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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Schmidt, Karl Eugen: Der Salon der Société nationale, (Schluss) [2]
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Dworaczek, Wilhelm: XXX. Jahresausstellung im Künstlerhause [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0303

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Die A u n st - b) a l l e.

Nr. (7

263

sehen war, und den Bronzekops eines alten Bergmannes
von dem nämlichen.
In der kunstgewerblichen Abtheilung ist die räum-
lich bedeutendste Arbeit eine von den Nanzigern Emil
Gallö, August cherbs uud Paul cholderbach herrührende
Saloneinrichtung. Die Möbel sind einfach und ge-
schmackvoll in ihren Formen und trotz dem reichen
Ornament von Mosaik und Metallbeschlägen für den
Gebrauch berechnet, was man leider nicht von allen
Erzeugnissen des modernen Kunstgewerbes sagen kann.
Sehr hübsch wie immer sind die Gläser von Galls, die
ja allgemein bekannt sind. Nächst Galle's Ausstellung
sind die von dein Belgier de Feure gesandten Gegen-
stände am interessantesten. Mit einer Linienführung,
die mitunter an Beardsley erinnert, verbindet de Feure
den feinsten Farbensinn, und seine Statuetten, sein por-
zellangeschirr, seine Möbel, Vorhänge, Tapeten, Schmuck-
sachen und kleinen Ziergegenstände zeichnen sich alle
durch außerordentlich vornehmen und diskreten Ge-
schmack aus. Ich uenne noch die Zinnarbeiten von
Basster, die keramischen Arbeiten von Dammouse, Ernst
Tarriöre, Delaherche, bsansen-Iakobsen, Doat, Lachenal,
Lüsberg und Madsen, die Stoffmuster von Victor
prouvs und die Medaillen und Schmucksachen von
bsenri Nocq und schließe damit den Nundgang, bei
dem wir nur das Allerwichtigste berücksichtigen konnten.

^ien.
XXX. ZskrersurzteHung im Aünckleck-me.

^^ie Ausstellungen im Küustlerhause erscheinen immer
wie eine Revue aller möglichen Stilarten und
des verschiedenartigsten künstlerischen Empfindens.
Es kommt einfach Alles zu Worte. Neben den ältesten
und überholtesten Malweisen, die stets durch ein paar
mehr oder minder tüchtige Kunstinvaliden vertreten
sind, trifft inan Neues und Neuestes. Und das Alles
ist eigentlich mit einer ziemlichen Wahllosigkeit zu-
sammengestellt, etwa mit der Objektivität eines Geschäfts-
mannes, der in seiner Auslage zur Schau stellt, was
das Publikum ebeu will, ein Ouodlibet von modernen
und unmodernen, geschmackvollen und geschmacklosen
Erzeugnissen. Denn Alles hat schließlich seine Käufer
und seine Nachfrage. wenn man demnach vom
künstlerisch-wirtschaftlichen Standpunkt den großen
Bildermarkt, den die Ausstellungen im Künstlerhause
meist repräsentiren, uicht einmal ganz verwerfen kann,
so fühlt man sich doch vom Standpunkte des künstleri-
schen Empfindens nicht immer angenehm angeregt.
Sehr reichhaltig ist diesmal die Elastik vertreten.
Die interessanteste Erscheinung ist wohl der Kopen-
hagener Meister Stephan Sin ding mit einer ganzen
Reihe vortrefflicher Arbeiten, unter welchen die fein
empfundene Gruppe „Gefangene Mutter" (ein ge-
fesseltes Weib, das dem vor ihm liegenden Knäblein
die Brust reicht), sowie eine Dolzstatuette „Die Aelteste
des Geschlechts", die von virtuosester Durchführung ist,
am bedeutendsten erscheinen. Des begabten Wieners
Arthur Kaan „Liebesklage" (Marmor-Relief) und
„Bachantin" sind von weicher und feiner Grazie,
während der we^r-Schüler Franz Vogl mit der

Statuette „Libelle" an die Formenanmuth von Benk's
berühmter Klpthia gemahnt. Theodor Tharlemont
(Wien) hat sich an den Franzosen, vornehmlich Rodin,
gebildet und in seiner Gips-Gruppe „Mater dolorosa"
die Momente modernen Empfindens, das in der Be-
weglichkeit und Freiheit der Formen über den engen
Modellzwang hinausführt, sehr glücklich verwerthet.
Besonders muß Antoine Jean Tarlös (Paris) Gruppe
„Erkenntlichkeit der Menschheit" (Fragment vom Pasteur-
denkmal in Döle) gewürdigt werden, eine plastisch groß-
emxfundene Arbeit, die bei aller ruhigen Ausgeglichen-
heit, ja selbst Schönheit der Form ohne akademische
Nüchternheit ist und mit voller Wirkung anspricht.
Sehr tüchtige Arbeiten sind von Godefroid Devresse in
Brüssel, Lewandowski (Wien), Schwerdtner, Tharles
Iaeckle (Brüssel), vortreffliche Bronzefigur „Das Lied",
Josef Grünhut, Wien (ein gut empfundenes Gipsrelief)
u. 21. vorhanden. k)ugo k)ärdtl's große Giebelgruppe
für den Sitzungssaal des Reichsrathsgebäudes, dar-
stellend „Tag und Nacht", ist von jener Korrektheit der
Komposition und jener akademischen Reinheit und
Schönheit der Formen, die auf das Auge wohl ästhetisch
angenehm, auf das künstlerische Empfinden aber ein
wenig stach und nüchtern wirkt. Es ist viel tüchtiges
Können, aber nichts von fortreißendem Schwung in
dem Werke. Mit sehr tüchtigen plaquetten sind chenri
Kantsch, Paris (ausgezeichnet durch besonders feine
geschmackvolle Durchführung), Franz pawlik (Wien),
Devresse (Brüssel) mit virtuosen Medaillen, Tarl
Wasch man (Porträtxlaquetten) und N. Marschall,
von dem ein Porträt des Papstes und die bekannte
feine Gruppe „cheiland als kswte" (das Geschenk des
Kaisers Franz Josef an den Papst) ausgestellt sind,
vertreten. —
Das portrait ist in der Malerei diesmal recht
zahlreich vertreten. In erster Linie durch PH. Lüszlü,
der gegenwärtig am meisten in Mode ist. wie vor
etwa zehn Jahren Pochwalski, dann nach ihm
k)orovitz, so nimmt momentan der hochbegabte Ungar
das bsauptintereffe für sich in Anspruch. Und das ist
leicht begreiflich. Seine bewußte und dennoch an-
schmiegsame Art, etwas wie zahme, gebändigte Wildheit,
eine starke Tharakterisirungskunst, durch geschmeidige
Eleganz in angenehmen Schranken gehalten, an der
chand einer in wohlthuendem Farbensinn an Lenbach
geschulten Technik, hat zweifellos viel Zwingendes.
Freilich möchte inan fast befürchten, daß auch ihu das
Schicksal vieler großer Vorgänger erreichen würde, schließ-
lich in der großen Beliebtheit und der Fülle der Aufträge
den Wünschen der Modelle immer willfähriger zu werden
und so allmählich künstlerisch zu verflacheu Gerade das
große Bild des Kaisers Franz Josef, aus dessen gütigen und
doch schönen männlichen Zügen der Künstler sogar
nichts Besonderes zu holeu bestrebt war, läßt dies be-
fürchten. Eine ganze Reihe anderer Bilder, vor Allem
das am innigsten an die Verwandtschaft zu Lenbach ge-
mahnende Porträt derBarbi erweisen sein großesKönnen.
Auch Victor Stauffer, dem sogar eine der Staats-
medaillen geworden, erweist sich diesmal als tüchtiger
Meister. Von Otto Propheter in Karlsruhe sind
mehrere vortreffliche Porträts vorhanden, unter welchen
namentlich „zwei Geschwister" von ganz eigenem Reiz
ist. bsans Temple hat seine Lsöhe nicht völlig erreicht,
er wird nachgerade ein wenig konventionell. Ein ganz
vorzügliches männliches Porträt hat Frau Marie
Rosenthal-!)atschek ausgestellt, das Bildniß ihres
Gatten, dessen charakteristischen Kopf die junge Künstlerin
bei allem liebevollen Verweilen, bei manchem Detail,
doch in einer so festen sicheren und energischen weise
 
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