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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 127-151 (1. Juni - 30. Juni 1871)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25214#0533

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J\S 130.

JlbOBHttnentiprtis jj. i. 3 {t, ;n £tibflbtrg
*vx^> bit -pofl fl. 1. lg tr. biettelia&rig.

@ountaft, 4. Qml

3lnjdßtn 3 fr, btf yetit$eite, bei Jluöfunftt*
«tljeilung 4 fr.

1871.

2:eleßca^if^c ßlachrichtat.

©erlitt, 2. 3utü. 3leicl)ötagöft^unß. ©rße
^rat^ung bcS ©efeßentwurfeS betreffenb btc ©nt*
Wia gung btt beutfehen «Rheberei. StaatSmfntßer
Jjc brud erflärt, bic ©ntfchäbigungSoorlage fei im
lorgfältig geprüft worben unb Ratten
]*~L btvergirenbr änßdßen nic^t ßerauSgeßeUt. 3n»
ceifen fei bie Arbeit berart;g gewachfen, baß bie
©rlebignng berfelben bie Sauer ber gegenwärtigen
©effton überfteigeti würbe. Sie «Rothwenbigfeit,
itt allen ^Richtungen SiSpefttionen fchon jeßt gu
treffen, fei fd)on beShalh nicht beroorgrtreten, weil
feie griß bis gur nächßen Seffton nur furg fein
toerbe. Sie Regierung habe eS baber für ange*
geigter gehalten , bie ©orlagen auf bie bringenben,
un»erfd)iebbareit ©egenßänbe, gu befd)ränfcn. Sie
©egenßänbe, um bie eS ftcb hawble, lägen in bret
©efeßentwürfen »or; ein »tertes ©efeß, welches be-
gwecEe, bem SRefdjSfangler gur,Sefchaffung »on ©e»
triebSmitteln für bie elfaßlotbringifchen ©ifenbah»
nen einen ©rebtt oon »orläußg 5 2RtH. Sblm. gu
eröffnen (im ©angen wären hierfür 10 ÜRifl. in
äuSftdjt genommen), fei in ©orbercitung. SOBaO bie
erfie Vorlage anbelangt, fährt ©taatsminifter S»l-
brüdf fort, fo tfi eS ungemein feßwierig, eine be-
ßimmte Summe, welche für bie ©ntfhäbigung ber
SRhfberei not^trenbifl fei, ju nennen. Sie aufge*
ßellte ^Rechnung ergab circa 3 «Dlifltenen. Ser
©ntwurf nimmt auch eine ©ntfdfäbigung ber SRhe*
ber in äuSßdjt, welche gejwungen waren, ihre
©ebiffe in fremben Häfen liegen ju lajfen. Sie
^ohe biefer ©ntfdjätigung läßt ßd) noch weniger
berechnen unb ifl beßhalb bie Höbe ber Summe
fortgelaffen. Ser ffötntfier glaubt, ohne bie ®e-
tbähr bajttr gu übernehmen, baß blefe (Sntfc^äbi-
finug größer als bie für bit Schiffe fein werbe.
Ser gweite ©efeßentwurf, betr. bie ©ntfcßäbigung
ber auSgewiefenen Scutfdjen gebe bie Höbe beS
erforberltcßen ©etrageS an. ©egüglicb bet brüten
S3orlaae (<5rfaß oon ftriegSfc»äben unb Ärfegelel»
finnaen) fei bie gcflfteßung beS ©etrageS für jeßt
unmöglich. «Oon einigen betheiligten Orten ©Ifaß*
SothringenS fei ber Schaben gu beregnet unb
werbe bet näherer geßßetlung ermäßigt werben
Tonnen. Sic ©ntfcßäbigung für ^eßl unb ältbref»
fach fei in ber Vorlage nicht inbegriffen; hierüber
fotoie über bie ©cfeßäbfgungen in ber Umgegenb
»on «Dteß unb bie ßattgebabten fRcquifttlonen wür-
ben ßcß geflfkUungen erß fpäter machen laffen. —
3m weiteren ©erlaufe ber Sebatte wünfeßt». Ho-
»erbccf bie 3uft^erung auSgefprochen, baß »or

äUern bie 9?degSfd)ulben bega^It unb bie Slnleihen
gebeeft werben. StaatSminifter Selbrüd erflärt
barauf, baß er bic ©ntfcbließuiig ber beutfehen Die-
gierungen hierüber noch nicht mittheilen föttne, je»
hoch hielten eS bie norbbeutfehen ^Regierungen für
felbßoerftanblicb, baß gunächfi bie Scbaßanweifungen
ehtgelöß würben, ©egüglicß ber Äünbigung ber
funbirten änleibc hebürfe eS titieS ©efeßeS, beffen
©orlage erfolgen werbe, fohalb bie SRittel gut Sil*
gung »orhanben feien, ©ewiß fei nichts natürlicher,
als baß bic SriegScntf^äbigung gur Abtragung ber
behufs beS ÄriegS gemachten Schulbcn oerwenbet
würbe, hierauf würbe über bie ©orlage begüglich
ber SRßeberci bit gweite ©erathung gefcbloffen. ©S
folgt hierauf bie erfie ©erathung beS ©efehentwur-
fcS, betreffenb bic ©ewäljrung »on ©eihülfen an
auS granfrefch auSgcwiefcne Seutfche. 31» Saufe
ber Sebatte ergriff gttrfi ©iS mar cf baS JBort.
Serfelbe erflärt, baß man allerbingS nach Kräften
helfen muffe, baß granfreid) aber nicht fo »iel
befifse, um unS »olljiänbig gu entfehäbigen, er fei
nicht wenig erftaunt gewefen, als ihm bie gorber-
ungen ber ©ertriehenen auf eine £)öhe »oit einer
«üiiOiarbe angemelbet würben. 2Ran l)ahe beim
Slbfchluffe beS griebenSoertrageS baS SRöglid’fie gu
erreichen gefucht unb hiernad) fei bet ber Slbmeffung
ber ©ntfdiäbigung oerfahren worben, ©r warne
oor übertriebenem «ÜRitletb, unb bitte, nur gu er»
Wägen, wie am beften gu helfen fei. «Rieht unbe»
achtet fei gu laffen, baß berjenige, welcher fith im
SÄuSlanbe eine beffere ©rifieng als in ber £)eimath
grünben wolle, auch ein größeres fRiftco übernehme,
©r glaube, baß baS fm ®efe£ auSgefprodjene ©rin*
dp am fd)netlften gum 3>dc f«^rc. Ste in grattf-
reich für bie ©ertriebenen eingegogenen ©ontribu-
tionen betrügen 7 ÜRid.' grfS., welche auf 2 9RtU.
Shlc- erhöht worben ftnb, unb glaubt gürfi ©fS-
marcf, baß baburch ben brlngenbßen ©ebürfnfffen ent»
fprochen feij er bitte, fleh bem ©rincip ber ©or*
tage angufcßUeßen. ©egenüber ©amberger, welker
nicht bainft einoerßanben if}, baß über bie Soße
ber (Sutfcßabfgungen bie eiugelnen ©rooingialßäbte
entfeheiben fotlen, »ielmehr baS ©rincip ber ©en-
tralffation für geboten hält, unb hierauf begügltdje
SlmenbemcntS bei ber gweiten ^©erathung tn 3luS-
ficht fiellt, erwfebert gürfi ©iS marcf: Set ©unbeS*
rath fei ber Knftchi, baß bie pfiffe bt« «Reiches
mit biefer Selftung erfdjbpft wärt, ©ejügltd) ber
©entralfftfationSfrage müjfe er ben äßortlaut ber
»on ©amberger angefünbigten SlmenbementS ab-
warten, be»cr er ßch barüber äußern fönne. ©r
bitte febod), ben Sentralbehorben nicht gu »iel auf-

gubürben. ©egenüber SRignel erflärt gürfi ©fSs
mard fobann, bic Sahli»1!) beS [Reiches folle nicht
ein ©orfchuß», fonbern ein Sufhußbeitrag beS 9tet«
heS fein, ©r würbe bafür geßimmt hflben, bie
gange ©ntfhäbigungSlaft ben eingclncn Staaten
gu überweifen, wenn nicht bie 7 SRtH. »orhanben
gewefen wären. Sa bfefe als «Refd)Sge!b »orhan-
ben waren unb für bic ©cbürfniffe nicht auSrei<h-
ten, fei ein ßufchuß auS bem SReidjSfonb gewährt
wotben. — SaS ^)auS befhüeßt barauf gweite
©eratßung. golgt erße ©erathung beS ©efefgents
Wurfs betr. bie ©ntfdtäbigung für ÄrfegSfhäben
unb JfricgSfeißungen. StaatSmfnificr Sflbrütf er-
flärt: Ser ©unbeSrath habe cS für feine ©flicht
gehalten, bei geftfteliung beS SdjabenSerfaheS fo
oicl als moglid) gu gewähren unb hei ber ©erthei*
lung moglichfi parteilos gu »erfahren, ©r bitte,
ber ©orlage gugujiimmen. — gürfi ©tSmard weiü
auf bie »orhanbenen Störungen in ben ©erfebrS-
oerhältniffen hin, welche ftd) auh in anberen 9fi(^-
tätigen als febr nachtheilig fühlbar gemacht hätten
unb bittet um hefcbleunigte ©erathung. ©infiwei*
len fönnten nur ©orfchüjfe gewährt werben unb
in ber Hoffnung auf Snbemnität fcitenS beS «Reicht»
tagS habe er nad) genauer vorheriger ©rüfung he*
reitS Slnweifung gegeben unb ßch hici')» berfbülfe
ber ©anf bebient. Um ber SRanipulatiott eine ge-
fepliche ©aftS gu gewähren, habe er in $luSjld)t ge*
nontmen, bie SluSbehnung ber Shätigfeft ber preuß.
©anf auf @lfaß=8othritigen gefcplich gu regeln. —
SaS |>auS befchließt hierauf bie gweite ©erathung.
«Rächfte Sifcung morgen.

— 2öie bie „ffreuggtg." melbet, trifft bet Äaf-
fer »on fRußtanb am 9. 3'wi hi« ein unb »er*
weilt bis gum 11. 3U!,t in ©erlin. Semfelhen
©latt gufolge wirb bie ©ntfjfiUung beS SenfmalS
Königs «EBilhelm III. nicht am 17. 3«ni, fonbern
am 16. nach bem ©ingug ber Sruppen fiattftnben.

— Sie äußerße iRechte beS ^Reichstages bereitet
einen Sltttraa'oor auf ©erweis, hegiebungSweife
9luSfd)luß folcßer «IRftglieber, bereit ©eben mit ihrer
«DtanbatSübernahme fm äßfberfpruch ßeßen unb
außerhalb beS ^Reichstages ©ergehen ober ©er-
brechen iu»ol»irten. Sie übrigen gractionen ftnb
bem 3Intrage in biefer gotm abgeneigt.

©ifindjen, 2. 3uni* »erfammelte

Shcologencontite l)«t ben Stiftsprobß Sr. ». Söl*
linger beauftragt, bie ©eantwortung beS jüngflen
Hirtenbriefes beS beutfehen ©pfScopatS anSguarbcften.
Sie Antwort wirb bem ©ernebmen na^ auch dreh'
liehe fRcform»orfd)läge enthalten.

— Sem ©ernebmen nach verweigert ©raf ©ra^

Jfidcnfdmftlkk

(gortfeßung).

Ser ©anffer niefte. — „3ch wünfehe 3h'’1
»iel ©ergnügen l" entgegnete er mit einem »erhtnl
liehen 8äd)cln.

SBernet banfte unb fd)dtt nachbenflich auf t
Straße hinaus, „©albemarßraße «Rr. 11!" fl
ßerte er im tafdjen ©eben »or hi» u»b fehl
nach ©erlauf einer hall'cn ©tunbe ßanb er »
bem begeichnctcn Haufe. Älopfenben HfrituS tr
tr fn bit gewölbte, geräumige Hnu^ßur unb ßi
bann langfam bie Sreppe hinan. Oben angetan
»erfperrten ihm gwei neben einanbtr beßnblte
©laSthüren ben «ffieg. Hußtg gog er bit Äling
unb vernahm gleich barauf, wie ein leichter @d)r
auf bem ©äuge ertönte, ©ine ©arbine hinter b
Shütfd)dbe warb hinweg gefdjohen unb l
Umriffe eint« fugenblichen «KäbchenantlißeS hob
ftch auf bet glatten gladje ah. Sarnach mur
bie Shür mit einiger Sorfnht geöffnet unb bit Hont
»on bem iungen ^Dilettanten am »ergangenen 2lbet
fo fcharf getabelte ©eigerin etfjhien auf bet Schwel
»Sie »ergelljen gütigß, Srauldn !* begann 2Be
net nach turgem faß naofetaffiflen ©ruße, „ich toünfd;
bas gräulein grinp g« . , ,

Sie Singerebete mußerte ben ©cfu^er mit eine
forfchcnben ©lief.

„Sic 3rtnt) iß mit ihrer Soilette befdjäftigt,
ba wir fogletch gu bem ©oncert muffen," »erfeßte
ße furg, faß herb, „©icllticht fönnte fd) 3h«en
bie erforberiiehe SluSfunft geben?"

„3<h muß baS gräulein felbß fptedjen, «Diabe»
moifeße\" rief SBerner mit einem 3lnßug »on Schroff*
heit. »Hier haben Sie meine Äartc! id) werbe
warten, bis gräulein 3rinp ihre Soilette beenbet
hat!"

©S lag eine folche Seßimnttheit in bem ?Iuf-
treten beS jungen SRanneS, baß baS 2Räbd)ett, äugen»
febeinlicb eitigef^üchtert, feine wettere ©ntgegnung
wagte, »ielmehr bie Äarte att ß^ nahm unb ba»
mit im 3nttern beS ÄorriborS »crlcbwanb.

«Rur wenige ÜRinuten »erßridien, währenb wel*
^cr3eif er in athemlofer Spannung wartete. Selbß
biefe furge griß bünfte ihm eine ©wigfett. Sann
fchlugen plößlid) bie SGBorte an fein Dhr: „@uten
Sag, Herr SBerner! bitte, wollen Sie geiäUigß
nahet treten?" Sr bebte gufammen bei been Älange
biefer Stimme unb einen Slugenblicf war rS ihm,
als bränge alles ©lut gcwaltfam feinem Htr)cn 9”.
«Roch verwirrter würbe er, aiS er berjenegen Singe
in äuge gegenüber faß, bie bHen Sturm in fei»
nem 3nntrn erregte, unb vergeblich rang er nach
©orten, um ben ihn heherrithenben ©efühlcn äuS*
brud gu geben.

Sic |)arfnerin hatte ihm gegenüber in einem

©lüfchfcffel ©laß genommen. 3br äuSfehen war
| gänglidt öerfdticben »on bem, welches ßc am »et*

I gangenen äbenb fo nnbebcutenb neben ihrer ©es
; fährtin hatte erfcheinen laßen. 3cber unbefangene
' ©eobadtter mußte jeßt auf ben erßett ©lfd mabrneb*
men, baß nicht ihre ©efährtfn, fonbern ße biejenige fei,
weldhe ben ©reis ber 3»genb unb Schönheit tn
bem mufifaltfd)en Srio »erbiente. 3hr reidjcS,
j bläulid) fchwargeS Haar ßel in anmuthigen ßodett
herab unb ließ bie hohf> ftoljc Stirn gättglid) utt*
befdiattet. Unb wenn auch ihre 3üf)e noch biefelbe
töbtliche Starrheit athmeten, wie ße über ihrem
gangen 2Befcn auSgegoßtn lag, fo fam bo<h burdj
ben rigcnthümlfch ßnnenben, oerfchleierten ©lfd bet
bitnflcn feelen»ol!en äugen ein unbefcbreiblid) «n*
gcehntber unb rührenber äuSbrttd in baS feinge*
fchnfttene äntliß. ättd) h»b ßch hcutf thre f^lanfe
ebenmäßige g gur itt bem anfcbließenben fchwargen
HauSflcibe auf baS ©ortheilhafteße hcroor, unb
jeber, ber fciefeS räthfelhafte, fdwne ©eldtöpf jcht
fah, mußte ßcb ttttwlflfürlid) geßehen, baß oon ben
Sauienben mttßfalifdjer SRäbchen, Welche aBjährlitß
bfe böhntilcben ©ebirgoßäbtdten oerlaffrn, um in
ber grembe ihren Unterhalt gu fuchen, ih* wicht
leicht eine ben iRang ßrectig machen fonnte.

„(SS iß lange her, baß wir unS nicht gefehtn,
änna!" begann ber junge «IRann nach einer furje»
©auje.
 
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