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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 152-177 (1. Juli - 30. Juli 1871)
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M 159.

Jlb0iraenient«preis fl. l. 3 fr. in £eibclberfl
buxty bie $oft fl* l. 16 fr* öicrfeljä^riß*

©ottntag, 9. $uli

Reißen 3 fr* bie ^etitjeile, bei »uöfunftS'
erfljeilung 4 fr.

1871.

SJeleflrabJjifd&e 9|ac(jftdtett-

®£r „fReidbanzeiger* fdreibt:

mnHfA r^I ^at ble 8ut ßcf^I«fen. [Rhen*

icge fec^mcrjen traten zwar zeitweilig ein, bod
< geringerer ^eftigfeit. ©ab allgemeine Seftnben
sn *er* ^ flut. 1 W* berfelbe nad
-potbbam, um ber oerwittweten Königin einen 33e-
f«$ abzuflatten.

— Set Äaifcr hat bie SCbteife nad ©mb auf
morgen 2tbcnb 9 Uf)r befohlen. Sie Stbreffe erfolgt
mittelft ©rtrajugeb.

Sarmjlabt, 7. 3uH. Sie Slbgcorbnetenfammer
genehmigte mit 29 gegen 10 Stimmen bab ©efud
ber IBanf für Sübbeutfdlanb, S^oten über ben 33e-
trag oon 9,863,000 fl. aubgeben ju bürfen, unb
jwar im Soppelten beb SBetragb, um melden bab
Ülctienfapttal burd Begebung refp. SBfeberbegebung
»on Slctien ober ©injahlung auf letlen erhöbt
toorben ifl.

6‘ ^ulf. Snoerläffiger Duelle zufolge
ift bie Erhebung ber bieffeitigen ©efanbtfct>aft in
Berlin jum [Range einer SSotfdaft befdlojTen. —
Ser ungarlfde Selegationbaubfcbuh bat ben erfor*
berllcben ÜRehrbebarf bewilligt. — 3n Sur*[8rürer
Äohlenactien fanben heute mit einem Stufgelbe oon
4—7 fl. namhafte Umfä|e jiatt. Sie Subfcription
bei ber granfobanf beginnt fehr lebhaft.

iBetfailleS, 6. 3«li- (Sßerfpätet eingetroffen.)
[Rationalöerfammlung. [Beratung beb ©efefcent*
wurfb, betreffetib bie ©autionbpflldt ber ßeitun«
gen. Ser zweite Shell beb Slrtifelb 3, welcher bab
SHarimum ber Kautionen in Stabten oon 50,000
©inwohnet auf 12,000 greb. unb in Stabten mit
weniger ©inwohnern auf 6000 gr. fehlest, fowie
bie übrigen Slrtifel würben angenommen. Sab
ganje ©efep würbe hierauf mit 317 gegen 199
Stimmen genehmigt. 3n üBejug auf aUe älteren
©autionen ertlärt ber ginattjmfutfier, biefelben
Würben nad SCbtauf eineb ÜKonatb jurücferflattet
werben.

5fjari8, 6.3uli, SIbenbb. IRationatoertammlung.
Sebatte über ben Antrag 3«ubertb, betreffetib bie
Seficuerung ber Sßäfle unb Stufenthaltbfarten bet
Slublanber. Sie 3nitlatio*©ommiffion beantragt,
bie 3nbetrathtnahme beb Slntragb abjul ebnen.
Stuf bie Stabführungen beb ülntragfieUerb erflärt
Suleb gaore, btefelben hätten eine fehr ernfle 33e*
beutung unb befunbeten einen hochft adtungbwer*
then ^atriotibmub, man bürfe inbeh biefem ®e-
fühle nidt 9Borte leihen, bie nict>t gutjumachenbe
Unjuträglichfeiten ^ctbeifu^ren fönnten. Sie SEBie«

beretnführung ber [ßäffe fei eine 5Rotl)Wenbigfeit ge*
wefen, aber bie [Regierung fei beflrebt, fo oiel alb
möglich bie £ärte biefer SRahregel ju miibern, um
ben SSerfehr in granlreid wieber jtt erletdtern.
Sulcb gaore bejeichnet ben Slntrag Saubert’b alb
nu^lob unb fagt, berfelbe anbere nidtb an feiner
Snopportunität burd bie 9lrt, in wclder er unter«
ftü£t worben. Säubert habe eine Strt oon patrio*
tifejjem Kreuzzug gegen Seutfcl)lanb oorgefdlagen.
©r (iRebner) fei peinlich baoon überrafdjt in einem
SRoment, wo einSheil unfereb , ©ebieteb unter bem
Stoche ber grembeit feufje unb fo oiele Seiben ju
erbulben habe. 3« febem SlugenblicE tönnten ©on«
flifte anbbrechen unb nur ju häufig brädett folde
in ber Shat anb, ttofc ber Slnfirengnngen ber [Re*
gierung. Untere [ßflfdt ifi eb, Streitigfeiten ju
oerhtnbern. Ser SRinifiet bebauert baljer bie oon
Säubert gefprochenen SOBorte, weide fo unangenehme
golgen haben fönnten. SRatt müffe nicht burd) un-
jeitgemähe Slufreijungen ben fdjredlidjen ^rieg,
weiden bie Siplomatie beenbigt, fortfe^cn. ©b fei
nothwenbig, baf? man wiffe, ba^ wir ben grieben
refpectirt feiert wollten. SBenn wir aber oerlangen,
bah bie Dffupatioabtruppen Sibctplin beobadten,
fo {fl eb anbererfeitb erforberlid, bah mir ihnen
jeben SSorwanb ju nnerträglid)en SSebrücfungen
nehmen.

— Sefranc, ber flrbeftenminifier, empfing ge*
fiern bie Scputation einer amerifanifdeu ©efell*
fchaft, bie ben 58orfd)tag madt, 15,000 URftgliebcr
ber ©ommune auf ihre Sofien nach ben bereinig*
ten Staaten tranbportiren ju laffen, um in ben 93erg*
werfen ber wefilichen Staaten ju arbeiten. Ser
SDUnlfier oerfprach, bie @mhe ju prüfen unb bie
©ntfeheibung ber [Regierung mitgut^eilen.

— 7. Suü. Sab „Sourn. off." oeröffentlicht
golgenbeb: Sie enbgültigen ©rgebniffe ber ©ub-
feribtion auf bie neue Slnleihe oem 27. Sunt finb
jur Äcnntnih ber SBerwaltung gelangt, weide bie
(Sinjelhciten betannt geben wirb, fobalb fte Claffift*
cirt Worben. ^ Ser Jebem Unteräeidner äuertheüte
Slntheil beträgt 45 pSt. ber gejeidneten [Rente,
©ine fpätere, bemnädfl erfdeinenbe ßunbmachung
wirb bab Saturn mittheilcn, an weldem beraub«
taufch ber ©ertificate gegen bte prootforif^en [Res
cepiffeb beginnt.

— SerSReft oon einer halben SRifltarbe würbe
befahlt. Ser beutfde ©cfanbte, ©raf SBalberfee,
beglüdwünfdte S- Saore wegen feiner [Rebe unb
beren ©rfolg in ber üRationalocrfammlung. — 33ou*
logne unb Slmienb würben in Selagerungbjuflanb
erflärt, infolge beb SRorbeb eineb Ißrcuhcn; bte

[IRörber blieben unenbeeft. Sie neue Slnleihe 87,60.

SJiarfciÖe, 6. Suli- ©eneral Satlemanb melbet
bie Unterwerfung jahlretder Äabplenfiämme. Sret
Snfurgentenführer haben fld auf Sibcretion et*
geben. Sdaif ^)abbab hat brieflich feine Unter*
werfung angeboteu.

gonbon, 6. Suli. Ser Äronprüt* unb bie
Ärouprinsefftn oon [ßrcufjen ttebfi brei Äinbern
(ben [ßrlngcn Heinrich unb SGBfX^elm unb ber [ßrin*
jeffin Sophie) finb nad) glüdlider Ueberfahrt heute
Slbenb 6 Uhr hier eingetroffen.

iRom, 4. Snli. Sie SRunicipalität gab ben
Seputaiionen beb Senatb unb ber Seputirtenfam*
mer, ben URiniüern unb ben SSürgerraeiftern ber
Stäbte ein gefimahl. SBibconti ißenofia erwieberte
ben Soafi beb gürfien [ßatlaoicini, banftc bem rö*
mifdett Solfe im [Rarnen ber [Regierung unb for*
berte bie Slnwefenben auf, bem Slnbenfen ©aoour’b
eine ^utbignng barjubringtn. @r bemerfte babei,
bie Haltung ber [Römer währenb ber Slnwefenheit
beb Äönigb SBfctor ©mannet fei eine [Rechtfertigung
gewefen für bab Programm, wonach [Rom bie $anpt*
fiabt oon Stallen fein foHe. Sie beweife, bah bie
[Regierung beb 2anbeb in einer ber Spnaftie grfinb*
lieh ergebenen Stabt aufgeridtet worben fei. SRan
begreife, bah fei« Sauerijaftigfeit ber SnRitutionen
bte SSebingung jebeb politifden gortfdritteb unb
bah biegreiheit nur möglid ifi mit Drbnung unb
Sldtung für bie religtöfen ©efühte. Sie [Rebe
warb mit einftimmigem Seifafle aufgenommen.

Sudjarefl, 6. 3uli. Sie ©ommijfion für bie
SSorlage, betreffetib bie ©ifenbaljnfrage, hat bte
lubgletdungboereinbarung jwifchen ber rumänifden
Öiegierung unb ben ©oncejfionären ber rumänifden
©ifenbahnen mit fcd)b Stimmen gegen eine ange*
nommen.

ftonfiantinopcl, 5. Snli- SDlehemet [Rufdbt
[ßafda würbe jnm 3«fifjminifier unb ©bhem [ßa*
fda gum ÜRinifter ber öffentlichen Stvbeiten ernannt.

B. C. (gilt mittet eut'opäiftfjeü gfriebenü«
»oUwerf.

3m Sejember o. 3., ju jener 3«it, alb bie in
SßerfaiKeb gefdjloffenen Sßerfaffungboerträge ben oer*
fdiebenen beutfden SBolfboertretungen jur Serathung
oorlagen, erfolgte jwifden ben Kabinetten oon [ffiien
unb Berlin ein Sepefdenwedfel, in weldem bte

[Regierung ber öfierrcidifd = mißartfden 3)jonavdie

für bie neue ©eftaltung Seutfdlanbb ihre ooEle
©pmpathie aubbrüdte. SCBir haben bamalb nidt
oerfäumt, unfere gro§e unb aufrichtige greube über
bteb ©reignih an ben Sag ju legen. Surften wir

ystm,

JfridenfckftMu

(Sortfefeung).

^)eKeb ©locfengeläut tönte über bie SBeUen
hin unb bte weihen Sampfwolfen wirbelten ju
PhantaRifden giguren geformt burd bie fonnige
heitere 8uft, gletdfam, alb wollten fte ben ßurüd*
bletbenben, bie lebten ©rühe ber 3lbreifenben oer*
J«tiben genfier unb ging in bie

3Bo|nfiupe ^urücf/

mfr.* etfbet «nb wenig anmutljenb erfdien ihm hl«
mit finnig ^hlen ber weiblidcn ^>anb, bie fonji
ff t 9lm ®etflänbnih ln hin fauberen [Räumen
. <>•(.' Üd bereitb bcmerlbar. [Rodßanb

er eä 0cflern Slbenb oertaf*
fen unb ®othatige ber genfter waren h«abge-

hi9'1» unb 9Ic^ barauf trat eine
altlide ^auc hie aufwärterin, mit bem grühfiüd
in hab öfntnter. ©dweigenb fe^te jie eb auf ben
Sifd nnh woüte fld eben entfernen, alb SBerner
fid mit ber ö*°8e “n ffe toanbte, ob „feine @at-
tin" bereitb abgereibt fei?

„58or einer fluten Stunbe!« lautete bie 2lnt-
toort ber Stlten, »hie fln^hfge grau war fehr freunb*
Hd, alb fle oon unb Slbfdieb nahm. @ie läht
hen £errn SBerner oielmalb flrühen.«

„3d banfeShnen," faßte er unb ging in hal-
her Seefitenung an hen Sifd/ um hd eine Saffe

Kafe cin^ufdenfen, währenb bie Slufwärtcrin Rill
bab ßimmer oerlief, jebod nidt, ohne einen oer*
ftohlenen 33Hd auf ihn juruefjuwerfen. UBährenb
er tranf, fdüttelfe er mehrmalb finneitb ben Kopf,
©b fiel ihm auf, bah hie Sitte gefagt hatte, Slnna
liehe hen -£)errn SBerner, nidt ©emahl grüfjen.

Ser Kaffee wollte ihm nidt fdmeden unb un-
mpthtg fe^tc er bie Saffe ab, fu|r gleid barauf
in bie Stiefeln, jog hafiig ben Ueberjieher an, warf
ben £ut auf ben Kopf unb fdidte fid an, bie
SBohnung ju oerlaffen, um einen Spaziergang am
Straube entlang &u maden.

[Beim |)inunterfieigen ber Sreppe fahte er bei*
nahe medanifd nad her Seitentafde feineb [Rof*
feb, wie um ftd Z« überzeugen, ob fein Safden*
bud, weldeb fein gefammteb SBermögen enthielt,
nod oorhanben fei. ©r hatte bab ©elb anfangb
tm Sdteibfefretär aufbewahrt, eb bort aber wegen
beb befecten Sdloffeb nidt für ftder genug gehal*
ten unb eb befdalb in ber lebten Seit bei ftd ge*
tragen, nur fo lange, bib bie [Reparatur beb Sdlof*
feb beenbet fein würbe; aber mit bem Slubbrucf beb
wilbefien ©ntfebenb in ben tcbebbleiden Sögen
blieb er plö^lid wie in bie ©rbe gewuselt flehen.
Sab Safdenbud wft feinem werthootlen 3nhnlte
War oerfdwunben.

[Rathlob jianb er eine SEBetle wie in üölliger
SKbtoefenheit jebeb ©ebanfenb. Sann flürmte er

bie Sreppe wieber hinauf, crfdlofj in fieberhafter
$afi bie Sfjür feiner 3Bohnung unb begann, jeben
SBinfel auf bab Sorgfältfgfie zu burdfuden. ®er*
geblich aber war all’ fein HRüben. Keine Spur
Zeigte fid Oon ben oertorenen SBerfhpapferen. ©r
burdflöberte aud bab Sdlafgemad, warf, ohne
redt Zu toiffen, wgb er tijat, bie Setten auf ben
guhbobett, fah tn jeber Sdublabe, in jebem Sdränf»
den nad, burdfudte immer wieber oon [Reuem
fämmtlide Safden feiner Kleiber unb muhte fid
bod gule^t bte bittere SBahrheit eingefiehen, bah
bab Safdenbud fpurlob oerfdwunben war.

©r trat in bab zweite an bab Sffiohnzimmer
jiohenbe |)tnterfiübden, babfelbe, tu weldem bie
©attin ftd bibijer aufgehalten hatte. |){er bot ftch
bem 3luge in jeber [Beziehung bie wohlthuenbjie
Drbnung bar. ©b fdien ihm, alb fei Slnna mit
peinli^er ©ewiffenhafitgteit bemüht gewefen, Sllleb
fo zu flellen unb zu fäubern, bah Seber, ber nad
ihr bab Sfutmer betrat, einen günftigen ©inbruef
empfange. 3« ber SRitte beb Heine« ©emadeb
blieb er flehen unb troefnete hd hen Sdweih oott
ber Stirn, mit ©ewalt feine Aufregung nieberfäm*
pfenb, um ruhiger überlegen zu fbuuen. Sollte er
bab Safdenbud oerloren haben? Slber wo War er
benn nur gejlern Slbenb gewefen? 3Rldteinen Sdritt
aub bem |)aufe fyatte er getljan unb ber SRoÄ, bef*
fen Seitentafde hie widtiflen Rapiere barg, hatte
 
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