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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Dworaczek, Wilhelm: Kunstempfinden und Geschäftsgeist: (ein Wort über Wiener Kunstverhältnisse)
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Thomas, Bertha: Londoner Kunstbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0354

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308 Die Kunst-Halle. Nr. 20

siegreich daraus hervor zum Heile der österreichischen
Kunst und gewiß nicht zum Nachtheil der Künstler. Zu
wünschen wäre dies von ganzem Herzen. Und dann
hätten die jüngsten Konkurrenzskandale, so bedauerlich
sie sind, eigentlich auch etwas Gutes zu Wege gebracht:
Line aus künstlerischem Gemeinsinn aufgebaute Organi-
sation der österreichischen Künstler!
Hanl Wilhelm.

LonSoner Xonrtderickt.
Von B. Thomas, London.
^Aie diesjährige Ausstellung der Royal Academy
brachte uns manche erfreuliche Ueberraschung,
ohne allerdings irgendwelche Offenbarung eines
neuen Talentes oder ein hervorragend inter-
essantes Werk vorzuführen, was besonders angenehm
auffällt, ist das geschmackvolle, vortheilhafte Arrange-
ment der Bilder, wo früher in erster Linie lediglich
die Lintheilung der Wandflächen in Rücksicht auf Unter-
bringung der verschiedenen Bilder maßgebend war, ist
man dieses Wal sorgfältig und verständig verfahren,
wie etwa ein kunstsinniger Privatbesitzer im eigenen Hause
pflegt. Natürlich hatte die Neuerung eine Beschränkung
in der Annahme zur Folge, doch darf uns das Murren
der Verstimmten, so erklärlich es ist, die Freude an der
Verbesserung nicht verderben. Uebrigens haben die
Herren von der Akademie, einige Landschafter abge-
rechnet, sich diesmal mit recht geringem Platz begnügt.
So ist L. Alma Ta dema nur mit einem einzigen kleinen
Bilde vertreten, in seiner bekannten reizvollen Spezialität.
„Silberfischlein" betitelt sich die fesselnde Szene im Freien,
wo vornehme Römerinnen die Fütterung ihrer Zierfische
beobachten. Unter den von Sarg ent ausgestellten
Porträts, die durchweg beachtungswerth find, ist von
besonderem Znteresse das der Mrs. Thamberlain. Ls
hängt gerade an derselben Stelle, die vor zwölf Zähren
Millais' Bildniß dieser schönen Dame einnahm. Selt-
sam — der in charakteristischer Auffassung sonst nicht
leicht zu übertreffende Sargent kommt bei dem Vergleich
diesmal zu kurz. Sein wundervoll leicht und frisch, in
flotter Lebendigkeit gcmaltes Bild bleibt in Bezug auf
seelische Vertiefung hinter Millais' Wiedergabe zurück.
Des Präsidenten „Höhle der Sturmnymphen" ist
eine vergrößerte Wiederholung seiner Studie desselben
Motivs vom vorigen Zahr. Lin tüchtiges und origi-
nelles Stück Genremalerei ist sein „Die Glocken von
San Marco". Poynter hat das Znnere des leider jetzt
vernichteten Tampanile mit den im vollen Schwingen
begriffenen Glocken dargestellt, deren Größenverhält-
nisse an der Figur eines Geistlichen zu erkennen sind,
der durch die Bogenöffnungen auf die 300 Fuß unter
ihm sich darbietende Aussicht über das herrliche Venedig
blickt. Linen entschiedenen Lrfolg hat BritonRiviere
mit dem einzigen Werk, das er sandte; ein schlicht und
lebenswahr gemaltes Bildniß eines sympathischen, nach-
denklich aussehenden englischen Gentleman, der sitzend
ein aufgeschlagenes Buch hält, während sein Hund, ein
Windhund von graziösem Bau und mit klugem Gesicht,
ihn aufmerksam anblickt. Lin Bild, das ohne viel Lärm
zu machen, doch durch die besten Qualitäten des Künstlers

fesselt, Hund und Herr sind ausgezeichnet porträtirt, und
die nahe Gemeinschaft der Beiden, wie auch die trotz-
dem sie trennende unüberbrückbare Kluft, die der Mensch
kennt, der Hund fühlt, sind so vollkommen und unge-
zwungen zum Ausdruck gebracht, wie dies eben nur ein
Genie vermag, von Abbey, ebenfalls einer unserer
führenden Akademiker, ist nur eine Farbenstudie da, aber
eine ungemein reizvolle: „Potpourri" Damen, mit dem
Linsammeln und Ausbreiten von Nosenblättern beschäftigt
in einem Zimmer, dessen schimmernde weiße Steinwände
mit dem Rosa der Fülle zarter Blumenblätter das ge-
schickt behandelte Kontrastmotiv des anmuthigen Bildes
ergeben. Noch manch' erfreuliches Werk wäre zu er-
wähnen, die Akademiemitglieder haben es sich jedoch
im Ganzen recht leicht gemacht. Unter den jüngeren
Ausstellern hat sich besonders Charles Furse hervor-
ragend betheiligt, dessen Ruf übrigens schon von früher
her begründet ist. Vor neun Zähren machte sein Reiter-
bildniß mit Landschaft (in der Manier der alten spanischen
Meister) berechtigtes Aufsehen als eines der besten
Stücke der Akademie. Nur Gesundheitsstörungen haben
sein Lmporsteigen zu der Position verzögert, die ihm auf
Grund seiner jetzigen Beiträge unbedingt zukommt.
Außer dem Porträt des Admirals Lord Charles Beres-
ford, einem Werk von eminenten künstlerischen (Duali-
täten, sandte er zwei Gruxxenbildnisse. Das eine zeigt
einen Artillerieoffizier neben seinem prächtigen Schlacht-
roß. Das andere, „Heimkehr vom Ausritt", eine hoch-
elegante Dame in reichem Gewand von glänzender
pfirsichfarbener Seide, vor einein jungen Mann stehend,
der einen schönen Rappen reitet. Aus diesem höchst
einfachen Vorgang ist eine Komposition von vornehmer
Wirkung und edler dekorativer Schönheit geschaffen,
die dabei vollkommen natürlich anspricht. Mögen Tadler
immerhin einwenden/ daß Damen ihrem von einem
Ritt über Land heimkommenden Lheherrn nicht in
solchem Prachtkostüm entgegenzugehen pflegen, das
Bild sagt: „Sie thun es," oder „Diese hat es nun ein-
mal gethan." Damit muß die Kritik sich zufrieden
geben.
Das Vorherrschen der Bildnißmalerei ist in steter
Zunahme begriffen. Und grade die tüchtigsten Künstler
scheinen am meisten Neigung für dieses Gebiet zu besitzen,
als ob dessen Entwicklung uns eine neue Blüthezeit der
Kunst bedeuten solle. Die Einsicht gewinnt mehr und
mehr Raum, daß menschliche Wesen, die an sich weder
besonders malerisch, noch interessant sind, beides werden
können, wenn sie in ihrem Milieu erscheinen, bei ihrer
Beschäftigung nnd umgeben von den Dingen, die zu
ihnen gehören. So erst wird das Porträt lebenswahr
und zugleich der Sujetmalerei ebenbürtig, die des Künst-
lers Geist und Können keine Schranken zieht. Lin Beispiel
dieser Art ist das erwähnte Bild Briton Rivierss, ein
anderes das oben beschriebene von Furse. Ls bedarf
keines besonderen Hinweises, daß für ihn, wie manche
andere jüngere Künstler dieses Fach's, Sargent sich als
führend und anregend in genannter Hinsicht erwiesen
hat.
Zn der einfachen Bildnißmalerei ist dasausgezeichnete
Porträt des deutschen Kaisers zu erwähnen, daß Z.
Watson Nicol für den United Service Club gemalt
hat. Der Monarch ist in angemessener Auffassung dar-
gestellt, die in ihrer strengen Einfachheit fast etwas
Herbes hat. Zn der Gestalt, die in soldatisch ruhiger
Haltung, die Hand am Degen, steht, ist die Herrscher-
stellung genügend markiert, während das Antlitz unter
dem Helm Autoritätsbewußtsein und Willensstärke er-
kennen läßt. Die Krönungsbüder sind nicht eben glücklich
ausgefallen. Der kürzlich in die Akademie gewählte
 
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