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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 283-307 (1. Dezember - 30. Dezember 1871)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25214#1225

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M 303.

JU>ottH*m«rt*l>r(i» 4S Äreujcr tn 6eteel»e»*
fcur<6 bie $i'it 57 Äveujer »ietteli«biif.

gpttntag, 24. Sejetttßer.

^o^ngci 3 fr. bte $etit$eKe, bet 55u$tunftS*
erifyctlunß 4 fr.

1871.

üttluimuß i« söeftettung.

3Rtt bem 1. 3anuar beginnt etn neue« Abon®
nernent auf baS

Ijefoelberfler Journal

(66r Saljrßang I. Quartal),
wogu wir frcunbltchfi einlaben.

Beffeßungen nehmen aße ©oßämtcr ©cutfch*
lanbS, beö @lfaffeö unb ber Schweig an.

93reiS bet ber Grpebitton

45 beuget tiierteljäfjtücf),

„ bet ber ©oß

57 Äreuger mit ©rooißon.

Beßeflungen auS ben Sanborten woßen ben
8anb*©oßboten, folcbe auS ber Stabt bet ber (Sr«
pebition unb ben Drägern aufgegeben werben.

SDie geehrten auswärtigen Abonnenten erfuchen
wir, bamit feine Unterbrechung im Bcguge eintritt,
bie Abonnements balbgefäßigß bei ben betr. 5j3ofi-
ßeßen erneuern gu wollen.

|)ieftge neue Abonnenten erhalten baS Blatt
oom Sage ber Beßeßung bis 1. Januar gratis.

Sie ©^ebiitott.

SeUsrajibif^e 9t«djd(fjte».

Serif«, 21. Deg. 3n einem (Erlaß be« ©cfchS*
fanglerS an ben ©rafen Arnim »om 7. ©oo. be®
treffs ber gteifpred)ung oon SDiörbern beutfeher
©olbaten in granfretch ßeißt eS: „3n Sunfimft
Würbe« wir bei ber Serwetgermtg ber AuSHefe*
rung gcnotßigt fein, bureb Grgreifung u«b 3ßeg-
führung franjoftfiber (Seißeln, änßerßen gaßs auch
büret) weitergehtnbe SRnfjregeht, auf bie (ärfüQuitg
unfereS BerlangenS htn'juroirfen 5 eine Gorntualität,
ber überhoben gu fein wir lebhaft wünfehett. SDie
(Sreignfffe in SRelmt unb ©ariS bewiefe«, baß bie
(Erbitterung in granlreicb eine fo leibenfcbaftliche
fei, baß wir bet ben noth beoorßebenbe« ©erhanb»
iungen mit granfreie^ nicht bloS bie Sicherßeßuug
ber Ausführung ber griebenSbebingungen, fonbern
auch bte befenftoe ©tärfe unfeicer ©teHung inner*
halb ber befehlen Departements werbe« erwägen
müffen. Die lebten ©erhaublungen mit Souper*
Quertier feien in bem Bertraueu geführt Worben,
bie Sefeitigung beS lebten ©eßeS ber Qccupation
in fürgerer als in bem grleben oorgefefienen griff
werbe burch gegenfeitigeS Uebereinfommen ^er&ei*
geführt werben fönnen. ©aS Sicht, welches bie

©orfäße in 2Rel«n unb ©ari< auf bie ©timmnng
unb bie Abftcht auch ber gcbtlberen granjoten ge*
gen nnS werfen, mußte biefeS Vertrauen oerfcheu®
eben." Schließlich forbert ber ©eichSfanglev ben
©rafen Arnim auf, biefe Betrachtungen bem fran*
goftfdjc» üRintfier beS Auswärtigen, ©rafett ©e«
mufat, mitjutheilcn, unb jwar ohne eine SCSenbung,
weiche eine bteffeitige ßRißßimmung gegen bie ©e<
gieruug ber ©epublif oermntbett laffen fotmte. Gr
fofle oielwehr ein ©ewicht auf baS Schauern unb
bie Gnttäufebnng barüber legen, baß nach ben un®
jweibentigfien Scwctfen uttfereS GntgegenfommenS
©rfcheittungen g» Dage getreten, AngeßchtS bereu
bie Hoffnungen auf bie Söteberbelebung beS gegen*
feitigen BertrauenS leiber als oerfiüht begegnet
Werben müßten. — Der „StaatSasgeiger" oeröf*
fentlicbt eine Bekanntmachung betreffenb bte Äitn*
bigung ber 5prog. Staatsanleihe Oon 1859 jur
©uefgafflung am 1. Suli 1872.

Sßuttdjcu, 22. Deg. Der ßönfg ernannte ben
UniöerßtätS=©rofeffor Dr. ©Bf}l unb ben ©roß*
hänblcr 2Bilhelm 0. ©euffer i» ©egcnSburg gu
lebenslänglichen ©eidiSräthcn bet baprtfehen Ärone.

— Abgeorbnettnfammtr. ©fahler interpetlirt
baS ©efammtmimßcriumS über bte£)öhe beS bap«
rifdjen AntheüS ber ÄrfegSentßhäbigung, über bie
ber bereits überwiefenen Summen unb ob
unb wann oon ber ©egterung eine ©orlage über
bie ©erwenbung biefer ©elber jn erwarten fei. Ser
fDitnlfierptäftbcnt, ©taf $egncnberg=Du;r, erfiärt,
bie SnterpeUation beantworten *u wollen. Die
Kammer genehmigt fobann baS ©efefj, betreffenb
bie (Einführung beS SRdchSßrafgtfehbucheS. Dtulanb
erfiärt Samens ber ^arteigenojfen feine 3uffiMl
mung, oerlieft aber gegenüber bem ©trafartifel,
betreffenb ben IDftßbrauch ber Äattjel, einen ißro®
tefi gegen febe SÖfitoerantwortung. SRächße ©ihuttg
ben 29. Dcj. Die ßfcicbSrathSfammer genehmigte
baS tpoltjeffh-afgefeh. Diefetbe wirb baS ©infüh*
rungSgefth jum fReichSfirafgcjeh6u^ morgen erle®
bigen.

SJÖien, 22. De;. Die .QJorüabtjeitung' erfährt,
baß bie Staatseinnahmen pro 1871 nicht nur fein
Deficit, fonbern fogar einen tteherßhuß oon 21
üDiittionen ergeben haben; bie ©oentualität einer
ginanjoperation würbe bcmnach fowohl für 1871
als 1872 entfallen.

§aag, 22. Dej. Der .StaatScourant" oer®
öffentlich einen föttiglichen (Erlaß, Welker bie An»
nähme beS <SnilaffungS=©c{ucheS beS ÄriegSmini®
ßerS ©ngeloaart auSfpricht unb ben ÜRarinemini®

nißer mit ber fnterimifitfeben gührung beS ÄriegS»
mtntßertumS beauftragt.

^JariS, 21. Dej. ßiacbrtchten auS IBerfatUeS
jufolge foH bie SBubgetfommtffton bem SRegicrungS®
project abgeneigt fein. $ouper*Qucrtier feboch be®
harre auf allen Details. — Der Äaifer oon Sra*
Riten iß währenb feines Aufenthaltes in tßariS
nicht na^ IBerfatlleS gegangen.

Sam, 21. Dej. DaS Rammev=®omite hat bie
außcrorbcntlichen Ausgaben für SerthcibigungSswecfe
genehmigt, ©ittco conßatirte im ©erlauf ber De*
batte bie ©cringfügigfeit ber oerlangte« Summe
unb ipielte |>abct auf bie ©oentualität cintS $rie*
geS swif^en Staliett u. gwwfreich an. Der ÄrtegS*
mtntßcr erwiberte, baß folchc Befürchtungen uttbe®
grünbet feien unb eS auch nicht im Belieben granf*
reichS liege, einen £rieg mit Stalien ju führen;
beffen ungeachtet fei eS nämlich, ßch für äße Säße
oorjufehen.

Sonbon, 22. Dej. ©raf Beuß hat feine ©re»
bitioe überreicht. — Der SRinißerrath befchloß,
baS Parlament auf ben 6. gebruar cinäuberufcn. —
Bei bem Scbiffbruch beS „Delaware* ßnb 48
3Renfchen nmgefommen.

—■ Der Shronfolger iß außer ©efahr erfiärt.

ßRabrib, 21. Dej. Die geßertt ttlegrapbifch
gemelbcte SRinißerlifte iß baßln abiuänbern, baß
©roijarb bie öffentlichen Arbeiten unb SolmenateS
bie Sußij übernommen hat. Die neuen SRfntßer
haben h««^ ben Gib in bte -ßänfce beS Äonig« ge®
leißet. ©crüchtwcife oerlautet, bie ^Regierung werbe
ßch mit ber Ganbibatur 3orißa’S für baS GorteS®
präßbium eittoerßanbett trflären.

aBafhington, 21. Des- (Äabeltelegramm.)
Der Gongrtß würbe bis jum 8. Januar oertagt.

Deuifchlatsb.

— Die wefentliihßen Bcßimmungen ber granf®
furter SRaihtragSfonoention' jum griebenSsertrag mit
granfret^ ßnb nach ber Äöln. 3tg. folgenbe: Art.
1 beßimmt, baß biefenigen aus Glfaß unb 8oth®
ringen gebürtigen Snbiotbucn, welche ßd) außerhalb
beS europätfdjen Äontinents beßnbett, bch«fS ll)rer
Gtflärnng für bie beutfehe ober franjößfebe ERatio*
nalität eine grißoerlängcrung oon 12 SRonaten,
bis jitm 1. Dft. 1873, jugebilligt erhalten. Die»
fentgen ©erfonen, welche jwar auS ben abgetretenen
Begirfen gebürtig ßnb, aber nicht in benfelben,
fonbern in granfreid) ober fonß' im AttSlanbe
wohnen, hfll>tn SBahl ber fRationali®

tät, welcher ße angehören wollen, ßch bei ben
SRairten ihres gegenwärtigen SÖohnorteS ober in

(

§wrrh Jarlit unÄ

(Stjählnng oon Sp. Aoffeggcr.

1.

Anna oon ber SBalbburg war ße genannt, bieS*
unb jenfeitS beS gluffeS. Des USalbhüterS Ann*
eben wollten ße bie 8eute nicht h^&tn, ße oer*
meinten ißr einen f^öneren fRamen ju fchulben, t
benn Anndfen war gut unb fchön. ©te gählte |
trß wenig über fünfjehn Sahoe. 3h* gwßc^, fchat® t
tigtS ÄinbeSaugc hatte bisher bie gange äßclt unb (
afle SRenfcheu offen unb treuhergig angtfehen; ju \
biefer 3eit aber begannen ßch bte langen 3Bimpern 1
gu fenfen, baS SRäbchen würbe ßiß unb in ßch ge® j
feßrt. 9tur bem hun0e):n^cn Bettelmann fünfte \
ße noch ihren reichen, güteoeßen Augenßern, wen« f
jte ihm ihr ©tücf Abenbhreb in bie £>anb legte.
Angefehenen SRänntrn, ^üt>fd£>en, lebensheiteren
3ünglingen, wie weit ße auch herfommen mochte« |
gut niebtren Dhnre ber 2Balb&ütte, oerfagte ße gar
ben grnßtnben hatte ihnen fautn ein trau*
litheS 5Börtlein; wenn ße aber fühnen Burfchen j
gegenüber gu 'Seiten boch ein SBörtlein fprach, fo j
war eS fcharf, wie eine Saugt, uttb manch itccfer ;
empfanb ßch f^mählich oerbrüht.

Deshalb nannten ße oielc au^ auS Spott we» j
gen ihres StoIgcS bie Anna Pon ber SBalbburg. I

■SenfeitS beS gtuffcS wohnte ein 3u"gr/ bem
biefer Sitel noch gu nichtSfagenb war, ber baS äRäb*
<hen fmmer baS gnäbige gräulein oon bet Sßalb*
hütte hirß.

Anna war nämlich bie eingige SlRaib in ber ®e*
genb, bie ihn nicht grüßte, nicht anfah, ni^t haben
woßte nnb er war bo^ ber ßotteße Bnrfche in ber
ßtunbe, über bie achtgeh« 3“hre hinaus, unb erwar® |
tete täglich bie erßen Spuren ber SRannheit auf ;
ber Oberlippe. GS war ber eingige Sohn beS :
BerWalterS brfiben in bem weitberühmte« Gifen*
werte unb hieß Qtto. Gr ßubirte a»f bem ®pm*
naßum, unb wen« er baheim auf gerien war,
ßeßte er ben ©ferben unb ben ^>uwbttt nach, be®
herrfdjte aße 3«ngen unb neffte aße ÜRäbchen.

Ginmal, als er mit anbtren Burfchen auf ei* j
ntr Sagbpatlbie war, begegnete er im SOBalbe bem 1
Annchen, baS Brennholj fammelte. Die Attberen
nannten ße fpottweife bie Älaubholggeäßn, aber
Qtto ßimmte he«te ntdß ein unb enblich erflärte
er be« AuSbtucf für einen recht fchledjtcn Spaß. [
Da«n trat er gu Anna unb faßte: „Stg* bu baS I
■5>olg auf eine» Raufen g»famraen, ich wiß eS Dir |
mit gwei ©ferben in " ein -DauS fchaffen laffen." >

„Äann’S fchon auch felbet tragen!" war bie 1
Antwort, unb baS 5Räb<hen arbeitete emßg in bem j
bürren ©efäße. AK eS hinauf über einen rieß* j
gen Baumftrunf flettern mußte, hifÜ ihm Qtto

bie^anb entgegen unb fagte:„Äomm’ fjtx,
btch über!"

»Danf’ fchön, bin mir f^on felber g’nug.* —

„Abgetrumpft war er unb feine ©efäljrten
lachten ihn tüchtig a«S. Qtto ßieß ein berheS 2Bort
heraus, fdjlug mit feinem SRohrßabe auf bie hohen,
glängenben Stiefel, f<hoß noth ei« paar gluthfprn®
henbe Blicfe auf bie ßolge |)oljglauberin unb ßürmte
baoon.

Unb wie wenn feine gtnthfprfihenben Blicfe ihr
©eßehtdjen entgünbet hätten, ßammte eS hochflerö®
thet, als baS ©efdjrei unb ©eläthter nunmehr fern*
hin haßte. Sie bliefte empor unb gegen bie 9lt<h-
tung, in welcher bie Jungen 8eute fortgejogen wa®
ren. Dann gitterten ihre 8tppen ein Wenig unb
ße fagte bei ß<h: „Gtn recht toßer Burfche, aber
fpotten ließ er mich boch »tti&t.* —

Sie bü|te ßch nieber, brach bürre Aeße eou
bem ©efäße unb banb ße mit grünen ©eifern in
Büfcheln. Auch pßücfte ße noch ein SBalbmetßer®
blümchen, ßeefte eS in ihr reiches ^aar unb fang:

„2)ie Aofen ße blühen,

Sie blüh’n aße Qabr’,

®te Sieb’ blüht nur einmal,

Unb na^her ift’S gail"

Sulefct lub Anna ßch einige Bünbel beS ^>ol®
geS auf bie Schultern unb trat bamit beu B3eg
nach Glternhütte an.
 
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