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Mai-Heft.
Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.
gaben, welche jedoch mehr privaten Karakter haben, Bouqueten, Kränze,
Diplome, Albums rc. dienen zum Schmücken der Privaträume.
charmante zwischen dem Schmuck und der Einrichtung, der
Möblirung der Wohnräume. Jeder Einrichtungsgegenstand soll in
steckt werden muß. Stangen, Ringe und Schnüren mögen daher aus
gutem Material, mit angemessenen Dekorationen gefertigt sein. Portieren
über den Thüren, besonders aber über den in Angeln zu öffnenden,
anzubringen, hat seine Bedenken. Bei Schiebethüren sind sie am Platze,
erster Linie seinen Zweck erfüllen und darf durch den Schmuck diesen: doch sind sie in diesen: Fall Schmuck und können daher als feste Draperie
uicht entzogen werden, Ich spreche hier wieder von der Gardine. Die arrangirt sein. Noch weniger zweckentsprechend ist das Belegen und
Gardine dient zun: Abschluß _ Bestellen von Gebrauchsmö-
des durch das Fenster ein-
dringenden Lichtes oder der
Micke Außenstehender. Da
wir nun diese Zwecke nur ^zeit-
weise zu erfüllen wünschen, so
wuß sich die Gardine mühelos
dazu gebrauchen, also öffnen
und schließen lassen. Das ge-
schieht an: besten durch glatt
herniederhängende, an Stangen
mit Ringen befestigte, mit Zug-
schnüren versehene Gardinen.
Die festgenagelten Gardinen-
drapirungen, wie wir sie noch
vielfach aus der Empire- und
Biedermaierzeit herüber ge-
rettet haben, sind geschmack-
und stillos, weil nicht zweck-
entsprechend. Dasselbe gilt
für die Portiere. Sie dient
zur bald offen, bald geschlossen
gewünschten Verbindung der
Wohnräume. Lediglich als
Schmuck können wir über die
Gardine oder Portiere eine
feste Draperie anbringen, ge-
wissermaßen zur Maskirung
der nur schmucklos hergestellten Ring- und Zugvorrichtung, vornehm
und ästhetisch schön ist eine solche Drapirung trotz eines häufig eleganten
Faltenwurfs nicht. Ich huldige dem stilistischen Grundsatz, daß jede
technische Nothwendigkeit sichtbar und so hergestellt sein soll, daß sie
selbst als Schmuck dient und nicht durch eine fremde Schmückung ver-
Abbildung Nummer 5S2. Speisp - Saal iu flandrischen Motiven.
Ausgeführl in der Hof-Möbelfabrik von Eduard wcllhausen in Hannover. Näherer siehe Beschreibung.
beln mit Schmuckgegenständen,
von welchen sie gelegentlich
des Benützens entfernt werden
müssen, oder mit welchen sie
in keiner passenden Beziehung
stehen. Aus verschiedene Ge-
brauchstische, aus Bücherborde,
Büffets, — Vasen, Albums,
Nippes und dergleichen zu
stellen, widerspricht einem guten
Geschmack. Aus den Schreib-
tisch gehören nur die Schreib-
utensilien nebst einigen theuren
Fotografien und bei entspre-
chendem Bau desselben als
Krönung eine Büste, eine Uhr,
eine Lampe rc. Die obere
Etage des Bücherbordes zieren
ähnliche Schmuckgegenstände.
Das Büffet soll nurGebrauchs-
geräthe für den Speisetisch aus-
nehmen. Bei geschmackvoller
Wahl derselben sind sie ja zu-
gleich Schmuck. Ein paar
Vasen, Zierschüsseln, Becher,
Krüge, auch wenn sie nicht
zum Gebrauche dienen, finden
ebenfalls ihren Platz aus dem Büffet, doch an einer Stelle, an welcher
sie die Benutzung desselben nicht hindern. Alle Gegenstände, welche
keinen cSweck zu erfüllen, sondern nur ihrer Schönheit, ihres Kunst-
oder Gesühlswerthes wegen einen Platz im Hause finden, gehören auf
(-rumeaux, Gueriüons, LtagLren, <zierschränke, überhaupt auf Möbel,
Mobiliar des Zimmers bilden; einige leicht erreichbare Kleiderrigel
von Holz mögen zur Ordnung halten, ein feststehendes Gestell mit
offenen Gefachen zur Ausnahme der Spielsachen soll auch dazu beitragen.
Ein vorragender eiserner Wandarm mit Schaukelringen, ein nicht
zu kleines bewegbares Seegraskissen und ein Stück Kokosmatte könnte
die Ausstattung ergänzen. Nun noch eine Kiste gewaschenen und ge-
trockneten Spielsandes, dazu holzformen zun: Sandkuchenbacken; leicht-
verständliche Thierbilder und Kinderscenen, sowie einige gute Tafeln
des Anschauungsunterrichtes könnten die oberen Wandflächen füllen.
Ist ein Ofen in: Zimmer, so empfiehlt es sich, denselben mit ent-
sprechend hohen: Rundstabgitter ohne Spitzen zu umgeben, damit
Karlchen kein Feuerchen inacht und Mäxchen sich seinen Dickkops nicht
an den Osenkanten zerbeult. Sind die Fenster leicht erreichbar, so sind
dieselben bis zu einer gewissen höhe ähnlich zu schützen, damit Klctter-
gelüste keinen unglücklichen Ausgang aus den Hof nehmen. Blumige
Vorhänge aus Kattun oder Trctonnestosf können einsallendes Sonnenlicht
dämpfen, sonst sind die Fenster frei zu lassen, um den Kindern recht
freien Ausblick zu gestatten.
Allzu theurer und komplizirter Spielsachen bedarf es nun gar nicht
mehr; erfahrungsmäßig spielt es sich ja mit zerbrochenen Stücken, mit
Fußbank und Stiefelknecht, die als Püppchen angekleidet werden, viel
schöner, denn an diesen ist nichts mehr zu entziffern und zu enthüllen,
dem Kindergeist muß alles offen zu Tage liegen! Wehe dem Spielzeug,
das ein Räderwerk birgt oder Musik macht, den rührigen Fingern und
den neugierig suchenden Schelmenaugen bleibt nichts verborgen!
Aber ich weiß ein Ruttel, das die unruhigen Geister bannen wird:
Papa mag irgend wo im Zimmer einige Stückchen weißer Kreide,
Holzkohle und Rötelstist hinlegen, und es wird nicht lange dauern, daß
die unteren gestrichenen Wand- und Thürtheile sich mit den schönsten
Zeichnungen von allerhand möglichen: und unmöglichem Gethier, Reitern,
Knaben, Mädchen, Karrikaturen, Bäumen, Häusern und Geräthen und
allen nur denkbaren Dingen aus dem Bereich der eigenen Anschauung
bedecken werden. Und ist Papa oder Mama dazu im Stande, nun,
so mögen sie selbst etwas vorzeichnen, so gut oder schlecht es geht, sie
werden ungeahnte Freude an der künstlerischen Bethätigung ihrer Kleinen
erleben. Die Zeichnerei wird ab und zu mit schwacher Seifenlauge ab-
gewaschen, und kann das lustige Treiben wieder von Neuem beginnen.
Wer die Geldmittel besitzt, kann auch die untern Wandflächen mit
Kiefern- oder Tannenholz täfeln und mit wenigen Lasurfarben behandeln
lassen, während die oberen Wandflächen flotte und frische Malereien
aus getünchten: Grund nach Art der Otto hupp'schen erhalten.
Ein derartiges Zimmer wird die kleine Schaar stundenlang fesseln,
wird Papas Schreibtisch und Bücher, Mamas gute Stube und Zier-
sachen vor frechen Eingriffen seien und außerdem eine nicht zu unter-
schätzende Macht bei der Erziehung auf das Kindergemüth ausüben,
hier in: Kinderzimmer mag Papa auf allen Vieren sich zu:,: Reitpferd
erniedrigen lassen, sich auf dem Fußbodenbelag mit seinen Lieblingen
Herumbalgen, Mama kann sich n:it hinhocken, um im Sand zu spielen,
Soldaten aufzubauen und umzuwerfen u. a. m.
So denke ich mir ein Kinderzimmer! Und wenn Mama den
Kleinen von diesen Zeilen erzählt, ihnen ein eigenes Märchenreich
zuweist, dann wird sie Iubiliren und Lachen ernten, wird sie weniger
Ursache haben zu schelten und zu strafen — — ihre Zimmer werden
von der kleinen Demeinde respektirt werden, Körper und Geist der Lieb-
linge wird sich fröhlich entwickeln und selbst eine unvermeidliche „Katz-
balgerei" in: Reich der Kleinen wird ohne Gefahr für diese und die
Zimmereinrichtung geschehen können! Ich aber höre eine Anzahl feiner
Stimmchen rufen: Komm' Onkel Otto, sei du auch unser Spielgefährte! —
Mai-Heft.
Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.
gaben, welche jedoch mehr privaten Karakter haben, Bouqueten, Kränze,
Diplome, Albums rc. dienen zum Schmücken der Privaträume.
charmante zwischen dem Schmuck und der Einrichtung, der
Möblirung der Wohnräume. Jeder Einrichtungsgegenstand soll in
steckt werden muß. Stangen, Ringe und Schnüren mögen daher aus
gutem Material, mit angemessenen Dekorationen gefertigt sein. Portieren
über den Thüren, besonders aber über den in Angeln zu öffnenden,
anzubringen, hat seine Bedenken. Bei Schiebethüren sind sie am Platze,
erster Linie seinen Zweck erfüllen und darf durch den Schmuck diesen: doch sind sie in diesen: Fall Schmuck und können daher als feste Draperie
uicht entzogen werden, Ich spreche hier wieder von der Gardine. Die arrangirt sein. Noch weniger zweckentsprechend ist das Belegen und
Gardine dient zun: Abschluß _ Bestellen von Gebrauchsmö-
des durch das Fenster ein-
dringenden Lichtes oder der
Micke Außenstehender. Da
wir nun diese Zwecke nur ^zeit-
weise zu erfüllen wünschen, so
wuß sich die Gardine mühelos
dazu gebrauchen, also öffnen
und schließen lassen. Das ge-
schieht an: besten durch glatt
herniederhängende, an Stangen
mit Ringen befestigte, mit Zug-
schnüren versehene Gardinen.
Die festgenagelten Gardinen-
drapirungen, wie wir sie noch
vielfach aus der Empire- und
Biedermaierzeit herüber ge-
rettet haben, sind geschmack-
und stillos, weil nicht zweck-
entsprechend. Dasselbe gilt
für die Portiere. Sie dient
zur bald offen, bald geschlossen
gewünschten Verbindung der
Wohnräume. Lediglich als
Schmuck können wir über die
Gardine oder Portiere eine
feste Draperie anbringen, ge-
wissermaßen zur Maskirung
der nur schmucklos hergestellten Ring- und Zugvorrichtung, vornehm
und ästhetisch schön ist eine solche Drapirung trotz eines häufig eleganten
Faltenwurfs nicht. Ich huldige dem stilistischen Grundsatz, daß jede
technische Nothwendigkeit sichtbar und so hergestellt sein soll, daß sie
selbst als Schmuck dient und nicht durch eine fremde Schmückung ver-
Abbildung Nummer 5S2. Speisp - Saal iu flandrischen Motiven.
Ausgeführl in der Hof-Möbelfabrik von Eduard wcllhausen in Hannover. Näherer siehe Beschreibung.
beln mit Schmuckgegenständen,
von welchen sie gelegentlich
des Benützens entfernt werden
müssen, oder mit welchen sie
in keiner passenden Beziehung
stehen. Aus verschiedene Ge-
brauchstische, aus Bücherborde,
Büffets, — Vasen, Albums,
Nippes und dergleichen zu
stellen, widerspricht einem guten
Geschmack. Aus den Schreib-
tisch gehören nur die Schreib-
utensilien nebst einigen theuren
Fotografien und bei entspre-
chendem Bau desselben als
Krönung eine Büste, eine Uhr,
eine Lampe rc. Die obere
Etage des Bücherbordes zieren
ähnliche Schmuckgegenstände.
Das Büffet soll nurGebrauchs-
geräthe für den Speisetisch aus-
nehmen. Bei geschmackvoller
Wahl derselben sind sie ja zu-
gleich Schmuck. Ein paar
Vasen, Zierschüsseln, Becher,
Krüge, auch wenn sie nicht
zum Gebrauche dienen, finden
ebenfalls ihren Platz aus dem Büffet, doch an einer Stelle, an welcher
sie die Benutzung desselben nicht hindern. Alle Gegenstände, welche
keinen cSweck zu erfüllen, sondern nur ihrer Schönheit, ihres Kunst-
oder Gesühlswerthes wegen einen Platz im Hause finden, gehören auf
(-rumeaux, Gueriüons, LtagLren, <zierschränke, überhaupt auf Möbel,
Mobiliar des Zimmers bilden; einige leicht erreichbare Kleiderrigel
von Holz mögen zur Ordnung halten, ein feststehendes Gestell mit
offenen Gefachen zur Ausnahme der Spielsachen soll auch dazu beitragen.
Ein vorragender eiserner Wandarm mit Schaukelringen, ein nicht
zu kleines bewegbares Seegraskissen und ein Stück Kokosmatte könnte
die Ausstattung ergänzen. Nun noch eine Kiste gewaschenen und ge-
trockneten Spielsandes, dazu holzformen zun: Sandkuchenbacken; leicht-
verständliche Thierbilder und Kinderscenen, sowie einige gute Tafeln
des Anschauungsunterrichtes könnten die oberen Wandflächen füllen.
Ist ein Ofen in: Zimmer, so empfiehlt es sich, denselben mit ent-
sprechend hohen: Rundstabgitter ohne Spitzen zu umgeben, damit
Karlchen kein Feuerchen inacht und Mäxchen sich seinen Dickkops nicht
an den Osenkanten zerbeult. Sind die Fenster leicht erreichbar, so sind
dieselben bis zu einer gewissen höhe ähnlich zu schützen, damit Klctter-
gelüste keinen unglücklichen Ausgang aus den Hof nehmen. Blumige
Vorhänge aus Kattun oder Trctonnestosf können einsallendes Sonnenlicht
dämpfen, sonst sind die Fenster frei zu lassen, um den Kindern recht
freien Ausblick zu gestatten.
Allzu theurer und komplizirter Spielsachen bedarf es nun gar nicht
mehr; erfahrungsmäßig spielt es sich ja mit zerbrochenen Stücken, mit
Fußbank und Stiefelknecht, die als Püppchen angekleidet werden, viel
schöner, denn an diesen ist nichts mehr zu entziffern und zu enthüllen,
dem Kindergeist muß alles offen zu Tage liegen! Wehe dem Spielzeug,
das ein Räderwerk birgt oder Musik macht, den rührigen Fingern und
den neugierig suchenden Schelmenaugen bleibt nichts verborgen!
Aber ich weiß ein Ruttel, das die unruhigen Geister bannen wird:
Papa mag irgend wo im Zimmer einige Stückchen weißer Kreide,
Holzkohle und Rötelstist hinlegen, und es wird nicht lange dauern, daß
die unteren gestrichenen Wand- und Thürtheile sich mit den schönsten
Zeichnungen von allerhand möglichen: und unmöglichem Gethier, Reitern,
Knaben, Mädchen, Karrikaturen, Bäumen, Häusern und Geräthen und
allen nur denkbaren Dingen aus dem Bereich der eigenen Anschauung
bedecken werden. Und ist Papa oder Mama dazu im Stande, nun,
so mögen sie selbst etwas vorzeichnen, so gut oder schlecht es geht, sie
werden ungeahnte Freude an der künstlerischen Bethätigung ihrer Kleinen
erleben. Die Zeichnerei wird ab und zu mit schwacher Seifenlauge ab-
gewaschen, und kann das lustige Treiben wieder von Neuem beginnen.
Wer die Geldmittel besitzt, kann auch die untern Wandflächen mit
Kiefern- oder Tannenholz täfeln und mit wenigen Lasurfarben behandeln
lassen, während die oberen Wandflächen flotte und frische Malereien
aus getünchten: Grund nach Art der Otto hupp'schen erhalten.
Ein derartiges Zimmer wird die kleine Schaar stundenlang fesseln,
wird Papas Schreibtisch und Bücher, Mamas gute Stube und Zier-
sachen vor frechen Eingriffen seien und außerdem eine nicht zu unter-
schätzende Macht bei der Erziehung auf das Kindergemüth ausüben,
hier in: Kinderzimmer mag Papa auf allen Vieren sich zu:,: Reitpferd
erniedrigen lassen, sich auf dem Fußbodenbelag mit seinen Lieblingen
Herumbalgen, Mama kann sich n:it hinhocken, um im Sand zu spielen,
Soldaten aufzubauen und umzuwerfen u. a. m.
So denke ich mir ein Kinderzimmer! Und wenn Mama den
Kleinen von diesen Zeilen erzählt, ihnen ein eigenes Märchenreich
zuweist, dann wird sie Iubiliren und Lachen ernten, wird sie weniger
Ursache haben zu schelten und zu strafen — — ihre Zimmer werden
von der kleinen Demeinde respektirt werden, Körper und Geist der Lieb-
linge wird sich fröhlich entwickeln und selbst eine unvermeidliche „Katz-
balgerei" in: Reich der Kleinen wird ohne Gefahr für diese und die
Zimmereinrichtung geschehen können! Ich aber höre eine Anzahl feiner
Stimmchen rufen: Komm' Onkel Otto, sei du auch unser Spielgefährte! —