Vktober-k)eft.
Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Zeite s5s.
genusses des erstarkten Bürgerthums. Und wieder wahrte das Kunstgewerbe das
Ansehen der Auftraggeber, der Besitzer und der Schenker, es erfüllte den jnngeu
Patrizier, der an der Prunktafel im Rathhaus theilnahm, den jungen Handwerker,
der in die Zunftstube hineintrat, mit ehrfurchtsvoller Bewunderung und es hob
das materielle Wohl der Handwerker, hielt das Geld im Land und trug zum
Ruhme der Stadt bei.
Der dreißigjährige Krieg zerstörte die üppigen Ranken deutscher Volkskraft.
Frankreich übernahm die Führerrolle und an die Stelle der Bürgerschaft trat das
absolute Königthum. Ludwig XlV. war ein Mären in großem Stil; ein Mäcen
nicht im Sinne der Bevorzugung eines einzelnen Mannes, sondern in, Sinne einer
verschwenderischen Huld für Alles, was seinem Throne Glanz zu verleihen vermochte.
Nichts war ihm zu kostbar, keine Kunst zu mühsam; mit Freuden gab er Unsummen
hin, um wahrhaft königliche Möbel sein nennen zu können. Schulen wurden
errichtet, kunstgewerbliche Anstalten gegründet, aus dem Jnlande wie aus dem Aus-
lande geeignete Kräfte herbei-
gezogen; es wurden geradezu
Treibhäuser des Kuustgewerbes
errichtet. Und was damals ge-
gründet wurde, das haben alle
Stürme der Revolution und der
Kriege nicht wieder vernichten
können. Frankreichs Ansehen auf
dein Gebiete des Kunstgewerbes
steht noch immer unerschüttert.
Die Nachbarfürsten folgten
dem glänzenden Beispiel. Und
kamen sie auch kaum über den
Standpunkt des Nachahmens
hinaus, das Kunstgemerbe sog
doch neue Kraft aus solcher pflege.
Die Möbeltischlerei und die Silber-
arbeit hob sich und im Porzellan
erfand die Zeit ein neues Aus-
drucksmittel ihres Geschmacks.
Aber die ganze Bewegung war
eine völlig äußerliche; sie konnte
keine Wurzeln im Volke schlagen.
So war denn auch ihre materielle
und sittliche Bedeutung eine sehr
geringe, wenn überhaupt von
einer tiefer gehenden Wirkung
die Rede sein kann, dann war
es die Erziehung zur Unselbst-
ständigkeit, zum Nachahmen frem-
der, koketter Zierlichkeiten. Die
Kunst des Gewerbes mußte ab-
sterben, sobald man sich ihres
Wesens klar bewußt und das
Bedürfniß nach Unabhängigkeit
vom Auslande lebendig wurde.
Die Aesthetik Wiukelmanns und
später Wackenroders hatte es
leicht, den Boden von der „frem-
den Afterkunst" zu säubern, aber
es dauerte lange, bis etwas
Neues au die Stelle trat.
Die Weltgeschichte mußte
erst einen neuen Faktor schaffen,
der das Mäcenatcnthum, das
nach einander die Kirche, das
Bürgerthnm der freien Städte
und das absolute Königthum
ausgeübt, von Neuem übernahm.
Denn dem Kunstgewerbe ist ein
Mäcen so nöthig, wie dem Leben
die Luft. Und ein solcher Mäcen
erschien ihm ,„it dem Auftreten
des Gcsammtvolkes. — Die ganze erste Hälfte unseres Jahrhunderts ist durchzogen
von dem Ringen des Volkes nach Politischer Freiheit. Das Volk fühlte sich mündig
und wollte sich seine Gesetze selbst geben, wollte selbst für sein Wohl, für seine
Entwickelung sorgen. Den Abschluß fand diese Bewegung mit dem Jahre Z8H8;
und jetzt verwandelt sich auch das leise Tasten auf kunstgewerblichein Gebiete, das
wir seit den zwanziger Jahren im engsten Zusammenhänge mit der Steigerung
der Volksansprüche wahrnehmen, zu einem allseitigen lebendigen Interesse für die
Kunstindustrie. Die Vertretung des Volkes sah es als ihre Pflicht an, gleich der
Krone Kunst und Wissenschaft zu pflegen, die private vereinsthätigkeit folgte dem
Beispiel, und so erleben wir es, daß von den so er Jahren an überall in Deutsch-
land Kunstgewerbeschulen, Kunstgewerbemuseen und sonstige gemeinnützige Anstalten
für die Lutwickelung des Kuustgewerbes ans dem Boden wachsen, daß Privatleute
ihre Häuser mit gefälligem Iierrath schmücken lassen und die Gebrauchsgegenstände
mehr und mehr einer verschönernden Prozedur unterzogen werden. Jeder Begüterte
fühlte sich als Einzelner und als Theil der Gesammtheit verpflichtet, an dem wachsen
und Gedeihen des Kunstgewerbes theilzunehmen. Aber erst nachdem der Friedens-
Abbildung Nr. 66-s. Vorplatz-Möbel in englischer Manier.
Aus dem Werk „Seiest ruimture", Verlag von Timms L webb. London. — General-Vertrieb: A. Roch, Darmsladt.
schluß des deutsch-französischen Krieges einen plötzlichen Reichthum über Deutschland
gebracht, wurde die Freude an künstlerischer Ausgestaltung des Lebens Allgemeingut.
Es fehlte nicht mehr an Konsumenten, wohl aber an Produzenten. Die steigende,
schnell befriedigt sein wollende Nachfrage führte in vielen Fällen zu künstlerischer
Unselbständigkeit. Imitation der Muster vergangener Stilepochen schien das karakte-
ristische Zeichen des deutschen Kuustgewerbes. Erst als in der wirthschaftlichen Lage
die Krisis eintrat und das übercilige Streben nach äußerem Glanz ebbte, konnte
das Kunstgewerbe sich darauf besinnen, daß es noch niemals ein Zeichen gesunder
Kraft gewesen, wenn eine Zeit lediglich von den Brosamen der Vergangenheit
lebte. Ein Zug nach Selbständigkeit machte und macht sich in der Produktion
geltend, das Bedürfniß nach solider und schöner aus der eigenen Zeit heraus-
gewachsener Arbeit. Renaissance und Rokoko werden nicht inehr sklavisch nach-
geahmt, man benutzt ihre Anregung und arbeitet selbständig weiter; man hat es
begriffen, daß in dem Doppelbegriss der Zweckmäßigkeit und der geschmackvollen
Gestaltung das Wesen des Kunst-
gewerbes liegt, nicht aber in dem
geistlosen Kopiren der Formen-
sprache einer vergangenen Zeit.
Produzenten und Konsumenten
beginnen sich in die Hände zu
arbeiten. Der Fabrikant legt
nur selten noch Sachen vor, die
Reuleaux bitteres Urthei! „billig
und schlecht" rechtfertigen, und
die meisten Käuferverlangennicht
mehr karakterlose Prunkstücke.
Wenn man die jetzige Zeit
mit den oben karakterisirten
Epochen vergleicht, dann zeigt
sich jene Erscheinung, die man
als den socialen Zug der mo-
dernen Zeit bezeichnen könnte.
Nicht mehr wie früher arbeitete
das Kunstgewerbe für das Prunk-
bedürfniß eines Standes, einer
Persönlichkeit, sondern die Ge-
sammtheit des Volkes ist Kon-
sument. Auch in dem schlichtesten
Hause ruht auf dem einen oder
anderen Stück des Hausgeräths
die weihe der Kunst, den Ge-
schmack veredelnd. Und daraus
ergeben sich die Pflichten der
Allgemeinheit dein Kunstgewerbe
gegenüber. Auch jetzt noch kann
und soll das Kunstgewerbe er-
ziehend wirken, auch jetzt noch
ist seine Blüthe ein Beweis für
das Blühen des National-Wohl-
standes. Es ist daher die Pflicht
der Allgemeinheit, in allen ihren
Organen darauf hinzuwirken,
daß das Kunstgcwerbe wirklich
zu blühen, wirklich zu erziehen
vermag.
wir sind weit davon ent-
fernt, von künstlerischen Lcistun-
gen Schulmcisterdienste im Sinne
einer idealistischen Pädagogik zu
erwarten, aber wir sind überzeugt,
daß in der Kunst und im Kunst-
gcwerbe bedeutende Kräfte im
Dienste der Gesittung thätig sind.
Wau beachte nur den Bauer, der
in die harmonischen imponiren-
den Räume eines Justizgebäudes
hineintritt. Mt schweigender
Ehrfurcht blickt er sich um, aus den ernsten Hallen, den schweren Säulen, den
karakteristischen Emblemen scheint die Majestät des Rechtes zu ihm zu sprechen.
Er tritt vor den Vertreter der Gesetze mit anderen Empfindungen, als er es thun
würde, wenn in engen, nüchternen Räumen Recht gesprochen würde. Und wenn
der schlichte Bürger in ein Kunstgewerbe-Museum eintritt, wenn er sieht, wie seine
Altvorderen ihr Heim und sich selbst geschmückt, da überkommt ihn unwillkürlich
jener Respekt vor der Vergangenheit, der sich in Pietät und Selbstbewußtsein zu-
gleich äußert. Und wie leicht tritt der Wunsch hinzu, sein eigenes Haus in ähnlicher
weise behaglich ^ machen, dem einen und dem anderen Geräth durch die Hülfe
der Kunst gefällige Formen, dem einzelnen Gemache den Reiz des Persönlichen zu
geben. Und gerade dadurch gewinnt das Haus für die Familie an Anziehung--
kraft; mit dem Behagen wächst die Freude am Dasein, ain Leben im Haus; und
ans dem behagliche,, Heim wächst ein Bollwerk gegen zersetzende Tendenzen, gegen
Unzufriedenheit und Gemüthlofigkeit hervor. Das sind erziehliche Wirkungen der
Kunst im Handwerk. Und es ist wahrlich in, wohlverstandenen Interesse aller derer,
die den Karakter des Volkes gesund erhalten oder — wo er geschädigt — wieder
Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Zeite s5s.
genusses des erstarkten Bürgerthums. Und wieder wahrte das Kunstgewerbe das
Ansehen der Auftraggeber, der Besitzer und der Schenker, es erfüllte den jnngeu
Patrizier, der an der Prunktafel im Rathhaus theilnahm, den jungen Handwerker,
der in die Zunftstube hineintrat, mit ehrfurchtsvoller Bewunderung und es hob
das materielle Wohl der Handwerker, hielt das Geld im Land und trug zum
Ruhme der Stadt bei.
Der dreißigjährige Krieg zerstörte die üppigen Ranken deutscher Volkskraft.
Frankreich übernahm die Führerrolle und an die Stelle der Bürgerschaft trat das
absolute Königthum. Ludwig XlV. war ein Mären in großem Stil; ein Mäcen
nicht im Sinne der Bevorzugung eines einzelnen Mannes, sondern in, Sinne einer
verschwenderischen Huld für Alles, was seinem Throne Glanz zu verleihen vermochte.
Nichts war ihm zu kostbar, keine Kunst zu mühsam; mit Freuden gab er Unsummen
hin, um wahrhaft königliche Möbel sein nennen zu können. Schulen wurden
errichtet, kunstgewerbliche Anstalten gegründet, aus dem Jnlande wie aus dem Aus-
lande geeignete Kräfte herbei-
gezogen; es wurden geradezu
Treibhäuser des Kuustgewerbes
errichtet. Und was damals ge-
gründet wurde, das haben alle
Stürme der Revolution und der
Kriege nicht wieder vernichten
können. Frankreichs Ansehen auf
dein Gebiete des Kunstgewerbes
steht noch immer unerschüttert.
Die Nachbarfürsten folgten
dem glänzenden Beispiel. Und
kamen sie auch kaum über den
Standpunkt des Nachahmens
hinaus, das Kunstgemerbe sog
doch neue Kraft aus solcher pflege.
Die Möbeltischlerei und die Silber-
arbeit hob sich und im Porzellan
erfand die Zeit ein neues Aus-
drucksmittel ihres Geschmacks.
Aber die ganze Bewegung war
eine völlig äußerliche; sie konnte
keine Wurzeln im Volke schlagen.
So war denn auch ihre materielle
und sittliche Bedeutung eine sehr
geringe, wenn überhaupt von
einer tiefer gehenden Wirkung
die Rede sein kann, dann war
es die Erziehung zur Unselbst-
ständigkeit, zum Nachahmen frem-
der, koketter Zierlichkeiten. Die
Kunst des Gewerbes mußte ab-
sterben, sobald man sich ihres
Wesens klar bewußt und das
Bedürfniß nach Unabhängigkeit
vom Auslande lebendig wurde.
Die Aesthetik Wiukelmanns und
später Wackenroders hatte es
leicht, den Boden von der „frem-
den Afterkunst" zu säubern, aber
es dauerte lange, bis etwas
Neues au die Stelle trat.
Die Weltgeschichte mußte
erst einen neuen Faktor schaffen,
der das Mäcenatcnthum, das
nach einander die Kirche, das
Bürgerthnm der freien Städte
und das absolute Königthum
ausgeübt, von Neuem übernahm.
Denn dem Kunstgewerbe ist ein
Mäcen so nöthig, wie dem Leben
die Luft. Und ein solcher Mäcen
erschien ihm ,„it dem Auftreten
des Gcsammtvolkes. — Die ganze erste Hälfte unseres Jahrhunderts ist durchzogen
von dem Ringen des Volkes nach Politischer Freiheit. Das Volk fühlte sich mündig
und wollte sich seine Gesetze selbst geben, wollte selbst für sein Wohl, für seine
Entwickelung sorgen. Den Abschluß fand diese Bewegung mit dem Jahre Z8H8;
und jetzt verwandelt sich auch das leise Tasten auf kunstgewerblichein Gebiete, das
wir seit den zwanziger Jahren im engsten Zusammenhänge mit der Steigerung
der Volksansprüche wahrnehmen, zu einem allseitigen lebendigen Interesse für die
Kunstindustrie. Die Vertretung des Volkes sah es als ihre Pflicht an, gleich der
Krone Kunst und Wissenschaft zu pflegen, die private vereinsthätigkeit folgte dem
Beispiel, und so erleben wir es, daß von den so er Jahren an überall in Deutsch-
land Kunstgewerbeschulen, Kunstgewerbemuseen und sonstige gemeinnützige Anstalten
für die Lutwickelung des Kuustgewerbes ans dem Boden wachsen, daß Privatleute
ihre Häuser mit gefälligem Iierrath schmücken lassen und die Gebrauchsgegenstände
mehr und mehr einer verschönernden Prozedur unterzogen werden. Jeder Begüterte
fühlte sich als Einzelner und als Theil der Gesammtheit verpflichtet, an dem wachsen
und Gedeihen des Kunstgewerbes theilzunehmen. Aber erst nachdem der Friedens-
Abbildung Nr. 66-s. Vorplatz-Möbel in englischer Manier.
Aus dem Werk „Seiest ruimture", Verlag von Timms L webb. London. — General-Vertrieb: A. Roch, Darmsladt.
schluß des deutsch-französischen Krieges einen plötzlichen Reichthum über Deutschland
gebracht, wurde die Freude an künstlerischer Ausgestaltung des Lebens Allgemeingut.
Es fehlte nicht mehr an Konsumenten, wohl aber an Produzenten. Die steigende,
schnell befriedigt sein wollende Nachfrage führte in vielen Fällen zu künstlerischer
Unselbständigkeit. Imitation der Muster vergangener Stilepochen schien das karakte-
ristische Zeichen des deutschen Kuustgewerbes. Erst als in der wirthschaftlichen Lage
die Krisis eintrat und das übercilige Streben nach äußerem Glanz ebbte, konnte
das Kunstgewerbe sich darauf besinnen, daß es noch niemals ein Zeichen gesunder
Kraft gewesen, wenn eine Zeit lediglich von den Brosamen der Vergangenheit
lebte. Ein Zug nach Selbständigkeit machte und macht sich in der Produktion
geltend, das Bedürfniß nach solider und schöner aus der eigenen Zeit heraus-
gewachsener Arbeit. Renaissance und Rokoko werden nicht inehr sklavisch nach-
geahmt, man benutzt ihre Anregung und arbeitet selbständig weiter; man hat es
begriffen, daß in dem Doppelbegriss der Zweckmäßigkeit und der geschmackvollen
Gestaltung das Wesen des Kunst-
gewerbes liegt, nicht aber in dem
geistlosen Kopiren der Formen-
sprache einer vergangenen Zeit.
Produzenten und Konsumenten
beginnen sich in die Hände zu
arbeiten. Der Fabrikant legt
nur selten noch Sachen vor, die
Reuleaux bitteres Urthei! „billig
und schlecht" rechtfertigen, und
die meisten Käuferverlangennicht
mehr karakterlose Prunkstücke.
Wenn man die jetzige Zeit
mit den oben karakterisirten
Epochen vergleicht, dann zeigt
sich jene Erscheinung, die man
als den socialen Zug der mo-
dernen Zeit bezeichnen könnte.
Nicht mehr wie früher arbeitete
das Kunstgewerbe für das Prunk-
bedürfniß eines Standes, einer
Persönlichkeit, sondern die Ge-
sammtheit des Volkes ist Kon-
sument. Auch in dem schlichtesten
Hause ruht auf dem einen oder
anderen Stück des Hausgeräths
die weihe der Kunst, den Ge-
schmack veredelnd. Und daraus
ergeben sich die Pflichten der
Allgemeinheit dein Kunstgewerbe
gegenüber. Auch jetzt noch kann
und soll das Kunstgewerbe er-
ziehend wirken, auch jetzt noch
ist seine Blüthe ein Beweis für
das Blühen des National-Wohl-
standes. Es ist daher die Pflicht
der Allgemeinheit, in allen ihren
Organen darauf hinzuwirken,
daß das Kunstgcwerbe wirklich
zu blühen, wirklich zu erziehen
vermag.
wir sind weit davon ent-
fernt, von künstlerischen Lcistun-
gen Schulmcisterdienste im Sinne
einer idealistischen Pädagogik zu
erwarten, aber wir sind überzeugt,
daß in der Kunst und im Kunst-
gcwerbe bedeutende Kräfte im
Dienste der Gesittung thätig sind.
Wau beachte nur den Bauer, der
in die harmonischen imponiren-
den Räume eines Justizgebäudes
hineintritt. Mt schweigender
Ehrfurcht blickt er sich um, aus den ernsten Hallen, den schweren Säulen, den
karakteristischen Emblemen scheint die Majestät des Rechtes zu ihm zu sprechen.
Er tritt vor den Vertreter der Gesetze mit anderen Empfindungen, als er es thun
würde, wenn in engen, nüchternen Räumen Recht gesprochen würde. Und wenn
der schlichte Bürger in ein Kunstgewerbe-Museum eintritt, wenn er sieht, wie seine
Altvorderen ihr Heim und sich selbst geschmückt, da überkommt ihn unwillkürlich
jener Respekt vor der Vergangenheit, der sich in Pietät und Selbstbewußtsein zu-
gleich äußert. Und wie leicht tritt der Wunsch hinzu, sein eigenes Haus in ähnlicher
weise behaglich ^ machen, dem einen und dem anderen Geräth durch die Hülfe
der Kunst gefällige Formen, dem einzelnen Gemache den Reiz des Persönlichen zu
geben. Und gerade dadurch gewinnt das Haus für die Familie an Anziehung--
kraft; mit dem Behagen wächst die Freude am Dasein, ain Leben im Haus; und
ans dem behagliche,, Heim wächst ein Bollwerk gegen zersetzende Tendenzen, gegen
Unzufriedenheit und Gemüthlofigkeit hervor. Das sind erziehliche Wirkungen der
Kunst im Handwerk. Und es ist wahrlich in, wohlverstandenen Interesse aller derer,
die den Karakter des Volkes gesund erhalten oder — wo er geschädigt — wieder