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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 231-256 (1. Oktober - 30. Oktober 1871)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25214#0953

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235.

SUwntttttKntsprita 45 ÄvcujeV fit -^etbelöerft
burdj bie spoft 57 Äreujcr ötertelj,äf)riß.

gmtag, 6. Öfterer.

$n3tigttt 3 fr. bie ^Jetttjeile, bei 2(uöfunft$*
erfljeilung 4 fr.

1871.

$eleßra$>I?tf<öe SUacfjtidjtett.

2)armftobt, 3. Oft. Sie Seleg{rten»erfamnt-
Jung beb fünften beutfcßeti 5J3roreftantentagö befd)loß
eine [Resolution, betreßenb baS Sogma ber Unfcßl-
barfeft, reelle befagt, baß, infofern baS Sogma
baju bienen foll, im Sinne bei- 3efuifen a) bie
@ou»eränetät beb mobernen Staateö überhaupt
unb beb beutfd)ett [Reiches, fotoie ber beutjcßen
Staaten inbbefottbere anjugreifenj b) ben confef-
ftoneüen grieben in Seutfcßlanb ju geführbenj c)
bie ©etßeb* unb Oenatffenefreitfeit unb unfere ganje
©uttur ju bebroben : bie beutfcßen 'fkoteßanten unb
baS ganje beutfcße Solf »eranlaßt unb oerpftidftet
ßttb, blefer SSebrotfnng beb Staates, beb gdebenb
unb beb mobernen ©eißeblebenS entfcßiebcn entge*
genjutreten unb auf Sefeitigung biefer ernßen ®e*
fahren cntfcJftoffen unb forgiant ^ingnwtrfen. Sie
Sßerfammtung befetflog ferner eine [Refolutiou be-
jügtieß beb Sefuitcnorbenb, welche baßin lautet:
Sie Sicherheit ber fRecßtborbnung unb ber 9luto«
rität ber ©efeße unb ber Staatsgewalt, bie 5öol)l-
fafjrt ber bürgerlichen ©efelljcbaft, bie SBaßrung
beb cettfeßioneüett griebenb unb ber Sd)ut) ber
©etßebfreiheit unb ©eifiebcultur erfotbern bab
ßaatlicße Verbot beb Sefuitenorbenb in Seutfcb*
lanb. Ser ßkoteßantenöereiti betrahtet eb alb
eine ernfie ß$ßi<ht ber beutfcßen ßkoteßanten unb
ber ganzen beutfcßen Station, mit aller Äraft ba-
ßin tu wirten, baß jebc Sffiirffamfeit in Sctjule
unb '^ireße ben Angehörigen unb Afßlifrten beb
kefuitenorbenb »erfeßtoßen werbe.

— 4. Oft. Sie Sßerßanblungen beb ßkote*
ßantetitagb würben heute ÜRorgen in ber Stabt-
firche eröffnet, ßur Seratßung gelangten junäcßß
bie beibett »on ber gefirigen Selegirtenocrfammluttg
befcßloßenen (telegraphifcb oben mftgetbeilten) 3fefo-
lutionen, betreßenb bab Unfeßlbarfeitbbogma unb ben
3efuitenorben. Sluntfcßli begrünbete bie 3Hefolutio-
nen, entwicfclte bie ©efcßidjte beb Sefuitenorbenb
feine heutige Drganifatton unb äBirffaiufeit, unb
wanbte ftd) juteßt gegen bie [Behauptung, bie 3«3
fuiten ßünben unter betn Schüße beb SBereinbge*
fefceb. 3ebeb [Reißt, bab ber ©tnjetne für ftd) in
Stnfprucß nelfrne, fei bebingt burd) bie allgemeine
[RecßtSorbnutig, unb fo wenig ein SHa»enjüd)fer
ßtf) auf bte petfonlicße Freiheit berufen tonne,
bürfe ber Sefuitenorben ßd) auf bab 93ereinSgefe($
berufen. [Rebner »erlangt auf ©runb ber Sun»
beboerfaßung bab SSerbot beb kefuitenorbenb.

«crlin, 4. Oft. Ser „lßro»tnjfat=©orrefhon-
benj" zufolge wirb bie ßieicßetagbfeßioti, bereu

Sauer nid)t feßr aubgebeönt fein föntte, etwa in 10p©t. ju ben gal)rbtlleten auf ©tfenbaßnen, of*
ber 3Ritte beb laufcnbcti ÜRonatb eröffnet werben, fentltcßen guhrwerfen, Schiffen tc. erhoben.

Sie wicbtigße fßorlage wirb ber [ReicßSbauShaltS* j — 4. Oft. 3« einem »on geßern batirten
etat bilben, wobei ber [Reichstag jum erften 2Rale Schreiben erffärt ©ambetta anläßlich eincb Arti*
über bie Ausgaben für bab [Reidtbßeer ju bffd)lic= \ telb ber „©onflitution", welcher ihn alb ßkaten*
ßen hat. Sollte bie [ReicbSregierung bem [Reichs* j benten ber Semofratie für ben galt beb Sturjeb
tage noch feine oollftänbige genaue Aufftctlung beb Sßier’S bejeießnete, baß tb allerbingb nötßfg fei,
©tats für bab 9teichSl)ecr »orlegen tonnen, fo | bie Semofratie ju einem Shetle ber 3iegierungS-
würbe hoch bie ^efifiellung ber ©efammthöhe ber i gemalt ju machen, baß er aber ben äuSbrud
nächßjährigen Ausgaben für bab ^cer gu erfolgen j „IfSrätenbent ber Semofratie" jimidweife, ba bie-
haben. 3>t erwarten feien noch ®orlagen über | fer Slübbrucf an monarchifche fßrätenbenten erin-
©ehältererhöhung, bie Stellung unb bie fßenftonb* ! nere. 3m bemoiratif^en Staate fcmne eb nur iöür«
»erhältniffe ber fRetchbbeamten, bie SRünjreform,
bie ©rrichtung eincb fReichbfvtegbfchaheb. — Sie
®orlagen, betreffenb bie SReform auf bem ©ebiete
ber ^Rechtspflege, fowic ein 9fei^bpreßgefe§ bürften
erfi in ber nächßcn grühiahrbßhung ä111 ®erathung
gelangen. 3» ^Betreff ber 3Rünjreform erflärt bie
„^rooingial^Sorrefponben^" bie Slubpragung »on
©olbßüctcn ju 30, 20 unb 15 SRarf, gleich 10
&hlr., 62/s Shlr. unb 5 Sljlr., für wahrfcheinlid). :

URünthcn, 4. Dft. Surd) bab heute publicirte
©rfennfniß beb ©eneralaubitoriatb würbe bie fRibh;
tigfeitbbef^werbe beb (wegen geighdi jum Sobe
»erurtheilten) UnterlieutcnantS geeiherrn ». 3Bal-
bettfelb »erworfen.

— Sab „Sübb. ©orrefp.*93ttreau" melbet: f folge wirb bie franjößfeße üiegierutig ben |)an<
3u»erläffigen äRittheilungcn jufolgc beträgt bie jur j belboertrag mit ©»glaub nachßen gebruar formell
Slufbeßevung ber materiellen Sage ber @chulleh= \ fünbigen.

rer ©eitenb ber [Regierung geforberte Summe ! »topenhagen, 3. Oft. Sab bem [Reichstage »or-

gcr geben, welche ju Staatbbienßen berufen wer-
bta, niemalb aber fjMtenbenten.

— Sab „Sournal ofßjfel" »eroffentlicht einen
Seridjt beb interimißifchen üriegSmtntfierb, 2lb-
mtralb f]3othuan, in welchem berfclbc »orfd)lägt,
ben SRarfchall SBaragnt) b’|)illierb jum [Jlräftben*
teil, bie ©eneräle ©haron/ Shirt), 2lurelleb unb
Slutemarre- ju SRitglicbern beb UnterfuchungSratljeS
ju ernennen, »or weldjem bie ©eneräle, Dfßjiere
unb fonftigen fPerfönlichfeiten, welche eine ©apitus
latlon unterjeidhnet hüben, erfcheinen foOeti Ser
IBeridit t|l »on bem Ißräfibenten ber [Repitblff ge-
iiehmigt unb gejeichnet.

ßanlum, 4. Ott. Sem „Sailt) Selegraph" ju«

1,200,000 fl.

ÜBint, 4. Oft., Sßorm. (SScrfßatet eingetroffen),
©tner SRelbung ber „fReuen freien treffe" jufolge
befchloß auf Slntrag beb ginanjminißerb ber 9Rk
nifierrath, ber ©rebitanßalt ber Stnglobanf, ber
[Bobencrebitaiiftalt unb ber ©Scompte*2lnfialt bib
12 aRiCHonen ©ulben jur Verfügung ju fieCten.
3Ran halt eb für bereits eutfd)ieben, baß bie 9ia»
tionalbanf IRoten gegen
aubgeben werbe.

Sie IRatioitaibanf befchloß »olle Silberbe-
leßnung ober ©olbbcleßnung nur jum »ierien Sßetl
beb aBertheb.

aSerfaiHcS, 4. Oft. Sie müitartfche [Re»iftonb-
fommiffion hat herben Sabel über bie im beut-
fd)en Ärieg gefangene Ofßjiere aller SBaffetigak
tungen ohne älubnahme auSgcfprochen, welche,

gelegte JBubget für 1872—73 weiß ein Seßcit
»on ca. 2 UliUionen Sl)lr. bau. aus. Sa ftd) im
»origen Sahre ein Uebcrfchuß »on 600,000 Shlr.
ergeben t)atte, fo iß noch f*er Stlmg »on 1,400,000
Sh.lr. ju beefen, ju welchem 93el)ufe burd) jwei
! 3uhre eine ©tnfommenßeuer »on 372 p@t. erho-
‘ ben werben foll.

©tmfljolm, 3. Oft. Sab gefammteSRinißerium
cingeliefcrteb ©belmetaß hat in golge ber Qlewerfmtg ber 5RcgierungSoor-
Mage, betreffenb bab 3nbe!taft)ßem, burh biejweite

Kammer feine ©ntlaffung begehrt, weil eb’nid)t
im Staube fei, bte SBettheibfgungbfrage ju efnet
glüdiidjen Söfung ju führen. Ser Äöiifg hat ben
geforberten Slbfdßcb bewilligt unb fofort bie jur
SBübung eineb neuen ©abtnetb erforderlichen SBor-
feßrungen getroffen.

IsRabriii, 3. Oft. 3» ks* ^eutiflen ©orteSfth-

troh einer ©erpflichtung auf ©hrcnwort, geßühtet f ung würbe Sagafta in jweiter Slbßimmuug mit
ftnb. • 123 Stimmen jum 5J3rdftbcnfen ber ©orteb ges

fPartb, 3. Oft. Seit 1. Oftober werben in j wählt- Oer [Regierungbcanbtbat [Rioero erhielt 113
$artb »on jebem SStßarb fahrltch 60 gr. Steuer ) Stimmen. Ser ÜRintßcrpraftbent erflärte, bab ÜRi-
unb »om 15. Oftober ab wirb ein 3uf<hlag »on : nißertum würbe feine ©ntlajfung geben. Sec ©or»

4ör)l(rfi-ialjimM.

(gortfefeung.)

„fierr Sieutenant!" fagte ^aß rul)ig, unb hatte
bie^anb aufgefangen, welche ihn mit einer äRaul-
fdjellc hatte »crffl)en wollen. „SBollen Sie mich
jwingen, hier ju »ergeffen, »or wem wir fielen?
SBollett Sie mir fo fommen, bann fetjen Sie ftd)
»or, fo fcbleubere id? an bie 2Banb, baß Sie
benÄcpf jerfdjcllen!" unb er paefte ben Sieutenant
beim Saubgelenfe, baß er ftch frümmte. — „[Rein,
feien Sie rubig, gnabigeb graulein! ich i»erbe mich
ntdd »ergeffen! 3<h »'H nur bem £errn hier be-
merflid) machen, baß er ftch in ber Stbrcffc geirrt
hat!'

„ÜBerißman?" hcrrfcfjte ber Sieutenant wuth-
bebenb.

„©in SRann, ber ßubirt hat unb unter gehil-
beten 5Renfd)en aufmudiS . . ."

„Um hernach gorßlaufer ju werben?"

„URan fann bem ©emeinwefen alb gorßlaufer
unb ©llbhüter »ielleicht ebenfo gut bienen, wie
alb Sieutenant," »erfc^te £>aß mit einer mattnhaf-
ten [Ruhe, welche bie angßbebenbe SSeüa etwab bt-
fd)wid)tigte. „Uebrigenb bin id) goßpraftifant, habe
meine Prüfungen gemacht unb hin niemals relegirt
Worben, wab id) ju bemerfen bitte, — Wie ich benn

1 in Jeber anberen |)tnßd)t, ju feber attbern 3eit unb
j an Jebem anfcernOrt prioatim ju Siettßen ßetje!"

„©nabigeb grauletn, ich bebaure fcl)r — aber
| man fcheint hier ju »ergeffen, wab man 3hren
■ ©äßen fcbulbig ift! wanbte ftd) ©bwin gefränft
l an SeHa.

— „[IRan fcheint auch anbrerfettb nicht ju beach-
f ten, wab matt ben Seuten fd)ttlbig iß, bie in ntei-
nen Sienßett ßehen!" oerfc^te [Bella mft bleichen
Sippen unb unwilligem Slicf. „|)err |)aß, glau-
ben Sie, baß wir ben Heimweg antreten fönnen ?
©b regnet mittber ßarf!"

„5Bir werben heimgehen müffen, gnäbigeb grau-
\ lein, benn wir fonnen bab ©nbe biefeb [Regenb nicht
: hier abwarten — ich bin parat!" fagte er, hing
[Rucffacf unb 33üdife um unb hüllte ftch in einen
anbertt »on ben alten Säcfen. „Saffen wir bie
ÜRappe hier, gnäbigeb gräulein j ich »erbe ße mor-
gen auf’b Shloß fdjicfen!"

SBeHa unb ^)aß gingen »oran; ©bwin unb ßa-

\ fpar folgten in einiger ©tttfernung. Sann rannte
ber Sieutenant »or unb wollte SSella feinen Slrta
anbieten, ben ße Jeboh banfenb ablehnte. Sin f<hlüpf-
rtgen Stellen reichte fte £)aß bie |)aiib, unb alb
man brunten ein 2Balbt!)al poßiren mußte, wo ber
Sad) ausgetreten war unb hoch über bie Srtttßelne
her ßuthete unb feine ÜRoglichfeit jeigte, ße über*
fefcen ju laßen, ohne fnietief in bie lehmige rct-

ßenbe gluth ju waten, fagte ber görßerS=2lttbJunft
i mit hößiehem Sette:

„fRichtb für ungut, gnäbigeb gräulein, aber hier
bleibt nichts Slnbereb übrig, alb baß Sie ßd) be*
quemen, SBirgfnic ju fpielen unb ftd) »on mir hfnü-
ber tragen ju laßen. Slttf eine halbe Stunbc auf
ober ab führt feine gurt über ben Sad)!"

w3n’b Rimmels [Ramen bettn! ßüßerte ße er*
glühettb, unb 50g bie näßen Sdjöße ihrer [Robe
an ftch- „3$ muß eb febon gefebehen laßen, baß
Sie SBerpßichtung auf SBerpßichtung auf mich
häufen!"

£)aß hatte feine SSficbfe an einen gelb gelehnt
unb bie jierliche Heute ©eßalt mit größtem 3art*
gefüljl auf ben linfen 2lrm gehoben, baß tßr win*
jig Heiner fcbmaler guß in ben bureßnäßten SoU
tinen nod) über bem Sffiaßer feßwebte. Sann er-
griff er mit ber [Rechten in bie nad)ßen ©rlcnjweige
unb trug 23efla fteßer unb troefen hinüber, tebt-te
jurüd, um fein ©ewebr ju ßolnt, unb fatn wieber.

Seda war mit ben betben ^juitben »orange*
gangen unb müßfam ben fcßlüfrigen Rkab an ber
Söfdiung ßtitaufgeßiegen. Sie war »erlegen unb
murmelte einige 2Borte beb SattfeS, alb SaR ße
einßolte. Sllb ße über ben nädßten ^)ügcl hinüber
gefommen waren unb bem SBalbiaume ßcb näßer*
ten, faßen fte bruntett auf bem gelbroege älbrecßt
mit einer gefcßloßenen Srofcßfe ßeranfaßren. £aft
 
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