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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Hornig, Fr.: Dresdner Ausstellung von Wohnungs-Einrichtungen: Original-Bericht
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5eptember-kfeft.

Himmel von überreicher, prunkender Draperie mit Posamentenverzierung gezogen,
fodaß eine Wirkung erzielt wird, als sei unser ehrbares deutsches Schlafzimmer als
-französischer Lmpfangssalon gedacht. Lin Schlafzimmer, auch ein stilvolles, bedarf
derartigen gesundheitsschädlichen Aufputzes nicht; zweckmäßige und in den verhält-
-nissen und Farben harmonisch gehaltene Möbel genügen vollauf; ein Thierfell ist
schon ein, wenn auch einigermaßen berechtigter Luxus. Je einfacher ein Schlaf,
zimmer gehalten ist, desto zweckmäßiger entspricht es seiner Bestimmung!

Sehr Annehmbares hat die Firma Rother A Kunze (Chemnitz) geboten.
Sie stellt einen Salon aus, der seiner Zierlichkeit halber wohl für weibliche Inhaber
gedacht ist. Die Möbel, Nuß mit Maserfüllung und Goldgravirung, mit pfaugrünem
Plüsch bezogen, sind wahre Muster betreffs der Feinheit der Form und geschmackvoll-
sauberer Ausführung; ein Salonständer von pyramidenartiger Form mit zwei Fächern
bietet in dieser Gestalt etwas Neues, und der Gesammtpreis von ;q2S Mk. ist ein
der Ausstattung angemessener. Billiger, und als Wohnzimmer durchaus einwands-
srei ist das angrenzende Wohnzimmer in Liche; in altdeutschem Geschmack gehalten,
sind die Möbel kompakt, das Sofa ist mit panneel bekrönt und mit grünem Tuch
bezogen, auf welchem sich mattgoldene Tamburin - Arbeit sehr wirksam ausnimmt.
Ein Buffet, reich geschnitzt, ein Absatztischchen, ein großes Trumeau, ein Auszieh-
tisch nebst sechs Stühlen machen das übrige Möblement aus, wofür der Gesammt-
greis von 925 Mk. angesetzt ist.

Erwähnung mag hier auch die vom selben Fabrikanten ausgestellte Küche
(Preis 290 Mk.) finden, die in imitirter Eiche (Kiefer) einen Küchenschrank mit
röthlicher Tafel-Steinplatte, einen Tisch zum Aufwaschen und einen Lckschrank für
Besen u. dergl. enthält. Ls fehlt zwar noch
Manches, was zu einer Küchen - Einrichtung
gehört, aber das Hauptsächlichste ist vorhanden,
und ist dazu einfach, ohne dekorative Kinker-
litzchen, die eben in Nutzräume auch nicht ge-
hören. Erfreulich ist die Anwendung von Butzen-
scheiben als Küchenfenster. Selbige, zwar viel
angefeindet, find z. B. da, wo die Aussicht nur
Unerfreuliches bietet, oder wo durch bauliche
Verhältnisse der Nachbarschaft ein Einblick
möglich ist, von nicht zu unterschätzendem werthe
und eignen sich darum gerade für nach dem
Hofe gelegene Räume (wenn solche nicht zu
dunkel werden) in vorzüglichster Weise. In
der Ausstellung find Butzenscheiben oder bunte
Glasfenster nur ganz vereinzelt zu finden, ob-
wohl zu altdeutscher Innen-Dekoration derartige
Fenster nie fehlen sollten. Angefügt sei noch,
daß die Küche von Rother L Kuntze seltsamer
Weise die einzige ist, denn die Ausstellungs-
räume von Tilly cd Seifert und Gebrüder
Lberstein, beide in Dresden, sind Küchen-
bazare, in denen wohl Alles zu finden ist, was
irgend zur Haus- beziehentlich Küchenwirthschaft
gebraucht wird, aber sie stellen keine Muster-
Einrichtungen dar. Ebenso fehlt ein Vestibül
oder Vorzimmer, das man überhaupt gern bei
wohnungs-Einrichtungen als Stiefkind be-
handelt, trotzdem es doch selbstverständlich gleiche
Berechtigung auf entsprechende Behandlung be-
sitzt. — Recht gut nehmen sich mehrere kleine
Möbelgarnituren aus Rohrgeslecht und Bambus-
stäben aus; so hat z. B. Robert Hambsch
(Dresden) eine vollständige Speisezimmer-Ein-
richtung in dieser Art ausgestellt. Eine lange
Tafel mit f2 Stühlen sowie ein Buffet aus Hellem Holz mit Bambusrohr verziert,
beweisen, daß man derartige leichte Möbel nicht blos gewissermaßen als Nippes
oder Kindermöbel ansehen darf, sondern daß selbige recht wohl in einem Garten-
Haus, einer Zimmerlaube, einem Pavillon, auf einer Veranda u. s. w. neben
gefälligem Aussehen auch praktischen Zwecken dienen können.

Linen durchweg noblen, ruhigen Eindruck machen die Zimmer der Tischler-
Innung zu Dresden. Ls ist das Speisezimmer, deutsche Renaissance, in italienischem
Nußbaum, sowie ein Herren-Arbeitszimmer in hell Eiche mit eingelegtem Jakaranda-
Holz ebenfalls in deutscher Renaissance; das panneelsofa trägt kräftigrothen Woll-
bezug, ein paar Fayencen schmücken das panneel und das Ganze ,nacht einen
aparten wohnlichen und freundlichen Eindruck. Das dritte, als das Schlafzimmer,
ist in gleichem Stil gehalten, und in italienischem Nußbaum mit Mahagoni-Adern
ausgeführts hier geht die Reinheit des Stiles aber durch die unvermeidliche Himmel-
bett - Draperie verloren, deren hellblaue und rosabluinige Stoffshawls doch gar zu
sehr an Rokoko anklingen.

Ebenfalls von dem alltäglich Gebotenen abweichend ist ein Herrenzimmer in
Renaissance von lv. Birkicht L Lomx., Dresden. Dasselbe ist dunkel gehalten,
in Eiche mit mattblauem und grau bordirtem Wollbezug. Lin geschnitzter Schreib-
tisch, neben dem eine vollständige Ritterrüstung Wache steht, und ein Gewehrschrank
mit Butzenscheiben, welch letztere übrigens auch am ^chreibtisch.ZchrZnkchen ange-
bracht sind, fallen durch ihre Eigenart auf, wie denn überhaupt der ganze Raum,
zimmtroth austapezirt, den Eindruck eines echten Burgzimmers macht. Die Rüstung
als allgemeine Dekoration ist nicht einwandfrei; dergleichen gehört nicht in ein
Bürgerzimmer heutiger Tage, sondern allerhöchstens in Zimmer von historischer
Färbung, also in Schlösser, Burgen und alte Familiensitze.

Seite fHZ.

Auffällig muß es scheinen, daß sämmtliche Zimmer ohne dazu passeuden Gefen
ausgestellt sind; es steht wohl ein großer Raum voller Gefen, aber alle in Metall,
günstigenfalls in Emaille, während die stilvollen altdeutschen Gefen, französischen
und englischen Kamine durch Abwesenheit glänzen. Es wäre sicher nur erfreulich
gewesen, wenn man jedem Muster-Zimmer einen entsprechenden Gfen beigefügt
hätte. Für die Beleuchtung ist besser gesorgt worden; K. M. Seifert hat, wie
schon eingangs gesagt, die prächtigsten elektrischen Lichtspender gestellt; hervorragend
ist eine weibliche Bronzestatue von beinahe natürlicher Größe, die in anmuthiger
Wendung eine Ranke leuchtender Blumen trägt. Sehr effektvoll wirkt auch eine
circa l irr hohe blaue japanische Vase von bauchiger Form, auf goldbroncenem
breitem Fuße ruhend, aus welcher ein mächtiges Bouquet von Blättern, Schilfen
und leuchtenden Blumen anfsteigt. Doch da wir uns aus Raum-Mangel große
Enthaltsamkeit auferlegen müssen, sei aus der Fülle des Gebotenen nur noch des
„Kunstgewerblichen Bazars im Kleinen" von Gebr. Bernhardt (Dresden) gedacht.
Auf beschränktem Raum sind hier zusammengedrängt: Möbel aller Stile und Holz-
arten, Humpen, Ständer, orientalische Stoffe zu Dekorationen, ein prächtiges Königs-
tiger- und Lisbärfell und besonders auch ein prächtiger, schwarzbrauner Schrank,
der das Alterthümliche bis zur täuschenden Echtheit an sich trägt. Reich geschnitzt
sind die Thürfüllungen, geschmückt mit getriebenen Metallplatten, Trink-Szenen
darstellend, und außerdem hängen an allen Kästen reiche Messingbeschläge. Das
schöne Stück steht ziemlich ungünstig und dürfte von wenigen die Beachtung finden,
die es verdient. — Mit künstlicher Pflanzen-Dekoration ist man sehr freigebig ge-
wesen — wohl nur als Stellvertretung der Natur? Denn künstliche Pflanzen, so

schön sie auch nachgeahmt sein mögen, wer-
den nie die Natur ersetzen können. Sie
erinnern an öffentliche Räume, sie sind, kurz
gesagt, ein Restaurationsschmuck. Erfreulicher
weise hat man dagegen dem Makart-Bouquet
keinen Eintritt gewährt; nur ein paar Palm-
blätter und Schilfwedel sind die schüchternen
Ueberbleibsel jener kaum selig entschlafenen
Mode: jeden Schrank, jede Ecke u. dergl. mit
einem Busch lebloser Blätter und Gräser zu
„verschönen"! Auch die wohlfeilen Gipsfiguren
(Llfenbeinmasse) sind nur spärlich zu sehen und
werden auch durchaus nicht vermißt. Zu un-
seren matten, dunklen Farben xaßt viel eher
eine farbige oder broncene Büste von indivi-
dueller Auffassung als diese fabrikmäßig, bei-
nahe stumpfsinnig schlecht nachgeahmten antiken
Kunstwerke in besagter Llfenbeinmasse.

In Uhren, besonders in Standuhren, ist
viel Gutes zur Ausstellung gelangt; in dieser
Branche ist die Renaissance vorherrschend.

Auch an Musikwerken, Flügel, Harmo.
niums und Pianos ist kein Mangel, kurz, es
find der Gegenstände noch eine Menge aus-
gestellt, die alle bei der Innen-Dekoration
Verwendung finden, über die zu berichten hier
aber der Raum nicht zureicht. Wir vermögen
zum Schluß nur noch zu konsiatiren, daß die
„Dresdener Ausstellung von Wohnungs-Linrich-
tungen" großes Interesse beim Publikum findet,
und daß der Gesammteindruck der ist, daß
überall solide Arbeit gepaart mit Geschmack vor-
herrscht und in der Ausstellung wieder einmal
Zeugniß gegeben ist von dem hervorragenden
Können des deutschen Kunstgewerbes und dem
Bestreben, durch preiswerthe und solide Erzeugnisse immer mehr ins große Publikum
eiuzudringen. Der Besucher, besonders der Laie, verläßt die Ausstellung mit dem
Gefühle voller Befriedigung, und, um ein Urtheil aus der Menge zu geben, sei mir
einmal eine kleine Indiskretion verziehen. Ein Herr sagte nämlich beim verlassen
des Gewerbehaussaales zu seiner jedenfalls „besseren Ehehälfte": „Du, wenn man
so sieht, was heutigen Tages geboten wird, da kann man nur aufrichtig bedauern,
daß man schon — eingerichtet ist!" —

Chinesischer Firniß für Holzardeiten. Man überzieht das Holz mit
einer kittartigen Masse, die man aus Gyps, Töpferthon, erdigem gewöhnlichem
Feldspath und Leim bereitet. Wenn dieser Kitt trocken ist, wird sorgfältig mit
Sandstein geschliffen; dann wird mit schwarzer Farbe überzogen, welche in Lack-
firniß gelöst ist, und wenn dieselbe trocken ist, wird mit einem Lackfirniß über-
zogen, welcher von einem Baum herstammt, der in China tsie ekori genannt
wird, eine Art Sumach, dessen Saft in Form eines Gummis ausschwitzt. Im
flüssigen Zustande ist dieser Lack so giftig, daß er dem damit Arbeitenden schmerz-
hafte Anschwellungen im Gesicht und an den Händen verursacht. Der Firniß muß
an der freien Luft trocknen und dann werden die Dekorationen mit einem Gravir-
stichel eingravirt, sowie die Perlmuttereinlagen eingedrückt. Die Farbe oder das Gold,
welche man auftragen will, wird mit Velfirniß gemischt und sodann das Ganze lackirt.
Nach Macaire Princex besteht der Firniß ans Benzoesäure, gelbem Harz und
farblosem flüchtigem Gel. Er hat eine braune Farbe, einen sonderbaren aromatischen
Geruch und einen dem Lopaivabalsam ähnlichen Geschmack. Auf Holz gibt der Firniß
einen glänzenden Ueberzug, welcher leicht trocknet. Er kann in kaltem, schneller noch
in kochendem Alkohol aufgelöst werden, ebenso in Terpentin. — (vrechsier-Ztgq

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Abbildung Nr. S52. Erker mit Baldachin. Gez. von L. Jäck.
 
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