Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

DOI Artikel:
Jäck, Eugen: Der Teppich und seine Wahl für die verschiedenen Zimmer, [1]
DOI Artikel:
Mielke, Robert: Eine Wohnung im XX. Jahrhundert, [1]: Zukunftsphantasie
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0013

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seite 3.

Januar-Heft.

Hllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

eine vorübergehende, flüchtige Idee, die schon im nächsten Zahre oft
gerade vom Verkäufer, aus naheliegenden Gründen als eine verfehlte
bezeichnet werden muß. — während im feuchten England die Noth-
wendigkeit Lehrmeisterin war und fast in keinem Hause der Teppich
fehlt, wird derselbe bei uns in Mittelkreisen immer noch als ein Luxus-
gegenstand betrachtet, dem man unbedenklich manch entbehrlichere und
vergänglichere Dinge bei weitem vor- p"
zieht. Das weitere Vordringen des
Kunstsinne^ und die allmählig wieder-
kehrende Freude an behaglicher aus-
gestatteten Wohnräumen, führt auch
bei uns immer mehr zu der Ansicht,
daß der Fußboden die stiefmütterliche
Behandlung nicht verdiene, sondern
sehr wohl einer näheren Beachtung
und Ausschmückung zum praktischen
und ästhetischen Nutzen des ganzen
Baumes würdig sei.

Betrachten wir uns nun bei un-
serer Wanderung durch die verschie- j
denen Zimmer der Reihe nach die für
die Wahl eines Teppichs in seinen
Größenverhältnissen, seiner Form,

Farbe und der Qualität in Betracht
kommenden Momente. Die Ausstat-
tung unserer Wohnräume mit Ge-
brauchsgegenständen ist in neuerer Zeit;
immer reicher und mannigfaltiger ge-
worden. wir bestreben uns, diesen
Gebrauchsgegenständen nicht blos
zweckmäßige Form, sondern auch reichen
Schmuck zu geben. Am so auffallender
ist es, daß das Wohnzimmer bezüglich
seines Fußbodenbelages bei uns im!

Allgemeinen am schlechtesten weg-
kommt. Zm Schlafzimmer finden sich stets Bettvorlagen, im sogenannten
guten Zimmer gewiß eine Sofavorlage, im Wohnzimmer höchstens
während des Winters eine gemusterte Decke, weil es die Kälte gebietet.
Daß ein Teppich im Wohnzimmer vor Allem einem wirklichen Be-


' Abbildung Nr. 48^. „Mittag." von Mart. Wiegand.

dürfniß Rechnung tragen soll, das sich allerdings bis zum schweren,
umfangreichen Smyrna steigern kann, ist vollständig gerechtfertigt. Ls
bleibt deshalb auch eine Hauptbedingung, die Möglichkeit, denselben
jederzeit behufs Reinigung aufnehmen zu können, d.h. er darf in seiner
größten Ausdehnung links und rechts nicht unter die Vorderfüße der
Möbel gerathen. Zn den ineisten Fällen wird es genügen, wenn der

" Raum vor dem Sofa etwa 3 bis
^ Meter im Viereck bedeckt ist, um
den am Tisch Sitzenden die Bequem-
lichkeit einer Fußunterlage zu bieten.
Kleine Lieblingsplätze am Fenster,
am Schreibtisch, oder am Pianino
werden gewöhnlich doch mit separaten
Vorlagen bedacht, die meistens als
Erzeugnisse heimlichen Fleißes unter
dem weihnachtsbauin ihre Aufersteh-
ung feiern. Diese Liebesgaben sind,
gleich warmen, hübsch ausgeführten
Fensterdecken, gewiß sehr am Platze
und können mit ihrer unzweifelhaft
praktischen Verwendbarkeit einen flotten
dekorativen Schmuck vereinigen. Als
Grundfarben werden sich jedenfalls
mittlere und tiefe Töne, mit Vermei-
dung aller sehr Hellen und auffallenden,
eignen, aus Rücksichten des täglichen
Gebrauchs und um denn längeren
verweilen in dem Raum die Aufmerk-
samkeit des Auges nicht zu sehr auf
sich zu ziehen. Bei größeren Teppichen
achte man darauf, daß dieselben jede
Woche in anderer Richtung gelegt
werden, um das vorzeitige Durchtreten
an den meist begangenen Stellen zu

_I verhindern. Dies Verfahren streng

einzuhalten empfiehlt sich überhaupt für alle Decken, die nicht ihrer
unregelmäßigen Form wegen an eine bestimmte Lage gebunden sind.

Bei der Wahl eines Schlafzimmer-Teppichs kommen in erster
Linie hygienische Rücksichten in Betracht und sind demzufolge dicke

vor einem Gitter, dessen unterer Theil aus rothen Backsteinen, dessen
oberer Theil aber aus Aluminiumstäben bestand. Rechts war ein ge-
mauertes Portal, das von einem Einhorn bekrönt wurde. „Haus zum
Einhorn" war an demselben zu lesen und unter dieser Schrift „Wilhelm
Berner."

Wir sind angelangt, sagte der ältere von beiden. Gefällt Dir
nun mein Heim?

Tin Kompliment Deinem Geschmacks, versetzte der andere. Jetzt
linde ich es auch erklärlich, warum Deine alte Reiselust so ganz ver-
schwunden ist. wenn man so ein Haus sein--

Und solch ein Weib sein eigen nennt, wie ich es habe, ergänzte
der andere, dann fühlt inan sich am wohlsten zu Hause. Liebevoll
ließ er dabei den Blick über das Ganze gleiten, der dann an einem
Fenster haften blieb, von dem soeben ein blondhaariger Mädchenkops
verschwand.

Der Vorgarten, den Berner jetzt seinem Freunde zeigte, bestand
eigentlich aus zwei Theilen, einer steinernen Terrasse und den ca. r m>
tiefer gelegenen Gartenbeeten. Trat man von dem Portal in den
arten , so befand man sich nach wenigen Schritten vor einem links
^Ege, der nach einem runden, von Stufen umgebenen Podest
führte, das nach hinten durch einen gleich hohen Gang mit der dem
Hause in der ganzen Breite vorgelagerten Terrasse zusammenhing.
Letztere war ohne kreppe, dafür aber mit einer Ballustrade geschloffen,
die auch een Mrttelgang einschloß und nach vorn in zwei Postamenten
endigte. Die Front dieser Terrasse war aus Erzstein, einer aus Stein
und Erz komprimüten Masse, deren svorzüge für ländliche Bauten
darin bestanden, daß die Metalltheile je nach Art und Zusetzung
oxydirten und in solgedesten ein lebhaftes, aber doch diskretes Farben-
spiel hervorriefen. Auf dein runden Podest war ein Wasserbecken, von

dem aus ein broncener Feuerlöschmann Wasserstrahlen mit einem Schlauche
emporschleuderte, wie er Ende des lff. Jahrhunderts allgemein üblich
war. Ausgesangen wurdet: sie von einer Schaar halb zerlumpter, kecker
Straßenjungen, die ebenfalls uni die wende des fff. und 20. Hahr-
hunderts in Berlin nicht selten gewesen sein sollen. Ein köstlicher
Humor und eine frische Unmittelbarkeit sprachen aus diesem broncenen
Kunstwerk, das in der Zdee vielleicht sich an den bekannten Begas-
brunnen in Berlin angelehnt hatte, das aber durch den kecken Griff ins
Menschenleben jenes Eolossalwerk künstlerisch bedeutend übertraf. Der
niedere Theil des Gartens bestand aus Beeten und den sich hindurch-
schlängelnden wegen. Hin und wieder sah man seltsame Vasenständer;
sie bestanden aus alten Kanonenläusen, die der Besitzer, da man nichts
Besseres mit ihnen anzufangen wußte, als altes Metall gekauft und
nun in dieser weise verwendet hatte.

Das Haus war ein zweigeschossiger Bau, mit hohem Schieferdach,
überragt von einem an der rechten Hinteren Ecke stehenden Treppenthurm.
Aus rothen Backsteinen ausgeführt, trug das untere Geschoß, den als
Fachwerk durchgebildeten Obertheil, welchen ein einfacher Rundbogensries
mit einer daraus lagernden Saumschwelle von ersterem trennte. Zu
der reichen Abwechselung, die durch die sich scharf markierenden Pfosten,
Ständer und Streben geschaffen wurde, trat noch ein Bretterbelag, der
den unteren Theil des (Obergeschosses bis zur Fensterbretthöhe bekleidete.
Aehnliche aber schräg gestellte Bretter kleideten auch die Giebel ein.
Das gemauerte Füllwerk war mit weißein Mörtel abgeputzt. An Aus-
ladungen hatte die rechte Seite des Hauses nur einen Balkon in Höhe
des Obergeschosses und eine Freitreppe, die mit dem ersteren in organischer
Verbindung stand, von ungemein malerischem Reiz war aber noch
eine offene Loggia, die sich hinten an das Haus schloß und sich quer
bis zum Nachbargrundstück hinzog. Fortsetzung in, 2. Bogen auf Seite :o.)
 
Annotationen