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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 205-230 (1. September - 30. September 1871)
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M 214.

Jüwmimciitsprttfi 45 tfveujer in &eibel6era
bur4j bk ^Jofi 57 Äreujer öierteljaljrig.

£)iettfkg, 12. @eptemfcer.

$»3tigtn 3 fr* bie ^etitjeite, bei Sluöfunftd«
er Teilung 4 fr.

1871.

Selegtapljiföe Uladjridjten.

0erlin, 9. Sept. Ser SGBtener ©orrcfponbcnt
btt „Kreujjtg." glaubt ba«3fel unb ©rgebnfß btt
in ©afieiu gepflogenen unb in Saljburg erneuet*
ten unb befraftigten Sefpredjungen balßn formuli*
ren ju bürfen, baß Defterrefd) unb Seutfcplanb
junacbß i^rerfettö jebe Aggrejfiou oon ftd) wetfenb,
burd) ein enge« unb feße« Aneinatiberfchließen jebet
Aggreffion mit aller ©ntfehfebenbeit entgegentreten
»ollen, ©teichjeitig follte bentonßratio befunbet
»erben oon Scutfchlanb, bag e« auf ©djaltung et*
ne« intacten unb fräftigen Deßerreid) ©emiebt lege,
»ou Deßerreid), baß bet Anfdßuß an Scutfchlanb
ju grieben«jwecfen auch bet 2BUIc be« Kalfer« unb
aller leitcnben Staatsmänner fei.

iffiien, 9. Sept, Sie (offijiöfc) „ÜBten. 3*0-"
fcbrelbt: „Sie neuerliche gufammenfunft be« Kat*
fttö oon Deßerreid) mit bem Seutfhen Kaifer barf
mit SRctpt niept nur al« ein äußere« 3eid)en bet
perfonlihen greunbfhaft beiber Souücrane, fonbern
aud) alb ein für bte guten-SSejiefiungen Dcßerreidj*
Ungarn« unb Seutfhtanb« unb für bie Sntereffen
be« europaifeben grleben« gfinßige« unb bebeutungS*
»ofle« ©reigniß bejetchnet »erben. Sie wlebcrbolte
Srgcgnung bet SRonardjen unb leitenben sminifier
wirb in ber Sb«* h« gefammten treffe ©u-
topa« al« ein eoibeut frieblihc« Spmptom unb al«
tin AuSbrucf ber gtücftfdjen Ucbereinßimmung ber
gjotittf beiber 0?adibarrei(^e anfgefaßt." Saffctbe
Statt brüeft fobann feine Ueberjeugung au«, baß
bie Sölfer Deßerrelh=Ungarn« in biefem Sinne
biefe neuerliche Begegnung mit aufrichtiger ®enug-
t^uung witlfommen heilen »erben

•—ScrSanfauefdiuß ber Aationalbanf bat ben
Eintrag ber Sfrection, ben 3i««fuß um 1 p@t. ju
erhöben, angenommen.

Sern, 9. ©ept. Ser Sunbeörafh bat an*
läßlich ber offijietten 3Rftfl)eiIung oon bet (Seiten'
nung &b'etS> Sum ^eaßbenten ber IRcpublicf eine
3iote an bie franjößfdje «Regierung gerichtet, in »et*
Aer bie Hoffnung auf ben gortbeßanb ber beiber*
fettigen freunbfhaftlidjen Sejiel)iingen auSgefpvo*
eben wirb.

^ari§, 9. Sept. Ser „Agence -fjaoa«" wirb
al« juoerläfffg gemelbet, baß bie beutfdjen Dccupa*
tionötruppeu beute Sormittag mit ber fRäumung
ber oier Sari« junad)ß liegenden Separtement« be*
gönnen haben. Sie IRäumnng foll innerhalb »(er
ober fünf Sagen ooHjogen fein.

— Sa« Kriegsgericht oerurtbeilte fRoffel jum

j Sobc, nach oorjjergegangener mflitärifcber Segra*
I biruug.

ißlarfeille, 8. ©ept. Au« Algerien wirb be*
j richtet, baß ber SelagerungSjuftanb in ben ©ubbt*
j oiftonen Seilt)« unb Aurnale aufgehoben worben
ifi. ©incr 3Relbung ber „©orrefp. i)aoa«" jufolge
haben ftcl) SReliaual) uitb ber Sribu ber a3eni*2Re*
naffer unterroorfen.

SöerfaiUtä, 7. ©ept. äÖle au« Seputirtenfret*
feit oerlautet, ifl bie iRationaloerfammluug nicht
geneigt, bem prootforifeben ©teuerjufchlage, wie ihn
Shier« gefiern in ber Subgetlomtniffion oorgcfchla-
gen, ihre 3nftimmung ju geben.

gdorcnj, 9. ©ept. Sie „®ajetta b’^talia"
rnelbet au« 'Jtom oom heutigen Sage, ba§ ber (5ar-
binal Sonapavtc morgen mit einem Schreiben be«
ißapfie« an ben ftaifer vlapoleon na^ Snglanb
reifen wirb.

B. C. m mittcraatit.

9?ach beendigter |)oftafct haben in ©aljburg
bie Herren oen Si«mard unb oon Seufl bi« 3Rit-
ternad)t beifammengefeffen unb gearbeitet. Sie
grage, »a« ftc gearbeitet haben, ift nod) ungelöft,
aber @twa« SOBichtige« muh e« gewefen fein, benu
ba« Sprichwort lagt: „ein üoilet Sauch flubirt
nicht gerne." SBer beffen ungeachtet nacl) berepof*
tafel jid) ber oieljidnbigen Slrbcit htugibt, mup ba*
ju bringenbe @rünbe haben.

SRad) ben offijiöfen Slnbeutungen ber Dfcgie*

| ruugSprejfe ifl jwifthtn ben beiben Eaifcrreichen —
(barf man fagen, bem neubeutfehen unb bem alt*
beutfdjen ?) oon beut älbfchlup eine« Sünbniffc«
nicht bie fRebe. Dffijiöfe IBcrfichcrutigen biefer SSCrt
fönnen eittweber wahr fein, ober aud) nicht, bei*
be« fommt oor. 3fi in ber Spät Sille« nur |)of-
Itdjfeit unb conoentioneKe Serföhnung, wa« ftch an
bie Äaiferbegegnmtg fnupft, fo bitrfte bie nächtliche
Elrbeit ber Serrcit SRetch«minifiev cfne leichte ge-
»efen fein, ©inb aber 9lbmachungen getroffen toor*
ben, nun fo barf e« Sltemanb nninbern, baß biefe
oorerjl unb iufolange in Slbrebe geficllt »erben,
al« nicht (Sonfeguenjcn barau« gezogen werben müf*

[ fen, ba« ©cheimnif), weldjc« ba« Safeiu unb ben
| Inhalt folcher Slbmachungen öer^ülTt, ifl nicht nur
| intereffant, nein, e« ifi felbft etn biplomatifche«

: ÜRittel, um ben löerabrebungett einen befonbern
j Dperation«»erth in ber fßolitif ju oerleihen, unb
■ ba§ gitrfi I8i«marcf folc^e geheime Slbmachungen
| Hebt, haben wtr j. 53. feiner 3^Ü bei ben Stlltanj*
i oertragen ber fübbeutfehen Staaten mit fpreufett
• erfahren. @« bejweffelt fRiematib, bah bie urifer*

tigeu franjöftfchcn 3«fiänbe jebcnfall« ©egenfianb
| ber Sefprc^ung waren, aber ob ber fonftige 3n-
halt auf bte fociale grage unb bie europaifche 3n-
tentattonale ober auf bie ultramontane grage unb
bie unioerfale 3ntcrnationale be« 3efuiti«ntuö Se-
jug hat, ober ob bie europäifd)en üRachtoerbäliniffe
bie orientalifd)e grage, Oluhlattb, fßolen unb 3ta*
lien befprochen würben, ba« ju errathen ifi fcpwer.

ÜRan wirb am ftd)erftctt gehen, wenn man ftd)
| einfad) an bte realen Serhältuiffe halt. Sarnach
» fatttt für Oeftcrrcid) unb Seutfcljlanb nur ein ge-
i meinfamc« Sutevejfe ooti bttrchgreifetiber unb bo»h
| leicht ju bchanbelnber ©tdbte gebacht werben, ba«
| ifl ber griebe tn (Suropa. ®erabe bte feither grol*
j lettbe Stellung Dejierretch« gegen ben Slovbbeut*
fehen Sunb war eine ©efaljr für ben grieben, fle
ermuthigte grattfretch ju bem Ärieg oon 1870.
Sowie Defterrcid) feit 1866, aber noch in üiel
j höherem ®rabe ifi grgnfreid) feit 1871 oon IRache*

1 lufi gegen Seutfd)lanb erfüllt. ®« fam barauf an,
| ju prüfen, ob biefe betbe Staaten, auf ber Saft« ber
©emeiitiauifeü ihre« ^)affc« gegen fpreuüen einer
SllUanj fäl)ig ftttb, unb barntt gclegentlid) ©uropa
mit Krieg bebrohen werben. Dejierreid? hat biefe
grage beantwortet j mag bie @taat«form ber IRe*
pttbltf in fßart«, mag ber fonfifge bttnfle Suflanb
I oon gratifrcid), mag enblid) bie eigene Sage unb
| ihre SebenflfchEelteu beit ^)ab«burg’fd)eit Staat be-
j flimmt haben, feinen ©roll ju befd)Wtd)tfgen, ge*

! nug bie Shatfache liegt jegt oor, bajj Defieratd)

! mit granfreich leine polittfche ®emetnfd)aft mehr
| haben will.

Sah bie Abmachungen bet beiben Kaifer irgenb
| eine avgwöhntfche ^Richtung gegen Btalien ober
\ iRuhlanb enthalten, ifl nicht anjuttehmen. Ser po*
l litif^e SBertlj 3lalfen« ifi überhaupt noch nicht enb*

| giltig fefigefiellt, fein „Italia fara da se“ ifi be*

I fatintüch oon ber ®efd)ichte gerabeju mit -&oh« u.

’ ©pott begoffen worben, c« fjat Ai^t« au« ftch
i felbfi gemacht, aber Sitte« mit ^)ilfe grember, wo*
j bei freilich bte ©utifi ber Umflänbe fo groß war,
j ba§ ihm felbfi nicht einmal bie politifche 2lbl)än-

< gigfeit, welcher ber hilfsbedürftige bem Reifer
i gegenüber fonji oerfäUt, bauernb aufgejocht blieb.

| Seffen ungeachtet ifi Stalien erfi im SBerben, tobt*

| Iran! an ben ginanjeit, bebvoht oon allerlei @e*
j fahren ber ©mente, bie in Stalien weit fchwerer
| ju beftegen ifi, al« fonfi wo, Spanien unb die
| Sätrfei au«genommcn. ©« ifi baher mit Stalien
i Aicht« anjufattgen, al« fein Safeitt freunbli^ an*

I erfeitneit unb ihm eine ©tü^e ju fein, wenn
granfreich auf italfenifdjem Soben fleh entfdjabigen

c#r|i^rs-3uljimlit.

(gortfehung.)

— „Dcffnc mir Sein ^>ei^, mein liebe« Kinb!"
fprad) bie @tift«bame mit einbringlicher äRitbe.
„©« gibt ©tnbrücfe, beren wir un« mit bem beRen
2ßiHen nicht erwehren fönnen unb bie etwa« fßro*
phettfdje« haben, bie man befampfen will unb bte
tro$ aller ©egengrünbe be« -&erjen« unb fBerfian*
be« immer wieberfehren ..."

„Sn fprichfl mtr au« ber Seele, £antdjen;
ganj fo erging e« mfr mit bem EJormunb," flüfierte
33eHa unb barg ihr Köpfchen an ber SBattge ber
@ttft«bame, weld)er eine unbefchreibliche fülle Se*
friebigung ba« ^erj erweiterte. „@feh’, |)erjenö-
tant^en, wie fehr ich mir auch SRühe gebe, ben
fiegation«rath 5« üeben, weil er Sapa’« greunb
war unb e« gut mit mir meint, fo fann td) bo^
etn unwitlfürltcheS ©rauen nicht unferbrfiefen, benn
er . . . ach, ich f<häuw beinahe, e« ju fagen,
• • • er erfcheint mir fo . . . fo eigenfinnig unb
rechthaberifdj unb gewalttätig — f0 ganj unb
gar atrber«, al« mein herrlicher, fünfter, milber
ifjapa!"

~ »Senun, Su hafi t« >tic()t unrichtig heur*
teilt' Hebe Sella," oerfe^te bie @tift«bame nat
fitterfleinen Saufe. „©« etwa« SBahre« baran.
®ie ^alt |>errn o. $irf<hfelbt für egotfitfeh,

| unb fefn ©ebahrcu erfcheint wenigfien« anfpruch«-
* ooß. ©« ift al« ob er alle 2Renfd)en nur al«
! SRfttcl ju feinem 3»ecf benühe, unb barnm ge*
i »innen felbfi fetne beften Abftchten unb SBinfe im*
mer einen etwa« herben unb unabwei«barett An*
firich . .

„Ach ja, Su haß e« in bie richtigen SEBorte
gefleibet, Santdsen!" pfierte Sella mit einem lei«h-
ten Seufjer. „Unb ba ich felbfi and) etwa« unab*
hängig unb rechtljaberffch bin . .

— „Su, mein Kinb? Sa« habe Ich Wahrlich
noch nie bemerft!" wanbte bie ©tiff«bame lieb*
fofenb ein.

„Ober jurn 2Rinbeficn fehr eiferfüchtig auf
s meine greiheit," fuhr Sella fchüchtern fort, —
„unb ba wir, nämtfeh mein Sormunb unb ich, un«
tn manchen Singen nicht oerfiehen, unb ba ldj im*
mer ben törichten ©ebanfen unb Argwohn habe,
i baß er ni^t« ohne Ab ficht tuer unb ba er feit*

Iher immer taub War gegen meine Sitten, mich
nach äRauern jurüeffehren ju Taffen, unb mein Sor*
munb nun fo gar plöfsüd) anbern Sinne« gewor*

I ben ifi, fo . .

| — „Aun, mein £>erj, wa« benn?"

„So fürchte ich hat, e« fteefe auch hier eine
geheime Abftcht bahfnter, baß er, hei feinem ent*

| fchiebenen SBiberwillen gegen ba« ganblehen, un«

I felbft hieher begleitet hat," fagte Sella jögernb.

; „Unb biefe Unruhe, biefe Ungewißheit läßt mich
| noch nicht j« einem richtigen ©enuß ber Heimat
l lommen."

„Sietleicht gehfi batin etwa« ju weit, mein
iKittb!" fagte bie Stift«bame fo mflb unb maßooll
f Wie möglich. „Selbft wenn man jugebett bürfte,
j baß ber 8egation«rath nach gewiffen wohlerwogenen
j Slaiten Rändelt, unb baß er mit einer befonbern
I Abft^t hütrr getommen fet, wie fann er Sir
1 Seine greißeit hüic oerfümmern?"

„@r wirb meine fletnen greuben ßören, mich
! mit feinen ewigen Refrath«5 ©rmahnungen lang*
• weilen, unb ich will nun einmal erß mich meiner
\ hießgen greiheit rett erfreuen. SBenn er alfo
| lange Hiebe, fo fäme ich um all ba«, wornad) ich
; mich gefreut, worauf tch mich gefreut habe!"

’ ; — „©« gibt ein einfache« ÜRittel, mein Kinb!
I Sdju’ wa« Su willß unb laß ihn teben! 2öo Sein
! ©ewijfeit nicht Seinen SBiHen bef^ränft, haß Su
nnbebingte greiheit!"

„SReinßSu? Unb wenn er böfe wirb? SBenn
er mich tabelt?"

. — „Sann fonfpiriren wir gegen ihn! Sin ich

benn nicht Seine Sertraute?"

„ÜRun ja, gewiß, £antdjen! Su hiß e«. Unb
ich hoffe immer, er wirb ßd) Ißer langweilen, ba
er fo gar feine AnfnüpfungSpunfte hat 5 er wirb —
aber nicht wahr, Sanken, ich hin recht ah fehen*
 
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