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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Schliepmann, Hans: Kunstschmiede-Arbeiten und Bronzen auf der Welt-Ausstellung zu Chicago: Original-Bericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0215

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Seite s26.

Zllustr. kun st ge werbt. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

August-^eft.

Munstschnriede-Mrbeilen und auf der ^Eelt Ausstellung zu Dhieago.

Original-Bericht — Von Hans Schliepmann.

enn man die riesige Industriehalle wieder und wieder durchwandert
hat, begierig, die Schönheit neben der technischen Vollendung zu ent-
decken, so kommt man immer deutlicher zu der Ueberzeugung, daß
ein ernstliches Ringen um die Palme nur zwischen Frankreich und
Deutschland stattfindet. England, Belgien und Italien haben zwar einzelne vor-
zügliche Kunstgewerbegegenstände ausgestellt, Amerika sucht durch Massenhaftigkeit
Alles zu übertrumpfen, kein ^

Land aber erreicht in Bezug
auf künstlerische Durch-
arbeitung aller seiner Er-
zeugnisse das von Frankreich
und Deutschland Geleistete.

Es ist nahezu einstimmiges
Urtheil, und unser National-
gefühl darf sich dabei stolzer
heben, daß im Ganzen
Deutschland anderSpitze
aller ausstellenden Nationen
steht. Der Glanz der all-
gemeinen Anordnung in der
deutschen Kunstgewerbeaus-
stellung hat selbst den, in
Bezug auf Anerkennung
Deutschlands keineswegs
allzu willfährigen Ameri-
kanern geradezu begeisterte
Bewunderung abgenöthigt.

Aber das Nationalgesühl
müßte in Lhauvinismus
Umschlagen,wollte man nicht
zugeben, daß Frankreichs
Truppen der Arbeit im fried-
lichen Kampfe um diepalme
fast gleichen Schritt mit uns
gehen, daß sie in Diesem
und Jenem gar uns voraus,
in Anderem allerdings von
uns ziemlich vollständig
überholt sind. Dabei, möchte
man sagen, stehen in Frank-
reich die verschiedenen Kunst-
gewerbszweige mehr in glei-
cher Linie, während Deutsch-
land , ein Zeichen kräftig
pulsenden Lebens, einzelne
Aeste weit vorgeschickt hat, j
während diese und jene noch ^
der Entwickelung harren.

Den größten Erfolg
auf den ersten Blick, so recht
ein Erfolg auf die Ameri-
kaner wirkend, hat die

Kunstschmiede-Arbeit
davongetragen, wenn auch
das mehr Reinkünstlerische
den herrlichsten Triumph
in der porzellanfabrikation
feiert. Aber es war ein
geradezu unvergleichlicher
Gedanke, den köstlichen
Lhrenhos der deutschen In-
dustrie - Ausstellung , das
größte Prunkstück des „As.-
rrrrMalmres LuilckiwZ",
durch ein riesiges kunstvolles
Gitter abzuschließen, das
zugleich einen feierlichen Ab-
schluß wie zu einem weihe-_ _

platz herstellte, die Herrlichkeiten dieses Platzes aber durch die mächtigen Stäbe
hindurch erblicken ließ und zugleich in sich eins der vornehmsten Werke der Schmiede-
technik aller Zeiten darstellte. Die herrlichen Portale werden nur an Größe, nicht
an Schönheit, durch die des Berliner Königlichen Schlosses, von Altmeister Eduard
puls, übertrosfen, die wohl die gewaltigste Schmiedearbeit der Neuzeit seiu dürften.
Das Werk der Gebrüder Armbrüster in Frankfurt am Main noch zu loben,
erscheint ganz überflüssig; jeder Leser wird sich aus unserer Abbildung die Ueber-
zeugung verschaffen, daß Monumentalität, Reichthum und Geschmack sowie sinn-
gemäße technische Behandlung in gleich hohem Grade zur Erscheinung kommen;
es bleibt nur noch zu sagen, daß auch die Behandlung der Einzelheiten bei Be-
trachtung vor der Wirklichkeit den höchsten Ansprüchen gerecht wird.

Abbildung Nr. 632. Nr'Itvlro-Lüfter für elektrisches Licht.

Neben diesem Riesenwerk haben, sollte man meinen, die übrigen ähnlichen
Arbeiten einen schweren Stand. Indessen ist es das beste Zeichen dafür, daß Deutsch-
land auf dem Gebiete der Kunstschmiede-Arbeiten wieder ganz auf der Höhe der
alten Meister angelangt ist, wenn auch die übrigen Arbeiten sich neben dem Arm-
brüster'schen Werk behaupten. Und das ist der Fall. Namentlich sind die beiden
Abschlußgitter, die rechts und links im Ehrenhofe die vorn offenen Hallen der

Hanauer, Pforzheimer und
Gmünder Goldwaaren-I»-
dustrie und des badischen
Kunstgewerbes abschließen,
jenes von Franz Bre-
che n m a ch e r in Frankfurt,
dieses von F. Bühler <L
Sohn, Vffenburg in Baden,
von tadelloser Arbeit und
hohem künstlerischem Reiz.

Lin weiteres Gitter von
Franz Brechenmacher
in Frankfurt, von ebenfalls
vollendet schöner Ansfüh-
rung befindet sich als wir-
kungsvoller Abschluß im
Transportations - Building
(vergleiche die Beilage im
ersten Bogen) und es ist nur
aufs Lebhafteste zu be-
dauern, daß diese reizvolle
Arbeit so versteckt liegt, daß
nur wenige dazu kommen
werden, ihr volle Würdi-
gung angedeihen lassen zu
können. Gleich Vorzügliches
läßt sich von den Arbeiten
des obengenannten Eduard
Puls sagen, obwohl man
vielleicht bedauern kann,
daß die Erzeugnisse seiner
weltberühmten Werkstatt
nur in solcher Vollen-
dung, nicht in solcher
Fülle und Größe zur
Erscheinung kommen, wie
es zu erwarten war.

Unter den übrigen, durch-
weg gediegenen Schmiede-
eisengegensländen, die in
ihrer Wirkung nur etwas
durch den mangelhaften,
schlecht beleuchteten Platz
unter einer der Gallerten
zu leiden haben, mögen noch
besonders erwähnt sein die
trefflichen Gitter ausFagon-
eisen von L. Mannstädt
ck Lo. in Kalk, das sich in
Deutschland noch lange nicht
genug Verbreitung verschafft
hat, die Treppen des Eisen-
Werkes Ialy in Witten-
berg und unter den Klein-
kunstwaaren diejenigen von
Ferd. Kayser in Leipzig.

Neben diesen trefflichen
Arbeiten kommen die der
übrigen Nationen auf die-
sem Gebiete gar nicht in
Betracht. Belgien und Ita-
lien haben einige Werke der
Aamingitter u. dgl. — ausgestellt, die von guter

Becken,

Kleinkunst — Leuchter ^ ^ ^ ,

Schule zeugen, aber nicht besonders auffallend sind, und selbst Amerika, das Alles
zu zeigen beflissen war, was seine Industrie nur irgend leistet, konnte nur mit
wenigen, allerdings ebenfalls recht guten Arbeiten auftreten, unter denen ein größeres
Portal ganz so aussieht, als wäre es von deutschen Händen gefertigt. Bemerkens-
werth ist nur, daß drüben auch für Außengitter eine Verzierung der Eisen mit
Messinghaftringen mehr als bei uns beliebt ist und daß man nicht nur galvanische
Vergoldung, sondern auch Versilberung und Verkupferung als weiteren Schmuck

eingeführt hat.

Anders ist das Bild, welches die Bronze-Industrie darbietet. Allgemein
sind die Werke nicht von so gleichmäßiger Vollendung wie die vorher betrachteten^
 
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