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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 127-151 (1. Juni - 30. Juni 1871)
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§eMberger Söimutl

JX* 127.

Jlbonncmfntsprtis ft. t. 3 tc. in •öeibctbcrg
burc^ fic 'Poft fl. 1. 16 fr. t>ierteüäl)rifl.

2)onnerftag,

^t!3tißcn 3 fr. bie flJetttseile, frei Xuftfmftfi*
evtljeilung 4 fr.

1871.

öüv ben SRonat Sunt werben
PeßeUungen auf bad $tibelbergcr Sownal für
audwärtd bei beit betreffenben «Poßanftalten, uub
f)ier bei ber ©rpebition unb ben Prägern entgegen*
genommen, preid für ^{er mg JErägerlotjn 19 fr.

35ic ©jpebition.

Selegröplflfdie Diacfjtidjten.

SBcrfaiKcS, 29. 9Jfai. 3n ber heutigen Sifjung
®cr Dlationaloerfammlung fam bie Petition ($t;an-
flarntcr’d wegen ber Sapitulation oon «Dtefä gut
^evganblung. ©gangarnter erinnert an bie Sgat*
fachen, welche bem fRüdgug ber Slrmee in bie ge*
nannte gcßttng oorgergegangen feien unb wirft bem
©eneral cn egef Unfcblüiftgfeit unb Sdtoerlufl oor,
tond bie oötlige ©infdliegung gefiattete, ber junger
allein gäbe bie Slrmee gur Ognmadt gezwungen.
Sngolge etneö am 24. Dftober gehaltenen ßrtegd*
ratheb fei er (©gangarniev) alb Parlamentär ab*
gefanbt worben, um bie ©rlaubnfg gu oerlangen,
bag bie Strmee nach Sflgericn gefdidt werbe. pr(ng
Sricbriä) 6arl ^abc, nadjbem er ftth mit bem beut*
fd)cn Hauptquartier oon Perfnilleö benommen, bie
3tbfenbung etned beliebigen Pataldoud angeboten.
SMefe Scbingung, obwohl fle ruhmood war, würbe
nicht angenommen, ©eneral (S^unqfirnter fügt hingu:
©againe war n(cgt gtücflicb. Sie Uebergabe oon
SReg war weber eine methobifche nod) eine frei*
totdige, SRtbr.cr fdlfcgt, inbern er bie Äammer
bittet, nicht einen gebäfftgen Pevbadt auf «Diänttern
ruhen gu laffen, wcld)e ruhmoofle ©enerale gewefen
feien. ©d ergreift hierauf S£l)icrö bah 2öort. Ser*
fdbe erfiärt, er fei glüdtid, ben ©eneral ©gan*
garnier bie Pertgeibigung etned unferer tapferßen
Ktiegdmäuner führen gu fehen. @r (Sgierd) trete
bem ©ebanfen einer lluterfucbung, mcld)e ja Sa*
?aiue (elbft oerlangt gäbe, bei/ überfnffe Inbeß ber
fouüeräncn flammet bie SntßbciDung, ftriegömi*
niftcr Peflo erfiärt, baö ©efefc fei formed. Seber
©oroädief, welcher einen Plag übergebe, muffe nach
bem ®ffch »0« ein Äriegbgericht geftellt werben,
ßcflo betont, er werbe feine Pflid)t alb Ariegömi*
nifter bejüglich aller ßapitulationen thun, ber
Kapitulation oon «Dic$, ©eban wie ader übrigen.
SRad einer furjen SidculTton geht bie Pcrfammlung
über bie «Petition gur Sagedorbnung über. Ser
£ergog oon 2lubiffrct*Padquier erinnert baran, bag
bie Scrfammlung nidt oodgählig fei. 114 «Reu*
Wahlen feien twtgwenbig. Ser Öergog erfiärt ed
ferner für nothwenbig, bag bie Serfammlung eine

flare ©rtlärung gegen bie Soctrtncn erliefe, welche
bie Urfacbc ber cntfc|lichen ©reigniffe in Parid
feien, unb bafj oodftänbigeb ©moernegmen gwifchen
ben fRcpräfcntanten unb bem bebeutenben ©taatd*
mann gerrfdje, Welcher bie ihm oon ber «Rational*
oerfammlting anoertrauten Poltmadjten fo gut gu
genügen gemufft hübe; Ptcarb erwibert, ed gäbe
niemals ein ßwiefpalt beftanben. Sa bie mate*
rieden |)inberntffe oerfchwunbeit feien, fo werbe bie
Regierung felbfi in 3 ober 4 Sagen ber Serfamm*
lung bie äßaglfrage unterbreiten. Sie Sßerfammlung
Ootlrt aldbann ben in «Paris tpftig gewefenen ©ap*
pcurd=Pompierd ihren Sanf. ©in Sfntrag auf ©r-
rid)tung oon «Dionumcnten gur ©rinneruug an bie
ermorbeten ©eigelu wirb an bie Snittatiofommifflon
oerwiefen. Srocgu oerlangt, baß man ben Slntrag,
bie «Dtitglicber ber [Regierung ber nationalen Per*
theibigung in Auflage gu oerfegen, in ©rwägung
giehe.

— 9 Uhr SRorgcnd. 3000 ©cfangene wur*
ben geflerit 2lbcnb hicrl)ergcbrad)t. Prtefe and
Paris betätigen, baü bie lebten 3nfurgeutenbanbcu
hinter Sedeotlle unb Pere Padjaife oernichtct wor*
ben ftnb. Sie 3RiUtärbel)örben f^reiten fefjt gu
•pauSfuchungen unb Perhaftungett, ohne auf irgenb
einen PBtberfiaub gu flogen. Sie Seoölferung gibt
ihre Sufriebenheit gu evfennen, tag fte oon bem
3oth ber ©ommune befreit ift. Unter ben erfebof*
fenen ©etgeln beftnben ftch auger bem ©rgbifchof
"Sarboh uub Seguern) ber «Xbb<$ 2ldarb unb mehs
rere atibere Prieftcr, fowie 35 ©endbarmett unb
ber fehweigevtfehe Panguicr 3ecfcr.

— Sie lebten Snfurgenten, wcldte ftd) nai^
Pinccntted geflüchtet hatten, h0^11 ftd) heute er*
geben. 3a^rc^c ©efuugeue würben ^ter^er ge*
bracht. Sie Sioifton ©Unchant wirb heute tiad)
PerfaideS gurüdfehren.

— Sie Dehnung ifi in Parid wieber in fol*
chem Plage hergefteilt, bag gefteru 24 [Regimenter
mtt 100 Äanonen gum üluSnigen hierher foinman*
btrt toerben fonnteit. Ser ©intritt in Paris ifi
heute wieber gegattet.

— 30. 3Rai. SaS „3°urnal offteiel" oer*
bffentlidjt ein Sefret Slfierö’, welches bie ©ntwaff*
nung oon Paris anorbnet unb bie Sluflofung ber
«Rationalgarbe bed ©einebepartementd audfprtdjt.
©ine Profiatnation äRac SRahon’d oont 28. «Kat,
welche in Paris angefdjlagen würbe, lautet: ©itt*
wohtter oon «Parid! Sie frangoftfdie 2lnnee ifi ge*
fornmen, @udj gu retten! Parid ifi befreit! Un*
fere ©olbaten hoben um 4 Uho bie lebten oon ben
Sufurgenten befejjten Pofttionen genommen. Sad

©efeebt ifi beendigt. Sie Drbnuttg, bie Arbeit,
bie ©ieperpeit werben wieder heogefledt werben.

Sriefe aud Parid oon geflern Slbenb beftätigen,
bag bort oodjlänbige Pulte herrfcht. Sie Peooife*
rung nimmt bie Stvbeit wieber auf. ©ine gaht-
reiche «JReuge befuchte bie nod) rauchenden fRtitneti
ber öffentlichen ©ebäube. Sie ©olbaten tverben
übecad warm hegrügt unb gefeiert, ©audfuebun*
gen unb Perhaftungett bauern ol)ne Sßtberganb fort,
©ad ©orps ©iinchant’d ift gefiern nach PerfaideS
gurüefgefehrt.

©oifh, 27. ÜRai. Shierd tclegraphirt, bag
eine «Dielbutig bed ©enerald Porel an ihn gelangt
fet, wonad) bad preugtfdte ©cfanbtfdiaftdhotel in
Paris unoerleht fdjeine. Saffelbe fei feit bem 2lb*
guge ber 3ufurgenten nicht mehr hefejät worben,
©ine flehte &hüre nad) bem Duai hin, fowie bie
©artenthüren feien offen. 3m 3nnern f^eine nfdjtd
weggenommen gu fein.

SJiindfsn, 30. «ERai. Sad 2lftiondfomite bet
Slltfatholifen wirb einen Protefl gegen den neuen
erghifdtöfitchen @tfommuntfationd*@rlag fn Petreff
ber Untergefchuer ber Stbreffe oeröffentlnhen. Sie
bereits bekannten Sheologen aud Äöin, Polin, Pted*
lau, Äoblcnj, Praundberg k. beraten in nitht öf*
fentlidjen ©itäungen gemeinfame weitere ©dtritte.

— Sad jweite baierifebe SlrmeecorpS tritt ben
gweifen 3«ni gu gug ben fRüdntarfcg and ben San*
tonements oon SoulomlerS oorläugg bis iRanci) an.

Sern, 29. SRai. Ser PimbeSratg pat heute
in Petreff ber Parifer glüdttltnge, welche an den
©reigniffen ber lebten Sage Shell genommen hoben,
befebioffen, oon allgemeinen «ÜRagrcgeln abguftehen;
bagegen aber jeden eingelnen gad gu untevfmhen,
ben gemeinen Perbrechcm bad Slfplredt gu oet-
weigern ttnb folcbe auf Perlangen au^ audguliefern.

®ettf, 30. «ÜRai. ©egern gut eine grögere
Polfdoerfammlung gurSBagruttg bed fcgweigctifchen
SlfplrfigiS gaitgcfunbcii. Siefclbe bcfcglog eine
Sfbrcffc an ben SunbcSvatg, bagin gebend: cd möd)*
teil die Parlier Sommune=2J(itg((fdcr, welche auf
ben ©d)mclgcr Scbeti gedrängt mürben, aufgenom*
men merben. ©d geigt, gtür Pgot fei bereits
tu ©avouge.

Prüffcl, 30. «Diät, ©eit gefiern wirb gier
wicbev gum erften «Diale bie bivecte Priefpoft oom
©ontitage oertgeilt, naegbem bie Parifer ilaupt*
gurcau’d an legterem Sage eröffnet worben ftnb.

— Psctor ^)ttgo, ber befanntlid) in einem cf*
fenen Prieje bie Principien ber ©ommune oevtgei*
bigt gat, ergielt gegern «Racgt eine ßa|enmuftf.

— Sie „3nbfpenbancc" oeröffentlicgt intereffante

3ddenfdta|Üick

Stornan oon S. pagrom.

3n einem ber befuegtefieu .Raffcgänfer ber norb*
beutfegen «Dietropolc gatte ftd) etn gagtreieged |)er*
renpcrfonal eingefunben. ©S war bieS niegtd Uh*
flemögnltcbed, b'enn man unterhielt gier oortreff*
ltd). Ser PBtrth bed £aufed, ein gereifter, oicl*
fettifl gebtlbetcr SRann, War eine beliebte Perfön*
Itcbfeit. St oerganb eS, auf eine feine HRanter
für bie Unterhaltung feiner ©äge gu forgen. 3n*
bent Waren die ©peifen unb ©etränfe oon oorjüg*
lider Dualität unb bie Sebienung übertraf att
©ebnedigfeit unb Promptgett otele anbere 8ofale
biefer ©attung.

Pon ben Untergattungen, mit welchen ber frcitnb*
liebe «ffiirtg fHnen ©äften bie 3eit gn oerfürgen
fudte, ganb bie 3Ruftf oben an. 2ldabenblid) oer*
fammelte ftd) ein oortrefflid) aefdjulted ©treiegquar*
tett auf ber ant äugergen ©nbe bed ©aaled er*
ritgteten Sribüne, unb bie Piecen, melcbe gur »uf*
fügrung tarnen, cntfpmdjen jn jtber ©egiegung bem
guten ©efetmade ber 3lIborff- 3Ran görte ba
Weber jene faben ©oupletd im Polfataft, mte fte
bei bem oberflächlichen Sgeili bed grogßäbtifcbni
pubtifumS feit langer 3eit gum beliebten Ogren*
fchmaud gemorben flnb, nod) anderweitige, auf bie
fiadjorgane ber 3ugörer fpetulirenbe Sexte. ®o-

naten unb Duartette oon Sectgooen, «Dfogart unb
^Ja^bn, aRenbeldfohnd Sifbcr ogne Sporte, unb bin
unb wieder ein Sieb Oon ©dntmann, mit geucr
unb ©mpfliibung gur Peglcitung bed pianoferte
oorgetrageti, bad waren bie muftfalifcgen ©enüffe,
Weldje ben Pefucgern beS j?affeegaufed badfeihe gu
einem fegr angenehmen 3tufentgaltc machten.

Um fo mehr mugte cd ben ©ägen auffaden,
bag an bem heutigen Ülbenbe bie alten, bewährten
©oncerte nudfielen unb burd) fremde, gwar neue,
aber gänglicg unbefaitnte Äräftc erfegt würben.
3Ran geganb fld) fopffcgüttelnb, bag babureg bad
Sofal einen feiner -£)auptrctge eingebügt gäbe unb
begriff ben in biefer Pegtebung fonfl fo belffateu
SBtrtg nfd)t. P3antin modge ber fei be mit einem
«Dlaic bie Päntclfängerei protegiren? 2Bad tonnte
man oon bie,ein alten gebrechlichen Piolintßen mit
dem ergrauten jtopfe erwarten, ber ernfl unb ßolg
wie ein ©panier gmifegen ben beiben and nicht
mehr jugenMicgnt grauengegalten oov feinem Pulte
fag? gietlicg fpielte er bie erfle ©eige mit üoden*
beter gertigfett. Sie gegigfeit unb ©legang feined
Pogengricbed, bie Peingdf ber Sone übetrafdge
jeben Äcnner, ober bie beiben Samen, welche fein
©piel begleiteten, wejfen foflte man fleg gu ignett
oerfegen?

Sa mar gunädiß bie ^arfnerin, bie anfegeinenb
ältere, melcge in igrer gangen ©rfdginung nidtd

barbot, mad megr aid ein fliid)tiged 3ntcucffe hätte
in ütntprud) negmen tonnen. Sad glängenb fdwarge
^)aar bebedte in langen Scheiteln ©ctjläfe unb
Ogren unb lieg nur’einen fleinen Sgeil igrer ©tlrn
fldtbar. 3hre Stugenltber waren beflänbig gefentt.
©o wenig wägrenb igred ©pieled, wie ln ben ein*
tretenben Paufen gob fte ben Plid, um bad Pu-
blifum gu mugern. 3gr ©efldt gatte etne bleiche
gärhung, bie Sippen waren fefl aufeinander gepregt
mad igrem üRunbe einen bitteren Slndbrud, tbren
3ügen etrnad eigentgümltd ©tarred oerlieg. 3Ran
gälte fte für ein «ERarmorbtlb galten tonnen, menn
nfegt bte Peroegltcgteft ber feinen garten Ringer,
bie mafdinenartig, aber gaubergaft fdnell in bem
©aitengeroebe arbeiteten, bem mibevfproden hätte.

3bre ©cfägrttn, melde tun einige Sagte Jün-
ger erfdien, ftcllte in jeber Pegitgung bad ©egen*
tgei! ber eben befdriebenen perfönlidfelt bar. SBäg*
renb bte gcjjtere nidt bad ©eringfle tgat, um bie
Slufmerffamteit bed Publifumd auf fld i« gteOen,
(dien fte Sllled geroorgefudt gu gaben, wad igre
fReige in bad beflmöglidge 8idt gellen tonnte. ^Sad
glängenb blonbe ^)aar mar gu einem Ärange üppi*
ger giedten gefdlungen, bie oon einer fllberneit
©pange gufammengegalten mürben. 3hre 3«ge
waren regeimägig nnb gälten allen Slnforberungett
flafftfder ©döngeit entfproden, wenn nicht eite
Sludbrud oon Äofettede unb ^)ärte fld batin funh
 
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