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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 257-282 (1. November - 30. November 1871)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25214#1073

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§cMkriier Journal

JM 265. ^>urd> bit 'Port 47 »ierlriiäbtifl. gmtag, 10. 9?oöente.

Deleatapßifd&e fftadjritJjtett.

©erlitt, 8. (Roo. CO^etcöötag.) Dritte Seratßung
über beit Antrag Süftng’«, betreffenb bie ©ittfüß*
rung einer Volf«oertretung in nlien Sunbe«fiaatett.
(Raß längerer Debatte, in beren Verlauf ber meef*
lenburgifße Seootlmäßtigte, 0. Sülow, erflärt,
über Verßanblungen ber mecflenburgifßen (Regie*
rung mit ber (Ritterlßaft feine (IRittßeilungen ina-
nen su fönnen, Wirb ber Antrag mit großer (Dta*
loritat angenommen. — Die ,,(proo.t©orrcfp." bebt
in einem Artifel, übertrieben: „dRecflcttburg unb
(Reiß" ßeroor: ÜRan bürfe bet bem aufrftätigen
Sejtreben ber mecflenburgifßen Regierung u. ©tänbe
barauf oertrauen, baß e« feine« moralifßcn Drucfe«
bebarf, um 31t einem gebct^lidjrn 3telc 51t gelangen
unb ben innern grieben wiber ßersujietlen. — Da«*
felbe Slatt gebenft ber angebabnten befriebigenben
(Beilegung ber rumänifßen @ifenbaßn>Ange(egenßeit
unb jagt, e« erfßcine notbwenbig, bie Obligation«*
3nßaber barauf aufmerffam 311 maßen, baß ber
bargebotene 2Bcg allein geeignet fein bürfte, wenlg-
ften« ben größeren Dßeil ißre« Sefiße« 31t retten,
baß fle fiß baßer beeilen mosten, bitfett 2Beg oor
Ablauf beb Dermin« (12. (Roo.) |u betreten.

gcipjig, 7. (Roo. Die Sonflituirung ber 8eip*
jigtr Veretn«banf ifi ßeute erfolßt. 3m Verwal*
tung«ratß befinben fiß außer ben bereit« befannten
girnten auß bie baperifße $anbel«banf fn dRütt*
ßen unb bit Stuttgarter Sanf in Stuttgart.

tEBicn, 8. (Roo. Außer ber ©ntlaffung be« (Reiß«*
fanjler« fotlen noß anbere «ßerfonaloeränberungen
beoorfteßen. ©ine bem Äaifer näcßftfteßenbe Ver*
fönlißfcit, wtlcßer ein ßeroorragenbet Antßeil an
bem Sufianbefommen ber SRonarßenbegegnung in
3fcßl unb Salsburg sugefßrieben wirb, foU ißren
(Rüßtritt wegen gäitsliß erfßütterter Stellung al«
unoermeibKß trfennen.

— Sicherem (Berneßmen nach wirb auß ber
faiferüße ©abineWblrector, Staat«ratß (Braun, su*
rücftreten.

jßrag, 8. (Roo. Der bößmffße ganbtag ßat (n
feiner heutigen Slfcung bie Vornaßme eon (Reiß«*
ratß«waßlen mit ©injiimmigfeit abgeleßut, worauf
ber ganbtag gefßlojfen würbe.

cjjtji, 7. (Roo. Unterbau«. ®raf Anbrafft) be*
antwortete bit befannten 3uterpeHationen £>elffß’«
unb Difsa’«, betreffenb bie angeblfße ©fnmtfßung
in bie le^te öfterreißtfße dRinijterfrife, mit ber
Surücfweifung ber Seßauptung, baß er ben Au«-
gleich gejlöri habe. Der ÜRinißerpräftbent beseißnet
bie burß Difsa’« 3nterpellation angeftrebte <Sin-

füßrung ber Verfonaluttfon für fe^t unb bie 3“*
funft al« unsweefmäßig, ba bie Verfonalunton nißt
nur dRinijterfrifrn, fonbern Ärifen swifeßen Ungarn
unb Defterrciß permanent feßaffen würbe. Da«
einjige 3R(ttel sur (EBaßrung ber ungarifcßeti 3nte*
reffen fei ba« geflßalten be« (Reßt«jianbpuntte«.

ßuptmburg, 7. (Roo. Die Deputirtenfammer
würbe ßeute burß ben (Prinsen=©tattßalter eröffnet.
Die Dßronrebe betont bie guten Sosießungen mit
ben auswärtigen ÜRäßten, welcße bureß bie Kriegs»
ereigniffe nießt unterbrochen worben feien, unb be*
bauert, baß bie grage ber giquibationen mit §ol--
lanb noeß nicht gtlöfi fei, ßofft Jeboß auf eint be*
friebigenbe göfung. Die (Regierung mußte fuß mit
ben gragen befcßäftigen, welcße bie Auffünbigung
be« Setrieb« ber (EBilßelm«baßn Seiten« ber Off*
baßngefeUfcßaft sur golge hatten. Die Schwierfgfeit,
bie oerfcßitbtnen (Reßt«anfprüße unb 3ntcrejfen SU
oerefnigen, ßabe bie ßöfung ber grage bi«ßet oer»
ßinbert. Die Slbgeorbnetenfammer wäßlfe be Scßerff
mit 20 Stimmen sum ißräfibenten. 15 2lbgeorb-
nete enthielten jicß ber Slbßimmung.

^JariS, 7. SRoö. Der ©eneralvatß ber Seine
ßat einftimmig ben ©efe^entwurf angenommen,
welcße ben unentgeltichen unb obligatorif^en Un*
terrießt einfüßrt, oerwarf jeboeß ben weltlichen Un-
terricht mit 41 gegen 37 Stimmen.

— 8. 5Roo. Der bfeffettige ©efanbte arnpäpft»
ließen fjofe, ®raf ^tarcourt, feßrt ßeute auf jeinen
Sofien im SSatican surfuf. SSesiiglicß ber SBercini-
gung ßetber fransößfeßen ©cfanbtf^aften in SRom
bürfte, ber „Slgence ^)aoa«" sufolge, ber gegenwär-
tige Status quo nießt geäußert werben. — <®crücßt-
weife oerlautet, ©oularb fotle a!« ©efanbter am
italienifcßen |)ofe ßegiaübfgt werben. Dagegen wirb
ba« ®erücßt, 'ßicarb fei sum ©efanbten in Srüjfel
ernannt, für unßegrünbet erflärt.

— Die „Sfgence Daoa«rt melbet: „Da« 00m
„©auloiS" oerbreitete ©erüeßt oon Serßanbtungen,
Welcße in ^Betreff ßuremburg« swifeßen granfreieß
unb Sßteußen fiattgefunben, entbeßrt aller 33egrün-
bung.“ — SRocßcfort würbe ßeute fRacßt nach gort
33oparb tran«portirt.

Jlewßorf, 7.5Roo. (Haßeltelegramm.) 3lu« Sln^
laß ber fffiaßlen ßnb alle SRärftc gefcßloffen. —
Dweeb ift oon fReuem in ben Senat gewäßlt worben.

— (Äaßeltelegramm.) Die fRepublifauer ßaben
bei ben fffiaßlen mit großer SRaJorität geftegt.

Die sntcuftif«®® 2lr«tee.

SBäßrenb iH gans ©uvopa unb felbfi in außer«
europäifßen Sänbern bie preußlfßen 3Riiitäreinri(ß= '

#njeigtn 3 ft, bie ^erttjeilf, ^ei auOfuttffO«»
ert^eilung i Ir.

tungen jum ÜJiufler genommen werben, geßt bfe
militärifße (Einigung Deutfßlanb« ißrer Ssotlenbung
entgegen. Slber bei aller ©leicßßeit ber S3ewaff-
nung unb 3lu«rüßung, be« ^Reglement« u. f. w.
: wirb ein gewiffer ©egenfaß 3Wlfcßen norbbeutfeßen
unb fübbeutfeßen 2lrmceforp« sunädift fortbefteßen.
Die preußffeße Sfrmee ifi in ißrem gansen ©ßaraf«
ter naiß etwa« bem Sübbcutfcßen grembartige«,
unb bie wenigfien machen ßß ben rißttgen Segriff
oon ißr. 3« ben fleincren Staaten war b~a« 3Ri-
litär al« fRebcnfaße, ja al« unnüße Spielerei in
ber öffentlißen 3Reinung gering geaßtet. Der
preuß. Staat oerbanft bem ^)eerc nißt nur feine
Stellung al« ©roßmaßt, fonbern gerabesu feine
©rifienj. ©eine ganse ©efßißte iß mit bemfelben
oerwaßfen. SlUe bie rußmoollen ©rinnerungen au«
ber 3c0 be« großen Äurfürfien, griebriß be«
©roßen, ber ®efreiung«friege fnüpfen ftß au ba««
felbe. 3«ber fjßreuße ßat bemfelben in irgenb einet
Stellung angeßört. SugWß ß<0 bie preußifße
Sfrmte, inbem ße einerfeit« überall forgfältig an
ben alten Ueberlieferungen feßßielt, oermöge Ißrer
©röße unb braußbaren ©lemente, ßß weiter ent«
wißeln unb auf ber $öße ber ßeft erßalten fönneit.
SSieüeißt mag noß ber Umftanb befonbet« günftig
gewefen fein, baß ba« norbbeutfße SSelf, ber ©aßfen*
flamm, im Allgemeinen meßr friegerifßeti Sinn
ßat, al« wir Alemannen mit ben granfen u. SBapern.
Denn auß ba« fleine ^)annooer war, obfßon c«
bie allgemeine Sffießrpjiißt nißt befaß, barin ben
(Preußen äßnltß. AHerbingS hatte auß ba« ßan«
nooer’fße Armeeforp« eint rußmooKe Ueberlieferung,
unb bie Dßaten ber Raoaflerie bei (EBaterloo, al«
e« ßieß: „jefct oorwärtö, ißr SBauernbuvfße, seigt,
baß ißr reiten fönnt!" leben noeß im Anbenfen
be« (öolfe«. Äein SBunber, wenn in biefen Cänbern
ber Solbat eint gan| anbere IRotle fpielt. (Bei un«
fänbe fiß etwa« äßnliße« oiefleißt in ber Stellung,
weiße ber Stanb ber protefi. ©eifilißfeit noß oor
20 ober 30 Süßten einnaßm. £atte basumat ein
(Batet unter feinen Älnbcrn einen Änaben aufsu«
weifen, ben er für befonber« begabt ßielt, alsbalb
warb berielbe einem (Präseptor übergeben, ber ißn
für’« ßanberamen breffiren foüte. Der äßte (Preuße
flellt feinen aufgewccfteflen unb ßübfßeßen 3«ngen
©einer dRajejiät 3ur (Berfügung. Die Jungen dRäb*
ßen flnben jidß unter ben Uniformen unb Druppen«
gattungen fo gut sureßt, wie bei un« weilanb im
SRagifiersettel. Diefe (Borliebe für ba« SRilitär
erfireßt ßß nißt blo« auf bie gebtlbeten Stäube.
©« fommt in (Preußen oor, baß (Bauernfößne gerne
länger bienen unb ißr (Pferb felbfi jlellen, um einem

Jit lamlf? lut«.

(gortfefeung.)

@r blieb ßeßen unb baßte, wa« für eineßu«
mutßung e« für ißn fei, biefe 8üge, oon feiner
eigenen £anb gefßrieben, feinem eigenen Ätnb in«
^au« su tragen, um e« fo feinem Sßicffal in bfe
Arme su treiben. Die fo lange unterbrüßten ®e«
füßle burßjirömten ißn. ®r faß jurüß, al« fönne
er ba« $au« noß feßen, in bem er gelSecf surüß«
gelaffen ßattej bie SRa«fe war gleißfam oon fei«
nem ©eftßt gefaüen, in ber gansen Peibenfßaft
feiner eigenen Büge trat ber £aß auf ben (Berfüß«
ter ßeroor. Die grauen ^aare fßüttelnb, al« wä»
ren fte auf feinem eigenen $aupt gewaßfen, unb
bie |>änbe batlenb. baß fte ben (Brief faji gerfnit*
Jetten, füllte er eine ©rleißterung, wenigfien«
glüße oor jicß ßinsumurmeln, bie in ber (Raßtluft
Ungeßört wieber untergingen. Doß e« wäßrtc
nißt lange. ©tufser au« unb faß mit

bem fßmenlißfUn AuSbtuß auf bie Steine nieber.
»Aß, wa« ßeißt ba« Mt«? - 3cß »« fo, wie
©r iß! ©« gibt nißt« (Reut«5 e« war Alle« fßon
ba. SBenn man Jung unb oor (Berlangen waßn«
finnig ifi, nennt man bergleißen nißt Sßanbtßa«
ten, nennt« oerliebten »etrug! — 3ß wußte Ja,
Wie bie« Ade« fomtnen würbe: ttß« nißt wie

fn einem Spiegel »otauSgefcßen ? Unb nun weiß

iß, wie e« fommen wirb! Alle« weiß iß; Alle«!
Diefer Srief ba — wenn iß ißn abgebe — wirb
fte troßlg maßen, biß fle fiß nißt meßr feitnt.
Unb bann wirb ißr 3üngfing fommen unb fagen:
wosu weinfi Du, iß maße Diß Ja frei j Du ent-
fließfi mit mir) iß weiß einen (Plaß, wo er Diß
nißt ftnbct! — Unb jie wirb ftß ßräubcit, weil
fte tugenbßaft tjl. Unb bann wirb er fagen: wa«
gefßießt Dir tenn auß, wa« fürßtefl Du — nißt«
auf ber SBelt ifi mir Ja fo ßeilig, wie Deine ©ßre
ei ifi! Unb naßbem er ba« befßworen ßat, troef«
net fte fiß bie Dßränen, ßeßt ißn oertvaucn«ooH
an unb bie (Raßt unb ber SBagett fommen, um jie
SU entfüßren — Unb ba fteßt fie bann mit ißm,
ba oben in ber luftigen (Ruine, in ber ßoßsettlD
ßen ©infamfett — unb wo bleibt ber^Sßwur!
©r liegt su ißren güßen, er liebt fte Ja über geben
unb Seligfeit, er fann ißn nißt halten! —*

„(Rein — et fann ißn nißt halten!" wieber*
ßolte ©erßarb mit Sitterfeit gegen ftß felbfi, legte
ftß bit $anb an bie Augen unb weinte wie ein
Äinb. ©r war aufgelöfi. Sefne Vergangenheit
fianb ißm oor ber Seele.

Durß bie Dropftn, bie feinen Süß trübten,
faß er ba« gampenlißt gebroßen ßerüberfßim*
mern; er glaubte ben ßopf feiner 3oßanna su fe«
ßen, e« ging ißm wie ein lelfer, langer Stiß burß
bit Srujt. „3ß ßabe Ja noß ben Srief!" faßte

er naß einer UBeile oor ftß ßin. „dßer swingt
miß, ißn ßinsutragen? (EBenn iß nun su ißrgeße
unb fage: Da bin iß, ba« ba ßat er mir bictirt,
ber ärgfte Serrätßer ifi er, ben bie Sonne be*
fßeint — ? —" Doß er läßelte fßmer3liß über
ben ©ebanfen unb wiegte langfam ben Äopf.
„(ffier bin iß benn? (Rißt« al« ißr Sater, ben
S jie oerftoßen ßat! — Unb mit (Reßt, mit (Reßt!

1©in Vater muß boß auß ein (Dienfß fein; —
ba« war iß nißt gegen fie! Unb wenn iß mit
bem Srief ba fomrae unb oerflage Den, ben fle
* liebt — warum fie foU mir glauben? (Raß mir
wirb ®r fommen unb mir in« ©eftßt fagen, ba§
iß ein waßnwißfger (Rarr, baß iß ein Bügner bin,
baß eS nie ©emeinfßaft gegeben ßat swifeßen mir
unb ißm. Unb fie wirb ißm glauben, nißt mir.
] (Rein — ben Scßer muß iß bi« su ©nbe trin*

| fen! Spielen, ßeußeln, bienen, tßun, wa« man mir
' fagt; unter meiner 5Dta«fe erftiefen — bi« iß ißn
j ßabe, bi« iß fagen fann: ßier entlaro iß Diß,

unb fo rett iß mein Äinb!-So rett iß mein

Äinb!" murmelte er in neuer Sewegung, unter
neuen Dßräntn.

@« fßien ißm ein tr^ßlißer ©ebanfe, für fein
Äinb su leiben unb mit ben Qnalen tiefer Dage
Vergangene« absubüßeti. 2Bie oft hatte er oorbem
©ßmtrsen gefpielt, bie er nißt empfanb, ober oor
btt (Dienge bie weßeoolle ©rßebung reiner Drauer
 
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