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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 1.1887-1888

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Heft 13
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Vom Tage
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Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.11723#0183

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iT

tischen Aufführungen, die zu de,n Zweck erfolgen, sich irgend
eine Gottheit geneigt zu machen. Die bei weitem häufigste
Form ist die des mythologifchen Dramas, die dem griechischen
Drama ähnelt. Auch hier treten die Götter in die Lfandlung
ein, das Drama ist aber nur Kunstwerk, ohne jeden Neben-
zweck. Als dritte Art solgen dann die Dramen, die an Sagen
und Legenden, namentlich an Lrzählungen aus tvot Nacht
anknüpsen. 5ie ersreuen sich besonderer Beliebtheit. Die
vierte Art, das historische Drama, ist nur sxärlich vertreten,
weil dem Indier seder historische Sinn abgeht. Die neueste
Form ist das moderne Gesellschastsdrama, welches besonders
die Konfiikte behandelt, in die die Indier durch Aneignung
euroxäischer Sitten gelangen. Ieder dramatischen Aussührung
solgt in Indien eine Posse, die nach einem gegebenen Stoff
von den Schauspielern improvisiert wird und in deren Darstell-
ung die Indier Meister find. Die Schauspieler sind meistens
Parsen. Die Frauenrollen werden von Männern dargestcllt.
viel verwendet werden Tänzerinnen, aber auch die Schau-
spieler selbst müssen des Tanzens kundig sein. Begleitet
werden Tanz nnd Gesang von violinen, die senkrecht stehend
gesxielt werden, und von Doxpeltrommeln. Die Kostüme
lassen viel zu wünschen übrig, die Bühne ist der unsrigen
ähnlich, aber nur in der einsachsten lVeise ausgestattet."

» wilbrandts „ Giordano Bruno" ist i» Rom unter
gewaltigem Beisall, bsochrusen aus den Philosophen u. s. w.
zu einer Demonstration gegen den vatikan benutzt worden.

-x- In der englischen Presse wird im Anschluß an die sehr
unerquicklichen Lnthüllungen einiger Prozeffe die Möglichkeit
erörtert, das Austreten von Kindern aus der Bühne ge-
setzlich zu verhindern.

X Lrstauttübrung: Greiss ,,Die ssfalz im Rhein",
Schauspiel, in München (2t- März).

4k- Lin neues Musikinstrument, „Llaviharp" genannt,
ersand ein kjerr Dietz in Brüssel. Ls ist eine bsarse mit
Tastatur, die noch Das vor der gewöhnlichen bharse voraus

hat, daß sie sester ausgezogen ist und weniger leicht verstimmt
wird.

Die jdrinzeß von N)ales hat von der Rniversität Dublin
den Titel eines Doktors der Musik erhalten.

* Die Kunstausstellnng in Berlin soll dieses Iahr
vom t5. Iuli bis zum zo. Septeinber dauern. Man will be-
sonderes Gewicht aus eine reichere Sammlung von Aquarellen,
j?astellen, Radierungen und Zeichnungen legen.

-x- In England besteht ein Verein sür Kunstpslege in
Schulen. Tr hat sich als Ausgaben gestellt: z. von Verlegern
zu besonders billigen j)reisen Merke der vervielsältigenden
Kunst zu erwerben und dann zu ermäßigten j)reisen an Schulen
abzugeben; 2. sür Schulen geeignete lVerke selbst zu verlegen
und billig abzugeben; 3. Grupxen eingerahmter Bilder an
arme Schulen zu verleihen oder zu verschenken; H. sür münd-
liche Belehrung über die Kunstwerke der Nationalsammlungen
und die den Schulen übergebenen Bilder zu sorgen.

4k- Ein neues Bild aus Nurillos bester Zeit ist ausge-
sunden worden. Ls stellt ein von Lngeln umgebenes Thristus-
kind dar, das aus dem Kreuze schläst.

4k- Vreisausscbreiben. Das ,,Deutsche Dichterheim"
(Dresden-Striesen) setzt drei j)reise von je zoo Mk. aus sür ein
lyrisches Gedicht, eine Ballade und eine xoetische Lrzählung.
Nähere Bestimmungen in Nr. jZ der Zeitschrift, die unent-
geltlich versandt wird.

4k- Gestorbcn: ksenry Blaze de Bury (von der „Kevue
cles äeux L-Ioncles", einer dcr besten Kenner der deutschen
Litteratur in Frankreich), geb. 18zz, gest. 15. März zu j)aris.

— Rentier Lugen Felix (Besitzer einer weitbekannten
kunstgewerblichen Sammlung), gest. i. April zu Leipzig. —
Ferd. Schmid (als „Dranmor" einer der eigenartigsten
Dichter des j)essimismus), geb. 1823, gest. i". März zu Bern.

— Lharlotte Anno-Zrohn (die Gattin des Berliner
Schauspieldirektors und selbst eine vornehme und tüchtige Dar-
stellerin), gest. 26. März zu Berlin.

Lprecbsaal.

(Mnter sacblicber vcrantwortung der Derren Linsender.)

Runstausstellung contru Museurn.

Der Rampf mns Dasein spielt sich in all seiner
Rücksichtslosigkeit auch aus dem Gebiet der Runst ab,
die längst ihren Nuf als ausschließlicher Tummelplatz
höchsten idealen Strebens eingebüßt hat. Solange es
sich um den Ramps gleichberechtigter Riächte handelt,
solange Begabung mit Begabung um die fi)alme ringt,
nur lebensvolle Rrast sich zur Anerkennung empor-
kämpst, solange trägt der Ramps seine Berechtigung
in sich als ein Anreiz zu höherem Leben, das mit
^tillstand unvereinbar ist. Wenn er aber aus ein
Gebiet hinübergetragen wird, wo er die Znteressen
der Runst, der Rünstler und des j)ublikums gleicher-
maßen schädigt, so ist es Zeit, daß die berufenen Der-
treter dieser Znteressen ihre wohlwollende Neutralität
bei Seite setzen und selbst aus den Rampsplatz treten,
um zu retten, was zu retten ist, und auszuklären und
zu warnen, solange die Leidenschast die Gemüter noch
nicht ganz umsangen hat. Ls handelt sich uns ganz
speziell um den L>chutz der Museen sür moderne Runst,
welche durch die immer rascher aufeinandersolgenden
großen Runstausstellungen derart schädlichen Gingriffen
ausgesetzt sind, daß bereits ihr Gharakter als dauernde
Institutionen bedroht erscheint. Dies zeugt von einer
so gründlichen verkennung ihres wesens, daß es nicht

unangemessen sein dürste, einmal dessen chauptzüge zu
vergegenwärtigen, wie sie zum Teil aus der Tntsteh-
ungsweise der Sammlungen sich ergaben, zum Teil
im taus des noch kurzen Bestehens derselben sich
schärser herausgebildet haben, um aus Grund dieser
Renntnis die erwähnten Tingriffe zu kennzeichnen und
in ihrer Tragweite zu würdigen.

Der ältere Teil der Gallerien sür moderne Runst,
ja noch ein Teil der neueren, ist aus j)rivatsamm-
lungen hervorgegangen. Glückliche weitschauende
^ammler wollten die Auelle der Trhebung und des
Genusses, an welcher sie selbst Zahre hindurch sich ersrischt
hatten, weiteren, ja den weitesten Rreisen zugänglich
gemacht sehen; sie gaben ihren Besitz testamentarisch
in öffentliche verwaltung. Dies ist der typische cher-
gang der Gründung einer Reihe bedeutender Gallerien,
von denen ich hier nur die Nationalgallerie, das
Btädelsche Znstitut, das wallras - Nichartz - A'tuseum
beispielsweise ansühre. Die Zdee ward von den
öffentlichen Gewalten, dem Staat, den jDrovinzial-
ständen, den städtischen Behörden, ausgegriffen und
weiter ausgebildet. Ls liegt dies in der Ronseqnenz
der verstaatlichung des Bildungswesens; denn die
Rünste schließen sich als letztes, edelstes Glied den
Tlementen an, welche die höhere Rultur des modernen

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