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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Heilmeyer, Alexander: Internat: Ausstellung der Sezession 1903, (Schluss) [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0409

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Nr. 25

Die R u n st - H a l l e.

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schaarten Thiermaler. Der bekannte Darsteller und
Renner des Hühnerhofes, Hubert von Heyden, ist mit
dem Bilde „Die Nachbarn" nicht besonders glücklich
vertreten. Allerdings giebt es Anlaß, die moderne
Impressions- und Momentmalerei mit der Anschauungs-
weise der alten Meister zu vergleichen. Man darf zu
diesem Behufe nur an das im Museum zu Harlem be-
findliche Bild ,,Rümpfende Vögel" von Aelbert Luyp
erinnern. Last genau dasselbe Sujet variirt Heyden
in seiner Darstellung. Gar manchmal werden die
Todten den Lebenden doch recht unbequem, sie liefern
der Rritik einen vergleichenden Maßstab.
Tinen Maler, dessen Schöpfungen öfters mit dein
Epitheton „monumental" bezeichnet werden, lernen wir
in dein Schweizer Ferdinand Hodler kennen. Hodler's
Arbeiten treten sehr prätentiös auf, ohne aber in Aus-
druck und Formgebung den Anforderungen eines großen
Stiles zu genügen. Manches ist sogar im höchsten
Grade geschmacklos. Man sagt zwar, daß sich Genie
und Geschmack selten in einer Persönlichkeit vereinigen,
aber hier müssen wir ans beides verzichten. Da steht
uns Cornelius und die ganze Schule der Rartonzeichner
trotz ihrer auffallenden Mängel noch näher, wenn
man von Hodler zu Stuck kommt, ergeht es einem wie
dem Wanderer, der eine öde trockene Gegend durch-
schritten und sich nun einem erfrischenden (l)uell im
freundlichen Grün naht. Lassen wir immerhin Stuck
seine Motive alten Vasenbildern und pompejanischen
Wandgemälden entnehmen, sein ursprüngliches Talent,
sein gebildetes Rönnen und sein entwickelter Geschmack
bieten Miseren Sinnen doch immer Röstliches.
Sehr reichhaltig ist die Plastik. Sie tritt domi-
nirend auf und giebt ein instruktives Bild der verschie-
denen Strömungen. Gleich am Eingänge zur Aus-
stellung sind zwei Werke aufgestellt, die dafür gute
Beispiele geben: Adolf Hildebrand's „Vater Rhein"
und Hugo Raufmann's , Bronzegruppe zum Frankfurter
Einheitsdenkmal". Der Vater Rhein bietet ein charakte-
ristisches Bild eines Mannes in der Vollkraft der
Jahre. Breitspurig ans einen Bootshaken gestützt steht
der Alte da. Die Modellirung geht vor Allen: darauf
aus, das Wesentlichste der Erscheinung, die aktive und
passive Spannung der Muskeln, die festen stützenden
Punkte des Rnochengerüstes, die Gelenke als die Be-
wegungszentren in klaren deutlichen Formen hervor-
zuheben. Die hiesige Aufstellung entspricht nicht ganz
der Situation, aus der der Brunnen geschaffen wurde.
In Straßburg steht er bekanntlich auf freiem Platze;
hier dagegen ist die Figur an die Wand gerückt. Sie
müßte so aufgestellt werden, daß sie von allen Seiten
gesehen werden kann. Denn gerade auf die Behand-
lung der Silhouette hat der Rünstler Werth gelegt.
Trefflich ist der Charakter der Bronze mit ihren eigen-
thümlichen Wirkungen berücksichtigt. Die Gruppe
„Vaterlandsliebe" von Hugo Raufmann besteht aus
einem sitzenden Altei: mit einer Harfe und einen: jugend-
liche:: Sänger. Die Modellirung weist alle die Vor-
züge auf, welche die französische Plastik auszeichnet.
Lilie Stilisirung der Form, welche gewisse Finessen
der Technik hervorhebt, ohne jedoch die bestimmten
unterscheidenden Merkmale, als Rnochen, Fleisch, Haare
und andere stoffliche Verschiedenheitei: genügend hervor-
zuheben. In Romposition und Ausführung steht das
Werk aber über der übliche:: konventionellen Denkmäler-
plastik. Josef Floßmann hat die Färbung des Ruh-
poldinger Marmors dazu benutzt, das stoffliche Aus-
sehen des langen anschmiegenden Rleides einer an-
muthigen Mädchenfigur zu charakterisiren. Floßmann
geht dabei von: Material aus. Die Ronzeption der

ganzen Figur richtet sich nach den: Standorte derselben.
Sie ist im innigen Zusammenhang mit der Architektur
gedacht. Ganz im Sinne der angewandten Runst
schafft Römer reizvolle Werke in Bronze, in Silber rc.
Ein Beispiel dafür giebt ein kleiner Zierbrunnen. Der
schlanke aufstrebende Schaft, den eine Putte krönt, die
in jeder Hand einen Fisch hält, ist aus Bronze; die
flache an: Boden aufstehende Schale aus rochen:
Marmor. „Diana", eine Bronzestatuette, ist bemalt,
die „Tänzerin", eine Bronze von edler Formgebung,
giebt die Grazie und den anmuthigen Rhythmus einer
lebendig gefühlten Bewegung wieder, originelle Er-
findung und sorgsame Ausführung bekundet ein silbernes
Petschaft. Ein äußerst reizvolles Bewegungsmotiv hat
auch Hubert Netzer in seiner „Diana" zum Vorwurf
genommen. Ls war ihm vor Allem darum zu thun,
durch die lebhaft bewegte Stellung, die Pracht der
Glieder, überhaupt die Schönheit des weibliche::
Rörpers in einem das Auge erfreuenden Bilde darzu-
stellen. August Hudler bildet eine:: Gegensatz zu
diesen Rünstlern. Ii: seiner Statuette „Ruhender
Mann" kommt es ihm vor Allen: darauf an, seinen:
eigenen Empfinden respektive seinen: Rörxergefühl Ge-
stalt zu geben. Er geht weniger von: Eindruck als
vom Ausdruck aus. Diese Richtung gipfelt in der
Wiedergabe ganz subjektiver Empfindungen, sie be-
schränkt sich vornehmlich auf die Darstellung des
Menschen, während eine andere in: Sinne einer raum-
gestaltenden Runst Anschluß an bestimmte gegebene
Verhältnisse und örtliche Situationen sucht.
Das Porträt ist durch Arbeitei: voi: Hermann
Hahn, Georg Wrba, Balthasar Schmitt, Glioenstein,
Behn und Albiker zum Theil sehr gut vertreten. Aber
durch alle geht der Zug, die Büste hauptsächlich nach
der Seite der formalen Erscheinung hin durchzubilden,
vorzüglich ist auf eine prächtige vollendete Ausführung
in solidem und schönen: Materiale, gewöhnlich Marmor,
hingearbeitet. Da ist vor Allein H. Hahn zu nennen,
der die Form in virtuoser Weise beherrscht. Sein
Porträt der Frau Dr. N. giebt einen Typus in so ein-
gehender Weise wieder, daß man dergleichen nur in
den Porträts der Frührenaissance oder bei den oft
durch ungemein individuelle Züge überraschenden
gothischen Skulpturei: wiederfindet. Hahn versteht es,
jedem Detail den ihn: eigenen Werth in der Anord-
nung zu einem eindrucksvollen Gesammtbilde anzu-
weisen. Ein entschiedenes Stilgefühl offenbart Georg
Wrba in seinen Porträtbüsten. Die Formgebung wird
ans dein Materiale herausentwickelt, ohne daß die
Stilisirung das individuelle Gepräge der Züge beein-
trächtigt, sondern in: Gegentheil dieses noch bestimmter
ui:d klarer heroorhebt. Eine Büste, wie die einer jungen
Frau mit welligen:, an der Stirn anliegendem Haar,
ausdrucksvoller: Augen und energischem Rinn, und doch
weichen und vollen Formen, erinnert geradezu an
römische Porträts. Eine andere Büste weist wieder auf
das nervöse, geistige Leben der Persönlichkeit. Das
Porträt des Herri: vr. Veit hat der Rünstler als Halbakt
dargestellt. Besonders der Ropf ist sehr gelungen und
ausdrucksvoll das Individuelle.
Als gute porträtarbeite:: in diesen: Sinne müssen
auch die Büsten von Balthasar Schmitt, A. Bormann
und Glioenstein angesehen werden.
Ein Musterbild für die Behandlung der Hochreliefs
bietet Hildebrand in einer Darstellung für ein Grab-
mal. Die Romposition erfüllt dei: ganzen Raum, die
todte Materie wird eine durch lebendig gefühlte Vor-
stellung gebildete Form. Der Hintergrund bildet nicht
wie gewöhnlich nur eine Folie zu der Figur, er ist in diesem
 
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