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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Hornig, Fr.: Die Ausstattung des Schreibtisches
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0071

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März-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite Zst.

iv Musstaiinna des -Mchreidtilchos.

von ch hornig.

tls selbstverständlich vorausschickend, daß der Schreibtisch im
Stil des Zimmers, in dem er steht, gehalten ist, sei hier
nur seiner Ausstattung, oder richtiger gesagt, seiner Besetzung
eine kurze Betrachtung gewidmet. — Der Schreibtisch, in Sonderheit

Laien sehr leicht machen, seinen Schreibtisch einheitlich auszustatten;
darüber muß man sich aber natürlich klar sein, ob man die Gegenstände
in Bronze, Schmiedeeisen, Aluminium oder in Porzellan u. a. in. kaufen
will, denn bunt durcheinander sollten derartige Gegenstände selbstver-
ständlich nicht gestellt werden, wenn anders man nicht dem Ganzen
einen unruhigen, zerfahrenen Narakter geben will.

Es ist ein großer Hehler des kaufenden Publikums, möglichst viel,

der sogenannte Damen-Schreibtisch, scheint meist eher zu allem Anderen, immer etwas Neues nach Haus zu tragen. Man sollte eher weniger-
es zu seiner ursprünglichen Bestimmung verwendet zu werden, denn kaufen, aber dieses wenige dann sollte man unter Ratheinholung eines

da stehen Dinge daraus, die an und für sich ja ganz schön
^>n mögen, aber absolut nicht beim Schreiben Anwendung
sinden können. Der Damen-Schreibtisch, der schon durch die
Zierlichkeit der Horm nicht den Ernst der praktischen Bestim-
mung trägt, muß es zumeist geduldig über sich ergehen lassen,
daß er zum Nipptisch — ich möchte fast sagen — „degradirt
wird, sodaß seine Taselplatte kaum inehr Raum genug beut,

Ein Einladung-.-Närtchen zu einem Nasses darauf abfertigen
ZU können. Nichts als Higürchen, Döschen, Väschen, Schälchen
usw. Dagegen muß beinahe sorgsam versteckt das Tinten-
säßchen, in Gestalt eines Globus,
sein verfehltes Dasein in einem
Minkelchen vertrauern! Zst das
wohl in der Mrdnung? wahr-
sich, dann dürfte man ebensogut
das Büffet als Nähtisch aufputzen,
und ein Nlavier u. dgl. mit alt-
deutschen Humpen bekrönen! Um
derartige Hehler nicht zu begehen,
bedarf es nicht einmal des künst-
lerischen Empfindens, sondern der
einfachen Logik, die jedem klaren
Menschenverstände zur Verfügung
stehen soll — oder besser — sollte.

weniger als die holde Weib-
lichkeit — ich will fürsichtig hinzu-
setzen „im Allgemeinen" — sündigt
die Herrenwelt bei Dekorirung des
Schreibtisches. Schon die größere
Dimension, die einfachere, um nicht
Zu sagen beinahe ernstere Holzarbeit
Sibt dem Herren-Schreibtisch das
Gepräge praktischer Bestimmung.

Allerdings hat im vorliegenden
Halle das erwähnte Möbel oftmals
wit einem Rauchtisch ausfallende
Sehnlichkeit, eine Eigenschaft, die
ss?>n ebenfalls der gefühllose Mensch
aufgedrungen, und die durchaus
uicht zu billigen ist. — Möge inan
ssch doch einmal darüber klar wer-
den, welche Gegenstände auf einen
Schreibtisch gehören! Da ist zu-
vorderst das Schreibzeug zu erwäh-
nen, allein Zubehör (worunter Halzbein, Petschaft, Leuchter,

Messer, Gummi, Lineal, Löscher usw. zu rechnen sind), dann
Nästchen für Briefmarken und -Narten, sowie eine Mappe
chr Briefschaften. Auch ein Abreißkalender, eine dem Verhältniß zum
^-'lch entsprechende Uhr und ein Thermometer, vielleicht in Horm eines
Obelisken, ist zur Aufstellung zu empfehlen. Zst der Schreibtisch mit
Schränkchen und Bücherbrettern versehen, so wird das Schränkchen sehr
^artheilhast mit einer Büste, eventuell auch Statuette, bekrönt, an deren
teile gegebenen Halls auch eine Uhr oder eine Lampe treten kann;
te' Bücherbretter aber sind ausschließlich mit Büchern, nicht mit Hoto

Beleuchtungs-Kronv

von Architekt

Sachverständigen nur der Art erwerben, daß es den Geschmack
bildet und dauernd das Auge zu erfreuen vermag, niemals
aber minderwerthige Erzeugnisse, die momentan dem Laien
gefallen, deren er aber sehr bald überdrüssig wird, ohne einen
rechten Grund dafür angeben zu können. So möge man auch
bei Ausstattung seines Schreibtisches sich nur auf dazu gehörige
praktische Gegenstände beschränken, diese jedoch so gediegen als
möglich und von dauerndem künstlerischem werthe auswählen.
Modesächelchen, welche auf den Schein berechnet sind, beein-
trächtigen den an und für sich schönsten Schreibtisch und geben

einen Anflug von Spielerei, wel-
cher jedem Zimmer nur zum Scha-
den gereicht. Daß man einen
Rokoko-Schreibtisch nicht mit Gegen-
ständen im Renaissance-Stil dekorirt
oder umgekehrt, sollte füglich der
Erwähnung überhoben sein, und
doch habe ich mehrmals Gelegen-
heit gehabt, zu bewundern, wie sich
Barock- und Rokoko-Stil aus einem
Renaissance - Schreibtisch „Schön
guten Morgen" wünschten! Das
ist zwar ein sehr friedlicher Drei-
bund zwischen den diversen Stilen,
und vielleicht, ins Leben übertragen,
in mancher Hinsicht nachahmens-
wert!), von künstlerischem Stand-
punkte aus aber muß man da ganz
energisch als Hriedensstörer da-
zwischen fahren, denn nirgends, als
aus den, Gebiete der Nun st wird
der Grundsatz schroffer aufrecht er-
halten: Zedes soll bei seines Glei-
chen bleiben! Das heißt: jeder
Stil für sich. —

Und nun noch zum Schluffe
ein Wort über die rechte Plazirung
des Schreibtisches! Derselbe ist
durchaus kein Lückenbüßer, als
welcher er so oft schnöde von dem
„Ewig weiblichen" angesehen und
behandelt wird; er gehört durchaus
nicht an eine Stelle, die der Zufall
ergibt, sondern beansprucht mit
Recht einen Platz am Henster, der ihm von links her volles
->cht zukommen läßt; auch kann er quer vor eine „Ecke" zu
stehen kommen, doch muß der Hohlraum hinter ihm dann bei-
spielsweise mit einer Säule nebst Büste oder Etageren ausgesüllt werden.
Den Schreibtisch quer vor das Henster zu stellen, ist nicht schön, aber
in manchen Hällen aus praktischen Gründen geboten; dann allerdings
darf der Schreibtisch natürlich nur tafelförmig, ohne Schrank- und
Bücherbrett-Aufsatz gehalten sein!

Dies wäre in flüchtigen Umrissen das Hauptsächlichste, was über
den Schreibtisch zu sagen ist, und, Alles in Allem zusammensassend,
können wir als „die Moral von der Geschieht'" den Satz ausstellen,

kur elektrisches Licht.

Ersten oder Aehnlichem zu besetzen, will man die Tafelplatte noch ^ ^ ,

weiter besetzen, so eignen sich die Briefwaage, der Briefbeschwerer, dessen sich der Gewerbtreibende bei der Herstellung, wie das Publikum

^lch letzteren man in der elegantesten, ja künstlerischesten Art wählen beim Nausen stets bewußt sein soll — nämlich des Satzes: Der

ww, wie z. B. in Gestalt einer Reiterstatuette aus russischer Bronze. Schreibtisch ist kein Luxus-Gegenstand, sondern ein Gebrauchs-Möbel,

^uerdings, d. h. seit wenigen Jahren, hat man sehr dankenswerthe das in erster Linie so ausgestattet sein soll, daß es jederzeit seine

2wize Schreibtisch-Garnituren aus den Markt gebracht, die es dem Zweckbestimmung vollkommen erkennen läßt. —
 
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