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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Dankwardt, L.: Berliner Kunst-Stickerei
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Die Stoff-Tapete in Sens: von unserem Spezial-Korrespondenten in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0332

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Seite s89-

Dezember-Hest.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Heims und des behaglichen Familienlebens zum Bewußtsein zu bringen.
Auch eine große Anzahl ihrer Schülerinnen ist aus der Ausstellung ver-
treten. Sie stehen zum Theil im Kampfe mit den Forderungen der
Industrie und mit den Ansprüchen des Publikums. So ist es zu be-
greifen, daß sie in Feinheit der Farbengebung nicht immer ganz auf
der Höhe dessen bleiben, was der geläuterte Geschmack verlangt. Beberall
aber ist reges Leben und kraftvolle Zeichnung anzuerkennen. Die Schätze
der Freifrau von Lipperheide bekunden Geschmack und Vielseitigkeit,
bisweilen ist hier eine übertrieben naturalistische Richtung vertreten.
Man vergißt, daß das Hauptgewicht in der Dekoration auf harmonische
Wirkung gelegt werden muß. Es kommen öfters zu starke Betonungen
des Details in der Karakteristik der Zeichnung, noch häufiger falsche
Schätzungen der Farbenwerthe vor. Noch allzu oft find ungleich starke
Schattirungen verschiedener Farben in einem Stück verwendet; dadurch
löst sich das Ganze, besonders in der Entfernung, in unkünstlerische

tte in -ZWekis.

von unserem Spezial-Aorrespondenten in Paris.

^nter all den vielen Kunstwerken in Gobelin- und anderen
Geweben, welche Frankreich besitzt, und die man dort unter
dem Namen Tapisseries zusammenfaßt, befinden sich gar
manche, die in alten Schlössern, in Klöstern und Kirchen verborgen für
die Melt im Allgemeinen verloren sind und von deren Existenz nur sehr
Wenige Kenntniß haben. Eins der hervorragendsten darunter, ja viel-
leicht das bedeutendste und schönste, ist die Tapisserie der Kathedrale
von Sens. Kaum vier Bieter breit und gegen 80 Tentimeter hoch, ist
dieses panneau, welches wohl zu einer Altarbekleidung bestimmt war,
doch von einer Pracht, von so hohem künstlerischen Geschmack, im
Entwurf und in der Ausführung, daß man den Eindruck, welchen es
hervorruft, nie wieder aus der Erinnerung verliert. Die Tapisserie



Nei3L LhsH r.c!

Abbildung Nr. 83g. Nordfrivstl'rhtz Vauernffnbs. flach brr Uatur gezeichnet non Fritz Schah, Schüler der Fachschule für Kunsttischler in Flensburg.

Formen auf. Alles in Allem aber können wir mit Befriedigung auf
unsere junge Stickerei-Kunst blicken. Bedenken wir, daß das Vorhandene
innerhalb weniger Jahrzehnte sich aus vollständiger Niederlage ent-
wickelte, so ist die Hoffnung nicht ausgeschlossen, daß wir unsere Meister,
die Orientalen, noch in Feinheit des Farbensinnes und in Flächen-
haftigkeit der Entwürfe erreichen werden. Was das klarere Licht der
tropischen Sonne jenen zartfinnigen Stickern des Orients an Nebergewicht
verleiht, ergänzen wir durch kraftvolle Zeichnung, die unser höheres Maß
für die Werthschätzung der freien Persönlichkeit uns möglich macht. —

Sktthlr und Schemel, bei welchen unter den Sitz eine Fuß-
bank angeordnet ist, erhielt Philips durch ein amerikanisches Patent
geschützt, und zwar ist bei demselben die Fußbank unter dem Sitze
aufgehangen und wird, sobald Jemand auf einem solchen Schemel
Platz nimmt, die Auslösung der Fußbank bethätigt und letztere unter
die Füße der auf dem Stuhl sitzenden Person geschoben. (Mitgetheilt
vom Patent- und technischen Bureau von Richard Lüders in Görlitz.)

stellt den Triumph zweier Frauen dar, der dem der Madonna als Folie
dient, nämlich die Krönung von Bathseba durch Salomon und Esther
zu Füßen des Ahasverus, der sie mit seinem Scepter berührt und sie
damit zur Königin macht. Welchem bedeutenden Maler oder Zeichner
der Vorwurf seine Entstehung verdankt, ist ebensowenig festgestellt, als
aus wessen Händen das Gewebe hervorgegangen. Man weiß, daß
Van Eyck den Karton für eine Tapisserie angefertigt und es ist nicht
unwahrscheinlich, daß er für das Gewebe in Sens gedient hat; der
Ausdruck der Gesichter, die edle Haltung der Köpfe, die Harmonie der
Linien legt diese Vermuthung sehr nahe. Der Kunstweber aber, glaubt
man, war Allardin de Souyn, der im Palast, welchen der Erzbischof
Sens in Paris besaß, lebte, und aus dessen Bestellung er muthmaßlich
die prächtige Altarbekleidung anfertigte.

Seide, Gold, kostbare Steine sind mit zur Herstellung des Gewebes
verwendet. Zn den Gewändern, deren Dessins Laub und Früchte dar-
stellt, dominirt die rothe und gelbe Farbe und überall ziehen sich seidene
 
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