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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 257-282 (1. November - 30. November 1871)
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§efoelberger Journal

jyg 262 Jlhnnwwnrt^tri* tsÄrcujtr in hrtfctl&tt«

P°f> 57 Ärcujfr vierteljährig.

©ienfiag, 7. Dfayetträer.

JUjdgf« 3 fr. bie ^etitjeile, frei *u$fonft$*
erttyeilung 4 fr.

1871.

SelegrapljiMe dladjricfjtctt.

Berlin, 4. Slooember. SRcicßStag. ©rder
©cgtnftanb btt SageSorbnung ifl bie 3nterJ>eOation
3aco bi, betreffenb bie Herbeiführung berSleicßS*
gefeßgebung über baS BerficßerungSweftn. 2)et*
brütf erflärt: Ser Slntrag auf ©rlafi eines Ber*
ficßerungSgcfcßeS würbe juerd oon Äoburg = ©otßa
gefledt, welchem ber Bunbeoratß betßlmmte. 3U-
näcßd war notßwenbig oon ben ©injelftaaten SRit*
Heilungen über ihre BerjtcßtrungSgefeßgebung ein*
juforbern, befonbtrS ^inPe^tflc^ beS BedeueruttgS*
totfeuS unb fiaatlicber Jtontrole. ©Icicßjtitig wur*
ben SRittßeilungen über baS engltfcßc unb amcri*
fanffcße BerftcßeruugSwefen eingcforbert. Der Ärfeg
unterbrach bie arbeiten. Sladj bem griebenSfcßluß
Würben bie arbeiten mit einem bureß bie fübbeutfcße
BetficßerungSgefeßgeßung bewährten Material wie*
bet aufgenommen, welcbt fcßneflmöglicbd bcenbct
Werben foden. — @S folgt bie jmcite Beratßung
beS ©efrßentwurfS, betr. ben SlcicßS-ÄriegS*
fcßaß. §1 würbe nach ber Siebe BiSmarfS un*
ter ableßnung beS amenbrmrntS |)ooerbecf, oor*
bcbaltenb bie SteicßStagSjudimmung jur Berwen*
bung angenommen.

— 3ur Srgänjung beS oon ber ©ommijfion
getriebenen §. 2 beantragt Bobelfcbwingß einju*
fdjalten: Sie (Srgänjung beS SfeicßSfdegSfcbaßeS
erfolge erjlen« bureb Sufüßrung ber au« anberen
BejugSqueflett jlirßenbeii SleicßSeinnaßmen, als im
5Rcid)SßauSßaltetat aufgefüb« ftnb; jweitenS, im
übrigen nacb ber barüber burd) ben SleicßSßauS*
ßaltSetat ju treffenben Bcdlntmung. ©rumbreeßt
beantragt, im amenbement Bobelfcbwingß atinca
1 ju fireidjen. Sinanjminifter ©ampßaufen tm-
ßfießlt bie annabme beS amenbementS Bobelfcbwingß
Unb ertlart flct> gegen benantrag Orumbrecbt, ber
feine ptnügenbe ©arantte für bie SJefiänbigfeit be«
SteicßSfcßaßeS bitte, ohne »eiche bie Siegierung nicht
in ber Sage wäre, bie aufbebung beS preußfidsen
©taatSfcßaßeS jujugeben. Slad) längerer Debatte
wirb §. 2 nacb bem amenoement Bobelfcbwingß
mit großer SRajorität angenommen; bagegen bie
SortfchritlSpattri unb einjtlne Slational-gibcrale,
u. a. gaSfcr unb Braun. §. 3 wirb nacb ber
Borlage angenommen. Släcßde ©ißung SRontag.

— Sie „©orrefponbance be Berlin" confta*
tirt in ©rroiberung auf bieSbejüglicße Beßauptun*
gen beS „3ournalS beS S6bats“, baß ju Biarrtj)
jwifeßen bem Sürfien BiSmarcf unb SRapolcon oon
Bolttif überhaupt nid}t bie Siebe gewefen fei.

B. C. Berechtigung jum ©iniährtge» grei*
wiütgettbieuft im ©üben-

SaS ©pflnn beS einjährigen gretwidigenbtendeS
wirb auch im ©üben etnen großen ©influß auf bie
BllbungSoeTßältnijfe gewtjfer Ärtife immer mehr
gewinnen. Sie anforberungen an bie Jungen Stute,
bie fid) einer Prüfung behufs ©rlangung ber Qua*
liftcation jum einjährigen Siend unterjiehen, wer*
ben oon ©emefier ju ©emefier ßößer flcfiellt. Slicßt
gering iji bie ßaßl btrtr, bie auS einer folcßcn
Prüfung nießt ftegreieß ßcröorgingen unb jurnoeß*
maligen aufnaßme ber BorbereitungSfiubien ge*
jwungen fein werben, um baS ©ramen noeß ein*
mal ju oerfuebtn. SDie 2?olge, baß bie hößertn
BilbungSanflalten meßr befuebt werben, fann nießt
auSbleiben, wer eS nur trgenb burebfüßren fann,
wirb feint ©Bßne wenigftenS fo lange eine höhere
BilbungSanJialt befugen laffen, bis ißm biefelbe
baS 3fU0uiß ber Qualification für ben einjährigen
Qienft ertßeilt. 2)rr fegenSreicße ©influß auf bie
ganjen SBtlbungSoerhältniffe fann nießt auSbleiben.
3cbcnfadS ßat eS aud) meßr SBertß, eine ßößere
©cßute burdhjumadjen unb fteß eine ßarmonifeße
Bilbung anjucignen, als mit oieltm ©eßweiße fieß
forcirt für eine grtiwidigtnprüfung einpauefen ju
laffen.

©egenwärtig ifl man im Begriffe eine Siegelung
ber grage, welche anjlalten im ©üben berechtigt
ftnb, QualificationSjcugniffe auSflellen ju fönnen,
conform mit ben SicicbSeinrfcßtungen ßerjufleden.

3)ie anerfennung unb Slajfiftcirung ber einjel*
ntn Seßranflalten, welcßtn bie Bcfugniß jufleßen
fofl, für ben einjährigen grfiwiHigenbtenft bereeßti*
genbe wiffenfeßaftlidje BcfäßigungSjeugniffe auSju*
fiedcit, erfolgt btfanntlicß bureß ben SteicßSfanjlcr.
©eit 1869 fteßt ißm eine BunbeSfcßulcommtfffon
jur ©eite, bejügtidh beren ©eweiterung für ©üb*
bcutfcßlanb ©cßrttte gefeßeßen. ©S ßat mit ben
betßeilfgten fübbeutfeßen Slegierungen, her württem*
bergifeßen unb ber babifeßen, bereits eine einleitcnbe
©oramunication Statt gefunben, um etwaige, für
bte erforberlicße Siegelung in Bctracßtfju jießenbe
SBünfcße fettnen ju lernen. SMe württembergifeße
Siegierung ßat fteß babei barauf befeßränft, ißrt
anfeeßt über bie ©laffificirung ber einzelnen würt*
tembergifdten Scßranftalten mitjutßeilen, ßat fuß
bagegen im Uebrigen ißre ©cflärungen oorbeßalten.

9öfe babifeße Siegierung id in tßrer ©rwiebe*
rung aud) auf bie grage ber ©rgänjung ber 8un-
beS-@cßulcommiffion eingegangen unb ßat eS als
empfeßlfnSwertß bejeießnet, bie 3°bl ber ÜJiitglie*

ber berftlben oon brei auf fünf ju erßoßen unb
bie ©tnennung ber jwei ßinjutretenben SRitglieber
ben Slegierungen oon SBüttemberg unb Baben 3U
überlafjcn. 3)er BunbeSratß wirb bemnädjfl in
biefer ©aeße Befcßluß fajfen.

SebcnfadS ifl bie otganifeße ©infügung ber
fübbeutfcßtn Scßranfiatten in ben ftreiS berjenigen,
bie im Slei^e in ber obigen art anerfannt ftnb,
notßwenbig.

35eutf erlaub.

flarlSrußt, 4. Sloo. 3)cr ßeute erfeßfenene
©taatSanjciger Sir. 46 entßält (außer Berfonal*
nacßriditen):

I. öerfügungen unb Befanntmacßun«
gen ber ©taatSbeßorben. 1) Befanntma*
djungen beS SRinifl eriumS beS ©roßß.
Kaufes, ber3ufiijunb beS auswärtig en.
a. 3Me aettberung beS gamilitnnamenS ber ©mma
3oftpßina DecßSner oon Äeßt in „©teiner" be*
treffenb. b. 3)ie Bitte ber Äinber ber otr*
florbtnett Slotar ©uflacß SBirtß’f^en ©ßeleute
oon ^Opfingen um ©rlaubniß, ißrem gamillen*
namen brn Staaten „Ärämer" beifügen ju bürfen,
betreffend c. Qie Sintßeilung unb Sefeßung oon
SlotariatSbiflriften betreffeab. 3)er SlotariatSbi*
jlrift ©erlacßSßeim II. wirb bem Sleferenbär Slub.
^tagenunger in Ueberlingen übertragen unb
biefer jum Slotar ernannt. SluS ben Sßeilen ber
©tabt Baben, welche oon bem ©ifenbaßnßofe bureß
bie 8ange ©traße ßinauf bis ju bem £otel Bif*
toria, oon ba bureß bie ©opßienflraße bis jur
©eßeibengahe, fobann biefelbe ßinauf bis jum
Sanbßaufc beS SDr. Braun, ferner in ber ©tepßa*
nienflraße unb amalienflraße ßinauS auf ber lin*
fen ©eite liegen, unb bie griebßofjlraße, ben ^)aßn*
ßof, @t. SBolfgang u. ben ^äßlicß in fieß begreifen,
ferner aus bem Stebenorte Babenfcßeuern wirb Oom

I. Stoo. an ein befouberer StotariatSbiflrift, Baben

II. , gebilbet unb bejfen Berwaltung bem Sleft*
renbär augufi ©tolj in 3)urlacß aufgetra*
gen. aiS fffioßnort beS StotarS beS bisherigen
QiflrifteS Slotßweil, amtSgericßtS=BtjirfS Brcifadj,
wirb Äonigfdjaffßaufen beflimmt. Ser Slo*
tariatsbiftreft Stccfargemünb II. wirb bem Slotar
SltfoIauS ©^äfer in 3<ßrnßeitn übertragen, d.
ben ©efangenentranSport auf ber ©ifenbaßn betr.
2) SeS SDlinifleriumS beS
amtSoerfünbigungSblatt für ben Bejirf Bretten
betreffend 3) SeS DbermebijtnalratßS.
Sie ©rtßeilung oon apotßeferlfcenjen betreffend
OSfar Utauprecßt oon KarUruße unb Äatl

gic landif de» Jluls.

(gortfeßung.)

Sccß ich hin fein Junger SRenfcß, gnäbiger ^>errl
gür mich ifl baS alte Äämmercßen neben bem 5ßor-
tat gerabe recht. 3n Jenen feßemen Simmcrn mit
ben rotßen Borßängen, mit ben Himmelbetten, ba
foUte nur eine glücfltdje 3«ß<nb woßnen — fo
Wies eßcmals war — fo eine romantiicbe 3ug«tb
Wie ©uer ©naben, bic baS geben ju genießen
Weiß.*

Ser alte faß ben jungen ÜRann bei biefen
SBorten aufmerffam an. gelSetf machte eine plofc*
ließe Bewegung, oon bem ©ebanfen getrojfen, bo^
er oerianf in ftCb unb rrwieberte nf*tS.

„©oll icß fein ©iücf ßaben mit ©uer ©naben?*
fing ber alte nach einer Bauw wieber an. ,3Bif«
fen ©ie mir Sttemanb ju Jagett, bem mit fo einem
nSiebeSafpl", wir ©ieS bamalS nannten, gebient
fein möcßte? @'f f'ben auo wie ein leibhaftiger
Liebesgott, gnabiger HfrTt Mt3baen nießt irgenb
*ine firine Bhantafte im Jtcpf, bie niebt für bie
Neugierige Söett gemacht ift? geb fannte einmal
»inen Hfrrn — in einer großen ©tabt —, ber
^»ttr au nichts in feinem geben einen fo großen
^Paß, wie an ber 3rt», w° tr feinem Schaß«
•brn oben im Äi chthurm «rßnt*‘, beim Xßütmer,
i^oßl ein poar SBocßcn lang. 3>b war fein Hfl»

ferSßelfer, trug ißm alles ßinauf: ©üißer, SBein
j ade guten ©peifen, ©uitarre unb glöte; oß, fte
i lebten wie im BarabieS. Unb bann jener Unficßts
bare, ber nun geftorben! 2BaS für Sage baS wa*
ren, als ber großmütßige Herr mit feiner ©eßwarj*
äugigen angejogen fam unb unfer alteS ©etrüm*
mer fo lebenbig würbe, wieS nur fn SRärcßen unb
©efebfeßten fteßt! — @ß nun, er hatte auch feinen
©runb, ßcß fo ein ßetmli^eS Sleflcßcn aufjufu^en.
SaS Bögelchen, baS mit ißm geflogen fam, war
i im anfnng fßeu, feufjte fläglicß unb geberbete

ftd). aber baS Otrgingl-©S lebe bie 3u*

genb! fag tcß. 3« ber 3ugcnb lebt man noeß;
fpäter fprießt man baoon."

( gelSecf faß bem berebt geworbenen alten Herrn/ auf*
geregt tnS ©efießt, flricß fid) baS H®“* 1 II. jarücf öff*
nete bie SBefle u*b ging bann mit langfamen ©cßrit*
ten burd) baS 3*mwer ßin. @r blfcfte fo oot
ftd) nieber unb bemerfte nießt, baß bie Äugen beS
anbern ißm bejläabig folgten, mit eitlem auSbrucf,
ber ißn oßne 3weffel befrembet ßätte. Slad) einer
SBeile blieb er wieber fleße«, rin ungtwiffeS 8äd)tln
im ©efiebt. „alter Berfucßer!* fagte er in flacfern*
brr Heiterfeit. ,©S deeft meßr in 3ßaen, als icß
baebte! — SEBeiin icß nun fo ein Junger „giebeS*
gott* wäre, wie @ie ißn ßramßen fönnen, wer fleßt
für 6ie tin? SBer gibt mir bie ©ießerßeit, baß

©ie eine ebenfo oerfeßwiegene alteSluine ftnb, wie
3ßrc Burgmauer ba oben?"

Ser alte, fo feßr er auf ein ©ntgegenfommen
beS atibern gereeßnet ßatte, feßien bo^ über biefe
heißblütige Slrt betroffen ju fein, ©r ßatte eine
Bewegung ju unterbruefen, bie bem ©beimann
nur nießt auffiel, weil Siefen feine eigene ©tban*
fenjagb befcßäftigt ßielt. Snbem er fieß mit eini-
ger SRüße wieber faßte, antwortete er: „©näbiger
Herr! war icß noch ein junger gant, fo möchte e<
eine feßr angemejfene Borfl^t fein, naeß meiner
Befähigung für dumme Sloden ju fragen. 3<5
wid mi^ ßter oor ©uer ©naben ttießt rüßmen!
aber i^ ßabe manchen H«rn geßaßt, ber für feine
©eßeimniffe burcßauS feinen SRitwiffer braudje»
fonnte, außer midß adein. ®S ßat mir ©incr oon
3ßncn — isß ßatte eS nießt für gejiemenb, Slamtn
ju nennen — juweilen im©cßerj gefaßt: Su bid
wie tin abgrunb, alter ©cßurfe; man fann ai*
IeS in Sicß ßineinwtrfen, eS fommt nichts wie*
ber ßerauS! — @o war icß, gnäbiger $ett, unb
fo ßin icß. BBodcn ©ie mich auf bie Broß* fiel»
len, fo werben ©ie einen SRann an mir finben,
ber fieß feine unnüßtn ©crupel macht" — babei
, läcßrite er, als oerdeße fid) baS oen felßd — „unb
1 btt »ier Dßren unb feinen ÜRunb ßat'

(gortfeßung folgt.)
 
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