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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Jäck, Eugen: Der Teppich und seine Wahl für die verschiedenen Zimmer, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0049

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er Depp ich und seine für die verschiedenen Minimer.


'


von Lu

^as Speisezimmer zeigt am Besten einen in ziemlich tiefen,
aber saftigen und farbenglühenden Tönen gehaltenen Knüps-
teppich mit persischem Dessin. Das kräftige, hervortretende
Braun der Möbel und etwaiger Wandvertäfelung bedingt allein schon
volle und satte Farbenstellung für die übrige Dekoration, um gegen
die Umgebung nicht zu sehr zurückzusallen.

Dagegen sind allzu lebhafte Muster in Hellen
Tönen ebenso zu vermeiden, weil darunter
das blendende Weiß des Tischzeuges und
ein hübsches Tafelarrangement entschieden
leiden würde. Moderne Blumenmuster sind
als die ungeeignetsten aus dem Speisezimmer
ZU verbannen, weil sie unwillkürlich in Kon-
kurrenz mit dem Blumenschmuck der Tafel
treten und auf diese Weise ihren ganzen
Glanz verlieren müßten. Die so sehr
beliebten Still-Leben von Früchten,

Wildbret und Fischen in den
Wandfüllungen stehen aus der -
selben Stufe, indem sie zum
Bergleich mit den aus
der Tafel stehenden
Schätzen anreizen,
die doch an sich
schon den
Haupt-
vor-

gen Iäck. (Schluß.)

ferner eine lästige Kollision der Hinteren Stuhlbeine mit der Teppich-
kante zu vermeiden. Bon der Thür bis zur Tafel gelegte Läufer sollen
vorsichtig und gut vom Tapezier am Boden angeheftet werden, denn
schon manche Unschuld vom Lande, mit den Geheimnissen eines Speise-
zimmers nicht vertraut, fiel dieser kleinen Unterlassungssünde zum Ent-
setzen der Hausfrau zum Mpser. Zer-
brochene Schüsseln, beschmutzte Teppiche und
verdorbene Laune sind die Folgen.

Heller und lustiger, reicher in Form und
farbenprächtiger dagegen ist der Salon-
tepp ich. In ihm vereinigt sich Alles,
was Feinheit, Güte des Materials und
vollendete Technik zu bieten vermögen. Bon
dem soliden und kräftigen Muster des Re-
naissance-Teppichs bis zu den zierlichen
leichten Ornamenten und Blumenranken
des Rokoko, in allen Schattirungen
und Nuancen, vom dunkelsten
Roth bis zum hellsten Lreme
bieten die Salonteppiche je
nach Geschmack eine fast
unbegrenzte Fülle.
Diese Mannigfal-
tigkeit bringt
aber auch die
Gefahr
um so

Zug haben,?daß man sie essen kann. Da der reich gedeckte
Tisch die Hauptsache ist und sich beim Eintritt ins Zimmer
aller Augen auf den Schmuck desselben vereinigen, so muß
uuch Sorge getragen werden, diesen Mittelpunkt möglichst
isolircn und herauszuheben. Dazu gehört vor Allem
^ne ruhige in Farben tief gehaltene Unterlage. — Diesen Anforderungen
entspricht an: Meisten der persisch gemusterte Teppich. Es handelt sich
la keineswegs um sklavische Nachahmung des Fremden, sondern darum,
es unseren sozialen Berhältnissen, Sitten und Gewohnheiten anzupassen,
und es so zu dem Unsrigen zu machen. Die ruhige Linienführung
eines persischen Musters, umgeben von etwas hellerer oder dunklerer
Borte geben einen Untergrund ab, der in natürlicher Weise zur Haupt-
biche hinleitet und das Ganze nur um so reicher und blendender er-
scheinen läßt. — Bei den Größenverhältnissen wäre zu beachten, daß
ei besetzter Tafel rings herum mindestens noch soviel vom Teppich
a rig bleibt, um die Tritte der Bedienung unhörbar zu machen und

näher, durch falsche Wahl eines Teppichs einen sonst
hübschen Raum gründlich zu verderben. Es gehört ein
sicheres Auge und praktische Erfahrung dazu, um einen
Teppich für einen Salon außerhalb desselben mit Sicher-
heit als passend bezeichnen zu können. An Drt und Stelle
gebracht, in der Umgebung der Tapete, Plüsch- oder Seidcnmöbel,
Spiegelschränke und Fußkissen gelangen oft schreiende Gegensätze und
nie geahnte Effekte zum Durchbruch. Aengstliche Gemüther lassen sich
z. B. verleiten, die Grundfarbe des Teppichs genau nach der des Sofa-
bezuges oder der Portiäre stimmen zu lassen, um dann die Wahrneh-
mung zu machen, daß der Salon statt schmuck und hübsch, recht lang-
weilig und uninteressant aussieht. Und er wird es um so mehr, je
länger man sich die Sache betrachtet, um schließlich mißmuthig zur
Ueberzeugung zu gelangen, der Teppich sei nicht schön. Nein! — nicht
der Teppich an sich, sondern die fehlerhafte Stimmung, das Anhäufen
einer einzigen Farbe, die in dem Zimmer alles andersfarbige verschlingt

^ Abbildung

Nummer szs.

Echzwickel im VarockUtil Hip Stuck; und Malerei.

Entworfen n. gezeichnet von Nvch. Rich. Dorlchseldt.
 
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