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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Luthmer, Ferdinand: Ein Wort über architektonische und mobile Dekoration
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Eine architektonische Humoreske
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Dielen und Platten aus Holzwolle
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0152

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Juni-Heft.

Illustr. kun st ge werbt. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 87.

ker hierdurch angegebenen Richtung sind den Engländern dann unsere
deutschen Tapetenzeichner bereits mit Glück und Geschick gefolgt.

Heber das schwierige Geschäft der Tapetenwahl für bestimmte
.Zwecke sind in dieser Zeitschrift von berufenen Federn so viele beher-
zigenswertste Winke ertheilt worden, daß an dieser Stelle dieser Gegen-
stand kaum berührt zu werden brauchte. Nur aus eine Gefahr möchten
wir aufmerksam machen, zu welcher die erwähnte erstaunlich billige
Herstellung prachtvoll wirkender, mit Gold- und Reliefpressung ausge-
statteter Wüster häufig Anlaß gibt. Glanzvoll gemusterte und auf-
sallende Tapeten haben nur da eine berechtigte Anwendung, wo sie
«llein, ohne weiteren Schmuck wirken können, also in den Räumen, wo
der Zweck des Raumes ein Konzentriren der Aufmerksamkeit fordert,
und daher bedeutsamen mobilen Schmuck, Bilder, kunstgewerbliche
Gruppen u. dgl. ausschließt; wie beispielsweise im Musik- und für-
feinere Lebenskünstler auch im Speisezimmer. Wo aber die genannten
Schmuckstücke den wesentlichen Theil des mobilen Schmuckes ausmachen,
wie im Herrenzimmer, Bibliothek, Wohnzimmer, kleinen Salon rc.,
da sorge man
auch dafür, daß
diese Bilder, Ge-
rüche, Gefäße,
kleinenplastischen
Gruppen einen
ruhigen Hinter-
grund erhalten,
von welchem sie
gut „abgehen".

Da eignet sich
natürlich keine
prunkvolle Ta-
pete , sondern
meist am besten
ein einheitlicher
Ton. -— lieber
die Gegenstände
der mobilen De-
koration, auf die
wir in solcher-
weise Rücksicht
nehmen, sei hier
noch eine kurze
Bemerkung ein-
geschaltet. Der
Rarakter einer
„mobilen Deko-
ration" wird bei
uns meistens da-
durch in Frage
gestellt, daß wir
uns einmal beim
Einrichten un-
serer Wohnung der Mühe eines kunstvollen Arrangements unterziehen,
dann aber- Jahre lang die Gruppen auf unseren Bordbrettern, die
Bilder und den plastischen Schmuck in den Ecken unserer Salons so
stehen lassen, bis sie unserem Auge so zur Gewohnheit geworden sind,
daß wir sie nicht mehr sehen. Anders verfahren die Japaner. Schon
weil ihre aus Bambus und Papier gebauten Häuser mit ihren häufigen
Feuersbrünsten ein gefährlicher Aufbewahrungsort für werthvolle Kunst-
werke wären, verwahren sie die letzteren in feuersicheren Schatzhäusern
und holen sie zur vorübergehenden Dekoration der Wohnung nur bei
einem ihrer allerdings sehr häufigen Staats-, Kirchen- und Familienfeste
hervor. ^ ist klar, daß solch ein häufig wiederholter Anlaß zum
Neu-Anordnen, verbunden mit dem ausgesprochenen Kunstsinn des japa-
nischen Volkes, zu sehr viel mannigfaltigeren Verwendungen derselben
Bilder, Blumenbehälter, Vasen etc. führen wird, als unsere mit ein-
maligem Aufstellen befriedigte Fantasie es ahnt. Sollten wir nicht
hieraus auch lernen, den Vorrath von Schmuckstücken, den heute jede
einigermaßen ausgestattete Wohnung enthält, für die gleichmäßigen Tage
des Alltagslebens wegzuschließen oder wenigstens einzuschränken und

Abbildung Nr. LS8. Treppen - Aufgang im Vestibül der Villa Simmonds.

Entworfen und ausgeführt in der Möbel-Fabrik Ed. Wellbausen, Hannover. — Malereien von Aunstnialer Jordan

den Tagen, welche wir zu Festtagen erheben wollen, auch durch einen
gesteigerten und neuerdachten Schmuck unseres Hauses erhöhte Weihe zu
geben? — Freilich müßten wir dann lernen, in dem Aufhängen von
Vorhängen, Portieren u. dgl. uns mehr Geschicklichkeit anzueignen, als
jetzt, um nicht fortwährend den Tapezierer in: Hause zu haben. Es
ist eine direkte Folge unserer sozusagen stationären Dekorationsweise,
daß auch die Stoffdekorationen nach bestimmten Schnittmustern zuge-
schnitten, aus Futter drapirt und festgenäht werden, so daß die ganze
Herrlichkeit, ohne ihr kunstvolle Legung zu ändern, abgenommen, ge-
reinigt und wieder aufgehängt werden kann. Dies höchste Ideal einer
„Aufmachung" im Sinne der Herren Tapezierer steht aber in fühlbarem
Gegensatz zu dem, was ein kunstgeschultes Auge von dem malerischen
Fall eines schönen Dekorationsstoffes verlangt und was sich aus den
Ateliers der Maler ganz unmerklich in unsere moderne Zimmer-Deko-
ration herüber gestohlen hat. Wir wollen diesen künstlerischen Zug in
der modernen Wohnungs-Dekoration mit Freuden begrüßen, denn er
enthält die wirksamsten Mittel, um unsere Interieurs von dem Schablonen-
haften, Alltäg-
lichen zu befreien
und ihm das zu
geben, was wir
nicht oft genug
als das Wün-
schenwertheste be-
zeichnen können:
das individuelle
Gepräge des Be-
wohners. Nur
darf es nicht zur
Willkür ausarten
und vor Allem
nicht gemacht er-
scheinen; das
Schlimmste, was
inan einer mo-
bilen Dekoration
zum Vorwurf
machen kann, ist
eben das, was
auch anderwärts
nicht gut kleidet:
künstliche Naive-
tät. —

Eine architek-
tonische Hu-
moreske ver-
öffentlicht der Ar-
chitekt Irving K.
Pond über die
Beziehungen zwi-
schen den: Menschen und den Formen der bildenden Kunst. An der
Hand von sehr flott gezeichneten Skizzen sucht der Verfasser die Aehn-
lichkeit des Aeußeren der Menschen mit den von ihnen errichteten Bauten
nachzuweisen. Der aus dem Rücken liegende, die Hände zum Gebete
faltende Ritter hat ganz die Silhouette einer gothischen Kirche; ebenso
ähnlich ist die Silhouette eines beturbanten Grientalen mit der eines
kuppelbedeckten Moscheebaues und so sind noch eine Menge Beispiele,
worunter auch die modernen Kahlköpfe ihr architektonisches Pendant
finden. In der scherzhaften Form weiß aber der Verfasser manches
wichtige und Ernste wirksam zu betonen und er will nichts Anderes
Vorbringen, als einen Beweis dafür, daß die Kunst unlösbar mit der
menschlichen Natur zusammenhängt und in ihrer Reinheit und Schönheit
vom Karakter der Menschen und ihren sozialen Einrichtungen abhängt.

Dislen unk plallsn aus HolHoolle. Einem Fabrikanten in
München ist ein Verfahren patentirt worden, wonach getrocknete Holzwolle
mit Kreosot oder anderen antiseptischen Mitteln getränkt und zu Bündeln
zusammengebunden wird, welche in entsprechend hergestellte hölzerne oder
steinerne Formen aufrecht gestellt und mit Mörtel umgossen werden.
 
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