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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Niessen, Johannes: Düsseldorfer Zukunftspläne
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0118

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98

Die Kunst-Halle.

Nr. 7

wo diese vielen Hervorbringungen rheinisch-west-
fälischer Thätigkeit, der Industrie in allen Abstufungen
des großen, mittleren und kleinen Betriebes und des
Kunstgewerbes alle verfügbaren Kräfte in geschicktester
weise in's Feld gestellt hatten, durfte auch die Kunst
nicht fehlen, sie, die stets eine Heimstätte im rheinischen
Lande und in dein für schönes so leicht empfänglichen
rheinischen Herzen gehabt hat und immer haben wird
bei einem Völkchen, das, in einem heiter sonnigen Lande
lebend, selbst von heiter sonniger Art, die Boten und
Begleiter schönen und heiteren Lebensgenusses immer
gerne um sich sieht. So lud mau denn die deutschen
Künstler zur Betheiligung ein, den deutschen Kunstwerken
„sollten die reichsten Provinzen erschlossen werden".
Wan wandte sich an die ganze deutsche Künstlerschaft,
und zwar an Großdeutschland einschließlich Gesterreich-
Rngarn. Darin lag eine aus deu Verhältnisseil sich
ergebende nothwendige Abweichung von dem Grund-
gedanken der übrigen Ausstellung. Dieses Wal genügten
nicht die Hervorbringungen des Ausstellungsgebietes,
hier konnten nicht die Schöpfungen schließlich einer
einzigen Stadt die weiten Räume des Halastes füllen
und ein irgendwie abgerundetes Bild zeitgenössischer
Bestrebungen auf ihrem eigensten Gebiete geben, man
brauchte einen weiteren Kreis. Die nationale deutsche
Kunst sollte diesen Kreis füllen; sie sollte Gast sein bei
dem großen Bingen auf rheinischem Boden, Gast der
rheinisch-westfälischen Industrie.
Dem Besucher der Ausstellung mußte zunächst eine
Erscheinung ganz besonders in die Augen fallen. Der
Düsseldorfer Kunstpalast war trotz seiner vielen Säle
und Sälchen zu eng, um all die verschiedenen in der
Hauptsache nach Städten geordneten Gruppen zu fassen.
Ls kamen so viele verschiedene Ortsverbände zur An-
meldung, daß man sich schleunigst zum Anbau einer
Reihe von Räumen entschließen mußte, um jedermann
Unterkunft zu gewähren. Möglichst dezentralisirt suchen
die Einzelnen sich ihren weg und daraus mögen nicht
zum wenigsten das unsichere Tasten und die vielen Ver-
suche sich herleiten, die da bei den Neuen und Neuesten
sich zeigten. Der Zusammenhang der maßgebenden
Leiter mit den Kreisen der Akademie hatte es gleich-
zeitig vermocht — in der Düsseldorfer Abtheilung sogar
sehr überwiegend — in der ganzen Ausstellung gute
Werke der älteren Weister zur Schau zu bringen. Aus
ihnen ließ sich ein hervorragendes Bild der Thätigkeit
ernster, fleißiger Künstler gewinnen. Da steckte ein gut
Theil Könuen, gelerntes und erarbeitetes, und dabei
zeigte sich ein gründlicher Geist, der seinen Stoff durch-
dringt und sich arbeitend bemüht, seinen geistigen Inhalt
zu erschöpfen. Diese Thatsache minderte das Verdienst
der Jugend keineswegs; denn nothwendig mußte der
sorgfältig aus Jahrzehnten zusammengetragene Bestand,
eine Auslese aus dem Lebenswerk bewährter ausgereifter
Weister, einen werthvolleren Durchschnitt ergeben als
die von allen Seiten zusammengeflossene Reihe in kurzer
Zeit entstandener Werke werdender Künstler.

Diese Erscheinung wurde durch einen anderen Um-
stand noch erheblich verstärkt. Die Leitung der Kunst-
ausstellung hatte sich nicht darauf beschränkt, ein Bild
vom gegenwärtigen Stande deutsch-nationaler Kunst zu
geben, sondern sie hatte der Ausstellung eine kunst-
historische Abtheilung angefügt. Sie sollte ein Bild
geben von rheinischer Kultur in verschiedenen Zeiten,
ein Zeugniß, daß an der Stätte der neuen Ausstellung
man sich befand auf Jahrtausende altem Kulturboden,
der im Wechsel der Zeiten Auf- und Niedergang erlebt
hatte, nach den Segnungen höchster Kultur wiederholt
in den tiefsten Niedergang verfiel und doch immer wieder
die Kraft fand, neue Früchte zu tragen. Da waren als
Erzeugnisse der großen Kunst: in mustergültigen Auf-
nahmen der Königlichen Weßbildanstalt in Berlin, die
hervorragendsten Bauten von Rheinland und Westfalen
darstellend, Burgen, Schlösser, Kirchen und Dome, und
ferner, mit Unterstützung der Regierung geschaffen und
in schönster Anordnung aufgestellt, bemerkenswerthe
Bautheile in Gipsabgüssen. Da waren als Erzeugnisse
der Kleinkunst: die kostbaren Stücke der großen, allen
Ständen angehörenden Hrivatsammler, der Wuseen und
der Kirchenschätze, und ferner ein bisher in dieser Reich-
haltigkeit noch nie gesehener und vielleicht nie wieder
zu seheuder Schatz, eine Sammlung von Schreinen aus
Kirchen und Klöstern, Zeugen rheinisch-westfälischer Kunst
des Wittelalters in höchster Vollendung. Alles das war,
auch ein glänzendes Zeichen von nneigennützigem sein
Bestes hergebenden Gemeinsinn, bereitwillig zur
Förderung des großen Zweckes überlassen und sprach
in seiner Gesammtheit eine beredte Sprache von ver-
gangener Herrlichkeit und von einstiger hoher Blüthe
der Kunst. Diese Stücke, ehrwürdig durch ihr Alter
und groß durch den Werth und die Bedeutung der
einzelnen Gegenstände, nahmen den Beschauer völlig
gefangen und forderten zu einem Vergleich der alten
und neuen Zeit heraus, der wahrlich nicht zu Ungunsten
jener ausfiel. . . .
Soweit das künstlerische Ergebniß der Düsseldorfer
Ausstellung, was das wirth sch aftliche Ergebniß
anlangt, so dürfte zunächst eine wittheilung über den
Umfang des Besuches interessiren. Nur ein kleinerer
Theil der Ausstellungsbesucher, nämlich von 5 095)25
Hersonen nur etwa 800 000 (davon ^56^6) zahlende)
besuchten die Kunstausstellung. Wurden so, ins-
besondere durch die Erhebung eines besonderen Eintritts-
geldes veranlaßt, große Kreise von der Bekanntschaft
mit der deutschen Kunst ferngehalten bei einer Aus-
stellung, die doch nach der Einladung zur Betheiligung
dem deutschen Kunstwerke Eingang in das Ausstellungs-
gebiet verschaffen sollte, so pilgerten doch genügend
große Waffen zu ihr, die sonst nicht in der Lage sind,
dem werden auf künstlerischem Gebiete zu folgen oder
sich ein Bild von dem jeweiligen Stande deutscher Kunst
zu verschaffen. Denn es ist ihnen die Anschauung ver-
sagt, da die Veranstaltung großer Kunstausstellungen
regelmäßig auf einzelne immer wiedexkehrende Haupt-
 
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