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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Einiges über englische Keramik und eine ihrer Heimstätten: Original-Bericht unseres Londoner Korrespondenten
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Neue Erwerbungen in Sèvres: Orig.-Bericht unseres Pariser Korrespondenten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0293

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November-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Teile Z67.

ein Kunsttempel, für den die Schule in Lambeth die Priester heranzieht.
Unter diesen ist George Tinworth besonders hervorragend, und ihm
verdankt Doulton viel von seinen Erfolgen. Lins der hervorragendsten
Werke jenes Künstlers auf dem Gebiete der Vasen ist diejenige, welche
der englischen Geschichte gewidmet ist, und an der in zwei Reihen von
um sie herum lausenden Rischen, historische Gruppen und Gestalten
angebracht sind. Line besondere Stärke Tinworth's aber sind seine
Terrakotta Bas-Reliefs. In Folge einer streng religiösen Erziehung
wählt er für dieselben mit Vorliebe biblische Motive mit oftmals
lebensgroßen Figuren, und er versteht es, die sich bei dieser Art der
bildlichen Darstellung darbietende Schwierigkeit, welche in der wirkungs-
vollen und realistischen Behandlung der Perspektive besteht, meisterhaft
zu überwinden.

Hunderte junger Mädchen finden in der Doulton'schen Fabrik als
Dekoratörinnen Beschäftigung. Theils malen sie selbständig nach der
Natur oder nach Vorbildern, theils aber bringen sie Verzierungen an,
indem sie z. B. natürliche Blätter auf den weichen Thon drücken und
die so gewonnenen Umrisse später
ausmalen, denn in dieser Heim-
stätte der keramischen Industrie
werden nicht nur hervorragende
Kunstwerke geschaffen, welche nur
für die begüterten Massen erreich-
bar sind, sondern es gehen aus
ihr auch alle jene zierlichen Gegen-
stände hervor, die heutzutage für ein
weniges zum Schmucke des Hauses
der nicht mit Glücksgütern Geseg-
neten erworben werden können.

Doulton hat aber trotz der
bedeutenden Erfolge auf dem künst-
lerischen Gebiete seines Berufes die
einfache Töpferei nicht an den Nagel
gehängt, sondern stellt auch noch
heute das einfache Steingutgeschirr
und die thönerne Röhre her, die
einstmals ihm und seinen Vorfahren
den Lebensunterhalt einbrachten.

rur Enverliiiilgril in Skims.

Das Museum der Porzellan-
Manufaktur von Sevres hat sich
in letzter Zeit um mehrere Stücks
bereichert, die für die Geschichte
der Keramik von hohem Interesse
und auch an und für sich von
großem künstlerischem Werth sind.

Vor Allem ist eine Gruppe aus
Terrakotta, die eine Bronze-Patina überzieht, zu erwähnen, welche
85 Lin Höhe hat und die einen Buddha auf der symbolischen Lotos-
blume sitzend darstellt, die wiederum auf einem Unterbau von großer
Schönheit und Eleganz der Ausführung ruht. Der Gott, dessen Augen-
lider halb geschlossen sind, scheint in tiefes Nachdenken versunken, die
rechte Hand hat er wie zum segnen erhoben, die linke ruht auf dem
Knie. Die Gestalt ist prachtvoll ausgeführt und die herabfallenden
Falten des Gewandes von erstaunlicher Fülle und Natürlichkeit des
Wurfs. Neber das ganze Bildwerk finden sich sechzehn Figuren ver-
streut, die sechzehn Jünger des Buddha, welche die Statue ihres Meisters
vollenden. Durchschnittlich nur 20 LID hoch, sind diese Figürche» doch
aufs feinste und zierlichste ausgearbeitet. Die einen sitzen aus dem Gott
selbst und legen noch die letzte Hand an das Monument, die andern,
auf der plinthe angebracht, arbeiten oder schlafen. Die Stellungen
-dieser sechzehn kleinen Figürchen größter Verschiedenheit und Wahrheit
geben im Ganzen ein Bild reizendster Beweglichkeit, die mit dem ruhigen
Götterbild in seiner übermenschlichen Majestät einen sehr glücklichen
Kontrast bildet. — woher dieses einzige in seiner Art vorhandene
Kunstwerk stammt und wann es entstanden, ist nicht bekannt. Der

Gesandtschastssekretär der französischen Legation in Japan, der es dem
Museum zum Geschenk gemacht, zeigte dasselbe mehreren japanischen
Gelehrten und Sammlern, die ihm jedoch keinerlei Auskunft geben
konnten, vielleicht ist es eine Art Votivbildwerk, das zum Andenken
an die Errichtung oder Restaurirung eines religiösen Denkmals in einem
Tempel geschaffen wurde, möglicher weise an die des kolossalen Buddha
im Tempel von Nara, einem der wunderbarsten Monumente, welche
es in der Welt gibt. Diese Hypothese gewinnt dadurch an Wahrschein-
lichkeit, weil die Anordnung und Stellung der Statue in Sevres mit
der des Buddha in Nara übereinstimmt und daselbst im Z7. Jahr-
hundert derartige Arbeiten ausgeführt worden sind.

Unter den anderen Gegenständen, welche der Gesandtschaftssekretär
dem Museum übergeben hat, ist ein sehr schön modellirter Kopf zu
erwähnen, der von einer Statue von übernatürlicher Größe herrührt.
Diese Statue aus Steingut von Bizen war in der berühmten Fabrik,
die unter dem Namen Imbei bekannt ist, Ende des Z6. Jahrhunderts
angefertigt worden und stellte den Gott der Saketrinker, Lho-Io, dar.

Gegen Z876 wurde sie in einem
Laden in Osaka von dem Grafen
Okuma, dein früheren japanischen
Minister für auswärtige Angele-
genheiten, entdeckt, angekauft und
in einer seiner Besitzungen aufge-
stellt. Sie trug eine Vase von
abgestumpfter, eirunder Form, von
großer Reinheit der Linien, die
unten ein kleines, rundes Loch
hatte, welches mit einer Leitung,
die sich im Innern des Kopfes
befand, in Verbindung stand und
die, sich verengend, bis zur äußersten
Spitze der Zunge reichte, von wo
aus in feinem Strahl die Flüssig-
keit (Sake) entströmte, welche inan
an besonderen Festtagen in die
Vase goß. Diese Statue wurde
wahrscheinlich an einem solchen
in Folge des stürmischen Zudrangs
des Volkes zerbrochen, denn es
ist keine Spur mehr davon zu
finden, den Kopf entdeckte man
jüngst im Garten der französischen
Legation, und die Vase, welche
50 cm Höhe und an ihrem größten
Umfang H2 cm Durchmesser hat,
wurde darauf vom Grafen Okuma
dem Museum ebenfalls zum Ge-
schenk gemacht. — Besonders ge-
nannt verdienen noch zwei eigen-
thümliche Vasen aus der Fabrik
von Nrbania (ehemals Tastel-Durante) zu werden, die in den Jahren
Z702 und Z705 entstanden sind, sowie ein Teller von Nrbino, der das
Nrtheil des Paris darstellt und darum nur so größeres Interesse bietet,
als er unvollendet geblieben und so Aufschluß über die Arbeit der
italienischen Keramisten des (6. Jahrhunderts gibt.

Den Leitern von Museen des Auslandes, sowie Sammlern wird
es vielleicht von Interesse sein, zu erfahren, daß die Verwaltung von
Sevres jetzt von den prächtigsten Stücken, die das Museum enthält,
Fotografien hat anfertigen lassen, welche zum verkauf gelangen.

Eiire neue Verwendung voll zerbrochenem Glase ist

von Rostaing Gatchey und Geille in Paris erfunden worden. Zer-
brochenes Glas verschiedener Färbung wird gemischt, zerkleinert, in
Formen gebracht, die mit Talkum oder Kieselerde angestrichen sind, und
dann erhitzt. Dadurch entsteht eine kompakte, unregelmäßig gefärbte
Masse, die zugerichtet und in Stücke geschnitten wird. Solche Blöcke
können sehr wohl als künstlicher Marmor verwendet werden. Mit einer
geringen Mörtelzugabe eignen sie sich vortrefflich zur Herstellung von
Mauern und es lassen sich mit ihnen große Effekte erzielen. —

Abbildung Nr. 728. Vowlrn - »Lrrrinv. aus Porzellan.
 
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