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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Andés, Louis Edgar: Ueber in Farben bemalte Möbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0093

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April-Heft.

Seite 5Z.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

eher in Warden deinalte Wödel.

von L. E. And es.

'8Ü82-^^auerngeschmack", so lautete das Urtheil über die allerdings oft in den
widersprechendsten und schreiendsten Farben bemalten „Truhen" und
Aasten und Aoffer unserer deutschen Vorfahren und jetziger slavischer
Völkerschaften; „modern" und „geschmackvoll" nennt man die Erzeug-
nisse ähnlicher Art. welche wir heute sehr vereinzelt in „Bauernstuben", Gastzimmern,
hier und da auch in einer Rüche finden. Möbel- und Einrichtungsstücke, Thüren und
Wandverkleidungen aus Naturholz mit bunten Verzierungen oder Blumen bemalt
oder aus in bunten Farben gestrichenem Holze finden wir als Erzeugnisse unver-
fälschten Bauerngeschmackes, na-
mentlich dorten, wo die Verwen-
dung harter Holzarten oder die
Ausschmückung mit Schnitzwerk
zurücktritt und größere Flächen ge-
ringwerthigen Holzes sich darbieten.

Aber auch auf Gebrauchsgegen-
ftänden aus hartem Holze,mit reicher
Holzschnitzerei versehen, sehen wir
bunte Bemalung, ebenso wie bei
den mittel- und süddeutschen Bauern
und den slavischen Nationen; wir
sehen Rosen, Tulpen und Nelken
als Schmuck auf den glatten Tannen-
holzflächen und auch bunteHeiligen-
bilder oder christliche Symbole in
dieselben eingefügt. Und wie viele
kostbare Holzschnitzarbeiten, die dem
religiösen Aultus dienen, finden
wir mit bunten Farben bemalt,
init Gold und Silber verziert in
unseren Airchen? wenn wir diese
Gbjekte ob ihrer Schönheit und
Ligenthümlichkeit bewundern, wa-
rum sollen wir nicht suchen, sie
wieder einzuführen in unseren
Haushalt, unfern dermaligen Ge-
schmacks-Verhältnissen angepaßt?

Jedenfalls wären solche einfach in
ihrer Naturfarbe belassenen oder
mit Hellen Farben angestrichenen
Möbel usw. weit schöner, als die
Zierbilder, welche uns oft auf Lin-
richtungsstücken aller Art als Imi-
tation von Eiche, Nuß, Mahagoni
oder Palisander vor Augen stehen.

Da, wo unser angeblich „verfei-
nerter Geschmack" der aus Tannen-
holz, Nußbaum oder Mahagoni,
odergarporzellan(weißeLackirung)
schafft, noch nicht hingedrungen ist,
treffen wir noch (Objekte, die das
Holz in seiner Naturfarbe zeigen;
ja ich habe in der Schweiz in
manchen Vrten, namentlich in be-
deutender Höhe Täfelungen aus
Arven- und Tannenholz gefunden,
die ohne Anwendung von Firniß
oder Lack in ihrem Naturzustände
einen ganz eigenen Reiz bildeten.

Ls lassen sich auch mit unserer
Geschmacksrichtung, die einerseits
Anlehnung an alte Vorbilder sucht,
andrerseits bunten Farben und Ab-
wechslung huldigt, bunte Bema-
lungen der Möbel, Täfelungen,

Truhen usw. ganz gut vereinen, ebenso wie auch lasirende Farbentöne auf diesen
«Objekten von ausgezeichneter Wirkung sind, wenn wir nun zu der Behandlung
des Gegenstandes schreiten, haben wir zunächst zu bemerken, daß die Behandlung
mit Farben wesentlich in zwei verschiedene Aategorien zu theilen ist und zwar:

s) bleibt das Holz in seiner natürlichen Farbe mehr oder weniger sichtbar,
wird mit einem dunkleren lafirenden Farbenton überzogen, lackirt oder
gewichst und bemalt oder

2) das Holz wird mit einer Farbe bedeckt, erhält also einen Anstrich und
dieser dient als Grund für die fernere Ausschmückung.

Soll das Holz in seiner Textur zur Geltung kommen, dann ist es unbedingt
nothwendig, daß der Schreiner seine Arbeit sehr sorgsam ausführt, daß er schönes
Holz dazu wählt, welches weder rissig ist, uoch Harzkanäle aufweist, und daß na-
mentlich bei dem Schleifen nicht ÜZuerrisse entstehen, die sich beim Behandeln mit
Lasurfarbe, Firniß oder Lack dunkel färben und dann sehr störend wirken, wo das
Holz in seiner natürlichen oder etwas verdunkelten Färbung mehr zur Geltung

kommen soll, ist die Anwendung von Lackfarben nur auf die Ausfüllung von durch
die Ronstruktion oder Schnitzwerk gegebenen Felder, auf Fassungen, Aanten, zurück-
tretende Profile, auf die Anbringung von Farbenlinien oder von Flachornamenten
beschränkt. In diesem Sinne geben uns die gothische Holzarchitcktnr und die länd-
lichen Holzbauten manche nachahmenswerthe Motive und auch das Auustgewerbe
hat schon vielfach für kirchliche und profane Bautischlerarbeiten, die insbesondere
auch Möbel, Farbe in Verbindung mit den warmen natürlichen Tönen, namentlich
des Tannen-, Buchen-, Arven-, Ahorn- oder Eschenholzes zur Verwendung gebracht.

Der zuweilen goldartig schimmernde Ton des Holzes, sowie die schön geflammte
natürliche Äderung, welche namentlich durch einmaliges Tränken mit Firniß hervor-
tritt, gibt in der Regel einen sehr geeigneten Untergrund für farbige Ausschmückung,
welche damit auch den Gebrauch lebhafter und ungebrochener Farben gestattet, ohne

gebrochene Töne gänzlich auszu-
schließen. was aber derartiger
Aunsttechnik ganz hervorragenden
Werth verleiht, ist der Eindruck
unzweifelhafter Echtheit ohne den
trügerischen Schein anderen Ma-
terials oder mühsamer Arbeits-
technik. Hier ist keine Fournirung
mit einer dünnen Schicht kostbaren
Holzes, keine falsche Intarsiamalerei
nothwendig, um eine künstlerische
und angenehme Wirkung zu er-
zielen. Hier ist Farbe wirklich
Farbe und das Holz, welches sich
neben derselben zeigt, ist durch und
durch das gleiche Material, wir
verwenden also natürliches Holz,
geben demselben durch Firnissen
einen warmen, durch einen schwach
gefärbten aber nur lasirend wir-
kenden Firniß einen dunkleren Ton
und setzen darauf ornamentale oder
auch unter Umständen figurale
Malerei, beschneiden die Aanten
in entsprechender Farbe, bringen
vielleicht auch Holzbrandtechnik an
und erzielen einen prachtvollen
Effekt, ohne daß die Stücke schreiend
oder bäuerisch sind.

Schlechtes Material und schlechte
Arbeit sind jedenfalls die Haupt-
ursachen, daß der Anstrich und die
Bemalung desselben weite Ver-
breitung gefunden haben; der An-
strich allein verdeckt mit derselben
Liebe alle die natürlichen und Nach-
lässigkeitsfehler der unsoliden Unter-
lage, wie die immerhin kostspielige
Fonrnirung. Allein abgesehen da-
von, daß die Ausführung der Holz-
imitation namentlich auf dem Lande
den Anforderungen der Naturtreue
meistens in keiner weise gerecht
wird, läßt sich nicht begreifen,
warum aus billigen Materialien
kostbarere gemacht werden sollen.

Bei der zweiten Aategorie der
Bemalung der Möbel u. dergl. ver-
decken wir die Textur des Holzes
durch einen Anstrich mit Farbe
und bringen ans diesen Anstrich
bunte Bemalung an. Hier handelt
es sich zunächst darum, in der Wahl
der Nüance Geschmack zu entwickeln
und nicht Farben zu wählen, die
einen kalten, trüben Eindruck
machen. Die Grundfarbe soll möglichst hell, nicht zu hell, grau, blau, röthlich,
gelblich, grünlich sein — am vorteilhaftesten sind Töne, von denen es nicht
zweifelhaft ist- ob sie überhaupt zur bestimmten Grundfarbe hinneigen. Diese
Grundirung muß dann ihren Schmuck durch eine passende, ausgesprochen rothe,
blaue re. Farbe erhalten, die in ganz kleinen Massen vorkommt, also in Linien,
Rosetten, Perlenreihen usw. Zu den grauen Tönen paßt fast jede lebhafte Farbe,
nur muß man dieselbe gesättigt, nicht schreiend nehmen, z. B. nie reinen Zinnober
oder reines Blau, sondern letzteres mit Schwarz oder Dunkelgrau, Roth mit Braun
gemischt. Rann das Stück mehr Farbe vertragen, so nehme man Bauernmöbel als
Vorbild, die man noch allenthalben findet.

Böttcher sagt ganz richtig: ein Tischler, der auf seine Arbeit etwas hält, wird
das fertige Stück nicht dem Maler hingeben, damit dieser darauf streicht, was ihm
gefällt; er wird seiner Arbeit nachgehen und darauf halten, daß sie, vollendet, so
aussieht, wie er sie sich gedacht hat. Und damit er es kann, muß er sich auch einmal
um den Anstrich kümmern. Für den Maler ist freilich die „Holzimitation" vortheil-

* Abbildung Nummer ö-t?. Leftnv fiip einen Bauernstnlft. Entw. v. Arch. H. Airchmayr.
 
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