatürlihe Slufregungen, wag
©ie 2Bip unb Kunfi unb Pernunft ju nennen be*
lieben, ©g ifi bag phogphorartfge SBetterleuhten
eineg ©ciiieg, ben ber ©eifi beg SUfohot mit einer
gölte ungefunber ©teftricität oerfehen. ©iefer ßu»
fianb getit »otüber. Siah einigen ©tunbeit tritt
bte Sieaftion ein unb ih bin wieber ber blöbe, fhwahe
unjurehnunggfähige ©hör, ber ih »on {eher gerne»
fen!" ©r fprah btefe lebten Sffiorte in einem fo
fhmerjerfütlten fafi jitternben ©one, baß eg bem
ßuhorer tief in bic ©eete fhnitt.

„gort mit bfefen Por1le^ungcn!', fuhr er enb»
tih auf, unb eg war, alg jwinge er fih, fo jufant»
menhängenb unb ocrjiänblih alg moglih ju fpre»
hen. „Sehen ©ie, Kollege! ©ie ftnb ber efnjfge
SMenfh, auf ben ih ©twag halte. SBeiß niht,
woher cg fornmt, aber ih fnnn nihi umhin, ©ie
für einen fogenannten guten Kerl anjufehen, ohne
Slrg unb galfh, niht gerate ju bumm, um für
etng meiner erwähnten ßangohre ju gelten; aber
bch ein Wenig ju reh‘fhafc«, um für flug ju

gelten. Stoßen @te an, KoKcge! @g lebe ber
©eifi!"

©ie ©läfer flangen heß aneinanber. ©et
©preher leerte bag feine auf ©inen 3ug unb füllte
eg bann fogleih wieber, währenb JBerner oon bem
überaug flarfen ©rog nur nippte. „Sehen ©ie,
Kollege ?" fuhr er bann fort, in eine fo weihe
unb jugleich gemütliche ©timmung wie heute fotnme
ih niht oft. |)eute ifi mir’g fjerj offen, unb fo
feiten ©Ic bettn mit furjen Söorten erfahren, wo»
ran’g bei mir liegt, unb wie eg noch einen fiarfe»
ren ©eifi gab, alg ben Sllfohot, ber mih S« bem
unglühfeligen 3ammergePeU gemäht hat/ «IS mel®
heg ©ie mih fennen gelernt ha&en. ^)ottn
©ie ju."

Hub nahbem et fein ©lag mit gewohnter $a|l
geteert unb »on Steuern gefüllt h«K«/ begann et
folgenbertnaßen:

10.

„3h bin in einem fteinen ©orfhen Siorbbeutfh»
tanbg geboren. SReine ©Item befaßen bafelbfi efn
hübfheg Sanbgut unb waren, wenn auh nitf)t reih,
boh in gewiffem ©inne atg wohihabenb ju betrah»
ten. ©hon in jarter Kinbhfit »erriethen jlh meine
ungewöhntihen Slitlagen für bie Kunfi ber SRufif,
Wag meinen Pater beßimmte, mir bereitg in mei»
nem fehlten SebenOjahre tittÄlaoier ju laufen unb
 
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