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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 1.1887-1888

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Heft 4
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Weihnachtsschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11723#0052

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einen Mann geworden, wäre wahrlich einer eingehenden Unter-
suchung wert — und wär' es nur, um an einem leuchtenden
Beispiele zu zeigen, was eben ein Linzelner leisten kann! —
Bisher war es ein Übelstand, daß dem größeren publikum
keinerlei Reproduktion der Bilder jener Galerie zu billigem
preise zugänglich war. Dem ist jetzt durch das vorliegende
lverk wenigstens sür dreißig der ksauptbilder abgeholsen. Zu
einem sdreise, der im verhältnis zum Gebotenen staunen-
erregend billig ist, erhalten wir t8 Radierungen von bsecht
(davon 7 nach Böcklin, Z nach Lenbach, 5 nack Schwind, je
eine nach Rottmann, Zchleich und 5pitzweg), 5 Radierungen
von Rrauskops nach Feuerbach, eine nach bsenneberg), je
eine Radierung von lhalm, Leennann, Rühn und Doris Raab
(nach Bode, Lornelius, bsayn, Steinle), sowie drei Lichtkupfer-
stiche nach Genelli und Reubert. Mir wünschen der Ausgabe
die Verbreitung, die sie verdient — und das will viel sagen l
» Dre Auitstscbätze Atnliens in geographijch-histo-
rischer Übersicht geschildert von Larl von Lützow mit Ra-
dierungen und zahlreichen Textillustrationen. 5tuttgart, I.
Engelhorn. M. 55. ^— Wir hatten tVerke über Italien in
Ljülle und Fülle, Werke mit Bildern und ohne Bilder, billige
und teure, volkstümlich geschrieben und solche nnr sür Ge-
lehrte. Und dennoch besriedigten Lützows ,,Aunstschätze Ita-
liens" ohne Zweisel ein Bedürfnis. Burckhardts Licerone,
j ein Werk, das besonders durch seine Runst, mit wenigen
worten viel zu sagcn und durch seine seltene Rlarheit ein
Meisterwerk ist, setzt doch eine Benutzung angesichts der Runst-
werke voraus. Ls kann deshalb weniger denen dienen, die
sich vorbereiten wollen aus den Genuß der künstlerischen Lchätze
Italiens oder ihn aus der Lrinnerung wieder aufwecken
möchten, und weniger denen sodann, die sich ohne eine Italien-
reise eine Vorstellung von der lvelt in Farb und Marmor
jenseits der Alpen zu bilden streben. Uns sehlte ein Werk
über Ztalien, das mit wahrhaft schönen Reprodnktioncn der
Aunstwerke einen wissenschastlich gedlegenen und doch sür jeden
ernsteren Leser verständlichen Text verband. Ein solches zu
schaffen, sucht das vorliegende Buch. „Durch die Anlage des
Werkes in geographisch-topographischer Form", schreibt Lützow
im Vorwort, ,,sah ich mich auf den Weg der modernen Aritik
hingeführt, die den unklaren Schulzusammenhängen der älteren
Geschichte die naturgemäßen Typen und Stammcharakterc substi-
tuirt. Dies habe ich in aller Schärfe zu ersassen mich bestrebt und
bin daher mit gleicher Liebe der lombardischen, der ferrare-
sischen, der nmbrischen Neistergruppe nachgegangen, wie den
vor allen gottbegnadeten Toskanern nnd Denetianern in ihren
höchsten wunderbarsten Manifestationen. Erst durch die land-
schaftliche Gruxpierung des Stoffes, die noch in keiner neuen
zusammenfassenden Darstellung der italienischen Runst mit
aller Aonsequenz durchgeführt worden ist, erhalten wir den
vollen Überblick über den enormen Reichtum Italiens." Dem
Lrnst, der aus der ganzen Arbeit hervortritt, entspricht auch
die Sorgfalt der Bilderwahl, die besonders auf die Mieder-
gabe weniger bekannter lverke ihr Augenmerk richtete und
von manchem Gemälde einem größeren Areise die ersten
Nachbildungen bringt. Die fünfzig Radierungen, von be-
deutenden Aünstlern hergestellt, bieten sast sämmtlich nahezu
Vollendetes, die überaus zahlreichen bsolzschnitte stehen viel-
leicht nicht ganz auf gleicher kföhe, sind aber doch in über-
wiegender Mehrzahl gut. Auch daraus haben die Aünstler
ihren Fleiß gerichtet, weniger snbjebtiv „geistreich", als treu
in ihrem Vermittlerberuse zu sein. — So dürfte auch hin-
sichtlich der Genauigkeit in dieser Beziehung das Lützow-
Engelhorn'sche Werk vielleicht nnr dann von einem ver-
wandten übertrosfen werden, wenn wir's erleben, daß etwa
ein Photogravurenwerk über Italien erscheint. Durch die voll-
ständig unveränderte Neuausgabe zum stAeise von 55 statt
too Mark werden ,,Die Runstschätze Italiens" nun auch eine
entsxrechende Verbreitung finden.

» Nndreas Acbenbncb: Lwölt Griginal--16a -
dlerungen. Iubiläums - Ausgabe. Düsseldorf, Schwan 6c
Steifensand. — So nahe auch Andreas Achenbachs ernste
Runst allmählich dem kserzen der Lmxsänglichen getreten ist:
die Wenigsten wissen davon, daß der Maler auch ein Radierer
ist, den kennen zu lernen, einige Mühe und einiges Geld ver-
lohnt. Und doch sind die uns vorliegenden Schöpfungen keine
Gaben von hent oder gestern: sie tragen in ihrer Mehrheit
die Iahreszahl 1862. wer Radierungen mit malerischer
wiedergabe der Belenchtnngseffekte, überhaupt mit einem
Streben nach Spiegelung koloristischer Reize erwartet, wird
sich enttäuscht ffnden: die Blätter wirken mehr gleich Fedcr-
zeichnungen, denn gleich Arbeiten der Radiernadel von jener Tech-
nik, die wir jetzt mehr und mehr gewohnt werden. Sie geben
kleine Landschaftsstücke: zumeist höchst charakteristische Dar-
stellungen mit dann und wann entzückenden Motiven. Daß
wir hier und dort geringen Ungleichheiten in der Behandlung
begegnen oder einer etwas unklaren Nebensache gegenüber den
Eindruck gewinnen, das Malerauge habe in die Zeichnung
die Farbe mit hineingesehen, die zur unmittelbaren Rlärung
des Motivs sühren würdc, könnten eben auch wir sie sehen
— es kann den wert des Gebotenen nicht um ein wesent-
liches vermindern.

Trug--Gold. Erzählung aus dem siebzehnten Iahr-
hundert von Rudolf Baumbach. Mit Illustrationen von
jdhilipp Grot Iohann. Berlin, Albert Goldschmidt.

M. 30. — Der Schreiber dieser Zeilen ist kein Derehrer
Baumbachs, gegen deffen Lyrik er vielleicht am frühesten I
öffentlich aufgetreten ist. Man ist jetzt auch im Publikum
mehr und mehr dazu gelangt, das Gekünstelte, Anempfundene
und deshalb Unechte dieser Ziedellieder einzusehen, und glaubt
es den immer wieder anders angezogenen altdeutschen Puppen
nicht mehr, daß sie Menschen seien. Weit besser kommt Baum-
bachs bescheidenes Talent in einigen seiner exischen Gedichte
zur Geltung; am besten aber in vorliegendem lVerk, dem
Prosa-Roman „Trng-Gold". Zwar ist auch dieses Buch nur
Nachahmung Scheffels, dessen Einfluß bis in kleine Neben-
dinge unverkennbar ist, und ein Dergleich von Baumbachs
bescheidener kfistorie etwa mit dem seelisch tiefen Lkkehard
würde sehr zu Ungunsten des ersteren Buches ausfallen. Doch
wirkt die Aulturschilderung in „Trug-Gold", die nichts von dem
widerwärtig Belehrenden so vieler kulturhistorischen Romane
zeigt, ansprechend, Behagen erweckend die gute Laune in
mancher Darstellung und erfreulich die lvärme, mit welcher
der Verfasser bei allerhand Einzelheiten in gesälligem Ge-
plauder verweilt. Geradezu staunenerregend ist es aber, was
Grot Iohann ans diesem Bnche gemacht hat. Den immerhin
blutarmen Gestalten Baumbachs hat er ein Leben eingehaucht,
daß wir ihr Thun und Treiben mit ganz anderen Augen,
mit ganz nener Teilnahme verfolgen, haben wir diese Bilder
gesehen: Echöpfungen von seinster Lharakteristik, von liebe-
vollster Durchführung bis ins Aleine, über dem doch nie das
wefentliche zurücktritt, und voll köstlicher Anmut. Übrigens
tritt man schon an den Genuß derselben mit einer gewissen
Sonntagsmiene heran, welche die sür deutsche Verhältnisse un-
gemein schöne Ausstattung des Bandes in uns erweckt. Nur
die Randeinsassung macht mir einige leise Echmerzen: mich
dünkt, eine schlichte Linienumrahmung mögen wir getrost von
Seite zu Eeite wiederkehren sehen, nicht aber ohne Lrmüdung
eine zusammengesetzte Zeichnung, die mit ihrem Blatt- und
Figurenschmuck den Blick auf sich zieht, wie ein Bild. Doch
handelt stch's hier um eine Rleinigkeit. Die Lferstellung der
Lichtdrucke ist indeffen vortrefflich gelungen. Dcr Einband
mit seiner durchaus stilgemäßen Vrnamentik zeugt von so
gewähltem Geschmack wie leider sehr wenige andere der
jdrachtbände, die uns vorliegen.

4S —

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