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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 257-282 (1. November - 30. November 1871)
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279.

JlbiniiUBUKtspreis 45 ftreuxer in £eibeI6er«
but<$ feie 57 Äreujer öterteliäörtg.

@onntag, 26. ^oöemfcet.

^H3ttßtn 3 !r. bie ^etitjeile, bei JSuSfunftÖ«»
ertljetlung 4 fr.

1871.

$elcjjtap!jif<8e Sladjricöte«.

SBcrliit, 23. Boo. BcidStagSgtgung. (@dlug.)
2(n ber Sebatte.beteiligten ftcb Dteic^cnfperger unb
o. Kettelcr, weide gegen, fowie Sreitfdfe,
gifder (BugSburg) unb 8öwe, weide für bie Bor*
•«ge fprecfjcit. Bad bem ©dlug ber Sebatte »er-
lieft ber Biceprägbent gürg $ohento]je ein ©drei*
ben ©imfon’S, worin berjelbe bie Btcbcrlegung beS
fBrägbinmS anjeigt. Um 5*/* Hgr oertagt ftd) baS
$)auS biö 8 Ui)r 2lbenbS, wo jur Hßafjl eine«
Heuen Brägbenten gekritten werben fotl.

— SlbenbS. Bei ber in ber Slbenbggung beS
BeidStagS oorgenommenen Beuwabl eittcS 5ßräft-
Renten fielen oon 276 abgegebenen Stimmen 219
auf Sr. ©imfon. Serfelbc war in ber ©igung
biegt anwefenb, faitn ftcb bagcr über bie Annahme
ber 2Bagl erg morgen erflären.

— 24. Boo. BeidStagSggung. SSicepraftbcnt
gürg ^ogenloge t^eilt mit, bag Sr. ©imfon auf
®rjtli*en Batg baS ß'm'mer hüten tnüjfe. SaS BeidS*
Wünjgefeh wirb nad ben Befdlügen ber britten
Berntpung angenommen. ©S folgt bie jweite
Sefung b?S geftungSrapongefcgeS. SaS f3auS be-
fdliegt auf ben Slntrag Unrnb’S en bloc-3lnnahme,
«albern ber Bunbescommifjar Bdenbad erflärt
flat, ber BunbeSrath hflbe gd über bie Bortage
in ber ©egalt, wie ge oon ber ©ommijfton oorge*
legt fei, nod nic^t fd)lüjftg gemalt, bie Begieruns
fien bedielten gd oor, biefenigen fünfte bei ber
britten Sefung zu bejei^nen, gegen weide man
Bebenfen trüge.

0iitn^tn, 24. Boo. ©egern hat in SBannheim
bie Unterzeichnung ber jtoifÄen Bapern unb Baben
über bie ^erfteflung neuer difenbafjnoerbtnbungen
abgefdloffenen ©taatSoertrageS gattgefunben.

Stcrnbcrg, 23. Boo. 35er biefjjährige Sanbtag
Würbe in perföinmlicbet üßeife eröffnet unb hierauf
bie lanfceSljetrtiden Bropofitionnt oerlcfen. Siefel*
ben enthalten nidtS, was auf Berfaffungoeränbes
tung SScgug hatte.

!8Jien, 23. Boü. ttnterridteterfcitS wirb mit-
Betheilt, bag bie Beubilbung beS ©abtnetS @onn -
lag ootljogen werben bürfte. ©raf SBeufi reifte
SlbenbS nad Salzburg ab. Serfelbe würbe am
Bahnhof oon einer Slnjabl Stabilitäten erwartet.

— 24. 9loo. Sie SRorqenblätter melben, bag
bie ©abtnetsbtlbung eine oottjogenc Shatfacfje unb
baö neue üJlinigerium in folgenber SBeffc jufam*
Hiengefcgt fei: gürg äbolf 2luerSperg, Bräftbium;
Gaffer, 3ttnereö; be BretfS, ^anbelj BanpanS,
Verbau; ©hlumegfp, SanbeSoertheibigung; ©lafer,

3ufiij 5 ©tremaper, ©ultuSj wiener wahrldeinlid
ginanjen.

Bremen, 23. So. 3>» ber heutigen congituis
renben Berfammlung ber Seutfdcn Battonalbanf,
welche unter ben 2luff)icien btS Bremer SonfortiumS
SBaetjen unb ber Stnglo-fKujtrtan Banf im SSercln
mit anberen grogen Bremer unb auswärtigen firmen
gegrünbet würbe, finb bie Herren ©. üöaetfen
als erfter Borft|enber unb ßonfttl 3)ifcS als beten
©teKocrtreter gewählt worben.

©ern, 24. So. 35cv Stionalratl) oerwarf
mit 64 gegen 42 Stimmen ben Slntrag auf @in-
führung ber $aba!Sgeuer.

HJariS, 24. So. Bet bem ©mjtfange beS
chineftfeben ©efanbten crfldrte S££)ierö: er empfange
bie ©ntfdjulbigung beS ,ffaiferS j aber eS fei auger«
bem nothooenbtg, bag bie d)incftfd)e Oiegierung für
bie Unfchulb ber OJiijftonäre ßeugnig ablege} eS
fei ferner nothwenbig, bag fte benfelben Sichtung
beim Bolfe unb ben Behorben oerfdjaffe, tnSbefon-
bere aber bafür forge, bag uttfere biplomatifc^en
unb coufutarifchen Agenten refpcctirt würben. 35ieg
ig nncrlägliche Bebittgung, um bie Beziehungen
Zwifchen bem Dccibent unb Orient nngeftort z« er-
halten. $hi«d fügt ^tttg«, er werbe bie Slntwort
ber franzogfehen Oiegicrung bem Äaifer oon ©Ijina
bur<h ben franzöftfehen ©efanbten in fßedtng z^1
gellen lagen.

— 3« ber heutigen 3ähreSg(5ung ber Slfabemie
(Bertbeilnng beS 2!ugenb=@hrenpreifcS) hielt 8e-
geuoe bie übliche Otebe. 3)crfe!be fagte barin:
Unfere biegfährigen ©efrönten beigen ©hafeaubun,
@t. Quentin, Soul, Bitfeh, Beifort, ©traghuvg,
(SulntterS, fßatiS. SDerfelbe erinnerte baran, bag
bie Slfabemie gegen baS Bombarbement oon f]3ariS
hrotegirt habe unb fügte hinzu, h£ute protefiire
baS 3ngttut bagegen, bag Baris aufhore, ^>augt-
fiabt ju fein. — SDie „©ajette be ^mnee" melbet,
bag ®ontaut=Biron ben ©efanbtfchaftSpogen in
Berlin angenommen habe. — SJiebrcre 3onrnale
enthalten bte OWitthcilung, bag bie BcgnabigungS*
©ommigion bie Berufung oon Sfiogel unb gerre
üerworfen habe.

BerfaiBe§, 23. So. ®ic BegnabigungS=Som-
migion hat nodj feine ©ntfeheibung getroffen j bte-
felbe wirb g«h erg morgen Slbenb über bie ©es
fammtheit ber SobeSurtheile auSfprcchen. — 33ie
permanente ©ommigfon ber Stionalocrfammlung
trat heute zu einer ©ifcung zufammen, welcher ber
ginanzminiger BouhersQuertter beiwohnte. Qerfelhe
gab eine ©arleguttg ber Sage feines BJinigertumS
unb oerbreitete gef) in längerer Olebe über bie B“1

ptergelbsBcrhältnige. ©in Bfitglieb ber©ommigion
oerlangte Sluffdjlüffe über baS Bubget pro 1872,

I inSbefonbere über ben ©tat beS ÄrtegSminifieriumS.

; BoupersQuertier oerweigerte bie Beantwortung, in*
j bem er bemerfte, bag in biefer ^ing^t noch nichts
; befchlogen fei. - Slnf eine ar.bere Slnfrage erwiberte
l ber ginanjminiger, bag eS bis ©nbe beS 3ahrcS
nicht nötlgg fein Werbe, oon ber Banf neue Bor-
; fepüge zu oerlangcn. — 3u ber Slngelegenheit ber
| ßetfiötung beS £bfcrö’fd)cn |)aufeS oerurt^etltc
; baS Kriegsgericht ben StngcHagten gontainc zu 20
■ unb ben Slngeflagten Biirault zu 10 3ah££n ßwangS*
1 arbeit. 35ie anberen Slngeflagten erhielten geringere
I ©trafen.

— 24. So. Sie BegnabigungS=©ommigion
: hat nod) feine begnitioe ©ntfehetbung über bie zum
| Sobe Berurtheilten getrogen, ©ie wirb heute noch
j Zwei ©ihungen halten, hoch fdietnt eS nic^t zwet-
f felhaft, bag ber grögere Sgcil ber an ge ergange-
| nen BegnabigungSoerfuche üerworfen werben wirb.

Srggcl, 23. Oioo. Sie „3nb. beige* berichtet
1 golgenbeS : SaS ©chögencoHegium befdlog bie ©in-
berufung ber ergen Segion ber ©arbt cioigue. ^)eute
morgen fanb BJinigerrath gatt, zu welchem ber
Bürgermeiger länSpaih eingelaben war, um über
bie gegrigen BorfäHe zu berichten, ©egenüber ber
Steugerung eines BltnigerS erflärte ber Bürgers
meiger, bag bie Bewegung lein Barteimanooer fei,
oielmeht bie gefammte Beoolferung ber |)auptgabt
wie ber B^ooinz auf’S Siefge erregt fei. ©r (ber
Bürgermeiger) habe baS Bedangen, bie bewagnete
üDüacbt z“ requiriren, abgeiehnt, weil bie aus ber
BJitte ber Beoolferung heeuorgegangenc ©arbe
cioigue zur Stufrcdgerhaltung ber Qrbnung au»s
reiche. Ser Äammerpräftbent hat bem Bürger*
meiger in einem an benfelben gerichteten Schreiben
alle ihm zug£hcnfc{n polizeilichen Befugnige z^
2lufcc(hterhaltung ber Qrbnung im 3nnern beS
Kaufes unb an ben ©ingängen übertragen.

— Spräfentantenfammer. Bei fortgefehter Ses
batte über bie 3nterpeHation Bara’S fprad) Botgomb
Zu ©ungett SeSecferS. Sie Kammer nahm mit
64 gegen 46 Stimmen @d)lug ber Sebatte an unb
oerwarf mit 66 gegen 44 Stimmen eine motioirte
SageSorbnung, burch welche baS |)anS fein Be«
bauern über bie ©rnennung SeSecfer’S auSfprechen
fodte. Otuhegörungen fmb bisher nicht üorgefom-
men. ©tarfe Slbtheilungen oon BDliä£intannfdhaftm
unb bie ©arbe ©iotque halten bie Qrbnung aufrecht.

— 3m Saufe beS heutigen SlbcnbS fielen oer-
einzelte Buhegorungen üor, namentlich oor ben
©ebäuben beS ©leruS unb bem fDiinigetiutn ber

gUfürJiiuuüjt.

(gortfefeung.)

Slber wie feltfam 9£h«n bie SBege beS 8ebenS.
^ie hatte ftch faum ein 3ah£ lang in bie alten
Heuen Berhältnige cingelebt, als ihr gefchfebener
®att« eintrat unb gd ^ mit Shränen ber Beue
iU ihren gügen warf. S« mar ihm nicht möglidh
«ewefen länger ohne ge Zu Iet,eni cr hatte feinen
libfcbieb genommen unb war il)r unb bem Kinbe
»«folgt. 3n ber Shat jeißte eS gd), bag feine Ber-
Herungen auf ber 3Ba^r^eit beruhten, benn er
fthien in einem 3ah* «m »ehn gealtert. SaS le-
henbige Buge war erlofdjen, baS f^warze |>aar
?eau geworben, ©rtrat als ein gebrochener SBann
j« bie befannten Kreife. Boch mehr, eS ging mit
‘hm zu ©nbe. 3n langfamem ©ie^thum weifte
tl bahin. Bach einigen Blonaten trug man ihn
^ ©rabe.

Unb fe^t aud) trat mit einem SBale eine merfs
'‘’hrbige Beränbetung in berStnneSart berSBittwe
tEin- Sßährenb ge nach ih«r Bücffehr oft in bie
jelbengbaftltchgen Klagen über feine unbarmherzige
födgchtSlofigfeit auSgebro^en war, gog ihr 3Bunb
Ht oon feinem 8obe über, ©ie hatte alle Bitters
jetten oergegen, ge erinnerte gd» nur feiner |)erzenSs
fme unb eiebenSwürbtgfeif. ©ein Berlug würbe
he mit einem 3Bal unerträglich- ©o fühlt ein

wahrhaft ebleS unb gutes ^»erz. ©ie lebte noch
lange 3ahre unb nie mehr ig ein ijetbeS SBort
über ihre Sippen gefommen.

3n iheer lebten SebenSzcit fugte eS auch noch
ber ßufaH, bag ge mit ihrem ergen Bcrlobten zu*
fammentraf, ber unterbeg ©aleriebircctor unb ein
angefehener Blann geworben war. Sa flärte geh
benn auch baS SBtgocrgänbnig aus ihrer 3ugenb«
Zeit auf. 3Bie glücflich wäre ge mit bfefem Küngs
ler geworben, wenn ihre ©efdgefe nidt fo tücfifih
oon bem fleinen Sprannen getrennt worben wären !

©ie aber war baS zweite Opfer ber fleinen
Sprannen."

„©ibt eS benn wfrflfch nod ein SritteS?"
fragte ber Soctor.

„SlKerbingS, eS ig bie Soditer, meine greun-
bin*, antwortete bie funge grau.

„Unb waS ig benn mit Ufr gefdehen?*

„BIS ber Oberg zur Balje gegangen war",
begann bfe blonbe Same aufs Bene, „üerlor bie
SBittwe aud halb ihre ©Item. 2BaS fod id oon
ber Sodter fagen? Bian barf feine nädgen greunbe
nidt aUjufepr loben. 3^ f°nn aber wohl beljciup*
ten, bag ge ein warmeS unb treues ©emüth hat,
Wenn ihr and jene eigcnthümlide ©donljeit fehlt,
welche bie oerberblide BJitgift' ber gamilie fdon
burd brei ©enerationen gewefen war. 3l'bem
fonnte ge aud nidt als eine reide Bartie gelten,

bod biteben ihr bie Biittcl zu einer (wdg angäns
bigen äluSgcucr. Bad all ben traurigen ©rieb«
niffen, weide bie ©eeten ber Bfutter unb Sodter
belageten, empfanb Weber bie ©ine nod bie 2ln-
bere eine ©cljnfudt, in bie groge SOBelt zurücfzu*
fcfjren. ©ie fagen nur wenfge Befannte, bfe fammt
unb fonberS ebleren unb ibealeren Bidtungen beS
8ehenS gnlbigten. Boege unb B?ugf waren bie
gauptfädlidgen Quellen aus benen ge ©enug unb
©rgolung fdopftett. 3« ihren Kreifen oerfebrte
nun aud ein junger Beamter, ©r biente bem gür*
gen, welder ber ©ogn unb ©nfcl jener Begenten
war, bie id 3bnen bereits »orgeführt habe. Bei
bem neuen gürgen galt inbeg baS ©pridwort, ber
apfel fällt nidt weit üom ©tarnm. Ser Bad*
fomme glich feinen Bpnen auf ein fjaar. glätte
er oieHeidt z« ihrer ßeit gelebt, er würbe ge nod
überboten gaben. Btan flagte ign allgemein an,
bag er in fdabenfroger Süde ßebermann zu fdä*
bigen fudte, wie unb wo er fönne. ©r oerfebmägte
eS fogar nidt, bie ^anb an fefne Beamten unb
Stener zu fegen, wenn er in leidt z« etregenben
ßähzorn gerietg. Ser junge Bfann, bet bem SBäb*
den fein |)erz zuwanbte, gehörte jebod, wie man
behauptete zu feinen Sieblfngen. 3n ber Sgat
Zeichnete er gd fehr oortbeilgaft burd fein tacts:
unb würbcooKeS Benehmen auS. SIS nun bie
£odzeft oorüber war, lieg ihn ber gürg zum Bor*
 
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