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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Faulwasser, Julius: Die Leiste als Dekorationsmittel bei Wandbekleidungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0027

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Seite (3.

Januar-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

ZAeiste als "Melwrationsnnttel bei ^Eandbeklerdungen.

von Julius Faulwasser.

ist es nicht zu viel gesagt, daß man zu keiner Zeit der Leisten als
Wanddckorationsmittel bat entrathen können. Schon sobald es irgend
darauf ankam. die großen Wandstächen eines Raumes überhaupt nur
zu theilen. bedurfte man ihrer. Ganz unentbehrlich aber wurden
sie, wenn die Füllungsflächen mit Gobelins bespannt werden sollten, weil daun die
Näthe zwischen den Wandteppichen und Friesen einer Bedeckung bedurften. Ist
die Leiste aber ein Mittel. diesem Zweck in einfachster und praktischer Weise zu
genügen, so gewann man mit ihr zugleich auch den andern, ersten vortheil einer
korrekten und geradlinigen Begrenzung der einzelnen Wandfüllungen, wie solche
durch eine cingewebte Rahmenleiste niemals zu erzielen gewesen wäre. — Rein
Wunder ist es daher, daß die moderne Dekorationskunst sich die immer weitergehende
Ausbildung des Leistenzierwerks wohl angelegen sein ließ. Eigenthümlich aber ist
der Weg. den sie hierbei -ungeschlagen hat. und den wir versuchen wollen in seinen
typischen Zügen zu karakterisircn.

Blicken wir zurück in die Zeitperiodc, in der vor etwa hundert Zähren die

putzes die Tapeten auf hohl untergespannte Leinwand geklebt wurden, ein ver-
gehen. durch das sich zum weiteren Nachtheil unbegrenzte Schlupfwinkel für Unge-
ziefer bildeten, und nachdem man angefangen hatte, den Wandputz sauber durch-
zuführen, ja ihn in der Folge sogar mit einem Ueberzug aus feinem Kalk zu
versehen, der sich bis zu tadelloser Glätte filzen und eventuell später sogar noch
schleifen ließ, da war man in der Lage, auch den Tapetenleisten wieder in viel
mannigfaltigerer Weise Anwendung zu verschaffen. denn nun ließen sich dieselben
auch unterhalb breiter Borden zwischen diesen und dem Tapeteufond anwenden
und erfüllten hier zugleich den praktischen Zweck, bei schweren Tapeten die Nath
zu decken, an der sich das Klebemittel sonst zuerst einmal lösen könnte. Ls lag
nun nahe, die Borden und Leisten auch in den Ecken herunterzuführen, und bei
reicherer Ausstattung ging inan sehr bald noch einen Schritt weiter, schob außerhalb
der Borde noch einen Fries je nach der Art des Raumes in Holztapete, Uni oder
Velour ein und konnte nun diese Friesstreifen zur Theilung langer Wände in ein-
zelne jdanneaur auch senkrecht hinunterführeu. Hierdurch öffnete sich Gelegenheit

Abbildung Nr. HM- Abbildung Nr. HM- Abbildung Nr. 'HM. ^

Handdruck-Tapeten für Salons etc. (in Velour-, Brokat- oder farbiger Ausführung) von C. Hochltättev Sk Höhne, Tapetenfabrik, Darrnyadk.

Anwendung von jdapiertapeten überhaupt zuerst allgemein wurde, so zeigt sich, daß
man Anfangs besondere Borden für die Tapeten selten anfertigte. Die Bahnen
wurden vielmehr vor dem Ankleben unten und oben ebenmäßig beschnitten und
die Begrenzung durch einen aufgenagelten kleinen Rundstab oder eine Aarniesleiste
aus Holz hergestellt. Waren etwas mehr Mittel zur Verfügung. so wurde diese
kleine Leiste vergoldet und eine weitere Variation ergab sich durch die Verwendung
der sogenannten Flammleisten, d. h. ebenso profilirter Leisten, denen aber durch
Pressung eine gerollte (Oberfläche gegeben war. Noch heute finden wir diese Aus-
stattungsart hauptsächlich in Rokokozimmern erhalten, unter deren oft großen Decken-
vouten diese kleinen meist unr bis zu 2 ara breiten Goldleisten gar nicht übel
wirken, aber doch „ur Eindruck großer Anspruchlosigkeit Hervorbringen können.
Es war daher kein Wunder, daß bald die bedruckten sdapierborden mehr und mehr
Verbreitung fanden; ihnen ließ sich eine größere Breite geben und man konnte
darin die Farben der Tapeten wiederholen. Za, binnen Kurzem glaubte man sich
sogar von der geradlinigen Form der Leiste entfernen zu können und die Borden
wurden an der inneren Seite gewellt beschnitten. Dies konnte aber nur eine vorüber-
gehende Laune der nenerungssjjckstchen Mode sein und bald gewann die allmählig
tu Farben reicher ausgestattete gerade Borde wieder die Oberhand. Nachdem man
dann in de,, ersten Zohrzehnten dieses Jahrhunderts die alte Ausführungsweise
verlassen hatte, zufolge der wegen gänzlich mangelnden oder unvollkommenen Wand-

zu immer reicherer Ausbildung, denn binnen Kurzem ließ man sich die Veranlassung
nicht entgehen, unterhalb der Decke, oberhalb der Fußleiste und in den Ecken herum
eine schwere Dekorationsleiste zu führen, dann den Unifries folgen zu lassen, ihn
durch eine kleinere Leiste von der Decke zu trennen, und zwischen diese und den
eigentlichen Tapetenfond noch eine dritte kleinere Leiste einzufügen.

Mit dieser sich erweiternden Anweudungsinöglichkeit von Leisten mußte natürlich
die Tapetenfabrikation Schritt halten; denn kaum hatten die reichsten Bauherrn
angefangen, sich solchen Luxus zu gestatten, da schrie auch schon die Masse des auf
äußeren Schein hin arbeitenden Spekulations-Bau-Publikums nach papiernem Ersatz
dieser Ausstattungsweise und es dauerte nur kurze Zeit, da gab es Tapetenborden
bis zu erstaunlichen Breiten, die alle oben bezeichneten Theile in sich schlossen und
die zu ihrer Abgrenzung die Imitationen der feinsten Leistenprofile zeigten, ja,
ohne Schwierigkeit im Staude waren, letztere noch zu überbieten, indem sie durch
Darstellung umwundener Stäbe, aufgelegter Blätter und ornamentaler reichster
Dekoration der Eckstücke mit Mitteln zu arbeiten vermochten, wie solche bei Ver-
wendung von massiven Leisten vorher nie zur Verfügung gestanden hatten. Würden
diese reichen Tapetenleisten nur am richtigen Brt, d. h. da, wo bei wirklich ent-
sprechend großartiger Raumgestaltung massive Leisten ihrer vortretenden jdrofilirung
wegen hinderlich gewesen wären, angewendet sein, so dürfte in ihnen zweifellos
nur ein mit Freuden zu begrüßendes neues Dekorationsmittel erkannt werden. Leider
 
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