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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0219

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Nr. s2

Die Aunst-Halle.

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mehr als reine Kunstwerke anzusehen und hätten daher auch
keinen Anspruch auf den Urheberschutz." Nunmehr ging die
Klägerin an die höhere Instanz und erzielte durch den
Lassationshof die Entscheidung, daß der Spruch des Prager
Oberlandesgerichts aufgehoben und der Klage nunmehr Folge
gegeben wurde. In den Gründen wird Folgendes aus-
gesprochen: Wohl haben dieselben auch einen praktischen
Gebrauchswerth; allein dies schließt an und für sich den
Urheberschutz noch keineswegs aus. Entscheidend ist auch hier,
ob sie neben der praktischen Zweckbestimmung auch bloßen
Mittheilungszwecken dienen, also nebstbei auch eine Zweck-
bestimmung haben. Sicherlich trifft Letzteres dort zu, wo das
auf der Postkarte angebrachte Bild zur Hauptsache wird, wo
also der Gebrauch derselben dem Empfänger nicht blos eine
Korrespondenz vermitteln, sondern ihn auch zur Betrachtung
des Bildes selbst anregen soll. Hier tritt der Gebrauchszweck
der Postkarte zurück und ihr Bildcharakter hervor. Dies aber
ist bei den von der Privatklägerin in Form von Postkarten
herausgegebenen Chromolithographien der erworbenen Bilder
in hervorragender weise der Fall. Das Gutachten des Sach-
verständigen - Kollegiums sagt mit Recht: „Das find keine
dekorirten Postkarten mehr, sondern Bilder irr Postkarten-
format, bei denen blos die mit dem Adreßformular der
Postkarte versehene Rückseite kundgiebt, daß sie als Postkarten
fungiren wollen."
* Wien. Bildhauer Döblinger, der in: Atelier des
Kammermedailleurs Rudolf Marschall thätig war, erstattete
nach feinem Austritt aus dem Atelier Strafanzeige wegen
Verletzung des geistigen Urheberrechtes. Er behauptete,
er habe ganz selbständig in dem genannten Atelier einige
Plastiken geschaffen, die Herr Marschall als sein geistiges
Ligenthum in Verkehr setzte. Da indessen die Sachverständigen
Prof, weyr und Prof. Zumbusch die Frage, ob eine Ver-
letzung des Urheberrechtes vorliege, verneinten, zog
Döblinger seine Anzeige zurück. Herr Marschall klagte nun
gegen seinen früheren Angestellten wegen fälschlicher Be-
schuldigung einer strafbaren Handlung und erzielte vor dem
Bezirksgericht dessen Bestrafung zu q^o Kronen. Beide Par-
teien meldeten die Berufung an.
* Paris. Lin amerikanischer Millionär, der hier oftmals
Gemälde von namhaften Künstlern erwirbt, soll die fatale
Gewohnheit haben, ihm mißfallende Theile der Bilder nach
seinem Geschmack verändern zu lassen. Es entsteht die Rechts-
frage: Können die Künstler erfolgreich dagegen protestiren?
W
M öer lecknik.
* Berlin. Ueber den Transport der kolossalen Moltke-
Statue, die am 26. Februar im fertig auspunktirten Zustande
auf dem Anhalter Bahnhof eintraf, macht uns Herr Ernst
Baumgart, der General-Vertreter jener Tiroler Gesellschaft,
welche den Marmorblock lieferte und bearbeitete, die folgenden
interessanten Angaben:
Die Lieferung dieses Blockes stellt eine Leistung dar, wie
sie in anderem Marmor wohl nirgends ihresgleichen findet.
Nachdem die Figuren in der Sieges-Allee durchschnittlich 250 cnn
hoch, ;oo 6w breit und ;oo ern stark sind, und bisher Wohl
die größten Figuren darstellten, welche Berlin aus Marmor
besitzt, erscheinen dieselben gegen die Moltke-Figur doch ver-
schwindend klein. Dieselbe ist 550 ern hoch, 200 em breit und
220 ein stark, übertrifft an Größe also bei weiten: alle Marmor-
standbilder, welche Berlin besitzt und in den nächsten Jahren zur
Aufstellung bringt. Der „Moltke-Block" wog nach dein Brechen
t?to Zt. und mußte aus dem Narmorbruch in Laas (Tirol), der
2250rnüber dem Meere liegt, durch enge Schluchten undüber steile
Abhänge herunter gebracht werden. Wer die steilen Abhänge
der Liroler Hochalpen kennt, weiß, welche ungeheure Schwierig-
keiten der Abtransport so großer Lasten verursacht. Nur um
den Block vom Bruch zu Thal zu schaffen, gebrauchte eine
größere Anzahl Arbeiter 25 Tage. Unten angelangt, wurde
der Stein in dem Bildhaueratelier in Laas auspunktirt und
danach zur Reise nach Berlin fertig gemacht, vor der Ver-
ladung in den Eisenbahnwagen mußte die Figur noch einen
Landweg von HO ürn zurücklegen und wiederum nicht
unbedeutende Geländeschwierigkeiten sibenpinden, Um die Last

in Meran über eine Brücke zu schaffen, wurde dieselbe erst
verstärkt. Der Block kam auf ein Schlittengestell und wurde
an Flaschenzügen über die Brücke gezogen, um weder Menschen
noch Thiere in Gefahr zu bringen. 26 Pferde waren alsdann
nothwendig, um die Last von der Brücke bis zum Bahnhof in
Meran zu schaffen, und scheint cs erklärlich, wenn der Transport
einer so gewaltig großen Figur, wie der Moltke für Berlin,
die Einwohner von Meran an den Weg lockte, die dem inter-
essanten Schauspiel zusahen, das sich hier in Berlin noch einmal
wiederholt. Derartig große Figuren hielt man bisher in Marmor
für unausführbar und Berlin ist auch aus diesem Grunde um eine
Sehenswürdigkeit reicher. Nur Wien und Stuttgart haben
noch größere Denkmäler aus demselben Material. Stuttgart
erhielt eine:: Block, der 550 ava hoch, -xoo am breit und 250 am.
stark war, der an Rauminhalt mancher Portier-Wohnung
gleichkommt.

Vom Ruurtmarkt.
Berlin. Versteigerungen bei R. Lepke. Bei einer der
Februar-Auktionen alter Meister ergab ein Ian van Ravesteijn:
Porträt eines Edelmannes )8 000 Mk., ein Dreifiguren-Bildniß
der van Dyck-Schule )2 900 Mk. — Preise auf der Auktion
der Gallerie Friedmann aus Hamburg: 38 Bilder erzielten
insgesammt 6t 285 Mk Der höchste Preis — H800 Mk. —
wurde für veyrassat's „Ernte" gezahlt, I. Brandt's „Rekognos-
zirung" brachte 3700 Mk., Ziem's „Ansicht von Konstantinopel"
3200 Mk., Schönleber's „Italienische Küste" 29^0 Mk., Brust -
b:ld „Stella" von G. Max 2550 Mk., L. Frid's großes Genre-
bild „Auf der Bergeshöhe" 2x00 Mk, W. Diez' „Marketen-
derin" 2650 Mk., A. Müller's „Jagdbeute" 2275 Mk. und ein
Stier von Rosa Bonheur 2000 Mk. Ed. Schleich's „Isarthal"
und G. Gebler's „Mittagessen des Hirtenknaben" erzielten je
t9so Mk., F. Voltz' „Mittagsstunde" ^900 Mk.
* Paris. Wie „Gil Blas" meldet, hat die Gräfin Renae
de Baarn, für ihren Salon in der Avenue Bosquet, Boucher's
Meisterstück „Die Geburt der Venus" erworben. Sie hat für
das Bild 500 000 Fr. bezahlt.
* London. Bei Ehriftie ergab die Auktion der Kunst-
sammlung von Lady Pags-Turner eine Gesammtsumme
von 860 000 Nk., einen Preis, der selbst in London lange
nicht erreicht worden ist. Am ersten Tage erzielten den
höchsten Preis zwei Sövresfiguren nach Falconet, LuiA-
nawrv" und „ittn LurprmI H2 000 Nk., eine Garnitur alter
Beauvaistapisserie für zwei Sophas, einen Sessel und einen
Stuhl 33000 Mk., ein kleiner Louis Guenzi-Schrank 32000
Mark, ein paar Vasen aus altem chinesischem Porzellan
t5 600 Mk., eine getäfelte Kommode L la Morris XVI. )7 soo
Mark, ein Paar zylindrische Vasen aus altem chinesischen
Porzellan )3 600 Mk., ein paar Kandelaber 1) 600 Mk. von
den am zweiten Tage versteigerten Bildern war die Perle ein
Bild von p. Wouverman, das ;8 H80 Mk. einbrachte. Weitere
bemerkenswerthe Preise waren: I. N. Natter „Porträt der
Herzogii: von Parma" )7 8HO Mk., zwei Holzgemälde der
französischen Schule t-5 ',20 Mk., F. Boucher „Eine Flußszene"
t7 220 Mk., derselbe „Waldstuß mit einem Tempel" )5 96O
Mark, p. Wouverman „Ein Reiterkainpf" ;2 600 Nk.
V
M1ier§cksu.
" Technik der Bronzexlastik von Hermann Liier.
Nit )HH Abbgn. Verlag von Hermann Seemann Nachstgr.,
Leipzig, pr ii: Leinen geb. Mk. 6.— (Aus Monographien
des Kunstgewerbes Bd. IV).
Ein recht brauchbares Handbuch liegt hier vor, das uns
über die verschiedenen Verfahren der Bronzeplastik, an der
Hand vieler bildlicher Darstellungen, belehrt. Nachdem verf.
die Gießerwerkstatt in ihren Einrichtungen und im Betriebe
vorgesührt hat, schildert er zunächst das Geschichtliche des Wachs-
ausschmelzverfahrens bis zur Gegenwart. Natürlich wird dem
zumeist üblichen Theilformverfahren ein umfassendes Kapitel
gewidmet, während Zinkguß, Treibarbeit und endlich Galvano
xlastik in kleineren Abschnitten erledigt werden; aber durch-
 
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