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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Luthmer, Ferdinand: Wand-Bilder
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Mielke, Robert: Eine Wohnung im XX. Jahrhundert, [3]: Zukunftsphantasie
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0040

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Seite s8.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Februar-lseft.

und Rüststangen, streicht Wände und zieht Linien ab, streicht durch
Schablonen und erlernt die Grau- und Buntmalerei, bis er es zu
eigener Erwerbsfähigkeit gebracht hat, und besucht dann noch zwei bis
drei Wintersemester hindurch eine Kunstgewerbeschule, wo er das mit
künstlerischem Geschmack betreiben lernt, was er bis dahin handwerks-
mäßig ausgeübt hat.

Zwischen diesen beiden Richtungen besteht keinerlei Gemeinsamkeit.
Zn: ersten Falle ein langsames, systematisches Ausbauen mit einer
absolut nicht zu entbehrenden
Gründlichkeit und verhältniß-
mäßig spätein Eintritt in die
Praxis des Malens: beim
Kunsthandwerker ein durch die
Verhältnisse gebotenes Zusam-
mendrängen des Lernstoffes,
ein schnelles Fertigmachen, das
unter allen Amständen die
Praxis des Malens voraus-
setzen muß. Wegen dieser grund-
sätzlichen Verschiedenheit findet
man auch fast überall da, wo
beide Elemente an einem Orte
vereinigt sind, wenig Berüh-
rungspunkte, ja manchmal eine
gewisse Gegensätzlichkeit. Alle
wohlmeinenden aber unklaren
Versuche, die beiden Dinge zu
vermischen und die Kunstge-
werbeschulen etwa zu Vor-
schulen der Akademien zu
machen, mußten an der inneren
Verschiedenheit scheitern. Die Schuld aber, daß wir so wenig figurale
Dekorationsmaler haben, tragen Beide zu gleichen Theilen.

Nehmen wir den angehenden Historienmaler an, der die Elementar-,
die Antiken-, die Akt- und die Malklasse einer Akademie durchgemacht
hat und nun im Meisteratelier unter der speziellen Leitung eines be-
rühmten Künstlers arbeitet. Wie wird er sich zu der Zumuthung eines
wohlhabenden Bürgers stellen, der seinen Speisesaal mit einem flott
gemalten Fries zu einem mäßigen Preise ausgeschmückt haben möchte?

Sehen wir einmal ab von den Narren — auch diese gibt es ja leider!
— die sich für zu vornehm halten, um „Stubenmalerdienste zu thun".
Aber auch ein verständiger und dabei tüchtiger Mensch wird dieser
Aufgabe gegenüber in einige Verlegenheit kommen. Zunächst hat er
nie gelernt, „flott" zu malen. Sechs Jahre hindurch ist ihm bei jedem
Kreide- und pinselstrich die schärfste Beobachtung, die härteste Selbst-
kritik eingeprägt worden: sein künstlerisches Gewissen ist in einem Grade
geschärft, daß er nicht das kleinste Beiwerk ohne Naturstudium auszu-
führen sich getraut. Und das
muß nach dem Grundsatz des
akademischen Unterrichts unbe-
dingt so sein. „Routine" wird
mit vollem Recht als das fluch-
würdigste betrachtet, dem ein
junger Künstler in seiner Ent-
wickelung verfallen kann. Aber
auch abgesehen von diesem in-
neren Grunde, der ihn der Aus-
gabe unsympathisch gegenüber-
stehen läßt, wird er sich kaum
an sie herantrauen. Ohne diese
„Routine", die er verabscheut,
wie viel Zeit soll er aus das
Bild verwenden; und in wel-
chem Verhältniß soll diese Zeit
zu den Wünschen des Bestellers
und zu der Bezahlung stehen?
Auch die Technik macht ihm
Bedenken. Er ist verhältniß-
mäßig spät mit der Oelfarbe
vertraut geworden; seine größte
Leistung war vielleicht ein stehender Akt in Naturgröße: wie soll er
sich hier auf einmal mit einer Leinwand von 6—8 Quadratmetern
abfinden? Mit einem Wort: seines Herzens Neigung wird ihn nicht
zur Uebernahme des Auftrags drängen; es wird es vorziehen, wie sein
verehrter Meister, kleine Staffeleibilder und portraits zu malen, und
wenn er auch noch nicht, wie dieser, seine Leinwand mit Tausendmark-
scheinen belegt bekommt — vielleicht wird er auf diesem Wege doch
einmal über Nacht berühmt. Das wäre ein eigenes Kapitel werth,

„Frühling."

„Sommer."

* Abbildungen Nr. 505 u. 506. Wand-Füllungen, von Martin Wiegand.

ckne ^Wohnung im XX. Mahrhundert.

Zukunftsphantasie von Robert Mielke. (Fortsetzung.)

ls meine Frau und ich den Entschluß gefaßt hatten, uns ein
eigenes Heimwesen einzurichten, gingen wir sogleich daran,
uns dasselbe so angenehm wie nur möglich auszugestalten.
Das Grundstück suchten wir uns in dieser landschaftlich nicht gerade
vernachlässigten Gegend aus. Den Vorgarten hast Du bereits gesehen,
ein ähnlich großer, von Kreuzgängen umgebener Hof, den Du übrigens
ebenfalls schon beim Anblick der Loggia wahrgenommen haben dürftest,
befindet sich hinter dem Hause. Während ersterer aber mehr zur
Augenweide vorhanden ist, gehört letzterer unseren Spielen und den
wirthschaftlichen Bedürfnissen. An ihn schließt sich ein kleiner park
an, der sich bis an den See erstreckt. Es ist dies unser liebster Aufenthalt,
unter dessen schattigen Bäumen wir schon manche schöne Stunde verlebten.

Von dem Hause selbst ist das untere Geschoß mehr dem geselligen
und öffentlichen Verkehr gewidmet. Du wirst auch in den Einrichtungen
eine gewisse Steigerung von dem vorbereitenden Flur bis zu diesem
Speisezimmer bemerkt haben. Den vollen Reiz unserer Häuslichkeit
wirst Du aber erst verstehen, wenn Du unsere oberen Arbeits- und
Wohnzimmer gesehen hast, in denen wir unser eigenes Abbild zu
erkennen glauben. Doch, ich will Dich nicht mit langathmigen Er-
örterungen belästigen; wir wollen uns lieber Alles ansehen, wobei wir
ja noch genügend plaudern können."

Und so nahm der Sprechende seinen Freund beim Arm und zeigte
ihm, hier und dort erläuternd, die Wohnung einer glücklichen Familie.

Der Flur war gewissermaßen vorbereitend; ohne einen bestimmt
ausgesprochenen Karakter leitete er die inneren Gemächer über. War
auch hierin ein Gegensatz zu den anderen Zimmern, so milderte sich

dieser, wenn der Besucher von ihm aus in das links gelegene Wohn-
und Speisezimmer trat. Beide waren in der Dekoration fast überein-
stimmend; nur in Einzelheiten konnte der Beschauer bemerkbare Unter-
schiede finden. Sie gehörten auch zusammen; denn bei größeren
Festlichkeiten wurde» die die Zimmer verbindenden Thüren in die Wand
hineingeschoben, um einen einzigen großen Raum herzustellen. Wie
im Flur, laufen auch hier eichene Paneele an den Wänden herum,
aber nicht mehr in den schweren strengen Bretterlagen des ersteren,
sondern es beschränkte sich das Eichenholz auf das Rahmenwerk, wäh-
rend die Täfelung in demselben aus dem goldfarbigen Birkenholz
bestand, in das mäßige Ornamente eingeschnitten und mit rothem
Wachs ausgefüllt waren. Die spiegelnde Politur dieser Flächen hatte
etwas Poetisch-Nixenhaftes an sich, das mit dem stumpfen Glanz des
eichenen Rahmens in einem prachtvoll wirkenden Gegensatz stand. Zn
gleicher weise waren auch die Thüren, die ohne irgend welche archi-
tektonische Bekrönung sich ungezwungen in die Dekoration der Räume
einsügten. Die Wände bekleidete ein mäßig gelbes Zutegewebe, in
das ein röthliches Rosenmuster eingewebt war. Zn grün und rothen
Tönen rahmte eine breite Bordüre jede der Wandflächen ein und
darüber spannte sich die lichtfrohe Decke aus. Schachbrettartig war sie
durch feine rothe Linien getheilt, aus deren Muster silberne Sterne
herniederleuchteten. An Stelle eines steifen, schweren Kronleuchters zogen
sich von den Ecken nach der Mitte, wo sie in einem Bouquet zusammen-
liefen, metallene Laubgewinde, aus deren Blüthen das elektrische Glüh-
licht an: Abend seine zitternden Strahlen sendete. Der große eichene
Tisch stand inmitten des teppichlosen parquettbodens, hinter ihn: das
Büffet, durchaus schmucklos, in einfachster polzkonstruktion mit bronzenen
Beschlägen. Ein großer Spiegel an der einen Schmalwand, neben ihm
zwei große Landschastsbilder, an der gegenüberliegenden Thürwand
 
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