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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 127-151 (1. Juni - 30. Juni 1871)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25214#0613

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J\S 150

3 fr. bte $etit$eüe, Pet 2fu3funft$<*
er Teilung 4 !r.

1871.

(Slnlttlmtig put iBünucmcttt

irtbelbericr ^ournol

*«« ,.

„ monatlich 19 ft> j »,lt Stagcrlobn.

" öurd) bie $oß 57 fr’, (mit 33efieagct>ä^r).

Set Scclcßcr.

Selegrapßifdje Sftadjrtcljten.

Sarntßabt, 27. 3uni. Ser ©roßljerjog tjat
bfn feitjjerigen erßen Scigeorbneten ber Stabt
2ftainj, Sari 9tad6, jum 23ürgermeißer, ben Sud)«
bruderelbeßher griebrid) SBaflau jum erßen unb
btn SSeinßänbler |>ermann IRetnad) II. jum groci-
tcn SSdgeorbnetcn oon SRainj ernannt.
a> i^'CnZ 2®i3un*- 3n bern 58ttbgetau«fd)ttß ber
Jvet^n.ratb8 = Delegationen gab , ber ginanjtninfßer
^oljgc^an bte getoönfebten Stufflärungen über bie
6taat«bebürfntße pro 1872. Serfelbe erflärte, baß
biefe bi« Ci«? einen feljr geringen Stell gebeeft wer*
ben fönnen unb auch biefer Steß möglicher Söeife
beglichen werben fann. Ser ißräftbent erflärte
herauf, baß ber 2Iu«fcbuß nunmehr bie fBeratfjung
be« Ärieg«bubget« »ornel)tnen fonne. Sie Subget*
©ommiffton be« $errenbaufe« nahm ba« SSubget
pro 1871 conform ben Seelüften be« 2lbgeorbne-
tenhaufe« an.

— 27.3uni. Sa« geßern oorn ginanjminißer
»orgetragene ©rpofe über ben ©taat«Ooranfd)lag
pro' 1872 hejiffert bie Staat«eimtahme auf 309
SRiüionen, bie Staat«au«gaben auf 346 äRitlionen,
ba« Seßjtt auf 37 JDUUionen. Ser ginanjminißer
fdßägt oor, jur Setfung be« Seßjit« bie jur ©mif*
ßon für 1872 »erfügbaren SRententitel ju 6egeben,
fall« jißernmäßig naebgetoiefen würbe, baß hier*
bureb nur ein geringer SReflbetrag be« SDeßjit« un*
gebeeft bleiben würbe, beffen Secfung feinen wei*
teten Schwiedgfdten begegnen bürfte.

— 3tu« Stom Wirb gemelbet, baß bie 2lbreife
be« ißapße« oon bort bef^Ioffett fei. — Stieger er*
flärte Iwljenwart, baß bie höhmifdje Stationalpartei
bte wesentlichen fünfte ber Seclaration nicht auf*
geben fonne.

fpartS, 27. 3uni. Stoulanb oerhleiht ®ou*
oerneur ber franjöftfchen fßanf.

SBerfailleg, 27. Sunt. Sem „Journal offtciel"
jufolge wirb bie Steoue beßimmt am 29. b. ßatt*
ftnben. Sin in bem amtlichen Statte oeröffentlid)*

te« Scfret orbnet bie ©rrichtung einer 8egion mo*
biler ©enbarmerie an. Siefelbe foll au« «baoal*
lerie unb Infanterie belieben unb eine ©ßectiößärfe
oon 1222 SJtann haben. ßwed ber 2egton iji, für
bie Sicherheit oon SSerfaidcö ju wachen; auch wirb
fie fttb nötbigenfaH« in bie (Departement« begeben.

— Sie Sanf öon granfreid) t>ert bcfdßoßen,
30 gr«. per Slctie jur ©rgänjung ihrer Sioibenbe
pro 1870, unb 70 gr«. al« erjie Sioibenbe pro
1871 ju jat)lcn.— Sie „Serite" publicirt einen
(Brief ©ambetta’«, worin berfelbe anjetgt, baß er
bie ibm angebotene Ißarifer Itanbibatur annebme.

Sonbon, 27. 3«ni. Sie „Sailp fRew«" mel-
ben au« Sari« oon geflern: $bicr« bat 'peute IRacb*
mittag bie Sorbereitungen jur fßarabe beftebtigt,
Welche ant Sonnerfiag jiattfinben wirb.

55u!areft, 26. Sunt. Sie ®erid)t«oerbanblun-
gen wiber bte Urheber unb S^beüne^mcr be« Sr-
ceffe« anläßlich ber beutfeben Siegesfeier ftnb aber^
mal« oertagt unb jwar bi« jum 23. Sept.

B. C. ©ritnbUcfje 9itebetlagc

3Ran erinnert ft<b ber entbüftafiif^en f)t)mnen
auf Äaifcr unb SRetcb, wie fte jur 3eit ber 9tei<b«J
tagöwablbewegung in ben Organen ber „fatbolißben
Solf«partei" im Schwange waren. Sie ultramon*
tanen Herren batten guten ©ruitb baju, ihnen fonfi
fo ungewohnte SBeijen ju fingen: bie @inen ihrer
bisherigen Slnbänger mußten mit ber Serflcberung,
baß man ftdj mit ganjem |lerjen ber neuen 0rb-
nung in Seutfchtanb anfebtießen werbe, bie Slnberen
mit ber Sorfpiegelung, al« ob bie preußifebe Dtc-
gieruug bie Senbenjen bet flerifalen fPolitif ttott-
fommett billige, Ja al« ob bie SBieberberßeflung
ber Äaiferwürbe mit fftotbwcnbigfett auch wieber
ju ber innigen Serbinbung be« ßieicbe« mit ben
gntereffen be« rbmifdjen Stuhle«, wie in früheren
3ahrhunberten, führen müffe, befd)Wict)tigt werben.
SDieS gatije l£vuggewebe würbe nun freilich bereit«
in ben erflen ©jungen be« 9tei(b«tagS reiflich
burchlö(hert. S£ro|bem liebte man e« in unferer
uttramontanen Ißrejfe, wenfgfienS bie STänfchung fort>
jufefcen, al« fei man in ben leitenben Äreifen in
33erlin bet graction be« „Sentrum«" ganj gnnjitg
gefttmt; Ja man fietlte ben gftvjieu Sismartf —
oermittelfl unerhörter Sßerbrehuttg eine« SBorte«,
wet^e« ihm ben ?Rei<f)«tag«mitgtiebern polnifcher
Slationalität gegenüber entfeblüpft war — fo bar,
al« habe er bie ultramontane ßiiditung innerhalb
ber beutfehen ®efe|gebung au«brütflich al« bere<h-
tigt anerfannt.

@« iß wahr, bie Vertreter bet SReich«regierung

haben ftd) bei fenen großen Sebatten ju Ulnfang
ber Selßon, in welchen bie ultramontanen 5J5raten-
fionen oom Üeid)3tage mit f<honnng«lofer ©itergie
jurüdgewiefen würben, fdfweigenb oerhalten. Se^t
jum trfien SRale hat S3i«martf in biefer Slngelegen«
heit gefprochen, unb jwar mit fwchft unjweibeutiger
ÄUrhett. S3or einiger 3^1 tief bie ©rjätflung um,
ber Äarbinat=Staat«fefvetär 3IntoncIIt habe bem
Vertreter be« beutfdien 9teicße3 in IRom feine un-
umwunbene ÜRißbilligung übet bie Haltung ber
®entrum«partei im iRetchstage auSgefprodjen. Sie
flerifalen Slätfer 'wußten bie 2luSbrucfe nicht f^arf
genug ju ftnben, um bie« ©erficht al« eine abfeheu«
Hd)e 8üge ju branbmarfen. ©tnige ÜRitglieber be«
SReidfötag« feboch, welche man al« bo«wtHige @r*
ßnber bejfetben bejeidjnet hatte, wanbten ftd) an
ben lReicl)«fanjlcr um üluffchluß, unb fo hat benn
gttrß ®i«marcf unter bem 19. 3uni in biefer 2ln*
gelcgenheit einen Sricf au ben ©rafen granfenberg
gerietet, in welchem e« hriß1* w®cr Parlamentär
rifche (Sinfluß ber graction be« Sentrum« fiel, weU
ehe« attbh bie Slbfic^ten bergührer ber lehterenfein
mögen, thatfäcplicb in berfeiben IRichtung in« ©es
wicht, wie bie parlamentarifche Shätigfeit ber ©le-
mente, welche bie oon Sr. ^eiligfeit bem fßapße
mit Shmpathie begrüßte ^)crftellung be« Seutfchen
Sfieich« ‘prtnjtpiell aufed)tcn unb ttegiren. 3d) habe
oon biefer 2Bahrnehmung bie ©efanbtfchaft be«
Sentfcbnt IReich« itt IRom unterrichtet, bamft ße
©elegenhelt habe, ßch ju überjeugen, ob bie $al-
tung biefer Partei, welche ßch felbß al« ben fpe-
jfefleit 35erthetbiger be« römifdjen Stuhle« hejetctjs
net, ben Sntentioncn Sr. ^eiltgfeit be« IJJapße«
entfprechc. Ser Äarbinalftaat«fefretär hfli ^em
©rafen Saufffirdjen barüber feinen 3»^* flclaf-
fett, baß bie Haltung ber gartet an ber höchßen
geißlichen Stelle nid)t gebilligt werbe."

3u gleicher 3c0 mit bem Siömarcf’fchen Schrei«
ben bringt bie „Srcujjeitung" einen 2lbfagcbrtef
ber ©onferoatfoen an bie Älerifalen, einen 8eitar-
tifel, an« bem e« wahre fteulenfcßläge auf bie
fRöinlinge nieberregnet. Sie hatten gemeint, bie
fRei<h«regierung mit bem 33orgeben, eine gemein-
fame Schuhwehr für wahre fReligioßtät errieten
ju wollen, für ihre glatte fangen ju fönnen; ßatt
beßen ruft mau ihnen fefs* Ju: »IRiemal« foß unb
wirb biefe fRegferung bie $anb baju bieten, eine
Partei politifcß ju etabliren unb ju ßärfen, welche
fein anbere« 3fel »erfolgt, al« bie alten, lange be«
grabenen Slnfprüche be« ^apßthum« neu ju beleben,
unb nicht allein ben Streit ber Sonfcffionen, fon*
bern auch ben^ampf bet geiftlithen unb weltlichen

fcidciifckfÜtch gtejt.

(Sortfefeung).

Slußerbem wnß icß no^ eine« Jungen, fchwinb*
fü^tigen 5Renfd)en in ben Swattjigern erwähnen,
welker ben (Sontrabaß behanbelte unb oon ben
©oUegen Slmphion genannt würbe. 3Be«halb, habe
ni^t erfahren. 6r war halb blöbßnnig unb
nhien eine befonbere Sorliebe für ©rog ju haben,
ott bem er eine bebeutenbe Ouanfltät oertragen
ff11 c,nrD„e wanfen. SBiclfacß würbe er oon
Jetneti Lwliegen oerfpottet unb gehänfelt, unb babei
behauptete man oon Ihm, baß er ein überau« tü^h«
i,ger ©laowrfpicier fef. 3^ batte Jcbocb feine ©e»
legenhett, ich Oon ber gBahrßeit ju überjeugen,
— SReine Sage unter bfefen mittelmäßigen Sälen*
tcn wäre ma)t ju_ ertragen gewefen, hätte i* nicht
in ber anfpru^lofeti, gutmüthfgen grau SSernbarb
eine greunbin unb gewißermaßen auch Sefchüfeerin
gehabt. Ser Äoßencrfparniß megen bejog ich mit
ber ©uitarrcnfpfel^m Jufamme_n eine Söohnung in
einem flcinen uttfcf)eiubaren ^)äu«<hen, ba« einem
©ärtner gehörte. ®er «Aufenthalt in Äarl«bab
fagte mir wenig ju. 9Bcun ich auch an ber ma-
lerlßb gelegenen Stabt unb btr h«rlithen Umge-
ßenb großen SBo^lgefatl cn f» »ar e« boch

für mich, bie bereit« eine h^ere @tftffcI in ber
Sonfunß crßiegen, eine ^artc Sumuf^unß, oor ei*

nem achtlofen, gleichgittigen Sßublifum für wenige
Äreujer ju ßngen unb ju fpieleit. URettte ßfein
würbe noch baburch »ergrößert, baß ber alte 3ln*
berfon nur geringe Äenntniße befaß, beim ©inßu*
biten neuer Stüde bie gröbßcn gehler burchgehen
ließ unb felbß beging, unb bem ©efchmade bc«
gebilbeteren Ißublifum« feiten ober nie SRedntung
trug. Sabct tprannifirte er un« auf Jebe erbenf*
liehe SSeife, machte un« unter biefem unb jenem
nidhtigen SSorWattbe SHbjüge oon uttferetn fargen
ißetbienß, unb brobte bei ber geringßen Dppofiticn
mit ©ntlaßung. fRur mit feinem IReßen madjte
er eine SluSnahnte. 3u ihm Wien er ein mit URacht
emporßrcbntbe« ©ente anjubeten, beßen ®orfchrif*
ten er ßd) fflaoifch unterwerfen ju müßen glaubte.
3<jj bef^loß, bie ambulante @efe£lfcf)aft bet ber
nächßen paßenben ©elegenheit ju oerlaßett unb
theilte bie« meinen Frager fBerwanbten unb mci*
nem Ißerlobten brieflich mit. 3<h hoßte, in furjer
3eit ein anbere«, lohnenbere« ©ngagement ju ßn-
ben, wo i^ nicht ©efahr lief, bie mühfam etwor*
benen gertigfeiten unb Äcnntniße ocradjfct, mich
felbß mfßoerßauben ju fehen. Allein meine 33e*
mühungen in biefer fßnßcht waren oergeblith. 3«
einer Jener großartigen Kapellen, jn beten Stißun*
gen ba« Ißublifum ßd> brängte, anjufommen, —
barauf ju rechnen, wäre freilich Shorheit gewefen.
®in folche« Orcheßer iß ßct« OoUjählig unb hat

unter feinen SRitgliebern S3irtuofcn genug, bie bar«
nach trachten, ßd) folo auf ihren 3nßrumenten hö*
ren ju laßen. 3<h würbe oon ihnen nicht einmal
bie nöthige ITuterßüJjung gefuuben haben, wenn
id) ein ©onjert auf meiner |)arfc ju geben bcab-
fichtigt hätte. Ueberbic« war ich nur ein fchwache«
3Beib, unb eine Kapelle befielt au« ßRännern.
Sa« alte, herrliche Saiteninßrument, ba« ber San*
gerfönig Saoib fo wunberfam ju rühren wußte,
hat einmal feine SBebcutung oerloren. ©« iß ge*
wißermaßen itt SScrruf gefommen burd) Jene armen
unglüdlicßen ©efthöpfe, welche weiter feinen 3wecf
oerfolgtcn, al« ihr elenbe« Safein ju frißen. 3Rein
Streben, war alfo barauf gerichtet, in einer an*
bereu fleinen, aber gebilbeteren ©efeKfthaft, Butritt
ju erhalten. äReiner Slnßcht naß» mußte e« ja
berartige fleine Vereine geben, bie au« einigen
Sängern unb Sängerinnen mit guten Stimmmit*
teln einem Streichquartett unb jumtteberßuß au«
Warfen« unb glötenpartieen btßanben. Salb ge*
nug erfattnte ba« ©himärifche meiner ©rwar*
tungen. Selbß wenn ich Seit genug unb auch ei*
nige pefuniäre ÜRittel in |)änbeit gelabt hätte, um
auf eigene |)anb einen («leben herein ju grünben,
würbe id) boch fdjwertld) bamit ju Stanbe gefom*
men fein. Sa« Sorurtheil gegen ein ßRäbdjen,
bie jur -fbarfe ßngt, iß nun einmal fo tief gewut*
jelt, baß man, felbß wenn man Sebeutenbe« leißet,
 
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