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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Faulwasser, Julius: Zimmereinrichtungen ohne Polstermöbel
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Spaeth, Karl: Eine ernste Betrachtung
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Goldrahmen aufzufrischen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0074

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5eite H2.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

März-Heft

behörs an Einzelheiten läßt sich sogar ein Damenzimmer aus dem ungefügen Holz-
material einrichten und mir möchten unseren schönen Leserinnen, die nach einer
originellen Einrichtung trachten, jwohl rathen, ihren Sitz auf weich gepolstertem
Sofa einmal mit einem solchen auf lose hingelegtem Bärenfell zu vertauschen; nur
dürften sie sich in diesem Fall unter allen Umständen für die Herstellung nur an
einen Mann wenden, der das Material und seine künstlerische Verarbeitungsfähigkeit
gründlich kennt und diese mit ihren wahlberechtigten Ansprüchen zu vereinigen weiß.
Das aber müssen wir ihnen für diesen Fall schon setzt gestehen, theurer wird's, als
ein Boudoir mit den gewöhnlich üblichen Polstermöbeln. —

Mie ernste Betrachtung.

von Karl Spaeth, Salerno (Italien).

^a liest man heutzutage Rezept um Rezept in den Fachblättern: „So und
so mußt du es angreifen, um dir ein behagliches Heim zu gründen I"
Dabei aber wird es allerdings nicht schlechter, aber auch nicht viel
besser. Was der Eine heute behauptet, verwirft der Andere morgen,
gerade so wie in den Fragen der Heilkunde; der Eine empfiehlt kaltes Wasser, der
Andere kurirt mit allen der Wissenschaft zu Gebote stehenden Mitteln. Auf der
einen Seite die höchste Einfachheit, auf der anderen Seite die komplizirteste Kunst.

Was beweisen nun aber die vielen Rezepte, die man uns vorschreibt? Gewiß
nichts Anderes, als daß man heilen will, wo wir erkrankt. Ls muß etwas nicht
in Grdnung
sein, doch zu
helfen über-
lasse nicht dem
Arzt allein,
sondern sei du
selbst dein
Nächster, dein
eigner Helfer,
eigenes Stu-
dium erleich-
tere dir das
verständniß
für die krau-
kenTheile! —

Gehen wir
von hier aus
auf das wich-
tige Gebiet
des Kunst-
handwerks
über. Aller
Drten be-
hauptet man:

„wir haben
kein natio-
nales Kunst-
gewerbe, kei-
nen deut-
schen Stil."

Gewiß nicht!

So gewiß wir
aber jetzt kei-
nes von bei-
den haben, so
gewiß können

wir beides bekommen, wenn das deutsche Volk sich einmal selbst ernsthaft erkennen
und kuriren wollte, damit die Duelle, des Volkes Seele, an der allein frische Kraft
zu neuen Thaten geschöpft werden kann, einmal Hervorbreche.

Schauen wir uns einmal die Ursachen dieser Krankheit an, so müssen wir
sagen: es ist vor Allem die ewige Unruhe, das ewige Hasten und Trachten nach
neuen Erfindungen usw., das den deutschen Kunsthandwerker nicht zum vollen Er-
kennen seiner Kraft kommen und einen deutsch-nationalen Stil erstehen läßt.

Anstatt daß unsere jungen Kräfte, nachdem sie in ihren Wanderjahren ihr
eigenes Können an demjenigen der fremden Genossen, nachdem sie die geheimsten
Kräfte ihres eigenen Ichs kennen gelernt, zurückgekehrt, sich unaufhaltsam in die
Seele ihres Volkes vertiefen und nur aus ihr heraus Neues zu schaffen bestrebt
wären, wird fast ausnahmslos das „Fremde nachgeäfft" und weiter am Gänge!-
bande anderer Nationen marschirt, anstatt auch hier das Bismarck'sche Kraftwort
zu beherzigen: „Hebt Deutschland nur in den Sattel, reiten wird es schon können!"

Betrachten wir uns ein Bild aus neuerer Zeit, durchwandern wir noch einmal
die „Münchner Kunstgewerbeausstcllung Z888", betrachten wir noch einmal die vor-
nehmsten Repräsentanten des Kunstgewerbes, die dortigen Zimmereinrichtungen.
Fragen wir uns: „sind jene prächtigen glänzenden Rokokozimmer deutscher Kraft
und deutschem Geiste entsprungen?" Gewiß nicht! Gerade sie waren Produkte
irregeführter, von fremdem Glanz geblendeter „Ausreißer". Staunenswertst, in-
teressant genug waren diese Produkte aber nur darum, weil mit diesen immerhin
hohen Leistungen gezeigt wurde, was wir machen könnten, wenn solche Kräfte nach
einer Sonne, nach einem Ziele, nach einer nationalen Kunstrichtung strebten.

Aber bescheiden standen neben den glänzenden Erzeugnissen jener Ausstellung

'Abbildung Nr. szs. Frühstücks-Zimmers mit Erker

einzelne Möbel, die uns traut, wie gute Bekannte ansahen. Die Kleister dieser
aber waren zu Hause geblieben; zähe haben diese behauptet, was sie gefühlt und
gedacht, und bei solchen Karakteren wollen mir einen Augenblick verweilen; es sind
die Münchner Schreinermeister. Ein günstiger oder ungünstiger Umstand mag
diese vom Schweifen in die Ferne abgehalten haben, denn dieses kostet immer Geld!
Sie mußten zum Theil unwillkürlich dem schönen Sprüchlein folgen: „Bleibe im
Lande und nähre dich redlich!" Diesen Redlichen müssen wir zum Willkommen
die Hand reichen, und Verbindungen mit ihnen anknüpfen- 5ie haben seither „aus
eigener Duelle" geschöpft, sie wurden nicht berauscht von Fremdem, sondern in
einem gesunden, nüchternen Zustand haben sie stets hergestellt, was wir brauchen:
nämlich ein „deutsches Zimmer!"

Folgt euren eigenen Ideen, steigt hinab in euer eigenes Innere! Dort
drinnen liegt der Duell, der goldene Schätze birgt. Jeder trage aus seinem eigenen
Inneren herauf zum Ganzen, und glaube, bald wird all der Sucht nach Fremdem,
der Wahrheit der eigenen Stimme weichen, und ein eigener vom ganzen deutschen
Volk zusammengetragener, vom Künstler übersetzter deutscher Stil wird uns be-
glücken. — Wer aber von all den Vielen, die den guten Willen hatten, sich ein
eigenes Heim zu gründen, ist wirklich beglückt, befriedigt von der Einrichtung, die
ihn umgibt? Gewiß Wenige! Und unter diesen Wenigen sind nur solche, die den
Muth und die Kraft hatten, ihre eigene Ideen fremden vorzuziehen, oder wo es
ein hingebender Künstler verstanden hat, den Karakter des Bestellers gleich dem
seinigen zu erforschen und in eine harmonische Umgebung zu bringen. — Da heißt
es also an die Arbeit gehen: der Acker unseres Kunstgewerbes muß von fremdem

Unkraut ge-
reinigt wer-
den, damit er
gute Früchte
bringe. Alles
Fremde, das
unschön,gegen
unser Gefühl,
gegen deutsche
Kraft und
deutsches Ge-
müth spricht,
muß aus un-
serer woh-
nung hinaus,
und gesunde,
lebensfähige
Produkte da-
für einziehen.
Unser geäng-
stetes Ge-
müth, unsere
aufgeriebene'
Kraft muß sich
dort drinnen
sammeln und
erholen kön-
nen, gleichwie
auf Berges-
höhe u. Wal-
desfrische.
Kinder unse-
res Karakters
und Geistes

in altdeutschem Geschmack. Lntw. v. F. Lechleitner. müssen dort

drinnen zufin-
den sein, Kinder, die zu uns reden in stummer Sprache. — In regem, wechselseitigem
Verkehr wollen wir unsere Gedanken prüfen. An diesem Vrte wollen wir weiter
miteinander verkehren, wir wollen an dieser Stelle Entwürfe, Vorschläge für dies
und jenes Möbel, für Zimmer bringen, mit einander betrachten und erkennen lernen,
daß nicht der Preis eines Zimmers dessen Stilreinheit bedingt, sondern einzig
und allein der Karakter, die Wahrheit desselben, welche das Möbel oder Zimmer
zur Berechtigung zum Daseiu erheben! Mit je einfacheren Mitteln wir wirken,
je größer unsere Kunst! wir sind ja alle so wißbegierig, so lesewüthig! Darum
nehmt aber auch von Zeit zu Zeit solche Blätter in die Hand, die Euch, dem
ringenden Künstler, dem fleißigen Kunsthandwerk etwas näher bringen. Eine kleine
Anstrengung, ein bischen Nachdenken wird sich herrlich lohnen. Erkennen wir reu-
müthig unsere Fehler, bekennen wir, daß wir gesündigt in schwachen Stunden, aber
verlassen wir uns nicht allein auf Rezepte, die uns kuriren sollen, sondern gemein-
schaftliches Nachdenken fördere und beglücke uns und führe uns auf allen Gebieten
des Kuustgewerbes einem schönen Ziele entgegen.

Goldrahmen aukrnsEcken- Ein einfaches Mittel zu diesem Zwecke be-
steht darin, daß man Eiweiß und Iasminwasser mit einander mischt und mit dieser
Flüssigkeit die Rahmen abreibt. Dieselben erhalten dadurch einen schönen Glanz
und sehen wie neu aus. Außerdem kann man auch noch folgendes Verfahren
anwenden. Man säubere zunächst die schmutzigen und beschädigten Rahmen mit
Zwiebelschnitten, welche man zuvor in Salmiak eintaucht. Dann streiche man
Sikkativlack auf und trage, wenn er halb eingetrocknet, mittelst reinen Pinsels
Strichgold nach.
 
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