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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Hornig, Fr.: Blumentisch und Pflanzendekoration
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Emaillirte Majolika-Metallplatten für Fassaden und Innenwände
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0124

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Seite 72.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

^Nai-k)eft.

sind natürlich dem resp. Stil des Zimmers anzupassen, und die Industrie hat da-
rinnen nicht allein ungemein viel Schönes, sondern auch ungemein vielseitiges
geboten. Die kompakten Formen der Renaissance wechseln mit den zierlich geschweiften
des Rokoko und den grotesk-anmuthigen und theilweise durchbrochenen des Barock;
dazwischen haben wir auch die auf beträchtlicher Höhe stehenden kunstgewerblichen
Erzeugnisse des Orients, speciell Ehinas, Japans und Indiens. Letztere drei eignen
sich am ehesten für stillose Zimmer, für solche
von ausgesprochen orientalischer Färbung oder
für sogenannte „originelle", vier bleibt es also
auch nur die an und für sich leicht erscheinende
Aufgabe des Laien, das Richtige aus der Menge
des Gebotenen herauszufinden, aber unsere an
Ueberproduktion leidende Zeit macht eben die Wege
gar schwer, zumal da die Preisfrage beinahe überall
von nicht zu unterschätzendem Einfluß'auf den
Erwerb eines Gegenstandes ist.

will mau ein größeres Sortiment Pflanzen
im Zimmer halte», so wird sich allerdings immer
und immer wieder das Bedürfniß nach einem
Blumentisch geltend machen, obgleich derselbe als
„altvaterisch" und geschmacklos in ziemlichen Miß-
kredit gekommen ist. warum? weil in der Blumen-
Branche so gut wie nichts gethan worden ist, um
denselben einem seinen Geschmack und einem edlen
Stil gefällig anzupassen! Die unschönen Korbmacher-
Erzeugnisse mit ihren immer verbogenen Füßen
und ewig verschobenen Linien aus „Großvater
selig" Zeiten her sind natürlich durchaus nicht
verlockend, und die meist rohen Produkte der
Eisen-Industrie haben auch nicht viel Bezauberndes
an sich. Der Möbelfabrikant hat sich aus etwas
unverständlichen Gründen bislang sehr fern von
der „Blumentisch-Frage" gehalten, auch mag es
in der That für Letzteren gerade am schwierigsten
sein, eine befriedigende Lösung derselben herbei-
zuführen. Der Blumentisch soll eine Abwechselung,
eine anmuthige Unterbrechung zu dem übrigen
Möblement bilden, darf also nicht in derselben
Manier wie diese gearbeitet sein. Line leichte
Bauart ist für ihn Natur-Nothwendigkeit, schon
weil er zum Träger anmuthiger, leichter Formen
(was ja die Blätter und Blüthen der Pflanzen
sind) bestimmt ist; darum wird sich für ihn als
Material stets Metall (z. B. Schmiedeeisen) oder
Rohr (z. B. Bambus oder Pfeffer) am Besten
eignen. In Schmiedeeisen läßt sich der Renaissance
in prächtiger weise Rechnung tragen und zu den
beiden französischen Schwester-Stilen wird sich die
leichte Bambus-Rohr-Lonstruktion mit aufgelegter
hellfarbiger und mit Streu-Muster bemalter Stein-
gut- (Porzellan oder dergl.) Platte ganz antik aus-
nehmen. Auch zierliche Metallarbeit, sauber und
reich vergoldet, ist dazu geeignet, dann aber muß
letztere sehr formenzart sein, und eine weiße
Marmorxlatte würde als feinster Abschluß gelten.

Eine andere Blumentisch-Art ist noch die mit
Tannenrinde bekleidete und mit Tannen- und
Kiefernzapfen geschmückte; diese schaut etwas sehr
naturalistisch aus und erinnert an die kunstgewerb-
lichen Leistungen unserer alten germanischen Ahnen
zu Vater Wotan's Zeiten, und doch hat sie etwas
unläugbar Sympathisches, trotz aller ihrer Plump
heit der Form. Dies liegt schon im Material, das
mit dem Zweck des Blumentisches harmonirt, da
es direkt und beinahe unbearbeitet dem Natur-
reiche entnommen, auch direkt an selbiges erinnert,
und anderen Theils läßt sich zu altdeutschen
Zimmern vielleicht solch ein Tannenrinden-
Blumentisch noch am ehesten verwenden, wenn
man gerade keinen stilechten schmiedeeisernen zur
Hand hat. Alle Rohr-Erzeugnisse dagegen sind
für Renaissance nicht passend; sie sind im Allge-
meinen zwar neutral, eignen sich aber nie zu
schweren, gediegenen Formen. Um so mehr werden ^Abbildung Nr. 568.
sie sich zu Hellen Farbentönen, kleineren Raum- Wandmalerei für einen
Verhältnissen und graziösen Möbelformen immer
geschmeidig und gefällig anpassen. — Entschieden ist die Auswahl in Blumentischen,
deren Stand entweder die Fenstermilte, die Aimmerecke, oder bei auffallend schöner
Ausstattung in Rexräsentationsräumen auch die Mitte des Zimmers sein darf, eine
sicherlich sehr geringe; ob daran nun das Publikum oder die Hersteller schuld sind,
ist die bekannte schwer zu lösende Frage. Streng genommen aber müßten Letztere
stets das „Leit-Motiv" (um nach Wagner zu reden) darstellen, denn das Publikum
will etwas sehen, danach sein mehr oder minder richtiges Urtheil bilden und dann

erst kaufen. Und das hat vieles für sich! — Der Meister der Kunst oder des Kunst-
gewerbes soll für die Allgemeinheit denken und empfinden, soll deren instinktivem
verlangen feste, bewußte Formen geben, und dann wird die Allgemeinheit —
natürlich stets die gebildete, mit der ja hier überhaupt nur zu rechnen ist — den
Richterspruch abgeben: „Ja, so haben wir's uns gedacht!" oder — „Nein, hier
sind diese und jene Mängel!" — Das Bedürfniß, das verlangen des Laien wird

immer viel zu unbestimmt, viel zu wenig klar und
bewußt sein, als daß es bei einer Bestellung voll
und ganz das geistige Bild des Auftraggebers zum
Ausdruck bringen kann, und selbst bei größter
Intelligenz des schaffenden Meisters wird schwerlich
ganz das Gewollte des bestellenden Laien dann
erreicht worden sein. Lrsterer muß vielmehr das
ausgereifte, abgeklärte Lrgebniß seines Strebens
und Könnens praktisch vorführen und dem Laien
zum Angebot machen, so daß diesem nur die Wahl
zwischen dem Linen oder dem Anderen übrig bleibt.

Diese Ansicht bringt jedenfalls die ersprieß-
lichste Lösung in der Frage von der Wechsel-
Wirkung zwischen dem Publikum und der Kunst-
welt (oder Kunstgewerbe), wenngleich von einer
definitiven Trennung und Begrenzung ja nicht die
Rede sein kann und wohl auch nie sein wird.
Ls wird so oft und so viel von Seiten der jungen
Kunstbeflissenen geklagt, daß inan gar nichts „Neues"
mehr leisten könne; — und, der Blumentisch steht
noch lange nicht auf der Höhe, wo es keine Ver-
besserung mehr gibt! Nur frisch herbei, und
versucht Euer Können, — er bietet sicher ein
lohnendes Feld!! —

Emaillirke Majolika-Mekallplattrn für
Fassaden und Innenwände dienen neuer-
dings als Ersatz für die zerbrechlichen, schweren
Thon- und Porzellanplatten. Dadurch, daß sie auf
ihrer ganzen Außenfläche emaillirt sind, ist ein
Vxydiren irgend einerStelle derselben ausgeschlossen.
Die Platten werden mit Mörtel befestigt; die ein-
gebogenen Kanten verhindern nicht nur das Ab-
fallen, sondern ermöglichen eine Befestigung, welche-
äußerst dauerhaft und derjenigen der Thonplatten
überlegen ist. wo die Befestigung mit Mörtel
nicht thunlich ist, wie bei Holzwänden, können die
Platten auch angeschraubt oder angenagelt werden.
Da die metallenen Platten nur ungefähr den dritten
Theil des Gewichtes der Thonplatten unter gleichen
Verhältnissen besitzen, so hat man bei Verwendung
elfterer mit einer unwillkommen hohen Belastung
irgendwelcher Gebäudetheile, z. B. von Decken
u. dergl., nicht zu rechnen, ganz abgesehen davon,
daß beim Transport die Fracht bedeutend billiger
ausfallen muß. Lin schon erwähnter Vorzug der
Metallplatten gegenüber den Thonplatten liegt in
der Anzerbrechlichkeit der elfteren; da diese ferner
nicht porös sind, ist auch die Aufnahme der ge-
fährlichen Spaltpilze, welche namentlich in Be-
hältern oder Wannen u. dergl. bei Verwendung
von Thonplatten unter Amständen zu befürchten
ist, ausgeschlossen. Diese Vorzüge machen sie be-
sonders zur Verkleidung der wände von Räum-
lichkeiten geeignet, welche einer häufigen Reinigung
unterzogen werden müssen und durch Feuchtigkeit
nicht leiden dürfen, wie Küchen, Speisekammern,
Badezimmer, Hausflure, Läden (hauptsächlich
Fleischerläden), Pferdeställe u. dergl. Auch zur
Inneu- u. Außen-Ausschmückung von wohnräumen

jeder Art und zu Fassadenverzierungen kann man
die Platten mit Erfolg anwenden und sie an Stelle-
der Freskomalerei und der Mosaik setzen, welche
beide bekanntlich ungemein unter den witterungs-
einstüssen zu leiden haben und deshalb eine be-
schränkte Anwendung erfahren. Außerdem haben
die emaillirten Platten den Vorzug der Billigkeit,
Amur-Imptrgkor von Mart. Wiegand, welcher sie geeignet macht, die malerische Ausbil-
tzochzeiis-Gesellschafts-Saai. vergl. auch s. 77. ^""2 ^ebäudefassaden mehr in Aufnahme ZN

bringen, als es bisher der Fall ist. Die Form der
Platten für die jeweilige Art der Anwendung kommt dabei nicht in Betracht; die-
selben werden vielmehr in allen Größen und Formen hergestellt, so daß sie z. B.
als Einlagen in wandvertäselungen und Holzdecken oder als Friese, Nischen, Füllungen,
Lünetten, Giebelfelder, Pilastereinlagen oder für sonstige Zwecke dienen können, für
welche sie der Architekt einem beliebigen Stile angemessen für jeden besonderen Bau
anordnet, weil die Ausführung der Platten nicht von einer besonderen Mahl derselben
abhängig ist, hat der Architekt beim Entwurf in Bezug auf Farbengebung freie Hand. —
 
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