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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Schulze, Otto: Die Ausschmückung der Wand durch Bilder, Teller-Dekorationen usw.
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0122

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5eite 70.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

INai-heft.

^ie Musschnrnckung der ^d^ud durch ^Iilder, "Meller-^d^vrationen usw.

von Btto Schulze, Köln.

glaubwürdig zu sein, muß jedes Ding seine Geschichte haben. —
Auch die Uranfänge der „Wandschmückung" reichen weiter zurück, als
viele annehmen, natürlich nicht die Schmückung mit Tellern und ahn-
lichen Dingen, die etwa vierhundert Jahr alt sein mag. — Bild und
Bild ist zweierlei. Mir müssen hier die Wandmalereien des antiken Hauses aus-
scheiden; für uns kann nur die bewegliche, die aufgeheftete Dekoration, das Bild
im Rahmen als auf der Wand aufliegender Schmuck allein in Frage kommen, nicht
das in die wand eingelassene oder aufgemalte, das mit der wand innig verbundene
monumentale Bild. Rannten auch die Alten das „Tafelbild", d. h. das auf einer
Marmor-, Schiefer-, Holz- oder Stucktafel gemalte Bild, so ist darunter nicht das
aufgehängte Bild zu verstehen. Jene Tafelbilder hatten, soweit die Wissenschaft
sich darüber geeinigt haben dürfte, lediglich monumentalen Aufgaben zu genügen:
in die wände eingelassen und vermauert, also mit dem Bauwerk sest verbunden
zn werden. Das Malen solcher Bilder fand oft an ganz anderer Stelle auf
schweren, staffeleiartigen Gestellen statt Daneben geht die Fresko-, die Frischmalerei
auf dem frischen Mörtelbewurf her, und erst mit dem Jahrhundert begegnen
wir vereinzelt dem Bilde als aufgehefteten, aufgehängten Wandschmuck.

Wir können uns hier nur mit dem Abendlande befassen; seine Rulturgeschichte
ist uns vertrauter als die irgend eines Landes des Orients. — Ursprünglich hat
auch die Mctope, das
Zwischenfeld der balken-
artig angeordneten Tri-
glyxhen der dorischen Ord-
nung, die Bedeutung des
monumentalen Bildes ge-
habt,und ebensodieRassette
der flachen antiken Decke.

Beidesind aus ihren Höhen
herabgestiegen und haben
kommenden Generationen
Anregung gegeben für die
bildliche Schmückung, für
die Bemalung der Wand.

Das Bedeutendste, was
davon auf uns gekommen
ist, sind die aus den
Trümmerfeldern der rö-
mischen Villenkolonien
Pompeji, Herculaneum
und Stabiä geretteten
Wandmalereien, die heute
in unzähligen farben-
glühendeu Abbildungen
verbreitet und bekannt
sind. Lin näheres Ein-
gehen auf diese Malereien
zeigt uns schon eine vollen-
dete Auflösung der wand-
fläche in ihren: Wachsen,
in ihrem Aufstreben von
unten nach oben. wir
unterscheiden sehr gut:

Sockel, Panneau, größeres
Wandfeld und darüber, in
Muster und Farbe immer
leichter werdend, krönende
und abschließende Motive. Ich will hier jener perspektivischen Täuschungen und
Spielereien nicht weiter gedenken, da sie für uns wenig oder gar keinen Werth besitzen.

von besonderer Wichtigkeit ist das große Feld der xompejanischen wand, auf
den: wir kleine Einzeldarstellungen von Scenen, Eroten, Göttern, Fabelwesen und
dergleichen erblicken, theils in ebenfalls gemalten Viereck-. Rreis- oder Bval-
umrahmnngen. Diese „Bildchen" geben uns den besten Anhalt für die Anbringung
alles ferneren Bildschmuckes der wand. Ich muß nun eine große Zeitspanne über-
springen, da Geschichte allein uns wenig praktische Winke für die jetzigen ver-
hältnisse zu bieten vermag.

Im Jahrhundert kannte man also bereits spärlichen Bilderschmuck; er
bestand aus kleinen wandaltärchen und Heiligen-Bildern in Rahmen auf den
wänden der Wohnhäuser — die Airchen sind hier ausgeschieden. — Die Bildniß-
malerei greift mehr und mehr um sich, und im jö. und ;6. Jahrhundert sehen wir
in der Behausung jedes besseren Bürgers einige Bilder. Malerschulen entstehen,
die sich fast überwiegend der Tafelmalerei widmen; Landschaft, Stillleben und ge-
schichtliche Momente gelangen mit in den Bereich der bildlichen Darstellung, die
wände fällen sich, die Nachfrage nach Tafelbildern steigert sich von Jahrzehnt zu
Jahrzehnt. Zu Ausgang des p. Jahrhunderts ist schon eine Ueberfülle an Bildern
vorhanden; Bild hängt an Bild fast vom Fußboden bis zur Decke; die Zimmer
machen einen galeriemäßigen Eindruck, der nur im j8. Jahrhundert eine klerne
Schwächung erfährt durch größere Aufwendungen in Stosfbezug der wände, durch
Stuckantragung und Feldertheilung durch Leisten. Immerhin erfreut sich das Bild
für die Dekoration ganz außerordentlicher Bevorzugung, es klettert sogar, italienischen

Vorbildern gemäß, wieder bis zur Decke — um dann von hier ans das ganze
Zimmer in der Blüthe des Rokokos zu beherrschen. Bis zu unserer Zeit ist dann
kein großer Sprung — über die „Nüchterne Zimmerausstattung von 1800 bis ;850"
hilft auch der leidliche Bilderschmuck nicht hinweg. —*)

Halten wir Umschau nach Teller- und Medaillon-Dekorationen, vergegen-
wärtigen wir uns zuerst die ursprüngliche Aufstellung der großen Schüsseln und
Teller auf dem Tellerbord in der Rüche in der Nähe der Herdstelle, des besseren
Geschirrs im Wohnzimmer auf dem Raminsims und den Borden der Wandtäfelung,
so erscheint uns der Uebergang bis zu unfern Gepflogenheiten: die waudflächen
mit bemalten Tellern, Relief-Medaillons, großen Zierschalen, bemalten Topfdeckeln
und Tambourinen zu schmücken, nicht besonders groß. Es liegt ja sehr nahe, daß
man einen bemalten Teller nur in der Vertikalstellung, also als aufgerichtete Fläche
mühelos besichtigen kann. Die übersichtliche und eigenartige Aufstellung der
keramischen Sammlungen der Museen mag findige Dekorateure beeinflußt haben,
diese keramische Wanddekoration in die Wohnräume zu übertragen.

Sehr häufig ist die Medaillon-Dekoration au italienischen Bauten der Früh.
Renaissance, so im fabelhaften Aufwand des Fassadenschmuckes der Tertosa bei
Pavia, und in reizendster Form an der Fassade des Findelhauses — Jnnocenti —
(Unschuldigen) zu Florenz, bestehend in Wickelkindern in farbigen Thonreliefs von

Andrea Della Robbia;
diese Medaillons haben
etwa ; Meter im Durch-
messer. — Eine vollendete
Medaillon-Dekoration, ein-
zig in ihrer Art, haben wir
in den Rafael'schen Ma-
lereien der Loggien im
Vatikan. Die Ausführung
dieser großartigsten Deko-
rationsmalerei fällt in die
Zeit der Aufdeckung der
Titus-Thermen, und in
geschicktester weise hat
Rafael die vielseitigen
Vorbilder, mit ihren nur
den xompejanischen Ma-
lereien eigenen Darstel-
langen, seinen Zwecken
dienstbar gemacht, und
ganz ähnliche Malereien,
jede einzelne von zier-
lichem Stuckrahmen um-
säumt, für die reiche
Pilastergliederung der Log-
gien (Wandelhalle) ver-
wendet. Die Burg Traus-
nitz bei Landshut und
der große Jagdfaal des
Schlosses Ambras bei
Innsbruck in Tirol zeigen
verwandte Dekorations-
prinzipien. Ls ist wohk
einleuchtend, daß auf
solchen wanddekoratiouen
jeder weitere Bildschmuck
vom „Uebel" ist. — Für
profane Wohnhäuser, besonders Miethshäuser, spielen Wandmalereien keine Rolle,
da hier die Tapete jede Fläche an sich gerissen hat. Selbst die reichste Tapete, gleich
ob mit Feldertheilung durch Leistenwerk oder ohne, macht keinen anderen Eindruck
als den der Ruhe: der stete Rapport des Musters ist die der wand besonders
nöthige Ruhe. Die frühere Bedeutung der wand: Trägerin der aufliegendeu Decke
zu sein, ist längst verloren gegangen, nur hoch selten fällt uns eine solche Lösung auf.

Hiernach ist sehr erklärlich, daß die über den Möbeln freigebliebenen wand-
flächen, neben den: üblichen Bilderschmnck, zu ergänzenden Dekorationen auffordern.
Die unteren wandflächen sind mit Möbeln bestellt, so daß sich gewissermaßen hier
eine übermäßige Schwere kundgiebt, die zu den leeren oberen wandflächen in
hartem widerjpruch stehen würde. Schon aus diesem Grunde muß eine weitere,
nach oben leichter werdende Belastung stattfiuden, die gleichsam als freie Endigung,
der Möbelmassen wirken soll.

Schon das Bestellen der waudmöbel, also der Gefachmöbel — Schränke u. dgl.
— mit gefüllten Vasen, Büsten, Gefäßen ist ein Betonen des freien Eudigens,
des Ausklingens der Last nach oben. Aber auch die völlig unbenutzte wand ist
sich nicht selbst genügend, sie beansprucht, in Dienst gestellt zu werden, um die
Langeweile ihrer Flächen zu vergessen. Da ist es wesentlich das Bild, das Medaillon
der Iierteller, der bemalte Topfdeckel, die hier helfend ciugreifen Der in der
Dekoration weniger geübte wird möglichst die Mitte der wand dazu ausersehen —

vergl. Heft 6 und r Ouni und guli) ;892 dieser Zeitschrift: „Ueber Bilder-Rahmen und-
Bilder rc." oder „Unsere Frauen und ihr Heim!", welchen: Merkchen der obige Aufsatz als Sonderabdruck
beigegeben ist. ssreis Mk. X.,50. (Verlag von Alexander Koch in Darnistadt.)

Abbildung Nr. 566. Maurisches Zelt unters dep Treppe dev großen Halle im Schlosse Hügel.

Aus Sachen, welche der Besitzer, Geh. Kommerzienrath Krupp in Lssen, aus dem Grient mitgebracht hat,
arrangirt durch die Hof»Möbelfabrik von A. Bembo, Mainz.
 
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