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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Bothmer, Heinrich: Die Gobelins, [2]
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Indische Metall-Industrie
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0334

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Dezember-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

kam es dazu, daß man die Gobelinsarbeiter nicht mehr per Tag,
sondern per Jahr bezahlte, was ihnen ermöglichte, als wirkliche Künstler
mehr auf die Qualität, als auf die Quantität Bedacht zu nehmen.
Dann brach die Revolution herein, und der Titoyen Maral setzte es
durch, daß, ebenso wie der Manufaktur von Sevres, auch der Gobelin-
manufaktur die jährliche Subvention von 500,000 Franken entzogen
wurde. Nichtsdestoweniger vegetirte sie weiter, bis sie unter dem Direk-
torium reorganisirt und unter dem Konsulate wieder aufgerichtet wurde.

Napoleon I. als Kaiser brachte wieder neues Leben in die Gobelins-
werkstätten, doch begann
inan leider mit dein alten
Fehler,David'scheGemälde
kopiren zu wollen, und der
alte Zwist zwischen Malern
und Gobelins - Arbeitern
brach von Neuem aus.

Unter der Restauration
wurde die von Mignard
ehemals eingerichteteSchule
für Gobelinsmaler wieder
ins Leben gerufen und seit
dem Jahre s825 ein che-
misches Laboratorium mit
der Färbereiabtheilung ver-
bunden, unter der Direktion
des um die Farben und Fette
sehr verdienten Thevreul,
welcher insbesondere die
Farben-Kontraste studirte
und schließlich erkannte, daß in der Gobelinsfabrikation seit einem
halben Jahrhundert schwere Fehler begangen seien. Man kam wieder
darauf zurück, einfachere und besser verbundene Farben anzuwenden
und angenehme Effekte hervorzubringen, anstatt unsinniger Meise Meister-
werke abkonterfeien zu wollen.

Zn diesem Sinne, in der alten Weise, in welcher die Meistergobelins
aus der Zeit Ludwigs XIV. ausgesührt sind, wird auch jetzt wieder
in der Gobelin-Manufaktur gearbeitet. Anstatt wie früher, wo man
glaubte, daß das erste beste Gemälde als Gobelinmodell fungiren könne,
arbeitet man jetzt nur nach
Kompositionen, die für den be-
treffenden Gegenstand besonders
entworfen sind. Wenn das
Resultat der heutigen Gobelins
häufig wenig befriedigt, so darf
man dieses keineswegs dem
Arbeiter zum Vorwurf machen
wollen, sondern es ist so, weil
die heutigen Modellzeichner noch
nicht jenes dekorative Gefühl
wiedergefunden haben, welches
ihre Vorgänger besaßen. Uebri-
gens steht die französische Go-
belin-Manufaktur mit ihren
Produkten noch immer allen
ähnlichen Erzeugnissen voran,
doch ist ihre Fabrikation eine
sehr geringe, einerseits da der
moderne Geschmack diesen herrlichen Erzeugnissen wenig hold, anderer-
seits aber der Preis dafür nicht Jedermanns Sache ist.

Abbildung Nummer 8-Z2. Truhe in vstk'rirs. Bauernstil. Gezeichnet v. I. Nissen.

Iltdilichp Mrlall-Industrie. Diese Industrie, die durch die
Prunkliebe der Herrscher und den Reichthum des Landes wesentlich
gefördert ist, steht, wie das Kulturleben des Grients, unter starkem
persischen Einfluß, unterscheidet sich aber von der, edle und einfache
Formen liebenden persischen Industrie durch größere Prachtentfaltung
und größeren Reichthum des Rohstoffes.

Indien ist mehr als jedes andere Land das Land des Schmuckes;
selbst der Bettler trägt Gold, Silber und Edelsteine. Kaste, Familien-
stand wird durch den Schmuck gekennzeichnet, und selbst kleine Kinder

tragen kiloweise Gold und Silber an sich. Diese Sucht, alles edle
Metall zu Schmuck zu verarbeiten, ist bisher auch das schwere Hinderniß
für die Einführung der Goldwährung in Indien gewesen. Soweit der
Edelmetallschmuck gottesdienstlichen Zwecken dient, ist er in Form und
Bearbeitung roh, weil hier der persische, mohammedanische Einfluß
fehlt. Die Email-Technik ist hoch entwickelt, ihr Hauptsitz ist Dschaipur.
Eine Indien eigene Technik ist die Herstellung von Bidery, nach der
Stadt Bider so genannt. Man versteht darunter eine Legirung aus
Kupfer, Zinn, Blei und Zink. In die aus dieser Legirung gegossenen

Gegenstände werdenMuster
ziselirt und diese mit edlem
Metall ausgefüllt. Dann
wird das Gefäß schwarz
gebeizt mit einer Beize,
welche die edeln Metalle
unberührt läßt, so daß das
^ Muster sich hell und glän-
zend vom schwarzenGrunde
abhebt.

Die Tauschirung wird
nach zwei verschiedenen
Techniken in Indien be-
trieben und ist weit ver-
breitet, besonders die we-
niger schwierige Art, bei
der man auf rauh gefeilten
blauen Stahl Edelmetall-
draht legt und festschlägt
und dann den Gegenstand
glüht und polirt. — Ungemein ausgedehnt ist der Gebrauch von
Messing, namentlich von Geschirr; Hauptort der Messing-Industrie ist
Benares. Das indische Messing ist eine Legirung von sieben Metallen:
Kupfer, Zink, Gold, Silber, Blei, Eisen und Zinn. Die Gegenstände
werden meist glatt hergestellt, theilweise aber auch reich ziselirt. Dies
gilt namentlich von den Trinkgefäßen, die in der Regel jeder Indier
bei sich führt. Line besondere Arbeit ist die Moradabad-Arbeit, bei
der das Messing mit Silber oder Zink überzogen wird und beide Metalle
auf dem Wege der Ziselirung zur Geltung gebracht werden. — Kupfer

wird in Indien nicht sehr hoch
geschätzt, es kommt sehr häufig
vor. Sitz der Kupferschmiede-
kunst ist vor Allem Kaschmir.
Das Kupfer wird nicht nur
getrieben, sondern auch ziselirt
und in durchbrochener Arbeit
verwendet.

Die Stahl-Industrie erhält
ihren Rohstoff aus dem Nord-
westen und dem Süden des
Landes. Die Art der Eisen-
gewinnung und ebenso die des
Schmelzens ist sehr wenig ent-
wickelt. Das Eisen, ein Magnet-
eisen, liegt in den Bergen nahezu
zu Tage und wird mit kurzen
Stäben und Hacken gewonnen.
— Die Schmiedekunst ist be-
sonders in Afghanistan hoch entwickelt. Die Frage liegt nahe, ob
Europa aus der indischen Metall-Industrie, deren prächtige Erzeugnisse
jetzt viele Schaufenster unserer größeren Städte schmücken, Vortheile
ziehen könne. Nach der rein technischen Seite ist die Frage zu verneinen,
nach der kunstgewerblichen Seite jedoch zu bejahen. Namentlich die
Wirkung, die durch Verwendung verschiedener Metalle erzielt wird,
dürfte auch bei uns Beachtung verdienen. („Iiiustr. Z»g. f. Blech-Indusia-".)

-—c, .

iß bitten

die verschiedenen Mittheilungen der Schrift-
leitung und der Geschäftsstelle in der Inseraten-
Beilage des vorliegenden Heftes freundlichst
zu beachten!
 
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